Glück gehört eben auch dazu. Denn die New England Patriots hatten ihr Spiel am Montag in Baltimore bereits verloren. 4. Versuch und 1, knapp über 90 Sekunden zu spielen und die Ravens stoppen den Laufspielzug der Patriots für Raumverlust. Dummerweise hatte Ravens-Abwehrtrainer Rex Ryan praktisch mit dem Snap eine Auszeit gefordert - und sie auch bekommen. Schon schade, wenn man sich selbst im Weg steht.

Und so können wir uns nun weiter Gedanken machen, ob die Patriots als zweites Team der Super Bowl-Ära ungeschlagen durch eine reguläre Saison gehen. Inklusive Playoffs gewann Miami damals 17 Spiele in Folge, New England müsste bis zum Titelgewinn 19 Siege einfahren. Klar, wenn das gelänge, dann wäre es ohne Frage die größte Leistung der modernen NFL-Geschichte und New England könnte mit Fug und Recht seine Anwärterschaft auf den Titel "Bestes Team aller Zeiten" anmelden. Aber eins nach dem anderen. Nach den zwei wenig souveränen Erfolgen über Philadelphia und Baltimore (beide mit negativer Bilanz) steht nun gegen Pittsburgh ein weiterer Test bevor.

Die Gegner der jüngeren Vergangenheit (auch gegen Indianapolis gelang ja nur ein knapper Erfolg - wenn auch beim heißesten Rivalen) haben gezeigt, dass man auch den Patriots weh tun kann, in Angriff und Abwehr. So läuft es eben in der NFL. Die gegnerischen Trainer sind ja nicht doof, und jeder arbeitet hart daran, Schwächen bei New England zu finden. Wenn das dann mal geklappt hat (und irgendwann passiert das hundertprozentig), dann kopieren die nächsten Gegner natürlich das neu gefundene Erfolgsrezept.

Baltimore attackierte die passwütigen Patriots genau da, wo es ihnen am meisten weh tut, nämlich in der Schaltzentrale. Druck auf Tom Brady war das Rezept - und siehe da, auch Brady wirkte plötzlich ganz menschlich. Die Partie bestätigte nur eine alte Trainerweisheit zum Thema Quarterbacks, und die lautet: "Unter Druck sind sie alle gleich." Nun bin ich der erste, der behauptet, dass genau das nicht stimmt. Unter Druck trennt sich nämlich die Spreu vom Weizen und die Jungs sind eben nicht genau gleich. Aber eins stimmt sicher: keiner ist so gut, dass er unter Druck keine falschen Entscheidungen trifft. Nicht Brady, nicht Manning, nicht irgendwer sonst.

Apropos passwütig: war das nicht jahrelang das große Plus New Englands gegenüber den Colts? Dass man eine bessere Balance hatte im Angriffsspiel zwischen Pass und Lauf, während die Colts zu sehr von Manning abhängig waren. Und dass sich genau das rächte, wenn Indianapolis im Januar nach Foxboro musste, bei Wind, Kälte und Schneefall. Jetzt mal im Ernst: im Moment haben fraglos die Colts das bessere Laufspiel. Sollte das Wetter im Januar schlecht sein, müsste man nicht sogar meinen, dass genau das eher ein Vorteil für das Gästeteam wäre?

Aber bis dahin ist es ein weiter Weg. Und wer weiß, wer sich am kommenden Wochenende alles das Bein bricht und das Kreuzband reisst. Noch ist es viel zu früh für Prognosen.

Ach ja, eins noch. Meine (halbe) Entschuldigung an Brett Favre nehme ich hiermit zurück. Was der in Dallas geboten hat, war ja wohl eine Frechheit gegenüber den Teamkollegen. Selbst wenn der Trainer lange Pässe werfen will, das ist immer noch kein Grund, dem Gegner den Ball reihenweise auf dem Silbertablett zu servieren. In der Angriffsserie, die mit seiner Verletzung endete, warf Favre eigentlich drei Interceptions. Zu seinem Glück fingen die Cowboys nur einen dieser Katastrophenpässe tatsächlich ab. Jeder Rookie wäre nach einer solchen Leistung mindestens ins zweite Glied verbannt worden. Aber weil es Favre war, muss ich dann hinterher noch lesen: "Ohne Favre hatten die Packers keine Chance in Dallas." Blödsinn! Das Spiel hat ihnen Favre verloren. Sein Ersatzmann Aaron Rodgers hätte danach die Kastanien beinahe noch aus dem Feuer geholt. Seit Favre in der NFL spielt, wissen wir, dass es einen guten Brett und einen schlechten Brett gibt. Den schlechten hatten wir in den vergangenen Jahren zur Genüge gesehen. In dieser Spielzeit schien Green Bays Spielmacher seinen persönlichen "Mr. Hyde" eigentlich im Griff zu haben. In Dallas haben wir gesehen, dass dies ein Trugschluß war.

Bis bald,
Andreas