11.10.2012 um 23:34 Uhr
Einmal Europa und zurück III/III
Zurück zu Teil 1
Wieder daheim in Turin stellt sich die Frage nach der Zukunft. Obwohl er es, ehrlich wie immer, heute „wegen eines fehlenden CL-Titels und der neuen Klubphilosophie in den Folgejahren bereut", bleibt er auch in der Serie B in Turin. Man wird „Meister" und steigt gleich wieder auf. Doch die Siegermentalität, welche den Juve-Spielern immer in der DNA geschrieben zu sein schien, ist nicht mehr da. Junge Spieler werden verpflichtet, Stars wie Ibrahimovic, Vieira, Cannavaro, etc. sind längst weg und kommen auch nach dem Wiederaufstieg nicht mehr zu dem Verein aus Norditalien. Nur Nedved, Buffon, Del Piero und Trezeguet sind wirklich übrig geblieben. Das Geld ist in diesen Jahren knapp und Trezeguet hat immer wieder Verletzungssorgen und wird mit Wechselgerüchten konfrontiert.
Arrividerci, vecchia signora
Das Ende zeichnet sich langsam ab. Wenn man seinen Verbleib an Titeln messen will, so hat er im Transferfenster 2006 einen großen Fehler gemacht. Doch in den Augen der Fans wird er wohl einer der wenigen Legenden der letzten Jahre bleiben. Im Sommer 2010 wechselt er schließlich zu Hercules Alicante, der Heimat seiner Ehefrau. Wieder startet er stark und erzielt insgesamt 12 Tore in der Saison, doch Alicante steigt ab und er ist wieder auf dem Markt. Nachdem in die „halbe" französische Liga jagt, steht er kurz vor einem Abschluss mit Neapel, dem Verein seines Idols Maradona. Das Veto des Trainers macht dem Deal einen Strich durch die Rechnung und er wechselt etwas überraschend nach Abu Dhabi. Eine vermeintliche Verletzung lässt ihn bereits nach drei Monaten um eine Vertragsauflösung bitten. Kurz darauf einigt er sich im Wintertransferfenster mit River Plate. Es sollte wohl so enden, wenn man seine Aussage in der Tuttosport von 2011 betrachtet: „ Nächste Saison werden wir sehen. Ich will wieder etwas gewinnen, vielleicht in Argentinien!" Eine Rückkehr, die ihm wohl sehr viel bedeutet, soll doch seine Scheidung von seiner Frau im September diesen Jahres mit dem erneuten Engagement außerhalb Spaniens in Zusammenhang stehen.
Hola, Argentina - Die monumentale Rückkehr
„Für mich ist Fußball Leidenschaft und die habe ich im arabischen Fußball nicht gefühlt. Welchen besseren Platz gibt dafür als hier? Hier zu spielen ist ein einzigartiges Gefühl, motiviert durch alles wofür River Plate steht" erzählt er dem Guardian nach seinem Wechsel. Er, der sich „im Innern zu 100 Prozent als Argentinier" fühlt wie er im „El Grafico" anmerkt, ist endlich wieder zuhause. Er ist da „um Geschichte zu schreiben" und das wird er am letzten Spieltag in der zweiten argentinischen Liga mal wieder machen. Es ist der 23. Juni und Frankreich spielt in Donezk das EM-Viertelfinale gegen Spanien. Währenddessen ist River Plate, der Rekordverein aus Buenos Aires ,Tabellenführer, doch liegt zwischen dem ersten und vierten Platz nur ein Punkt. Zur Halbzeit steht es 0:0. Der Konkurrent Quilmes liegt schon vorn, bei Instituto Córdoba steht es unentschieden. Nur Rosario Central hat einen Rückstand aufzuholen. Vier Minuten nach der Halbzeit entlädt sich die Anspannung im Estadio Monumental als „Trezegol" per Volleyschuss von der Strafraumgrenze den Ball ins lange Eck schießt – und selber an seinem eigenen Monument weiterarbeitet. Kurz vor Schluss dann sein zweiter Treffer. River Plate ist wieder erstklassig und Trezeguet erlebt noch einmal die ganz große emotionale Fußballbühne. Insgesamt schießt er in einem halben Jahr 14 Tore.
Es hat etwas von einem perfekten Happy-End. Der Junge, der auszog um „Weltmeister zu werden, wie er seinem Vater angeblich mit zehn schon erzählte, schießt seine Herzensangelegenheit zurück in die erste Liga. In Zeiten, in denen ganz Frankreich in einer von der Sarkozy-Regierung initiierten Propaganda-Kampagne nach der „wahren französischen Identität" diskutieren lässt, ist Trezeguet aber auch immer vor gewissen Beschuldigungen nicht gefeit. Darf man das? Für Frankreich spielen und sich nicht wirklich als solcher fühlen? Vom Staat profitieren und sich dann verabschieden? Er hat Frankreich nie belogen, hat nie die Hymne gesungen weil man „tief im Innern etwas spüren muss!" Er ist stolz bei der WM 1998 „Teil dieses gemischten und solidarischen Frankreichs" gewesen zu sein. „Ich war ein wenig der Immigrant und vielleicht hat es mir deshalb mehr bedeutet als anderen." Er war insgesamt nur 7 Jahre seines Lebens in Frankreich, hat Freude bereitet und sich immer artig bedankt für die Chance. Migration hat immer besondere Gründe. Manche fliehen vor Gefahr, andere träumen von besseren Möglichkeiten. Trezeguet hat zweitere Möglichkeit wahrgenommen, sich auf seiner Art und Weise mehr als erkenntlich gezeigt und war Teil großer Ereignisse Fußball-Frankreichs.
Nun ist er zurück in seiner „Herz"-Heimat und hat so mit seinen beiden Toren ein weiteres Mal zu etwas Großem beigetragen, Geschichte geschrieben. Der Dank der frenetischen River Plate-Fans wird ihm genug sein. Seine Heimat wiederzusehen und für einen langfristigen Vertrag und zu sicherlich nicht uninteressanten Konditionen für seinen angehimmelten Verein zu spielen sind dann natürlich auch noch ein zusätzlicher, interessanter „Bonus". Dass sein Herz oft einen entscheidenden Einfluss auf Karriereentscheidungen hat, das weiß man spätestens seit seinem Verbleib bei Juventus nach dem Zwangsabstieg. Wie sein Kumpel Henry lässt er nun seine Karriere genau dort ausklingen, wo er es auch abseits des Gehaltschecks immer wollte. Das ist wohl mehr als so manch anderer alternder Star von sich behaupten kann. Frankreich hat ihm einen Teil seiner Karriere geschenkt, er dem Land den Titel, Anerkennung und seine Ehrlichkeit. Auch das ist mehr als so mancher Fußballstar von sich behaupten kann. Trezeguet, der Emigrant, ist wieder zurückgekehrt in seine Heimat. Geliebt und respektiert wird er in Argentinien, Italien und in Frankreich. Das ist mehr als...
„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt." Friedrich Schiller
Wieder daheim in Turin stellt sich die Frage nach der Zukunft. Obwohl er es, ehrlich wie immer, heute „wegen eines fehlenden CL-Titels und der neuen Klubphilosophie in den Folgejahren bereut", bleibt er auch in der Serie B in Turin. Man wird „Meister" und steigt gleich wieder auf. Doch die Siegermentalität, welche den Juve-Spielern immer in der DNA geschrieben zu sein schien, ist nicht mehr da. Junge Spieler werden verpflichtet, Stars wie Ibrahimovic, Vieira, Cannavaro, etc. sind längst weg und kommen auch nach dem Wiederaufstieg nicht mehr zu dem Verein aus Norditalien. Nur Nedved, Buffon, Del Piero und Trezeguet sind wirklich übrig geblieben. Das Geld ist in diesen Jahren knapp und Trezeguet hat immer wieder Verletzungssorgen und wird mit Wechselgerüchten konfrontiert.
Arrividerci, vecchia signora
Das Ende zeichnet sich langsam ab. Wenn man seinen Verbleib an Titeln messen will, so hat er im Transferfenster 2006 einen großen Fehler gemacht. Doch in den Augen der Fans wird er wohl einer der wenigen Legenden der letzten Jahre bleiben. Im Sommer 2010 wechselt er schließlich zu Hercules Alicante, der Heimat seiner Ehefrau. Wieder startet er stark und erzielt insgesamt 12 Tore in der Saison, doch Alicante steigt ab und er ist wieder auf dem Markt. Nachdem in die „halbe" französische Liga jagt, steht er kurz vor einem Abschluss mit Neapel, dem Verein seines Idols Maradona. Das Veto des Trainers macht dem Deal einen Strich durch die Rechnung und er wechselt etwas überraschend nach Abu Dhabi. Eine vermeintliche Verletzung lässt ihn bereits nach drei Monaten um eine Vertragsauflösung bitten. Kurz darauf einigt er sich im Wintertransferfenster mit River Plate. Es sollte wohl so enden, wenn man seine Aussage in der Tuttosport von 2011 betrachtet: „ Nächste Saison werden wir sehen. Ich will wieder etwas gewinnen, vielleicht in Argentinien!" Eine Rückkehr, die ihm wohl sehr viel bedeutet, soll doch seine Scheidung von seiner Frau im September diesen Jahres mit dem erneuten Engagement außerhalb Spaniens in Zusammenhang stehen.
Hola, Argentina - Die monumentale Rückkehr
„Für mich ist Fußball Leidenschaft und die habe ich im arabischen Fußball nicht gefühlt. Welchen besseren Platz gibt dafür als hier? Hier zu spielen ist ein einzigartiges Gefühl, motiviert durch alles wofür River Plate steht" erzählt er dem Guardian nach seinem Wechsel. Er, der sich „im Innern zu 100 Prozent als Argentinier" fühlt wie er im „El Grafico" anmerkt, ist endlich wieder zuhause. Er ist da „um Geschichte zu schreiben" und das wird er am letzten Spieltag in der zweiten argentinischen Liga mal wieder machen. Es ist der 23. Juni und Frankreich spielt in Donezk das EM-Viertelfinale gegen Spanien. Währenddessen ist River Plate, der Rekordverein aus Buenos Aires ,Tabellenführer, doch liegt zwischen dem ersten und vierten Platz nur ein Punkt. Zur Halbzeit steht es 0:0. Der Konkurrent Quilmes liegt schon vorn, bei Instituto Córdoba steht es unentschieden. Nur Rosario Central hat einen Rückstand aufzuholen. Vier Minuten nach der Halbzeit entlädt sich die Anspannung im Estadio Monumental als „Trezegol" per Volleyschuss von der Strafraumgrenze den Ball ins lange Eck schießt – und selber an seinem eigenen Monument weiterarbeitet. Kurz vor Schluss dann sein zweiter Treffer. River Plate ist wieder erstklassig und Trezeguet erlebt noch einmal die ganz große emotionale Fußballbühne. Insgesamt schießt er in einem halben Jahr 14 Tore.
Es hat etwas von einem perfekten Happy-End. Der Junge, der auszog um „Weltmeister zu werden, wie er seinem Vater angeblich mit zehn schon erzählte, schießt seine Herzensangelegenheit zurück in die erste Liga. In Zeiten, in denen ganz Frankreich in einer von der Sarkozy-Regierung initiierten Propaganda-Kampagne nach der „wahren französischen Identität" diskutieren lässt, ist Trezeguet aber auch immer vor gewissen Beschuldigungen nicht gefeit. Darf man das? Für Frankreich spielen und sich nicht wirklich als solcher fühlen? Vom Staat profitieren und sich dann verabschieden? Er hat Frankreich nie belogen, hat nie die Hymne gesungen weil man „tief im Innern etwas spüren muss!" Er ist stolz bei der WM 1998 „Teil dieses gemischten und solidarischen Frankreichs" gewesen zu sein. „Ich war ein wenig der Immigrant und vielleicht hat es mir deshalb mehr bedeutet als anderen." Er war insgesamt nur 7 Jahre seines Lebens in Frankreich, hat Freude bereitet und sich immer artig bedankt für die Chance. Migration hat immer besondere Gründe. Manche fliehen vor Gefahr, andere träumen von besseren Möglichkeiten. Trezeguet hat zweitere Möglichkeit wahrgenommen, sich auf seiner Art und Weise mehr als erkenntlich gezeigt und war Teil großer Ereignisse Fußball-Frankreichs.
Nun ist er zurück in seiner „Herz"-Heimat und hat so mit seinen beiden Toren ein weiteres Mal zu etwas Großem beigetragen, Geschichte geschrieben. Der Dank der frenetischen River Plate-Fans wird ihm genug sein. Seine Heimat wiederzusehen und für einen langfristigen Vertrag und zu sicherlich nicht uninteressanten Konditionen für seinen angehimmelten Verein zu spielen sind dann natürlich auch noch ein zusätzlicher, interessanter „Bonus". Dass sein Herz oft einen entscheidenden Einfluss auf Karriereentscheidungen hat, das weiß man spätestens seit seinem Verbleib bei Juventus nach dem Zwangsabstieg. Wie sein Kumpel Henry lässt er nun seine Karriere genau dort ausklingen, wo er es auch abseits des Gehaltschecks immer wollte. Das ist wohl mehr als so manch anderer alternder Star von sich behaupten kann. Frankreich hat ihm einen Teil seiner Karriere geschenkt, er dem Land den Titel, Anerkennung und seine Ehrlichkeit. Auch das ist mehr als so mancher Fußballstar von sich behaupten kann. Trezeguet, der Emigrant, ist wieder zurückgekehrt in seine Heimat. Geliebt und respektiert wird er in Argentinien, Italien und in Frankreich. Das ist mehr als...
„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt." Friedrich Schiller
Aufrufe: 11987 | Kommentare: 32 | Bewertungen: 44 | Erstellt:11.10.2012
ø 9.8
KOMMENTARE
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13.10.2012 | 21:54 Uhr
0
MaestroDelFuego : nice
also wenn man dich hier abonnieren und liken könnte, ich würds tun ;)
4
14.10.2012 | 00:23 Uhr
0
JaneK : !
Super Blog!Obwohl, dass mit Domenech wohl ein bisschen aus den Fingern gesogen ist.. Da finde ich, ist die Trezeguet-Brille zu stark.
Aber ansonsten: top geschrieben, super zu lesen, besonders der letzte Abschnitt!
0
14.10.2012 | 00:31 Uhr
0
Grand_J :
Fantastischer Blog! Dafür gehe ich immer noch auf Spox. Da können sich die Redakteure mal was von abschneiden!
0
14.10.2012 | 01:07 Uhr
0
hotte70 : Toller Blog
Wirklich toller Blog, Kompliment, das hat schon journalistisches Niveau.....Zu Trezeguet: Toller Stürmer mit großer Karriere, unvergessen natürlich sein Golden Goal beim EM Finale 2000 gegen die Italiener. Allerdings stand er immer etwas im Schatten von Thiery Henry, vermutlich weil er nicht so spektakulär wie dieser spielte, aber seine Torquote spricht ja eine eindeutige Sprache.Was mich allerdings auch etwas wundert, dass er, obwohl seit seinem 2. Lebensjahr in Argentinien aufwachsend und trotz seines argent. Vaters, sich für Frankreich als Nationalelf entschied. Klar war die Wahl und die damit verbundenen zwei großen Titel letztlich richtig, aber 100% Argentinier ist dann wohl doch was anderes, sollte man dann allerdings auch etwas kritisch anmkerken.
2
14.10.2012 | 10:25 Uhr
0
Müllerer : Top...
jetzt nur noch Zeichensetzung verbessern und ein paar wenige Rechtschreibfehler raus und das Ding ist Bombe! Echt interessant und begeisternd!
Das mit den 100% ... ok, das stört doch ein wenig oder ist zumindest sehr fragwürdig und verwirrend.
0
14.10.2012 | 11:38 Uhr
0
Das mit den 100% habe ich vielleicht nicht ausreichend thematisiert. Wollte eigentlich eh, dass das diskutiert wird Man kann das durchaus kritisch sehen. Verblüffend finde ich allerdings, dass er trotzdem sympathisch rüberkommt und in Frankreich geliebt wird. Ich glaube 2008 war er auf Platz 8 der beliebtesten Sportler Frankreichs(Henry auf Platz 1 Das ist gerade in Zeiten von der angesprochenen Sarkozy-Hetze doch interessant. Ich denke, dass da sein Naturell und die Ehrlichkeit eine Rolle spielen.
@janeK: Naja, hätte ich es aus der Trezeguet-Brille geschrieben wäre es wohl nch ein wenig deftiger ausgefallen. Den mag er aus seinen Aussagen heraus interpretiert am aller wenigsten... Ein Domenech ist das Schlimmste was einem Fußball-Land passieren kann und seine völlig absurden Aktionen sind ja erwiesen. Dass er Spieler, die am Höhepunkt ihrer Karriere standen wegen völlig schwachsinniger Argumente (Coupet als kleines Beispiel, Zidane auch bis die Quali zur WM in Gefahr war!!!) oder einfach wortlos(!!!) abgesägt hat ist allgemein bekannt. Stell dir einen Ribbeck hoch zehn vor, der sechs Jahre die deutsche Nationalmannschaft trainiert. Und dann musst Du immer noch seine Spleens hinzurechnen
1
14.10.2012 | 14:20 Uhr
0
Glückwunsch auch dafür, dass du es nach ganz oben auf die Startseite geschafft hast, das hat der Blog wirklich verdient. Freut mich für die ganzen Klicks :)
Trezeguet ist wahrlich eine lebende Legende.
0
14.10.2012 | 16:26 Uhr
0
Chapeau und Danke für diesen grandiosen Blog!
Achja und dass Frankreich diesen W***er Domenech über 6 Jahre durchgeschleppt hat werd ich wohl nie verstehen. Was viel schlimmeres konnte dem französischen Fußball nicht passieren.
0
15.10.2012 | 21:14 Uhr
0
Angee81 :
super!ein 'abschied' ala nedved der treze nicht bekommen...hoffe wir holen nach....
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