26.06.2008 um 13:16 Uhr
Grütze mit Bildausfall
(Entwarnung für alle: Die Worte "Elfmeterschiessen" und "Regeländerung" werden im weiteren Verlauf dieses Blogs nicht mehr verwendet!)
Ziel erreicht: Deutschland steht im Finale der EM 2008. Und für alle neutralen Zuschauer war es ja auch extrem unterhaltsam: Fünf Tore, drei davon in der letzten Viertelstunde. Fußballerherz, was willst Du mehr? Na, guten Fußball zum Beispiel.
Deutschland steht im Finale und alle kritisieren die Mannschaft. Das kennen wir in dieser Form eigentlich nicht aus der Vergangenheit. Da war gewinnen immer gut genug. Aber inzwischen haben sich die Ansprüche verändert. Und das ist gut so.
Und es sind keineswegs nur wir Journalisten oder die kritischeren Fans, denen die Leistung gegen die Türkei nicht ausreichte. Wer gesehen hat, wie Bundestrainer Joachim Löw auf der Bank (und in der Coachingzone) agierte, dem war klar, dass auf dem Feld nicht das umgesetzt wurde, was der Trainerstab vorgegeben hatte. Und auch in den Interviews nach dem Spiel wurden deutliche Worte gefunden, von den Spielern. Miro Klose zum Beispiel beklagte, dass das geplante Pressing überhaupt nicht stattgefunden habe.
Insgesamt war es nämlich eine Leistung, die an die Desaster gegen Kroatien und Österreich nahtlos anknüpfte. Es war das böse Gesicht dieser Mannschaft, die bei dieser EM zu oft ihre zuvor gezeigten Stärken fast komplett vermissen ließ. Besonders schlimm in dieser Partie: Konzentrationsmängel, die zu Stellungsfehlern in der Defensive und zu schlampigem Passspiel in der Offensive führten. Dass die deutschen Medien in der Einzelkritik nach diesem Spiel bestenfalls einen Spieler fanden, dem sie eine "gute" Leistung attestieren konnten, spricht Bände. Manche fanden nicht mal diesen einen.
Vor dem Türkeispiel hatte Karl-Heinz Feldkamp in einem Interview verkündet, die Leistung der deutschen Mannschaft bei der WM 2006 in Deutschland sei künstlich hochgejubelt worden. Nun, die Meinung darf er haben. Blicken wir aber zurück auf das Turnier vor zwei Jahren, dann finden wir eine mittelmäßige Leistung (gegen den vielleicht stärksten Gegner, Argentinien) und eine Niederlage im besten Turnierspiel gegen Italien nach relativ guter Vorstellung. Kein einziges WM-Spiel war so schlecht wie das schreckliche EM-Trio aus Kroatien, Österreich und Türkei. Klar ist: Deutschland wird bei der EM ein besseres Ergebnis erzielen als bei der WM. Aber die Mannschaft hat im Vergleich zu 2006 Rückschritte gemacht. Nicht umsonst hörte man aus dem deutschen Trainerstab nach dem Kroatien-Spiel, man hätte nicht geglaubt, dass die Mannschaft so schlecht spielen könne.
Mit einem noch frischen Mythos räumte das Türkeispiel gnadenlos auf. Nämlich damit, dass unser "altes" 4-4-2-System (das ja schon als "unmodern" und "überholt" bezeichnet worden war) schuld war an den schwachen Spielen der Vorrunde. Nun hat die Mannschaft eindrucksvoll bewiesen, dass sie auch im angeblich topaktuellen 4-2-3-1 totale Grütze spielen kann. Und keiner litt darunter mehr als Miro Klose. Der hat zwar sein Tor gemacht (kleine Randnotiz: natürlich ein Torwartfehler. Aber der Kopfball von Klose war so gut platziert, dass Rüstü ihn wohl auch dann nicht gehalten hätte, wenn er auf der Linie geblieben wäre), aber sonst war er kaum zu sehen. Genau das ist eins der Probleme im 4-2-3-1.
Der eine Stürmer ist nämlich bei mangelnder Unterstützung aus dem Mittelfeld ganz schnell total isoliert und nimmt kaum am Spiel teil. Um den Ball zu bekommen, muss er sich weit zurück fallen lassen. Aber selbst wenn das Angriffsspiel besser läuft: Im 4-2-3-1 muss ein Stürmer sehr viel Laufarbeit verrichten und vorne die Bälle halten, damit die Mittelfeldspieler nachrücken können. Der Torabschluss wird da ganz schnell zur Nebensache, andere Aufgaben stehen im Vordergrund. Deshalb nicht wundern, wenn Löw im Finale wieder zum 4-4-2 zurückkehrt.
Eins sollte man aber in jedem Fall erwähnen: Mist gespielt und drei Tore geschossen! Das muss unserer Mannschaft erst einmal jemand nachmachen. Verschweigen wollen wir auch nicht, dass der Ausgleich zum 1:1 und der Siegtreffer zum 3:2 aus tollen Kombinationen entstanden sind. Leider waren das so ziemlich die einzigen. Die Effizienz stimmt also bei unserer Mannschaft. Viel mehr leider nicht.
Ein Wort übrigens noch zu den Kollegen vom ZDF und ihrem Bildausfall. Kritisiert die Jungs für das, was sie reden, beklagt Euch über die Ballermann-artige Seebühne, aber gebt ihnen nicht die Schuld am Bildausfall. Dass die internationalen Sender (nicht nur die deutschen) ihre Bilder auf dem Weg über das Sendezentrum in Wien beziehen ist bei einem solchen Turnier eine absolut übliche Praxis. Bei der WM in Deutschland lief zum Beispiel alles über München. Und wenn dort der Blitz einschlägt, dann kann das ZDF genau gar nichts dafür. Wenn überhaupt, dann muss man fragen, warum die UEFA als Rechteinhaber keine Vorsorge für einen solchen Notfall getroffen hat. Zum Glück gab es für das ZDF ja noch die Ausweichvariante mit dem Schweizer Fernsehen. Da haben die Kollegen sogar schnell und effektiv reagiert und aus einer schlechten Situation noch das Beste gemacht.
Bis bald,
Andreas
Ziel erreicht: Deutschland steht im Finale der EM 2008. Und für alle neutralen Zuschauer war es ja auch extrem unterhaltsam: Fünf Tore, drei davon in der letzten Viertelstunde. Fußballerherz, was willst Du mehr? Na, guten Fußball zum Beispiel.
Deutschland steht im Finale und alle kritisieren die Mannschaft. Das kennen wir in dieser Form eigentlich nicht aus der Vergangenheit. Da war gewinnen immer gut genug. Aber inzwischen haben sich die Ansprüche verändert. Und das ist gut so.
Und es sind keineswegs nur wir Journalisten oder die kritischeren Fans, denen die Leistung gegen die Türkei nicht ausreichte. Wer gesehen hat, wie Bundestrainer Joachim Löw auf der Bank (und in der Coachingzone) agierte, dem war klar, dass auf dem Feld nicht das umgesetzt wurde, was der Trainerstab vorgegeben hatte. Und auch in den Interviews nach dem Spiel wurden deutliche Worte gefunden, von den Spielern. Miro Klose zum Beispiel beklagte, dass das geplante Pressing überhaupt nicht stattgefunden habe.
Insgesamt war es nämlich eine Leistung, die an die Desaster gegen Kroatien und Österreich nahtlos anknüpfte. Es war das böse Gesicht dieser Mannschaft, die bei dieser EM zu oft ihre zuvor gezeigten Stärken fast komplett vermissen ließ. Besonders schlimm in dieser Partie: Konzentrationsmängel, die zu Stellungsfehlern in der Defensive und zu schlampigem Passspiel in der Offensive führten. Dass die deutschen Medien in der Einzelkritik nach diesem Spiel bestenfalls einen Spieler fanden, dem sie eine "gute" Leistung attestieren konnten, spricht Bände. Manche fanden nicht mal diesen einen.
Vor dem Türkeispiel hatte Karl-Heinz Feldkamp in einem Interview verkündet, die Leistung der deutschen Mannschaft bei der WM 2006 in Deutschland sei künstlich hochgejubelt worden. Nun, die Meinung darf er haben. Blicken wir aber zurück auf das Turnier vor zwei Jahren, dann finden wir eine mittelmäßige Leistung (gegen den vielleicht stärksten Gegner, Argentinien) und eine Niederlage im besten Turnierspiel gegen Italien nach relativ guter Vorstellung. Kein einziges WM-Spiel war so schlecht wie das schreckliche EM-Trio aus Kroatien, Österreich und Türkei. Klar ist: Deutschland wird bei der EM ein besseres Ergebnis erzielen als bei der WM. Aber die Mannschaft hat im Vergleich zu 2006 Rückschritte gemacht. Nicht umsonst hörte man aus dem deutschen Trainerstab nach dem Kroatien-Spiel, man hätte nicht geglaubt, dass die Mannschaft so schlecht spielen könne.
Mit einem noch frischen Mythos räumte das Türkeispiel gnadenlos auf. Nämlich damit, dass unser "altes" 4-4-2-System (das ja schon als "unmodern" und "überholt" bezeichnet worden war) schuld war an den schwachen Spielen der Vorrunde. Nun hat die Mannschaft eindrucksvoll bewiesen, dass sie auch im angeblich topaktuellen 4-2-3-1 totale Grütze spielen kann. Und keiner litt darunter mehr als Miro Klose. Der hat zwar sein Tor gemacht (kleine Randnotiz: natürlich ein Torwartfehler. Aber der Kopfball von Klose war so gut platziert, dass Rüstü ihn wohl auch dann nicht gehalten hätte, wenn er auf der Linie geblieben wäre), aber sonst war er kaum zu sehen. Genau das ist eins der Probleme im 4-2-3-1.
Der eine Stürmer ist nämlich bei mangelnder Unterstützung aus dem Mittelfeld ganz schnell total isoliert und nimmt kaum am Spiel teil. Um den Ball zu bekommen, muss er sich weit zurück fallen lassen. Aber selbst wenn das Angriffsspiel besser läuft: Im 4-2-3-1 muss ein Stürmer sehr viel Laufarbeit verrichten und vorne die Bälle halten, damit die Mittelfeldspieler nachrücken können. Der Torabschluss wird da ganz schnell zur Nebensache, andere Aufgaben stehen im Vordergrund. Deshalb nicht wundern, wenn Löw im Finale wieder zum 4-4-2 zurückkehrt.
Eins sollte man aber in jedem Fall erwähnen: Mist gespielt und drei Tore geschossen! Das muss unserer Mannschaft erst einmal jemand nachmachen. Verschweigen wollen wir auch nicht, dass der Ausgleich zum 1:1 und der Siegtreffer zum 3:2 aus tollen Kombinationen entstanden sind. Leider waren das so ziemlich die einzigen. Die Effizienz stimmt also bei unserer Mannschaft. Viel mehr leider nicht.
Ein Wort übrigens noch zu den Kollegen vom ZDF und ihrem Bildausfall. Kritisiert die Jungs für das, was sie reden, beklagt Euch über die Ballermann-artige Seebühne, aber gebt ihnen nicht die Schuld am Bildausfall. Dass die internationalen Sender (nicht nur die deutschen) ihre Bilder auf dem Weg über das Sendezentrum in Wien beziehen ist bei einem solchen Turnier eine absolut übliche Praxis. Bei der WM in Deutschland lief zum Beispiel alles über München. Und wenn dort der Blitz einschlägt, dann kann das ZDF genau gar nichts dafür. Wenn überhaupt, dann muss man fragen, warum die UEFA als Rechteinhaber keine Vorsorge für einen solchen Notfall getroffen hat. Zum Glück gab es für das ZDF ja noch die Ausweichvariante mit dem Schweizer Fernsehen. Da haben die Kollegen sogar schnell und effektiv reagiert und aus einer schlechten Situation noch das Beste gemacht.
Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 2819 | Kommentare: 11 | Bewertungen: 6 | Erstellt:26.06.2008
ø 7.7
KOMMENTARE
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26.06.2008 | 16:14 Uhr
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26.06.2008 | 16:56 Uhr
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Poda : @Spielmacher
Äähm das Bild, was nach 6 minuten kam, war das Bild des Schweizer Fernsehens nicht das aus dem Medienzentrum (wofür die UEFA verantwortlich zeichnete). Die Schweizer waren nämlich die einzigen, die ein eigenes Bild hatten. Daher auch die Sache mit dem Ton...
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26.06.2008 | 17:18 Uhr
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Die deutsche Mannschaft hätte sich auch hinten reinstellen können und auf Fehlervermeidung spielen können, so wie andere Mannschaften. Aber das ist inzwischen - glücklicherweise - bei Trainer, Medien und Fans verpöhnt.
Also sind sie wieder mit einer offensiven "Marschroute" ins Spiel gegangen. Nur leider hat der Gegner diese wieder gekannt und somit sind die deutschen Spieler zunächst ins Leere und dann überhaupt nicht mehr gerannt. Wenn es nicht gleich läuft, dann läuft auch keiner mehr. Nach dem Motto: "wenn der Gegner uns nicht spielen lässt, dann können wir auch nichts machen."
Meiner Meinung nach muss man die deutschen Spieler nur "umpolen" und die Sache einfach halten, also nicht sagen:
1) Ihr macht Druck auf Gegner
2) Gegner spielt Ball aus Panik zu euch
3) Ihr spielt den Gegner an die Wand
sondern
1) Laufen
2) Ball erobern
3) Spielen
Dann müsste der Laden laufen.
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26.06.2008 | 18:02 Uhr
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Essien :
Also ich find einfach das Deutschland das System noch nicht richtig drauf hat mit der Aufgaben Verteilung, gegen Portugal hats halt irgendwie geklappt, das war ein ganz anderes Spiel, da wollte Portugal das Spiel machen und Deutschland hat einfach nur immer zum richtigen Zeitpunkt die Tore gemacht, aber der Sieg war auf alle Fälle verdient. Es wurden ja im Türkei Spiel so viel Fehlpässe gespielt und Zweikämpfe verloren, grösstenteils in der ersten Hälfte und dabei nicht hinterher gegangen das hat mir zu Denken gegeben. Was war da los? Die grösste Schwachstelle war im DM am meisten betroffen war da Rolfes der auch dann zum Glück von Frings ersetzt wurde, hätte Frings von Anfang an gebracht das habe ich schon vor dem Spiel schon mehrmals gesagt. Aber ich würd trotzdem dieses System beibehalten aber nur wenn diesmal Frings spielt.
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26.06.2008 | 19:41 Uhr
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AndreasRenner : @encore, @spielmacher
Das ZDF kauft für einen Haufen Geld ein Komplettpaket von der UEFA . Da ist fast alles vorgegeben. Deshalb ist es auch Sache der UEFA, bzw. der von ihr beauftragten Produktionsfirma, Notfallpläne zur Hand zu haben. Nach dem Desaster von gestern wird das ZDF versuchen, die Summe, die sie für diese EM zahlen müssen, nach unten zu drücken. Denn die Schuld, die liegt bei der UEFA.
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26.06.2008 | 21:16 Uhr
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Timm : Die Schuldfrage
ist natürlich völlig einfach zu klären. Die UEFA verkauft die Bilder, die UEFA muss sie liefern. Deshalb auch die sehr angespannte Miene bei Platini für den Rest des Spiels. Was mich viel mehr interessieren würde, ist die Meinung zu Bela Rethy, der seinen Beruf wohl einfach verfehlt hat. Mit Bild schon nicht der Beste seines Fachs, so hat er beim Bildausfall wohl allen gezeigt, dass er weder flexibel noch als Kommentator geeignet ist. Was für eine Frechheit seine halbinformativen Kommentare! Improvisitationstalent gleich null. Und als das Bild dann zeitversetzt mit dem Ton ankam, war es natürlich noch eine Stufe schwieriger, da er das davor aber auch nicht hingekriegt hat, konnte es nicht besser werden. Wenigstens die Regie hatte ein einsehen und sagte ihm irgendwann, er solle doch bitte den Mund halten. Anders konnte ich mir die erholsame Ruhe nicht erklären.
Ganz schwache Leistung jedenfalls, ganz schwach!
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26.06.2008 | 22:10 Uhr
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bayern01 : system
Ich denke schon, dass sie bei dem 4-2-3-1 bleiben werden. Falls es gegen Spanien geht auf jeden Fall, weil die haben auch mindestens so ein Mittelfeld wie dei Portugielsen.Du die Spielen noch einen Tick offensiver mit einem 4-1-4-1.
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28.06.2008 | 02:09 Uhr
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Rarehero :
Ich tue mich schwer mit dem Vorwurf "Rückschritt". Wenn man die Rahmenbedingungen nicht berücksichtigt, dann kann man natürlich schnell von einem Rückschritt reden. Aber ich finde, man macht es sich damit zu leicht. Blicken wir nochmal zurück. 2006 WM im eigenen Land. Mordsmäßig gute Stimmung. Und eine Mannschaft mit einem Potential, dass ihr kaum jemand zugetraut hat. Die Jungs konnten in ihrer Rolle Außenseiter unbeschwert und locker aufspielen und als es dann dem Spiel gegen die Polen so richtig lief, konnte sie nur noch italienische Cleverness und Müdigkeit stoppen.
Zwei Jahre später und nach einer tollen EM-Quali und vielen guten großartigen Spielen geht die Mannschaft als Favorit in das Turnier. Nach der WM und nach den tollen Eindrücken aus den zwei Jahren bleibt es natürlich nicht aus, dass alle vom Titel reden. Es war nur noch davon die Rede, warum wir Europameister werden und wer hoffentlich alles unseren Weg zum Titel kreuzen wird, um geschlagen zu werden. Polen, Kroatien und Österreich hauen wir doch in Badelatschen weg. Alle haben erwartet, dass sich das Sommermärchen wiederholt, sicher auch die Mannschaft.
Und dann schlägt die harte Fußballrealität zu. Es ist oben doch kein Selbstläufer. Keine Euphoriewelle wie 2006. Und die Gegner wehren sich auch vehemment und auf hohem Niveau gegen den Favoriten aus Deutschland. Manche Gegner brennen gleich doppelt darauf, uns weh zu tun. Und dann dieser Druck. Was, wenn man die Vorrunde wieder nicht übersteht? Wenn man das selbst gesteckte Ziel Halbfinale nicht erreicht? Wenn man gegen Österreich oder die Türkei ausscheidet? Was wäre da bloß los? Nicht auszudenken. Was, man wenn man die Favoritenrolle, die man sich auch selber aufgezwungen hat ("Wir zwingen dem Gegner unser Spiel auf und richten uns nicht nach dem Gegner"), nicht ausfüllen kann.
...
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28.06.2008 | 02:23 Uhr
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Rarehero :
...Was ich in den schlechten Spielen der Mannschaft gesehen habe, war die pure Angst vor dem Versagen. Und seien wir mal ehrlich, es wäre die Hölle los gewesen, wäre man wieder in der Vorrunde gescheitert, wäre man nicht ins Halbfinale gekommen oder wäre man vor allem gegen die Türken oder, schlimmer noch, gegen Österreich ausgeschieden. Gegen die Kroaten war es vielleicht noch Überheblichkeit und dann Überraschung darüber, dass es kein Selbtsläufer wird und das man auf starke Gegenwehr trifft. Aber gegen Österreich und die Türkei habe ich die pure Angst vorm Versagen gesehen.
Als Friedrich gegen die Türken immer wieder vor dem anstürmenden Gegner zurück gewichen ist, konnte ich mir sehr gut ihn hinein versetzen. Bloß nicht in den in den Zweikampf gehen. Bloß nicht den Zweikampf verlieren. Bloß nicht den Fehler machen, der das Schicksal besiegelt. Ich habe solche Szenen am eigenen Leib erlebt. Die Angst macht passiv. Man traut sich nicht in den Zweikampf und schon garnicht mit dem Ball am Fuß in eine Offensivaktion. Man könnte den Ball verlieren.
Gegen Portugal war wieder alles gut. Das Schlimmste war überstanden. Man konnte sich nicht mehr total blamieren und gegen Portugal war man auch die verflixte Favoritenrolle los. Schlagartig war die Mannschaft in der Lage, ihren Job zu machen, selbstbewusst zu sein und auch konzentriert nach Vorne zu spielen.
Wir haben eine tolle Mannschaft, die sich noch viel weiter entwickeln kann, die aber auch jetzt schon viel erreichen kann. Das hat sie natürlich schon längst getan. Aber sie kann auch den letzten Schritt gehen. Die Qualität hat sie, absolut! Sie kann lediglich noch keine Favoritenrolle ausfüllen. Dafür ist sie meiner Meinung nach noch nicht reif. Sie müssen unbeschwert sein, dann kann sie jeden Gegner schlagen und alles gewinnen. Und weil sie unbeschwert in das Finale gehen kann, habe ich viel Zuversicht für das Spiel gegen Spanien. Wir werden mindestens ein gleichwertiger Gegner sein.
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