Edition: Suche...
31.05.2011 um 13:47 Uhr
Im Zweifel ignorieren
Zu Beginn der 90er waren Pokalfinals noch echte Highlights, mitreißende Schlachten, auf die man in ekstatischer Ungeduld hinzufiebern pflegte. Die Vorfreude war seinerzeit so groß, dass man sich zwecks Einstimmung auf das große Duell sogar das kleine Vorspiel der Damen gab. Das Pokalfinale der Frauen war für mich denn auch stets ein Muss, nicht zuletzt weil ich in meiner grenzenlosen Gier nach Live-Fußball in der Vor-SKY-Zeit all das mitnahm, was auch nur im Entferntesten nach meinem Lieblingssport aussah. Dabei war allein schon der Begriff "Frauenfußball" ein Widerspruch in sich; zwei Welten, die einfach nicht zusammen passten. So jedenfalls signalisierten es mir die Synapsen meines präpubertierenden Kleinhirns, das allmählich begann, erste sanfte Chauvi-Auswürfe zu produzieren. Der Mini-Macho in mir förderte denn auch die üblichen Testosteron-Scherzchen zu Tage: Trikottausch! Bindenwechsel! Höhö.

Obwohl ich Frauen-Fußball also mit den Vorbehalten begegnete, die man als (heranwachsender) Mann nun mal hegt, wenn einem das wichtigste geschlechtsspezifische Selbstbestimmungsmerkmal aus den Händen gerissen zu werden droht, schaute ich mir das Damen-Gekicke eigentlich ganz gerne an. Mit Naserümpfen, Augenzwinkern, ja manchmal auch mit ungläubigem Kopfschütteln, aber eben doch mit einer – nennen wir es – sanften Begeisterung. Dann und wann etwas Frauenfußball war schon ganz okay.

So richtig ernst genommen hatte ich Frauenfußball aber eben doch nicht. Dies änderte sich erst, als mein alter Kumpel Horst sein berufliches Glück im Frauenfußball suchte. Nicht als Spieler(in) versteht sich, sondern im Management. Sein neuer Posten gewährte ihm ganz neue Einblicke in, nein: nicht die Duschkabinen, sondern das Wesen und die Strukturen einer Sportart, die viele hierzulande nach wie vor nur belächeln. Durch Horst erfuhr ich nun auch mehr über das Wie und Ob des Frauenfußball, prägte mir Spielernamen und Tabelle ein und lernte nicht zuletzt, dass Rolf Töpperwien in seiner gut bezahlten Freizeit auch schon mal den Stadionsprecher bei einem Match der Frauen-Bundesliga gab. Kurzum, der einst so ferne Frauenfußball war mir plötzlich näher, als ich es jemals erwartet hätte. Dass ich mich fortan intensiver mit der Materie beschäftigte, war dann auch mehr als bloße Solidarität mit Horst, sondern entsprang einem ehrlichen Interesse am Sport.

Aber natürlich blieb stets dieser kritisch-argwöhnische Blick auf eine Art des Fußballs, die mit der männlichen Interpretation eben doch so herzlich wenig zu tun hat. So würde ich mich wohl auch zum Heuchler machen, sollte ich behaupten, dass die Begeisterung, die ich beim Betrachten eines Frauenfußballspiels empfand, auch nur ansatzweise mit dem Enthusiasmus vergleichbar wäre, den ich während eines Bayern-Spiels an den Tag lege. Frauenfußball ist, und das wird sich wohl auch nie ändern, grundlegend anders als Männerfußball. Gerade was Dynamik und Athletik betrifft, liegen hier doch Welten dazwischen. Dafür mag bei den Frauen die Technik oftmals stärker im Vordergrund stehen. Die Unterschiede sind inzwischen ja hinlänglich bekannt und bedürfen wohl keiner weiteren Darstellung.

Frauenfußball muss man also nicht mögen (Männerfußball im Übrigen ja auch nicht). Man mag daran Gefallen finden oder aber auch gar nichts damit anfangen können. Das Eine ist nicht schlechter als der Andere. Wer sich für Frauenfußball begeistert, ist deshalb keineswegs moderner, aufgeklärter oder gar liberaler als derjenige, der sich als dessen Fan rühmt. Es ist und bleibt einfach eine Geschmackssache, über die man eben nur sehr bedingt streiten kann. Oder anders formuliert: Wer es nicht mag, soll's eben lassen. Das ist vollkommen in Ordnung so.

Nicht in Ordnung ist es nach meiner Auffassung hingegen, wenn man sich, nur weil man mit Frauenfußball nicht anzufangen vermag, den Sport anderen madig machen will. Das ist letztlich schlicht respektlos. Mich selbst befremdet nach wie vor das nachhaltige Interesse vieler Sportfans an der Formel 1. Mir gibt Motorsport einfach nichts. Und trotzdem käme ich nicht auf die Idee, mich permanent über die mangelnde Attraktivität von Formel 1-Rennen zu echauffieren.

Natürlich mag dieser Quervergleich hinken, spielen beim Thema Frauenfußball doch nicht zuletzt auch bestimmte Ressentiments und überkommenes Geschlechterdenken eine Rolle. Ich selbst habe ja wie erwähnt auch schon den einen oder anderen Macho-Spruch losgelassen. Ein Appell an die elendige political correctness liegt mir daher absolut fern. Aber sich immer wieder mit den immer gleichen Vorbehalten abfällig über den Frauenfußball zu äußern, so wie es hier und andernorts eben doch nicht viele tun, ist genauso wenig originell wie respektvoll.

Zuweilen erhält man heutzutage den Eindruck, als müsste sich der Frauenfußball für seine Existenz rechtfertigen. Dabei liegt dessen Daseinsberechtigung doch auf der Hand: Weil es ihn gibt! Was nach einer sinnfreien Tautologie klingt, ist in Wahrheit nicht anderes als das Privileg des Sports. Die Ausübung einer Sportart bedarf keiner gesonderten Rechtfertigung. Sie rechtfertigt durch sie selbst. Dies gilt auch und besonders für den Frauenfußball.

Es ergibt daher auch wenig Sinn, das Phänomen dieser Sportart durch das übliche Chauvi-Da Capo in Frage zu stellen. Wem Frauenfußball gefällt, der soll es sich anschauen. Wer ihn nicht mag, soll ihn doch im Zweifel ganz einfach ignorieren. Manchmal ist Ignoranz eben doch die beste Form von Toleranz.
Aufrufe: 13048 | Kommentare: 64 | Bewertungen: 31 | Erstellt:31.05.2011
ø 8.3
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
Schnumbi
03.06.2011 | 10:48 Uhr
1
-3
Schnumbi : 
03.06.2011 | 10:48 Uhr
-3
Schnumbi : 
@ experte: ich sitze mit sicherheit nicht auf dem hohen ross
ich finde nur toleranz sehr wichtig und einen kommentar mit "frauenfußball ist scheiße" anzufangen, zeugt nicht von selbiger.

Wie gesagt man muss frauenfußball nicht mögen aber ihr die berechtigung abzusprechen ist einfach schwach aus meiner sicht
1
La_Pulga
03.06.2011 | 10:57 Uhr
3
-3
La_Pulga : 
03.06.2011 | 10:57 Uhr
-3
La_Pulga : 
Toleranz... Bli bla blub...

Frei nach dem Motto:

"Im Namen der Toleranz sollten wir uns das Recht vorbehalten, die Intoleranz nicht zu tolerieren."

Nicht wahr?!
3
Rheodred
03.06.2011 | 10:57 Uhr
0
0
Rheodred : 
03.06.2011 | 10:57 Uhr
0
Rheodred : 
Das Frauenfußball weniger athletisch und oft auch weniger temporeich ist, als Männerfußball, ist wohl klar.
Das die Damen allerdings technisch nichts draufhaben, kann ich nicht nachvollziehen.
Hier kam der Vergleich mit einer 5-Liga B-Jugendmannschaft, die das Spiel gegen den FFC Frankfurt gewonnen hat. Nun, mag sein.
Aber ich versteige mich zu der Behauptung, dass eine Lira Bairamaj ungefähr 95% aller hier lesenden/bloggenden Männer in 9 von 10 Fällen Knoten in die Beine spielt, auch behaupte ich, dass eine Birgit Prinz ebenso vielen von uns Lehrstunden in Sachen Antizipation und Stellungsspiel geben kann.

Ich habe vor 2 Jahren mal eines dieser Benefiz Fussballspiele gesehen, diverse Promis kickten mit (Ex-)Profis für einen guten Zweck.
Die Prinz hat Thomas Berthold und -wenn ich mich recht erinnere- Thomas Helmer eine komplette Halbzeit lang reichlich beschäftigt und zwei Tore gegen Sie erzielt, in der zweiten Halbzeit -einige Spieler hatten das Team gewechselt- hat sie Jürgen Kohler zur Verzweifelung getrieben.

Klar, die Jungs haben vor ein paar Jahren aufgehört, aber keiner von den Dreien hat eine Bierwanne vor sich hergetragen und jeder davon ist ein ehemaliger Spitzenspieler.
Klar, in einem Punktspiel wäre sie wahrscheinlich mal richtig umgegrätscht worden und danach ruhiger gewesen, aber auch das ist ja dann nur Hilflosigkeit.

Selbstverständlich würde die Männer A-Nationalmannschaft der Frauen A-Nationalmannschaft die Hucke vollschießen, keine Frage.
Nichts desto Trotz behaupte ich, dass die Hälfte der Leute, die behaupten, die Mädels könnten nix und das ja alles ach so langsam, gegen eben jene Mädels ganz schön alt aussehen würden.
0
La_Pulga
03.06.2011 | 10:58 Uhr
0
-1
La_Pulga : 
03.06.2011 | 10:58 Uhr
-1
La_Pulga : 
"Das Grauenfußball"

Wie geil War das Absicht oder ein Versehen?!
0
Schnumbi
03.06.2011 | 11:02 Uhr
2
-3
Schnumbi : 
03.06.2011 | 11:02 Uhr
-3
Schnumbi : 
ach la pulga du kannst sschreiben was du willst aber wahrscheinlic sitzt du bei jeden frauenfußballspiel sabbernd daheim und hoffst auf den trikottausch also nix für ungut
2
Rodnox
03.06.2011 | 11:03 Uhr
3
-2
Rodnox : 
03.06.2011 | 11:03 Uhr
-2
Rodnox : 
Wer Frauenfussball angreift, ist armselig.

Wir schimpfen uns immer besser, weil wir unsere Frauen nicht, wie in muslimischen Ländern, einsperren, vergewaltigen und abdecken wie Museumsstücke.

Aber im grunde sind wir nur die "zivilisiertere" Variante. Wir schauen mit Worten auf sie herab und nennen sie Lächerlich.

Wie geistig arm wir manchmal als Gesellschaft sein können? ... erschreckend ....
3
La_Pulga
03.06.2011 | 11:17 Uhr
5
-2
La_Pulga : 
03.06.2011 | 11:17 Uhr
-2
La_Pulga : 
Ich finde es immer lustig wie viele Leute ihre Toleranz definieren...

Ihr dürft ja ruhig den Frauenfußball cool finden, ist mir Latte. Ich finde ihn Scheiße, niveaulos und langweilig und dazu habe ich jedes Recht! Und genauso habe ich jedes Recht dazu, dass grade in Zeiten der WM immer wieder zu betonen, wieso auch nicht?!

Weil ihr es nicht lustig findet?! Oder unoriginell? Glaubt ihr das interessiert?

Und wisst ihr was wirklich armseelig ist?! Die " armseelige Gesellschaftskeule" bei diesem Thema auszupacken!

Über alles darf man sich lustig machen, aber nicht über Frauenfußball?! Es gibt auch genug Leute, die sich mit den immer gleichen Witzen über Männerfußball und deren Hauptpersonen lustig machen, aber da interessiert es nicht?!
5
Rheodred
03.06.2011 | 11:31 Uhr
1
0
Rheodred : 
03.06.2011 | 11:31 Uhr
0
Rheodred : 
@ La Pulga: Zu Erst, auch wenn es dich enttäuscht, es war ein Vertipper, der jetzt korrigiert ist.
Und sonst? Langweilig kannst Du Frauenfußball finden, ganz klar.
Das ist immerhin eine Frage des persönlichen Geschmacks. "Scheiße" ist so eine Sache, aber auch das kann man letztlich als Geschmacksfrage sehen.
"Niveaulos" ist allerdings nix Anderes als dummes Zeug, denn das ist er schlichtweg nicht. Turbine Potsdam z.B. hat technisch/taktisch sicherlich gutes 4.Liga-, die Nationalmannschaft in diesem Bereich auch sicherlich 3.Liga Niveau.
Alles nur auf Tempo und Athletik zu reduzieren, kann es ja wohl nicht sein.
1
La_Pulga
03.06.2011 | 11:44 Uhr
3
-1
La_Pulga : 
03.06.2011 | 11:44 Uhr
-1
La_Pulga : 
@Rehored:

Naja, in Anbetracht der Tatsache, dass die deutsche Weltmeistermannschaft gegen die B-Jugend von Stuttgart verloren hat, erscheint mir das niveaulos doch als ziemlich korrekt.

Es geht ja nicht um das Niveau an sich, das sicherlich höher ist als in einer Herren Bezirksliga, über die ich ja nicht meckere...

Es geht um das Niveau im Zusammenhang mit der medialen Berichterstattung. Und das über die Frauen-WM, angesichts des fußballerischen Niveaus der Damen, so überzogen berichtet wird, finde ich halt schon ein bisschen peinlich.... Und angsichts dessen wie die Medien den Frauenfußball verkaufen wollen, ist er definitiv niveaulos!
3
mrpink27
03.06.2011 | 11:48 Uhr
2
0
mrpink27 : 
03.06.2011 | 11:48 Uhr
0
mrpink27 : 
Ich verstehe die Aufregung einige Leute nicht. Beim Tennis sagt auch keiner beim Frauenfinale: Aber gegen Tommy Haas hätten die keine Chance!

Den Sport nicht zu mögen ist okay, aber dieser Schwachsinn: "Pferderennen mit Eseln." Perderennen mit Eseln ist ein Eselrennen. Und es gibt auch Kamelrennen, Kuhrennen, Elefantenfußball usw.

Ich vergleiche Pferderennen auch nicht mit Motorradrennen. Und beim Tennis hat sich einfach ein etwas anderer Stil bei den Frauen entwickelt. Das sind aber normale Entwicklungen in jedem Sport (Stilveränderungen).


Diese Kommentare zeigen einfach Intoleranz. Das hat nichts mit Kritik zu tun weil es nicht um die mangelnde Begeisterung für den Sport geht sondern um die Defamierung und damit ist das Diskriminierung.

Die Motivation immerwieder seine Abneigung auf diese Art kund zu tun ist bei einigen Leuten wirklich extrem. Wenn es nur um inhaltliche Kritik gehen würde, dann würde Voegi wohl keinen Blog schreiben.
2
COMMUNITY LOGIN
Du bist nicht angemeldet. Willst Du das ändern?
Benutzername:
Passwort:
 

Wir aktualisieren unsere Nutzungsbedingungen und unsere Datenschutzrichtlinie. Wir haben neue Community-Richtlinien zur Inhaltsnutzung - Verhaltenskodex eingeführt und mehr Informationen darüber bereitgestellt, wie wir Ihre Daten erheben und nutzen. Indem Sie unsere Website und unsere Dienste weiterhin nutzen, stimmen Sie diesen Aktualisierungen zu.
Neueste Kommentare
MaioPommes
Artikel:
ach SPOX, dank der vielen Großbuchstaben habe ich vergessen, wer sponsert no
23.11.2024, 21:08 Uhr - 7 Kommentare
AMarchisio01
Artikel:
Man muss festhalten das pep keinen Kader zusammenstellen kann. Der 6er fällt
23.11.2024, 21:07 Uhr - 13 Kommentare
Nlocko1904
Artikel:
Ich hab so die Schnauze voll. Man holt einen Keeper aus Braunschweig und ste
23.11.2024, 21:03 Uhr - 2 Kommentare
MikeHard29
Artikel:
@Curry Ja Spox ist nicht Bodenlos sondern Ehrenlos!
23.11.2024, 21:01 Uhr - 102 Kommentare
MK8
Artikel:
Live Ticker sind überbewertetwenigstens wissen wir jetzt, warum Florian Köni
23.11.2024, 20:50 Uhr - 2 Kommentare
KoGe
Artikel:
"Anscheinend haben sie sogar zwei?"  [Muero42]   An der Stelle habe ich auch
23.11.2024, 20:47 Uhr - 20 Kommentare
Bayer04Grieche
Artikel:
Tobinho: Sag das mal dem Günther!
23.11.2024, 20:44 Uhr - 4 Kommentare
Leonidas_1
Artikel:
Ja, dann halt nicht alle, aber eben auch Freiburg. @radika, schau dir einfac
23.11.2024, 20:41 Uhr - 8 Kommentare
Black_sun_Rising
Artikel:
Morgen bitte Liverpool beim Tabellenletzten den Vorsprung auf acht Punkte (!
23.11.2024, 20:34 Uhr - 0 Kommentare
Gottwejaut
Artikel:
Jetzt stell sich doch mal einer vor, wir hätten schon nen Auswärtssieg. Da w
23.11.2024, 20:29 Uhr - 273 Kommentare