Street View auf Schalke

Die Recherchen der Liga-Lehren ergeben Erschreckendes: Google Street View unterwandert die Liga und Kachelmann trainiert jetzt Hannover:

Hinweis
Zunächst, dem Bildungsauftrag dieser Reihe entsprechend, der wichtige Hinweis: Wir befinden uns erst am 2. Spieltag dieser Saison, auch wenn das sonntägliche Beben mit 3.6 Punkten auf der nach oben offenen BPRIS (Bayer-Pleiten-Rückrunden-Indikationsskala) den naheliegenden Schluss zulässt, Weihnachten sei längst vorbei. Eine schöne Bescherung war's trotzdem.

Google Felix
Felix Magath, the Trainer formerly known als Messias, besitzt auf Schalke derzeit ja in etwa die Sympathiewerte von Google Street View. Und auch sonst sind die Parallelen zwischen dem königsblauen Alleinherrscher und dem umstrittenen Internetdienst geradezu erschreckend auffällig. Beide sind allgegenwärtig, fahren kreuz und quer durch die Republik, um neue Objekte zu sichten, beide sind nicht sonderlich beliebt, in ihrem Herrschaftsanspruch aber unbeirrbar und lassen Widerspruch zwar zu, schenken ihm jedoch keine Beachtung. Und wer sich jetzt echauffiert über diesen zynischen Vergleich, der mal eben so Spieler zu immobiliengleichen Objekten herabstuft, dem sei gesagt: Bei Schalkers Kader, der sich liest wie eine Zusammenstellung sämtlicher UN-Botschafter, verhält es sich nicht anders als mit Erwerb einer Immobilie: Erst einmal auf die Bank und dann abwarten! Beim Heimspiel gegen Slomkas Edelelf saßen aber auch diesmal wieder – zur allgemeinen Verwunderung – nur sieben Schalker auf dem Ersatzbänkchen. Darunter befand sich jedoch nicht Defensiv-Granate Metze, der sich – zum allgemeinen Bedauern – irgendwie an Magaths Restratio vorbei auf das Spielfeld geschummelt hatte. Dort trug er wie üblich großen Anteil am Sieg – des Gegners. Auf die Frage nach einem Fehlstart reagierte Metzes Mentor gleichwohl eher schmallippig "Wenn Sie die ersten zwei Spiele als Start bezeichnen wollen…" Wollen wir, Felix, wollen wir. Aber wir bezeichnen deinen Kader ja auch als leicht überdimensioniert und haben dementsprechend keine Ahnung.

Einweg
Wie auch immer, Magaths Personalpolitik sorgt unter Deutschlands Fußballfreunden für dauerhaftes Befremden. Aber sehen wir es doch einmal anders: Vielleicht will Magath auch nur Hitzfelds einstiges Rotationssystem zum Einwegteam perfektionieren: Jedes Mal mit einer komplett neuen Mannschaft auflaufen – 34 Spieltage lang. Unter diesem Gesichtspunkt wäre Felix' Vorrat an einmal verwendbaren Kickern durchaus knapp bemessen. Kein Wunder also, dass immer mehr Schalker Spieler neuerdings mit einem provokativen T-Shirt durch die Gegend laufen, um auf diesen Missstand hinzuweisen: Kleine Gruppe!

Deep Water
Aber apropos Street View-Felix. Es ist doch immer wieder ein nicht zu unterschätzender Quell der Freude, absurde Quervergleiche zwischen unserer niedlichen Bundesliga und dem aktuellen Zeitgeschehen herzustellen. Da könnte man Hannovers Slomka schon mal als coachenden Kachelmann bezeichnen (hatte zuletzt keine guten Aussichten, fühlt sich jetzt freier, muss aber den Prozess der nächsten Wochen abwarten), in Kevin Kuranyi ein Köhler-Cover sehen (suboptimale Rhetorik, notorische Lustlosigkeit und schließlich Flucht in die Provinz) oder das Millerntor-Stadion zum Deep Water Horizon der Bundesliga degradieren (stinkendes Loch, jetzt zubetoniert). Mit Letzterem würde man dem unnachahmlichen Charme des neugestylten Liga-Freudenhauses aber sicher nicht gerecht. Das wirkt nämlich richtig schmuck und kommt sogar mit pauliphoben VIP-Logen daher. Von denen aus hatte man am Samstag auch einen wunderbaren Ausblick auf das ultimative Topspiel, das aus Pauli-Sicht aber irgendwie doch an Guido Westerwelle erinnerte: Nicht gut anzusehen und schließlich bekam man noch einen hinten rein.

Raus damit
Und wenn wir schon am kalauern sind, hauen wir sie auch alle raus für heute. Gewisse Wortspiele darf man einfach nicht verschweigen, sonst kommt Präses Doppelzehner mit einer Einstweiligen Verfügung daher. In dem Sinne: Dass Hoffenheim kurz vor Schluss noch das Siegtor markierte, lag einzig und allein daran, dass dies der Fußballgott so Vorsah. Dank Ciriaco Vorsahs spätem Treffer ist Rangnicks Mannschaft also jetzt Tabellenführer und hat die ewige Frage "Hopp oder Top" damit zweifelsfrei entschieden. Lassen wir jetzt mal so stehen, wie wir uns Live-Übertragungen mit Poschi Poschmann wünschen: Unkommentiert.

Koffer
Imbissbude, Ordner, Anzeigetafel, Teleobjektiv, Block 6, Sippel, Block 18, Werbebande, Horst Eckel, Mond, Mannschaftsbus – hört sich an wie ein Rekordversuch in "Ich packe meinen Koffer", ist aber die beeindruckende Trefferbilanz der Bayern aus 90 Minuten Betzenberg. Louis' Gute-Laune-Truppe ballerte am vergangenen Freitag so beherzt durch die Gegend, als würde sie einfach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit vertrauen: Irgendwann wird schon einer sitzen, so groß ist die Pfalz ja nicht. Ist sie doch: 0:2. Für die Zukunft empfehlen wir die Breitner-Taktik: Zu Hause bleiben und Punkte per Post schicken. Dann bleibt auch Zeit genug, um "Ich packe meinen Koffer" zu spielen. Das schult zumindest die Konzentration.

Congrats
Und natürlich wollen wir nicht vergessen, unserem neuen Liebling zum ersten Bundesligasieg zu gratulieren. Davon gehen wir jedenfalls aus. Denn bei Wolfsburg – Mainz schaltet man als ästhetisch veranlagter Betrachter bei einem Stand von 3:0 selbstverständlich ab. Da kann ja nichts mehr passieren. Sollte Mainz wider Erwarten ganz liverpoolesk noch ein 3:3 rausgeholt haben (was allerdings so wahrscheinlich wäre wie Ballacks Zukunft als Capitano) oder gar noch als Sieger aus dem Spiel hervorgegangen sein (so wahrscheinlich wie eine Frings-Rückkehr in die Nati), hätten wir dafür keine Erklärung parat. Höchstens dass sich englische Mannschaften immer ein wenig schwer tun, wenn sie zur Pause von der linken auf die rechte Seite… Nee, quatsch. Es wäre einfach unerklärlich.

Und was gab's noch?
Werder hat sich in die Champions League geduselt – dank guter Moral ("Glaube versetzt Rosenberge") und ein bisschen Glück (Pizza Fortuna) hat man's letztlich doch geschafft. Das Ganze war so aufregend, dass Thommy Schaaf sogar beinahe aufgewacht wäre. Nun also geht es u.a. gegen Inter mit den vier – von der UEFA in einem akuten Anfall tiefgreifender Einfallslosigkeit nominierten – Spielern Europas. Inter hat also den besten Torhüter, die beste Abwehr, das beste Mittelfeld und den besten Angriff. Werder dagegen den besten, weil aufgewecktesten Trainer. Also alles ganz easy, so wie das 2:3 in Genua, mit dem Deutschland in der Fünfjahreswertung jetzt so weit vorne steht, dass in drei Jahren sogar Energie Cottbus in der Euro League ran darf. Und wenn's weiter so läuft, ist in fünf Jahren auch der Effzeh dabei. Hallelujah!