04.07.2011 um 11:47 Uhr
Gibt's nicht? Gibt's doch!
Ja, wo gibt's denn so was? Das gibt's doch gar nicht! Gibt's das denn? Das darf es nicht geben! Oder?
Eine gefühlte Ewigkeit hielt Bruna, die Verteidigerin von Äquatorialguinea, im WM-Spiel gegen Australien den Ball in der Hand - warum auch immer. Und dann? Ließ sie ihn wieder fallen, woraufhin ihre Torhüterin zugriff und einfach weiterspielte - was sie tun konnte, weil Schiedsrichterin Gyöngyi Gaal schlichtweg nicht einschritt, obwohl sie (wie man im Video bei etwa 1:00 zumindest erahnen kann) vollkommen freie Sicht auf das Geschehen hatte.
Ja, wo gibt's denn so was? Das gibt's doch gar nicht! Gibt's das denn? Das darf es nicht geben! Oder?
Mit meiner eigenen Erfahrung als Schiedsrichter wage ich mal den Versuch einer Erklärung (nicht zu verwechseln mit einer Entschuldigung!). Ich hatte vor vielen Jahren einmal ein Spiel zu leiten, in dem ein Spieler einen Mitspieler, während die Partie lief, plötzlich ins Gesicht schlug. Ich stand mehr oder minder direkt daneben - und habe erst einmal überhaupt nicht reagiert.
Hätte der Schlag einen Gegenspieler getroffen, dann hätte ich wohl sofort gepfiffen und den Delinquenten vom Platz gestellt. So aber kam mir die Aktion dermaßen unwirklich vor, dass ich dachte: Das gibt's nicht, das kann nicht wirklich passiert sein. Also weiter. Erst als zwei, drei Spieler der anderen Mannschaft in die allgemeine Schrecksekunde hineinriefen: "Schiri, darf der das?", wurde mir klar: Ich hab' mir den Schlag nicht nur eingebildet. Also Pfiff und Rot (und indirekter Freistoß) - mit gehöriger Verzögerung.
Ich nehme an, Gyöngyi Gaal ging es hier ganz ähnlich: Das, was sie sah, war so surreal, so unmöglich, so ausgeschlossen, dass sie das Spiel einfach weiterlaufen ließ. Hinzu kam, dass sich die Proteste der Australierinnen in für mich überraschend engen Grenzen hielten - was die Schiedsrichterin in ihrer Sichtweise bestätigt haben mag, dass da gerade gar nichts Nennenswertes passiert ist. Es gab ja bei der letzten U20-WM der Frauen im Spiel der DFB-Auswahl gegen Südkorea eine ganz ähnliche Szene, und auch da ließ die Schiedsrichterin zunächst weiterspielen - bis ihre Assistentin schließlich einschritt. Zuvor hatte es allerdings teilweise vehemente Proteste der deutschen Spielerinnen gegeben.
Es mag kurios klingen, aber solche Reklamationen können für einen Referee im Ausnahmefall sogar hilfreich sein. Ich möchte fast schon wetten, dass es den Handelfmeter doch noch gegeben hätte, wenn halb Australien auf Frau Gaal losgestürmt wäre. Wenigstens eine der Assistentinnen (oder die Vierte Offizielle, die in diesem Fall übrigens Bibiana Steinhaus hieß) hätte die Szene dann womöglich noch einmal für sich Revue passieren lassen und von ihrer Fahne oder dem Headset Gebrauch gemacht.
Wie gesagt: Das war lediglich der Versuch einer Erklärung; eine Entschuldigung kann es für diesen grotesken Aussetzer selbstverständlich nicht geben. Denn unter Schiedsrichtern (und Schiedsrichterinnen) gilt das ungeschriebene Gesetz: Eine(r) muss es sehen!
Eine gefühlte Ewigkeit hielt Bruna, die Verteidigerin von Äquatorialguinea, im WM-Spiel gegen Australien den Ball in der Hand - warum auch immer. Und dann? Ließ sie ihn wieder fallen, woraufhin ihre Torhüterin zugriff und einfach weiterspielte - was sie tun konnte, weil Schiedsrichterin Gyöngyi Gaal schlichtweg nicht einschritt, obwohl sie (wie man im Video bei etwa 1:00 zumindest erahnen kann) vollkommen freie Sicht auf das Geschehen hatte.
Ja, wo gibt's denn so was? Das gibt's doch gar nicht! Gibt's das denn? Das darf es nicht geben! Oder?
Mit meiner eigenen Erfahrung als Schiedsrichter wage ich mal den Versuch einer Erklärung (nicht zu verwechseln mit einer Entschuldigung!). Ich hatte vor vielen Jahren einmal ein Spiel zu leiten, in dem ein Spieler einen Mitspieler, während die Partie lief, plötzlich ins Gesicht schlug. Ich stand mehr oder minder direkt daneben - und habe erst einmal überhaupt nicht reagiert.
Hätte der Schlag einen Gegenspieler getroffen, dann hätte ich wohl sofort gepfiffen und den Delinquenten vom Platz gestellt. So aber kam mir die Aktion dermaßen unwirklich vor, dass ich dachte: Das gibt's nicht, das kann nicht wirklich passiert sein. Also weiter. Erst als zwei, drei Spieler der anderen Mannschaft in die allgemeine Schrecksekunde hineinriefen: "Schiri, darf der das?", wurde mir klar: Ich hab' mir den Schlag nicht nur eingebildet. Also Pfiff und Rot (und indirekter Freistoß) - mit gehöriger Verzögerung.
Ich nehme an, Gyöngyi Gaal ging es hier ganz ähnlich: Das, was sie sah, war so surreal, so unmöglich, so ausgeschlossen, dass sie das Spiel einfach weiterlaufen ließ. Hinzu kam, dass sich die Proteste der Australierinnen in für mich überraschend engen Grenzen hielten - was die Schiedsrichterin in ihrer Sichtweise bestätigt haben mag, dass da gerade gar nichts Nennenswertes passiert ist. Es gab ja bei der letzten U20-WM der Frauen im Spiel der DFB-Auswahl gegen Südkorea eine ganz ähnliche Szene, und auch da ließ die Schiedsrichterin zunächst weiterspielen - bis ihre Assistentin schließlich einschritt. Zuvor hatte es allerdings teilweise vehemente Proteste der deutschen Spielerinnen gegeben.
Es mag kurios klingen, aber solche Reklamationen können für einen Referee im Ausnahmefall sogar hilfreich sein. Ich möchte fast schon wetten, dass es den Handelfmeter doch noch gegeben hätte, wenn halb Australien auf Frau Gaal losgestürmt wäre. Wenigstens eine der Assistentinnen (oder die Vierte Offizielle, die in diesem Fall übrigens Bibiana Steinhaus hieß) hätte die Szene dann womöglich noch einmal für sich Revue passieren lassen und von ihrer Fahne oder dem Headset Gebrauch gemacht.
Wie gesagt: Das war lediglich der Versuch einer Erklärung; eine Entschuldigung kann es für diesen grotesken Aussetzer selbstverständlich nicht geben. Denn unter Schiedsrichtern (und Schiedsrichterinnen) gilt das ungeschriebene Gesetz: Eine(r) muss es sehen!
Aufrufe: 16390 | Kommentare: 32 | Bewertungen: 10 | Erstellt:04.07.2011
ø 8.0
KOMMENTARE
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04.07.2011 | 14:54 Uhr
-8
rowdy :
Bälle, Handarbeit..... die Schiedsrichterin wird sich gedacht haben: "Baby, ich weiß wie du dich fühlst, ich liebe es auch sie zu packen."
0
04.07.2011 | 14:57 Uhr
0
Im Übrigen habe ich den Eindruck, dass einige Schiedsrichterinnen mit ihrem Amt bei dieser WM schlichtweg überfordert sind. Das dürfte nicht zuletzt an den ungewöhnlich großen Zuschauerzahlen und der großen medialen Präsenz liegen, die womöglich einschüchternd wirken und die Angst vor Fehlern befördern, die daraufhin natürlich erst recht passieren.
Außerdem scheinen manche komplett überrascht zu sein, dass es auch im Frauenfußball bisweilen ruppig zugehen kann. @mehrfussball hat völlig Recht - was da alles nicht gepfiffen wird, ist schon erstaunlich. Für mich ist das auch ein Zeichen für eine schlechte Vorbereitung durch die Zuständigen der FIFA. Gleichwohl kann ich mir nicht vorstellen, dass Cha und Gaal bei diesem Turnier noch einmal eingesetzt werden.
2
04.07.2011 | 15:19 Uhr
0
Smicek : Tach ersma!
Bin neu hier, muss mich zu dieser absurden Szene aber mal kurz äußern:Ich saß direkt hinter dem Tor, die Nummer fand also quasi direkt vor meinen Augen statt. "Surreal" ist die denkbar treffenste Beschreibung; ich selbst hatte das Handspiel auch gesehen, konnte es aber schlicht nicht glauben und habe erst mal zu meinen Sitznachbarn links und rechts geschaut, ob ich da gerade vielleicht eine Erscheinung gehabt habe. Vielleicht (vielleicht ...) ging es der Schiriin genauso - wirklich übersehen haben kann sie das eigentlich nicht, dafür dauerte Brunas Handspiel viel zu lange. Ich kann nur mutmaßen: Sie hat das drei Sekunden lang nicht wahrhaben wollen und hatte dann - ihrer Meinung nach - den Zeitpunkt verpasst, noch pfeifen zu können. Entschuldigen kann das natürlich nix.
Australischer Protest kam, aber in der Tat ziemlich moderat: Leena Khamis stand am nächsten dran und hat mit ausgebreiteten Armen völlig fassungslos von links (Linienrichterin) nach rechts (Schiedsrichterin) geguckt, warum da denn niemand reagiert. Die australische Bank wirkte auch eher konsterniert und Bibi, nun ja, dürfte sich fremdgeschämt haben.
Slapstick pur.
3
04.07.2011 | 17:48 Uhr
-1
Ich denke eher die Schiedsrichterin hat eher gehofft, daß es sonst niemand gesehen hat, zumal die Proteste der Australierinerin wirklich viel zu zaghaft waren.
Diese ganze Szene war eine unglaubliche Groteske zahlreicher Beteiligten. Je mehr man darüber diskutiert umso mehr Kopfschütteln erzeugt das bei mir.
Vielleicht ist es jetzt auch einfach im Frauenfußball legitim, daß man den Ball in die Hand nehmen darf, nachdem er das Aluminium berührt hat :)
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04.07.2011 | 20:01 Uhr
0
Als Schiri muss man theoretisch immer auf alles vorbereitet sein, aber in der Praxis klemmt es dann eben doch so manches Mal - auch wenn ein solcher Bock wie der gestrige bei einer WM natürlich nicht passieren darf. Aber Helmers Phantomtor hätte seinerzeit auch nicht passieren dürfen.
0
04.07.2011 | 20:07 Uhr
-1
Shit happens. Ob jetzt die "handelnden" Personen Männer oder Frauen sind, ist dabei letztlich egal.
2
04.07.2011 | 20:11 Uhr
0
Schnumbi :
der spielerin muss man ja auch keinen vorwurf machen, eher der schiedsrichterin die dies hätte sehen müssen, wahrscheinlich war sie genauso per plex wie die spielerin.resottozero hat alles dazu geschrieben
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04.07.2011 | 20:19 Uhr
0
Obwohl ich zugeben muss, dass bei dem einen oder anderen WM-Spiel schon ein paar irre Sachen gelaufen sind. Das spricht aber eher gegen die mangelnde Ausbildung mancher Frauen als gegen die Frau an sich.
0
05.07.2011 | 00:01 Uhr
0
"Nur weil beim Frauenfußball einmal eine Spielerin den Ball mit der Hand gefangen hat, muss das noch lange nicht heißen, dass "so etwas im Frauenfußball öfters passiert". "
Wieso einmal? Du hast doch selber gebloggt das es schon zweimal passiert ist, innerhalb von einem 1 Jahr. Wo gibt es solche Szenen zum Vergleich beim Herrenfußball? Und auch noch mit so einer Häufung?
Mir fällt da selbst kein Beispiel ein, obwohl es das durchaus geben könnte. Bedenken wir aber auch, daß bei den Männern sehr viel mehr Kameras zugegen sind, die jede Peinlichkeit aufzeichnen, weltweit, teilweise bis hinunter in die untersten Kreisligen.
Die globale mediale Aufmerksamkeit für Herrenfußball kann man mit Frauenfußball nicht vergleichen und trotzdem...
0
05.07.2011 | 10:36 Uhr
0
Bozak :
Mal ne kleine Verständnisfrage: Wenn der Schiri Elfmeter pfeift, gibzs doch eigentlich auch Rot, oder??? Weil der Schiri beim U20 Spiel ja drauf verzichtet hat.
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