"Kennse, oda? Hier, da! Weiße Bescheid! Kennse auch, oda? Kennse, ne?". Mario Barth macht zum zwanzigsten Mal in einer Minute den gleichen Witz. Beim ersten Mal hätte ich noch gar nicht erwartet, wie lustig der Gag sein kann, wenn er mir erstmal maschinenfeuer-artig in die Synapsen geschossen wird.

Aber der Barth kann das halt! Der erzählt dann immer so von seiner Freundin und die Freundin.. hrhrhr... die Freundin.. hrhr.. die ist.. hihihi... die ist immer so trottelig.

Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn ich diesen Blog hier nutzen würde, um die Trotteligkeiten meiner Freundin nachzuerzählen, würde eben jene mich eine Woche lang nackt bei Wasser und schimmlig Brot in ein zwei Quadratmeter-großes Kellerverließ sperren um mir zwei Mal am Tag den Allerwertesten zu versohlen (und ich versichere Ihnen, mir würde das maximal einen Tag lang Spaß machen!).

Strafe muss eben sein! Das denkt sich die Obrigkeit der deutschen Fussball-Funktionäre auch. Die werden ja auch schon seit Jahren öffentlich gedemütigt. Von diesen Gewalttätern Sport, die Woche für Woche wie die Wikinger durchs Land ziehen, Verwüstung hinterlassen und vor allen Dingen ständig diese Bengalos entzünden. Da müssen dann auch mal rabiate Maßnahmen ergriffen werden. Wie zum Beispiel so ein Nacktzelt vor der Einlasskontrolle. Trotz aller Folgerichtigkeit im Handeln der großen Macher wird diese konsequente Maßnahme in der Öffentlichkeit hektisch diskutiert. Viele verstehen dabei aber gar nicht, was es da überhaupt zu diskutieren gibt.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle eine sehr visuelle Herangehensweise an die Problematik empfehlen. Haben Sie sich so eine Bengalo-Fackel mal angesehen? 30cm lang, vier oder gar fünf cm dick... Jetzt denken Sie mal an den bescholtenen Mitbürger Herbert-Olaf Oligan. Der weiß nun: "Oha.. vor dem Stadion ein Nacktzelt - da wird mir die Beule vorne an meiner Shorts [32cm Fassungsvermögen... passt!] nicht mehr viel bringen!". Es muss ein neues Versteck her.

Nun... seiner Kleidung beraubt bleiben dem schutzlosen Gewalt-Befürworter nicht mehr viele Alternativen als sich diese 30cm lange Fackel gnadenlos in den ... ich denke, Sie wissen wo das hinführen soll. Jetzt ist unser neuer Freund Herbert O. aber nicht in der Kartei "Einzeltäter" aufgeführt, sondern gilt als Mitglied der Kerngemeinschaft einer 40 Mann zählenden regelmäßigen Versammlung zur Förderung öffentlicher Gewalt. Seine Aufgabe in dieser hierachisch geordneten Gesellschaft ist der Schmuggel von Bengalo-Fackeln in den Fanblock, idealerweise zu einer Zeit, in der vor dem Block auch noch Fussball gespielt wird.
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Kennen Sie das? Samstag mittag, 12.23 Uhr, Sie stehen mit ihren Kumpels auf dem großen Platz vor der Einkaufsstraße ihrer Heimatstadt. In gut drei Stunden wird im örtlichen Stadion wieder ein Fest zu Ehren König Fussballs abgehalten und ihr Anus fühlt sich an wie ein verdammtes Stargate weil es ihr Job ist, eine ganze Europalette Bengalo-Fackeln in den Block zu bringen.

Wissen Sie, wie heiß so Fackeln werden? Daheim im Ruhrgebiet sagt man, die wirklich guten Currywürste brennen immer zwei Mal. So ein Bengalo hingegen neigt dazu, nur einmal zu brennen. So bei etwa 2000 °C, wenns denn mal sein muss.

Jetzt stellen Sie sich mal vor, Sie wären einer dieser Auserwählten, die bei der Kontrolle den Sondereingang durch das ominöse und viel-diskutierte Zelt nehmen dürften. In der Ecke flackern vielleicht ein paar Kerzen. Es herrscht eine knisternde Stimmung während ein junger Polizeibeamter vor Ihnen steht und sich fest vorgenommen hat, diesen Job so genau wie nur irgend möglich zu machen, damit er beim nächsten Heimspiel endlich auch mit cooler Ausrüstung vor dem Block stehen darf und nicht die Fleischbengalos von 100 betrunkenen Gewaltbefürworten befummeln muss.

Herbert-Olaf befindet sich gerade in jener würdevollen Haltung, die jeder volljährige Mann noch von der Musterung her kennt ("Beugen Sie sich mal vor und ziehen dabei die Backen weeeeeit auseinander"), da hört er einen sehr eifrigen Polizeibeamten sagen: "Ganz schön dunkel hier, ich brauch mal ein bisschen Licht. Wo sind denn diese Kerzen...?!". Eine der beiden Augenbrauen von Herbert-Olaf zuckt plötzlich auf...
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Kennen Sie das? Sie stehen vor der Einlasskontrolle am Stadion und plötzlich erblicken Sie eines dieser vieldiskutierten Nacktzelte. Nur, dass es gerade rot leuchtend durch die Lüfte fliegt und Funken sprüht.

Nun könnten Sie daraus folgende Lehre ziehen: "Oha.. die Obrigkeit meint es wirklich ernst und sie sitzt am längeren Hebel. Da ist es wohl gesünder, ich rutsche ein bisschen tiefer in den Allerwertesten der Funktionäre und lasse meine Bengalos sowie mein Verlangen nach Gewalt demnächst zu Hause!".

Könnten Sie. Aber Sie kennen das ja: Der Mensch ist im Herzen Rebell. Es ist diese Eigenschaft, die uns dazu führt, Staatsformen in aller Regelmäßigkeit einzureißen, um immer wieder etwas Neues, Besseres aufzubauen. Es ist diese Eigenschaft, die auch Herbert-Olaf dazu bewegt zu sagen: "Den Arsch der Obrigkeit zu lecken ist wie, als wenn man die eigene Schwester oral beglückt: Schmeckt richtig, ist aber falsch!".
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Kennen Sie das? Das neueste Sicherheitskonzept von Liga, DFB und Politik hat wieder mal hohe Wellen geschlagen, doch schon beim nächsten schäbigen Nullnull von Herbert-Olafs Team leuchtet der ganze Block erneut in furiosem Rot. Wieder schreiben die Zeitungen über Skandale und zeichnen mentale Bilder von Stadien die wie Kriegsgebiete aussehen. Wieder müssen Fussball-Funktionäre mit Politikern reden. Wieder muss irgendwo eine Wahl anstehen die den aktuellen Bürgermeister von irgendwo dazu anstiftet, irgendwas von Ursachen-Forschung zu erzählen während er Phrasen wie "das Problem an der Wurzel attackieren" brabbelt.

In Ihnen nagt noch so ein bisschen das Gefühl eines Deja-vu's, doch Sie müssen dieser gesellschaftlichen Frage jetzt endlich mal nachgehen. Wo liegt sie denn nun, diese verdammte Ursache, die Wurzel allen Bengalo-Feuers? Sollten Sie das Vergnügen gehabt haben, in Ihrer Schulzeit auch mal die griechische Mythologie behandelt zu haben, wissen Sie es sicherlich: Prometheus! Das war der Schuft! Der hat sich diese ganze Schnapsidee mit dem Feuer zum ersten Mal von den Göttern geklaut. Ohne den wär doch niemand auch nur auf den Gedanken gekommen, just für den Zeitvertreib exotherme Reaktionen zu induzieren.

Das Problem an dieser Wurzel allen Übels ist: Prometheus liegt seit einigen Jahren mit Bauchschmerzen flach und ist auch nicht mehr wirklich greifbar. Es scheint, als wäre diese Wurzel nur schwer zu bekämpfen.

So werden wir den ewigen Kreislauf von Bengalos und Sicherheitskonzepten, die sich wie Staffelläufer gegenseitig den Stab in die Hand drücken, wohl noch ein paar Mal durchlaufen müssen. Und genau deswegen ist es wichtig, dass ich Sie anfangs an Mario Barth erinnert habe. Denn Sie kennen das ja: Wenn man so einen Witz erst 20 Mal hört, besteht die Möglichkeit, dass er doch noch irgendwann lustig wird.