01.08.2011 um 16:31 Uhr
Kehls Oma
Samstagabende waren mir immer heilig, damals Ende der 80er Jahre. Erst die Schwarzwaldklinik oder die Pyramide mit Dieter Thomas Heck, dann die große Show mit Gottschalk, Carrell oder Kulenkampff und als krönender Abschluss: Das Aktuelle Sportstudio im ZDF. Damals noch im regelmäßigen Wechsel zwischen Dieter Kürten, Bernd Heller, Karl Senne, Doris Papperitz und Harry Valérien bzw. später Günther Jauch. Die Vorfreude auf die große Sportsendung im ZDF wurde seinerzeit nicht zuletzt durch den Umstand gespeist, dass die ARD-Sportschau in der Regel nur drei bis vier der Samstagsspiele in Ausschnitten zusammenfasste. Für Bilder der anderen Partien musste man sich bis zum späten Abend gedulden. Erst das Sportstudio verschaffte in diesen Tagen die abschließende Gewissheit über den genauen Ablauf des Spieltags.
Heute in den Zeiten von SKY hat das Sportstudio nicht mehr jene geradezu monopolistische Informationsfunktion. Das Pay-TV verschafft jedem, der will bzw. kann, den umfassenden Überblick über das Geschehen in Deutschlands Bundesligastadien. Wer darauf verzichten will oder muss, der kann sich noch immer in der Sportschau alle Tore mehr oder minder genüsslich zu Gemüte führen. Auf das Sportstudio wartet heute dagegen (fast) niemand mehr. Der ZDF-Sportsendung obliegt es vielmehr, den Spieltag (trotz der noch ausstehenden Sonntagsspiele) abzurunden und mit kritischen Seitenblicken analytisch aufzubereiten. Dies gelingt mehr oder minder gut.
Dem Zuschauer wird jedoch inzwischen das Gefühl vermittelt, als ginge es im Kern gar nicht um die Aufbereitung des Spieltags, verdichtet sich das Sportstudio doch mehr und mehr zur einer aufgeblasenen Persönlichkeitsstudie des anwesenden Gastes. Mit Beckmannscher Wonne laienphilosophiert man da zwischen den lästig erscheinenden Spielberichten über die Höhen und Tiefen einer Fußballerkarriere, geht Persönlichkeitsveränderungen in der Pubertät auf den Grund und versucht sich an gleichsamen nebulösen wie aussagelosen Familienportraits. Kurzum: Man plappert, labert und schwadroniert und offenbart dabei das fragwürdige Selbstverständnis einer Talkshow. Mit Sport hat das dann allenfalls am Rande etwas zu tun.
So durfte Sebastian Kehl unlängst den ZDF-Zuschauern seine Familie vorstellen, ein bisschen über die Wertschätzung für seine Oma plaudern und in Erinnerungen an seine hessische Heimat schwelgen. Und das alles, während der Zuschauer auf die Zusammenfassung der Pokalspiele vom Abende wartete, die er, sofern nicht SKY-Abonnent, bis dahin noch nicht hatte begutachten dürfen. Die seltene Chance der Erstvermarktung ließ das ZDF denn auch genauso fahrlässig wie erwartungsgemäß ungenutzt. Statt sich mit journalistischem Eifer konsequent an die Zusammenfassung der Abendspiele zu begeben, wurde mal wieder lang und breit gequatscht. Lieber Kehls umfassende Familiengeschichte als kleine Pokalepisoden. Die Schwerpunktsetzung des ZDF gab erneut Anlass zum Kopfschütteln.
Dabei unterliegt das ZDF, so viel Fairness muss sein, letztlich nur einem allgemeinen Trend. Über Fußball zu reden ist in und mitunter wichtiger als ihn sich anzuschauen. So jedenfalls könnte man meinen angesichts der Vielzahl der Talk- und Analyseshows, die rund um das Phänomen Fußball in den vergangenen Jahren installiert worden sind. Und bekanntlich soll auch im Internet hier und da über Fußball diskutiert werden - auf Sportportalen, Blogplattformen und in den sozialen Netzwerken.
Letzteres sollte das ZDF und andere Sportsender jedoch nicht zu weitergehenden Diskussionsrunden ermutigen. Das Gegenteil ist richtig: Wenn überall lang und breit (mitunter aber durchaus niveauvoll) über den Fußball gesprochen und geschrieben wird, dann darf (und muss) sich das Fernsehen im Gegenzug auf seine Kernkompetenz besinnen: Nämlich die Berichterstattung als solche. Das schließt kritisch-analytische Seitenblicke ausdrücklich mit ein – nicht dagegen endlose Vis-à-vis-Gespräche mit diversen Bundesligaprofis. Darauf können wir gut und gerne verzichten.
Heute in den Zeiten von SKY hat das Sportstudio nicht mehr jene geradezu monopolistische Informationsfunktion. Das Pay-TV verschafft jedem, der will bzw. kann, den umfassenden Überblick über das Geschehen in Deutschlands Bundesligastadien. Wer darauf verzichten will oder muss, der kann sich noch immer in der Sportschau alle Tore mehr oder minder genüsslich zu Gemüte führen. Auf das Sportstudio wartet heute dagegen (fast) niemand mehr. Der ZDF-Sportsendung obliegt es vielmehr, den Spieltag (trotz der noch ausstehenden Sonntagsspiele) abzurunden und mit kritischen Seitenblicken analytisch aufzubereiten. Dies gelingt mehr oder minder gut.
Dem Zuschauer wird jedoch inzwischen das Gefühl vermittelt, als ginge es im Kern gar nicht um die Aufbereitung des Spieltags, verdichtet sich das Sportstudio doch mehr und mehr zur einer aufgeblasenen Persönlichkeitsstudie des anwesenden Gastes. Mit Beckmannscher Wonne laienphilosophiert man da zwischen den lästig erscheinenden Spielberichten über die Höhen und Tiefen einer Fußballerkarriere, geht Persönlichkeitsveränderungen in der Pubertät auf den Grund und versucht sich an gleichsamen nebulösen wie aussagelosen Familienportraits. Kurzum: Man plappert, labert und schwadroniert und offenbart dabei das fragwürdige Selbstverständnis einer Talkshow. Mit Sport hat das dann allenfalls am Rande etwas zu tun.
So durfte Sebastian Kehl unlängst den ZDF-Zuschauern seine Familie vorstellen, ein bisschen über die Wertschätzung für seine Oma plaudern und in Erinnerungen an seine hessische Heimat schwelgen. Und das alles, während der Zuschauer auf die Zusammenfassung der Pokalspiele vom Abende wartete, die er, sofern nicht SKY-Abonnent, bis dahin noch nicht hatte begutachten dürfen. Die seltene Chance der Erstvermarktung ließ das ZDF denn auch genauso fahrlässig wie erwartungsgemäß ungenutzt. Statt sich mit journalistischem Eifer konsequent an die Zusammenfassung der Abendspiele zu begeben, wurde mal wieder lang und breit gequatscht. Lieber Kehls umfassende Familiengeschichte als kleine Pokalepisoden. Die Schwerpunktsetzung des ZDF gab erneut Anlass zum Kopfschütteln.
Dabei unterliegt das ZDF, so viel Fairness muss sein, letztlich nur einem allgemeinen Trend. Über Fußball zu reden ist in und mitunter wichtiger als ihn sich anzuschauen. So jedenfalls könnte man meinen angesichts der Vielzahl der Talk- und Analyseshows, die rund um das Phänomen Fußball in den vergangenen Jahren installiert worden sind. Und bekanntlich soll auch im Internet hier und da über Fußball diskutiert werden - auf Sportportalen, Blogplattformen und in den sozialen Netzwerken.
Letzteres sollte das ZDF und andere Sportsender jedoch nicht zu weitergehenden Diskussionsrunden ermutigen. Das Gegenteil ist richtig: Wenn überall lang und breit (mitunter aber durchaus niveauvoll) über den Fußball gesprochen und geschrieben wird, dann darf (und muss) sich das Fernsehen im Gegenzug auf seine Kernkompetenz besinnen: Nämlich die Berichterstattung als solche. Das schließt kritisch-analytische Seitenblicke ausdrücklich mit ein – nicht dagegen endlose Vis-à-vis-Gespräche mit diversen Bundesligaprofis. Darauf können wir gut und gerne verzichten.
Aufrufe: 19777 | Kommentare: 45 | Bewertungen: 59 | Erstellt:01.08.2011
ø 9.6
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
03.08.2011 | 03:39 Uhr
0
Skim :
Weiß gar nicht, ob ich sky für so hochwertiger halte, wie manch andere...Sky90 verzapft manchmal einen Mist, da geh ich lieber zum Stammtisch um die Ecke..Nicht falsch verstehen, aber ich bilde mir lieber meine eigene Meinung.
Schaue seit Jahren nicht mehr regulär fern, vorallem nicht das Sportstudio.
Da wird Mist aufgearbeitet und verbreitet. Das ist ne Mischung aus Talkshow und Familiendrama.
Ohne arrogant wirken zu wollen, aber was mir da meist verzapft wird - Fußballinformations-technisch gesehen - ist mir längst bekannt. Spox.com reicht mir völlig aus.
0
03.08.2011 | 09:06 Uhr
0
Philse :
@bunsen: Ich weiß nicht, wie du auf das schiefe Brett kommst, dass die Sportschaureporter ihre Kommentare nicht ablesen. Du kannst dir sicher sein, dass JEDER, der einen Spielbericht textet, seinen Text auch abliest. Der Unterschied ist lediglich, dass die Spielberichte der Sportschau live gesprochen werden, während die Reporter des Sportstudios ihre Berichte in der Tonkabine einsprechen und die Tontechniker anschließend noch die Tonhöhen etc. bearbeiten können.
Und wie ein Reporter seinen Text intoniert, ist, egal für welchen Sender er arbeitet, immer ihm selbst überlassen.
@Voegi: Toller Blog, kommt meinem Ideal sehr nahe. Viele Gespräche höre ich persönlich mir aber sehr gerne an. Als beispielsweise neulich Martin Kaymer da war, fand ich es hochinteressant.
0
03.08.2011 | 10:06 Uhr
0
ohwhatagoal : Das gute alte Radio
Ich muss Dir in vielen Punkten rechtgeben. Ich hatte früher Premiere, inzwischen ist mir das aber zu teuer. Sportschau sehe ich auch selten und Sportstudio nur wenn mich bestimmte Spiele interessieren. Das ist dann aber jedesmal ein Kampf, vor allem wenn Steinbrecher moderiert. Ich ärger mich jedesmal über das Verhältnis Interview/Fußballberichte. Viel zu viel Gerede, viel zu wenig Fußball. Seit Töpperwien weg ist sind auch die Kommentare langweilig. Ich bin schon seit längerem wieder auf das Radio umgestiegen ... wie früher. Liveberichte aus den Stadien, Schlusskonferenz, Spannung, Emotionen ... ich finde das perfekt, vorallem kann ich nebenbei noch was anderes erledigen. Nur schade, dass Manni Breukmann nicht mehr dabei ist .
0
03.08.2011 | 10:15 Uhr
0
Hawks19 :
ich hätte da auch noch einen Vorschlag... vllt. sollte eine Sportsendung auch mal nicht nur Fußball bringen?von 60 Minuten sind immer 50 mindestens Fußball, nur so am Rande
0
03.08.2011 | 11:16 Uhr
0
DJDEATH :
Kann dir eigentlich nur zustimmen, wenn sich der Beitrag über die Familie nicht so hingezogen hätte wäre es ok gewesen aber da ja sonst nichts vorbereitet war war es einfach dumm.Ich mein die haben da einen ehemaligen Nationalspieler vom deutschen Meister sitzen der durch eine schwere Zeit ging jetzt wiedermal hofft wieder ordentlich spielen zu können und vor allem der sich artikulieren kann.
Und was kommt dabei raus?!
Tausende Fragen über seine Verletzungen und die Familie. Sonst nix.
Ich mein das Gespräch wurde glaube ich 3-4 mal unterbrochen und danach wurde immer wieder über seine Verletzungen gesprochen. Als Kehl nach dem dritten Mal schon richtig angepisst war, das soll was heißen ihn soweit zu bekommen, war das Gespräch beendet, ein Glück sonst wäre er glaub ich gegangen.
Da die ganze Zeit nur über die Verletzungen gesprochen wurde viel der Familienbeitrag natürlich extrem auf.
Das Niveau ist halt auch dem ÖR- Fernsehen verloren gegangen und wenn die schon bei den Kommentatoren unterirdisch sind, werden auch die Beiträge nicht besser sein.
0
03.08.2011 | 13:01 Uhr
0
Hauser29 :
schönes ding voegi. jedoch möchte ich anmerken, dass dieses elende gelaber, welches ich auch am sa im sportstudio schauen musste (leider kein sky abo) doch nur das ergebnis einer jahrelangen entwicklung. ich weiß noch das es mal zeiten gab wo es keinen experten gab, der mir vor dem spiel erzählen wollte was ich wohl sehen werde und mir in der halbzeit und nach dem spiel dann erzählt was ich gesehen habe. im grunde genommen werden wir konsumenten durch den experten eigentlich für dumm verkauft. denn ohne ihn würden wir ja gar nicht verstehen, wieso denn nun das tor so gefallen ist, oder das die abstimmung in der defensive nicht stimmte.... . aber der experte ist ja nicht alles, nacher kommt dann die taktikanalyse, am sonntag morgen der populistische doppelpass, in dem mir immer udo erklärt hat, das irgendwas in der mannschaft nicht stimmt. dann am monatg abend die spieltaganalyse und dazu noch jeden tag bundelisga aktuell auf sport 1. stunden um stunden zum labern, hohle phrasen dreschen und den zuschauer für dumm verkaufen. als ob der zuschauer, der sich das spiel angeschaut hat nicht selber versteht welche fehler nun zum tor geführt haben, das die situation im 16er klarer strafstoß war oder nicht. nein ...wir brauchen einen fußballexperten., weil wir ja alle doof sind.
der begriff experte wird mitlerweile für jeden scheiß verwendet und wenn man will dann findet man für alles einen experten. der fußballexperte, der terrorexperte, der adelsexperte, der nahostexperte. was würden wir nur mach ohne diese experten?? wo wären wir nur wenn wir keine experten mehr hätten?? in der guten alten zeit wären wir...und wir würden nix vermissen!!
3
03.08.2011 | 13:53 Uhr
0
Jacks_Rabbit : schön geschrieben
sehe ich auch so. die berichterstattung ist mittlerweile ziemlich zur nebenache mutiert. geht man sich noch mal schnell ein bier ausm kühlschrank holen, ist der bericht auch schon wieder vorbei leider eigenen sich als gesprächspartner immer weniger sportler. meist sinds die standardantworten, ab und zu gibts dann noch ein paar "hitzige gesrpäche". aber eben nur selten.
zum thema premiere/sky. hatte ich auch 10 jahre und mittlerweile gibt es in der halbzeit ja auch mehr werbung als mal eine anständige berichterstattung. kurz die ergebnisse durchgenudelt und dann kommt auch schon wieder der kloppo mit seinem tapetenkleister. aber immer noch etwas großzügiger als das ASS.
schade drum...
0
03.08.2011 | 13:55 Uhr
0
Red_7 :
Hm, dann bin ich wohl in klar in der Minderheit, aber mir gefällt die Fußballberichterstattung (den ganzen Interview-Torwand-Quatsch, schaue ich mir auch nicht an) um längen besser als in der ARD.Beim ZDF wird immerhin mit einigem Abstand draufgeschaut, während ich bei der Sportschau (welche ja als ÖR-Sender der natürliche Konkurrent ist) immer das Gefühl habe, dass da teilweise mit heißer Nadel falsche Szenen gezeigt werden, wie zB Abseitsszenen als 100%ige Torchancen und ähnliches.
Das Poschhmann sich nur noch auf Leichtathletik und Eisschnelllaufen konzentriert ist für beide Seiten das beste. Da hat er nämlich eine sehr gute Kompetenz...
1
03.08.2011 | 15:30 Uhr
0
arenoir :
Tolles Thema!
Ich finde aber, dass das Sportstudio zwar nicht mehr das ist, was es mal war, aber dafür immer noch der Lichtblick in der deutschen Sportberichterstattung. Ich schaue das immer noch gerne, weil es mit sehr viel Niveau über des Thema Fußball und die Hintergründe berichtet.
Neben der Sportschau, Sport1, Sky und LigaTotal braucht es nun wirklich keine extra Berichterstattung. Viel mehr sollte sich das Sportstudio seiner Kompetenz als fachlich fundierte Sportsendung gerecht werden. In der Regel hat Samstag Nacht schon fast jeder die Spiele oder Zusammenfassungen gesehen.
0
COMMUNITY LOGIN
Statistik
...BUNDESLIGA PUR!