07.08.2011 um 16:00 Uhr
Kuriosum mit Kinhöfer
Viel Verwirrung und eine Menge Diskussionen gab es rund um das Freistoßtor, das Jan Schlaudraff am ersten Spieltag zum 1:0 für Hannover 96 gegen 1899 Hoffenheim erzielte (hier ist das Video dazu). Die Hoffenheimer beschwerten sich bei Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer, weil ihr Torwart Tom Starke noch mit der Mauerbildung beschäftigt war und die Gäste davon ausgingen, dass der Unparteiische die Ausführung des Freistoßes blockiert hatte und sie durch einen Pfiff freigeben würde. Das tat Kinhöfer jedoch nicht; vielmehr verzichtete er nach einer kurzen Unterhaltung mit dem (mutmaßlichen) Schützen auf die Mauerstellung und ließ Schlaudraff gewähren. Ging also alles mit rechten Dingen zu?
Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst einmal ein Blick in die Fußballregeln hilfreich. Dort heißt es in der Regel 13 (Freistöße) unter der Rubrik "Zusätzliche Erläuterungen des DFB": "Fordert die zum Freistoß berechtigte Mannschaft die Einhaltung der 9,15-m-Entfernung vom Ball, soll der Schiedsrichter die Entfernung feststellen, aber durch ein unmissverständliches Zeichen verhindern, dass der Freistoß vor der Freigabe des Balles ausgeführt wird." Mit dem Feststellen der Entfernung ist gemeint, dass der Unparteiische die Gegenspieler auf die vorgeschriebene Distanz bringt; bei Freistößen in Tornähe heißt das konkret: Er platziert die Mauer. Das "unmissverständliche Zeichen" ist nicht näher definiert; es hat sich jedoch eingebürgert, dass der Schiedsrichter seine Pfeife in die Höhe hält und damit signalisiert: Ich gebe den Freistoß per Pfiff frei.
Nun ist es Usus, dass bei Freistößen in Tornähe die "Einhaltung der 9,15-m-Entfernung vom Ball" von der angreifenden Mannschaft gar nicht explizit gefordert wird (bzw. werden muss); vielmehr gehen alle Beteiligten - Angreifer wie Verteidiger - in der Regel davon aus, dass der Referee die Mauer stellt und das Spiel dann mit seiner Pfeife wieder freigibt. So etwas wie ein Gewohnheitsrecht ergibt sich daraus allerdings nicht, das heißt: Eine schnelle Freistoßausführung (ohne vorherigen Pfiff) ist jederzeit zulässig, sofern der Schiedsrichter sie nicht explizit - das heißt: "durch ein unmissverständliches Zeichen" - blockiert hat. Nur machen bloß sehr wenige Mannschaften von dieser Möglichkeit Gebrauch.
Thorsten Kinhöfer hat sich, regeltechnisch betrachtet, korrekt verhalten - und dennoch war sein Vorgehen sehr unglücklich. Denn im Video ist zu sehen, wie er im Zwiegespräch mit Schlaudraff zunächst seine Pfeife hebt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wollte er damit seine Frage an den Schützen, die "Benötigen Sie eine Freigabe?" o.ä. gelautet haben dürfte, gestisch untermauern. (Womöglich hat er auch gesagt: "Ich pfeife den Freistoß an", woraufhin ihn Schlaudraff gefragt hat: "Kann ich nicht auch ohne Pfiff schießen?") Die Hoffenheimer werden diese Geste jedoch - was nachvollziehbar ist - nicht als Frage, sondern als Blockieren der Freistoßausführung interpretiert und sich folgerichtig darauf verlassen haben, dass der Schiedsrichter den Freistoß anpfeift. Und daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Kinhöfer kurz nach dem Zeigen der Pfeife - genauer gesagt: nach Schlaudraffs Antwort - mit seinem linken Arm in Richtung Hoffenheimer Tor gedeutet und sich schließlich mit einem kurzen, kaum wahrnehmbaren Achselzucken vom Ball entfernt hat (was wohl so viel heißen sollte wie: Dann schieß halt ohne meinen Pfiff).
Kinhöfer hat also keinen Regelverstoß begangen; das Tor wurde durchaus korrekt erzielt. Aber die Körpersprache des Referees war in dieser Situation ausgesprochen irreführend, und das muss man dem Spielleiter ankreiden. Denn das für alle sichtbare Hochhalten der Pfeife konnte nur als das in der Regel 13 niedergeschriebene "unmissverständliche Zeichen" für eine Blockade der Spielfortsetzung betrachtet werden. Wenn hier überhaupt noch eine schnelle Spielfortsetzung ohne Pfiff möglich war, dann hätte Kinhöfer sie durch eine für alle eindeutige Geste und/oder durch einen weithin vernehmbaren Ruf wie "Ball ist frei!" untermauern müssen. Da er das jedoch offenbar unterließ, waren die Proteste der Hoffenheimer so verständlich wie folgerichtig.
Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst einmal ein Blick in die Fußballregeln hilfreich. Dort heißt es in der Regel 13 (Freistöße) unter der Rubrik "Zusätzliche Erläuterungen des DFB": "Fordert die zum Freistoß berechtigte Mannschaft die Einhaltung der 9,15-m-Entfernung vom Ball, soll der Schiedsrichter die Entfernung feststellen, aber durch ein unmissverständliches Zeichen verhindern, dass der Freistoß vor der Freigabe des Balles ausgeführt wird." Mit dem Feststellen der Entfernung ist gemeint, dass der Unparteiische die Gegenspieler auf die vorgeschriebene Distanz bringt; bei Freistößen in Tornähe heißt das konkret: Er platziert die Mauer. Das "unmissverständliche Zeichen" ist nicht näher definiert; es hat sich jedoch eingebürgert, dass der Schiedsrichter seine Pfeife in die Höhe hält und damit signalisiert: Ich gebe den Freistoß per Pfiff frei.
Nun ist es Usus, dass bei Freistößen in Tornähe die "Einhaltung der 9,15-m-Entfernung vom Ball" von der angreifenden Mannschaft gar nicht explizit gefordert wird (bzw. werden muss); vielmehr gehen alle Beteiligten - Angreifer wie Verteidiger - in der Regel davon aus, dass der Referee die Mauer stellt und das Spiel dann mit seiner Pfeife wieder freigibt. So etwas wie ein Gewohnheitsrecht ergibt sich daraus allerdings nicht, das heißt: Eine schnelle Freistoßausführung (ohne vorherigen Pfiff) ist jederzeit zulässig, sofern der Schiedsrichter sie nicht explizit - das heißt: "durch ein unmissverständliches Zeichen" - blockiert hat. Nur machen bloß sehr wenige Mannschaften von dieser Möglichkeit Gebrauch.
Thorsten Kinhöfer hat sich, regeltechnisch betrachtet, korrekt verhalten - und dennoch war sein Vorgehen sehr unglücklich. Denn im Video ist zu sehen, wie er im Zwiegespräch mit Schlaudraff zunächst seine Pfeife hebt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wollte er damit seine Frage an den Schützen, die "Benötigen Sie eine Freigabe?" o.ä. gelautet haben dürfte, gestisch untermauern. (Womöglich hat er auch gesagt: "Ich pfeife den Freistoß an", woraufhin ihn Schlaudraff gefragt hat: "Kann ich nicht auch ohne Pfiff schießen?") Die Hoffenheimer werden diese Geste jedoch - was nachvollziehbar ist - nicht als Frage, sondern als Blockieren der Freistoßausführung interpretiert und sich folgerichtig darauf verlassen haben, dass der Schiedsrichter den Freistoß anpfeift. Und daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Kinhöfer kurz nach dem Zeigen der Pfeife - genauer gesagt: nach Schlaudraffs Antwort - mit seinem linken Arm in Richtung Hoffenheimer Tor gedeutet und sich schließlich mit einem kurzen, kaum wahrnehmbaren Achselzucken vom Ball entfernt hat (was wohl so viel heißen sollte wie: Dann schieß halt ohne meinen Pfiff).
Kinhöfer hat also keinen Regelverstoß begangen; das Tor wurde durchaus korrekt erzielt. Aber die Körpersprache des Referees war in dieser Situation ausgesprochen irreführend, und das muss man dem Spielleiter ankreiden. Denn das für alle sichtbare Hochhalten der Pfeife konnte nur als das in der Regel 13 niedergeschriebene "unmissverständliche Zeichen" für eine Blockade der Spielfortsetzung betrachtet werden. Wenn hier überhaupt noch eine schnelle Spielfortsetzung ohne Pfiff möglich war, dann hätte Kinhöfer sie durch eine für alle eindeutige Geste und/oder durch einen weithin vernehmbaren Ruf wie "Ball ist frei!" untermauern müssen. Da er das jedoch offenbar unterließ, waren die Proteste der Hoffenheimer so verständlich wie folgerichtig.
Aufrufe: 22700 | Kommentare: 55 | Bewertungen: 15 | Erstellt:07.08.2011
ø 8.1
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
08.08.2011 | 12:20 Uhr
0
In dem Moment wo der Schiri vor einem Freistoß mit den Spielern redet und gestikuliert ist das Spiel doch unterbrochen und dann muss er es auch wieder freigeben. Wenn das nicht explizit so in den Regeln steht dann sagt es doch zumindest der gesunde Menschenverstand.
Wenn er jetzt beispielweise einen Spieler ermahnen möchte dann können die anderen doch solang auch nicht einfach weiterspielen...
1
08.08.2011 | 12:46 Uhr
-1
daraus würde ja folgen:
Jeder Ausführende könnte 2 Sekunden nach Pfiff des Freistoßes den Freistoß ausführen.
Beispielsweise während alle noch am Lamentieren sind, ob der Freistoß berechtigt ist.
Ersichtlich also unsinnig, dass Schlaudraff schiessen konnte, wann er wollte
1
08.08.2011 | 12:48 Uhr
-2
An Stelle der Hoffenheimer würde ich Protest gegen die Wertung des Spiels einlegen. Kinnhöfers Geste war eindeutig missverständlich, und ich bin mir sicher dass man mit der Anfechtung eine Chance vor dem DFB-Gericht hätte. Vor allem die Hoffenheimer, denen man vor 2 Jahren eine Niederlage am Grünen Tisch hätte zufügen müssen, nachdem zwei Spieler bei der Dopingprobe gefehlt hatten.Dennoch hatte man sie verschont.
0
08.08.2011 | 12:50 Uhr
-1
BartP : @centercourt89
Stell dir diese Szene im Mittelfeld vor...da plaudert der Schiri auch ab und zu mit Spielern der ausführenden Mannschaft und währenddessen wird der Freistoss schnell ausgeführt.Und wenn man sich vor den Ball stellt, bekommt man keine Gelbe Karte. Nur wenn man anschließend aktiv die Ausführung verhindert.
Wenn er einen Spieler ermahnen möchte, muss er das Spiel wieder anpfeifen, ja. Bin ich mir zu 99% sicher. In diesem Fall muss er das aber nicht.
0
08.08.2011 | 12:55 Uhr
0
BVB09er : ...
In Zukunft wird man solche Tore wohl öfter sehen in der Bundesliga
2
08.08.2011 | 13:03 Uhr
-1
Siled :
An hoffenheims Stelle würde ich mich eher an meiner eigenen Nase fassen! Jeder A-Jugendspieler weiß, das sich immer mindestens einer vor den Ball stellt damit er gesperrt wird!Wenn das gestandene Bundesliga Spieler vergessen, kann ich eigentlich nur schmunzeln und sagen "selber schuld"
1
08.08.2011 | 13:13 Uhr
0
Der Schiedsrichter soll daher genau beobachten, was die Mannschaft vorhat, die einen Freistoß zugesprochen bekommt; auch gegen eine kurze (!) Nachfrage ist im Prinzip nichts einzuwenden. Allerdings ist es ratsam, sich als Referee in einem solchen Fall transparent zu verhalten, das heißt: Der Unparteiische sollte - insbesondere bei Freistößen in Tornähe - durch ein eindeutiges (!) Zeichen und/oder durch einen Ruf wie "Ball ist frei" allen deutlich machen, dass die Spielfortsetzung nicht blockiert ist. Das Problem bestand deshalb in diesem Fall nicht darin, dass Kinhöfer Schlaudraff gefragt hat, ob eine Mauer gestellt werden soll, sondern darin, dass er durch das Heben der Pfeife jenes Signal gegeben hat, das vermutlich auf der ganzen Welt als Ankündigung der Freistoßfreigabe durch einen Pfiff interpretiert wird.
Übrigens haben auch die verteidigenden Spieler die Möglichkeit, dem Schiedsrichter eine Frage wie "Ist der Ball blockiert?" oder "Pfeifen Sie den Freistoß an?" zuzurufen (bei meinen Spielen habe ich das schon -zigmal erlebt); es muss nicht immer ein Vor-den-Ball-Stellen sein, mit dem man möglicherweise eine Verwarnung riskiert.
1
08.08.2011 | 13:15 Uhr
0
Rodnox :
Das eigentliche Ass in dieser Situation ist Mirko Slomka. Schon zu schalker Zeiten war er das Mastermind hinter den Standartsituationen. Da war Ideenreichtum en masse dahinter.
Glaubt mal nicht, dass das Tor zufällig so kontrovers gefallen ist. Die Jungs wussten genau was sie da taten.
0
08.08.2011 | 13:21 Uhr
0
FrancoBaresi : Schirifreigabe ist Zeitspiel
Ganz ehrlich: wenn eine Mannschaft Foul spielt und den Spielfluss unterbindet und sich somit einen Vorteil erwirkt, sollte prinzipiell die gefoulte Mannschaft das Spiel wieder eröffnen, wann sie will, sprich auch sofort.Und wenn das Team meint, die Mauer ist weit genug weg, bitte.
2
COMMUNITY LOGIN
Statistik
Ich kenne die Fussballregeln (anscheinend im Gegensatz zu Stanislawski und Starke ) und deswegen wäre ich in dem Fall auf die Spieler und auf den Keeper sauer, aber bestimmt nicht auf Kinhöfer.
Dass ein bekannter Dummschwätzer wie Stanislawski so einen völlig normalen Vorgang als skandalös bezeichnet, wundert mich allerdings nicht... Starke hat sich insgesamt ja auch um Kopf und Kragen geredet. War ziemlich peinlich, aber heutzutage leider normal.