Deutlicher kann man's wohl kaum formulieren.
"Ich habe den Jungs gesagt: Lasst uns laufen, bis wir kotzen. Das haben alle gemacht. Nur so gewinnst du Spiele. Und so muss das weitergehen."
Mit Kevin-Prince Boateng hat Schalke 04 nicht nur einen offensiven Mittelfeldmotor an Land gezogen, sondern auch einen Wortführer, einen Leader, einen Anführer, einen Nationalspieler, einen potenziellen Kapitän für eine Mannschaft, die scheinbar nach genau diesem Typ Spieler und Mensch zu lechzen schien. Die einfache Devise "Lasst uns laufen, bis wir kotzen", ausgegeben von Boateng vor dem Bundesligaheimspiel der Königsblauen gegen Leverkusen, offenbart gleichzeitig die Führungsqualitäten des gebürtigen Berliners, deutet aber auch auf ein Vakuum in der Schalker Mannschaft hin: gähnende Leere, wenn es darum geht, eine Mannschaft mit vielen jungen und unerfahrenen Spielern zu begeistern und mitzureißen.
Für diesen Job ist Boateng genau der richtige Mann. Der ghanaische Nationalkicker hat nicht nur auf Berlins heißem Pflaster das Fußballspielen erlernt, sondern auch 'ne Menge falsch gemacht, ist in England und beim großen AC Milan in Italien gewesen und hat sich dort den Status eines Publikumslieblings erarbeitet - und das trotz der Tatsache, dass in der Serie A mit ihren Rassismusproblemen die Tifosi nur selten einem Jungen mit Zuwanderungsgeschichte ihre uneingeschränkte Liebe schenken. Ganz nach dem Motto "Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr" philosophierte Prince denn auch bei seiner Vorstellung darüber, dass die Bundesliga die beste Liga der Welt sei, und die besten Spieler der Welt (sic!) dort eben hingehörten, als man ihn nach dem Grund für seinen Wechsel fragte. Augenscheinlich mangelt es ihm nicht an Selbstbewusstsein, und Boateng ist spitzbübisch genug, damit es ihm nicht als Arroganz ausgelegt wird.
Nun mögen wir sensiblen Schalker noch einige Wochen darüber grübeln, wie es einem Profikicker möglich ist, den Lieblingsverein wie einen Pullover abzustreifen und einen neuen Lieblingsverein zu haben (vor allem, wenn es sich um den verhassten Erzfeind aus Lüdenscheid-Nord handelt) - wir werden uns aber wohl oder übel damit auseinandersetzen müssen, dass wir jetzt mit Boateng einen Mann an Bord haben, der auf kurz oder lang diese Mannschaft nach vorne schieben wird. Und zwar nicht nur mit markigen Worten, sondern - wie gegen Leverkusen sichtbar - auch mit Taten, klugen Pässen, Schusstechnik und Übersicht auf dem Feld.
Für den S04 könnte das auch bedeuten, dass man zukünftig mehr Stabilität im fragilen Mannschaftsgebilde bekommt. Allerdings frage ich mich immer häufiger: Wie sieht die Hierarchie in der Mannschaft eigentlich aus? Vermeintliche Führungsspieler wie Kapitän Höwedes sind in dieser Saison bislang weder verbal noch durch Leistungen voranmarschiert. Es scheint ein regelrechtes Dilemma zu sein, dass die Knappen von einzelnen Führungsspielern abhängig sind - der letzte "richtige" Leader in dieser Hinsicht dürfte wohl Raul gewesen sein, dessen Standing in Verein und Mannschaft ihm von Anfang an einen Nimbus der Unantastbarkeit bescherten. Ähnlich sieht es wohl bei Boateng aus, den man sich angesichts seiner Qualitäten wohl kaum auf der Bank vorstellen kann, was Cheftrainer Keller denn auch noch bei seiner Vorstellung betonte: "Wir haben Kevin ja nicht für die Bank geholt." Die ersten Stimmen werden laut, die die Kapitänsbinde für Boateng fordern - die allerdings trägt das Schalker Urgestein Benedikt Höwedes, der gewöhnlich eher leise Töne anschlägt und - mit wenigen Ausnahmen wie etwa beim Derby in der vergangenen Saison - auch nicht für Gefühlsausbrüche bekannt ist. Ich bin gespannt, wie Chefcoach Keller diese Problematik angehen wird.
Taktisch dürfte sich Prince die Mittelfeldzentrale mit Julian Draxler teilen, so wie gegen Leverkusen bereits geschehen. Ständige Positionswechsel - möglich im übrigen auch mit der defensiven Absicherung dahinter, so dass Jones, Höger, Neustädter oder Goretzka sich ebenfalls mit in die Offensive einschalten können - sorgen dafür, dass das Schalker Spiel variabler und weniger leicht auszurechnen sein wird. Daneben steht mit Jefferson Farfan ein weiterer Klassemann in der Dreierreihe. In Kombination mit Huntelaar und Szalai eine explosive Mischung, die selbst eine ausgefuchste Defensivabteilung vor Probleme stellen wird.
Abgesehen von der heiklen Situation mit der Mannschaftshierarchie, die aber von den Verantwortlichen vielleicht auch ganz bewusst so heraufbeschworen wird, ist Boateng ohne Frage eine echte Verstärkung für den S04 - und sorgt vielleicht auch dafür, dass die Knappen zukünftig nicht mehr nur als "Kindergarten" wahrgenommen werden, sondern - um das von Boateng ungeliebte Zitat des Kollegen Felipe Santana zu bemühen - ein bisschen mehr "Gangster" sind als bisher.
stimme Dir insofern zu, dass wir keinen auf dem Platz hatten, der die "Hosen hat wackeln lassen". Darüber hinaus hoffe ich mal dass er auch innerhalb der Mannschaft den "richtigen" Ton findet.
-kein mensch kein tier unsere nummer 4