19.10.2008 um 19:18 Uhr
Liga-Lehren VIII
Zauberhafte Unterhaltung
Fruchtige Wolfsburger, zauberhafte Hoffenheimer, irritierte Bayern und ein rekordverdächtiger Kuranyi - der 8. Spieltag lieferte wiedermal vor allem eins: Unterhaltung, wohlgemerkt anspruchsvolle Unterhaltung!
Obstsalat in Wolfsburg
Den Zuschauern in Wolfsburg wurde diesmal ein ganz besonders schmackhafter Frucht-Cocktail serviert. Tore fielen wie reife Äpfel. Vor allem Zwetschge Misimovic drehte ganz groß auf und brachte die Kirsche gleich zweimal höchst selbst im gegnerischen Kasten unter, davon einmal mit der Birne. In der zweiten Halbzeit bereitete er mittels Bananenflanke das 3:0 vor und ließ die letzten 30 Minuten zu einem Spiel um die Goldene Ananas verkommen. Den Arminen blieb die nüchterne Erkenntnis, dass in Wolfsburg die Trauben derzeit zu hoch hängen. Trösten können sich mit der Nachricht, dass ihre Abwehr für einen Preis nominiert wurde – für die Goldene Himbeere.
Zauberei in Hannover
"Ibi Oba Ba". Klingt wie eine Zauberformel aus 1001 Nacht, isses aber nicht. Nein, "Ibi Oba Ba", das ist das mystische Erfolgsgeheimnis von Houdini Rangnick, dessen Stürmertrio momentan das magische Dreieck der Liga bildet. Diesem gelingt es nämlich immer wieder, die mysteriöse Kugel auf scheinbar übernatürliche Weise in des Gegners Tor zu katapultieren. Sämtliche Gesetze der Fußball-Logik scheinen außer Kraft gesetzt. Das Mysterium "Hoffenheim" bleibt unerklärlich. Und wenn einmal – wie gestern – dem großen Meister die Tricks auszugehen scheinen, zaubert er einen Salihovic aus seinem Hut und simsalabim steht es 5:2. 21 Tore in 8 Spielen – das sind wahrlich magische Momente, die die Hoffenheimer in diesen Tagen erleben. Allerdings hat das, was Rangnicks Elf derzeit abliefert, wohl nur wenig mit Illusionismus zu tun. Das ist kein Hokuspokus und kein Abrakadabra, sondern das Ergebnis von Geld und durchdachter Arbeit. Und trotzdem weiß Hoffenheim zu verzaubern.
Konfusion in Karlsruhe
Bayern gewinnt. Und das ist in diesen Tagen alles andere als selbstverständlich. So war denn Bayern-Manager Hoeneß nach dem glücklichen 1:0-Sieg in Karlsruhe recht irritiert und attestierte seiner Mannschaft, "wie die Löwen" gekämpft zu haben. Löwen und Bayern, das geht natürlich gar nicht. Und das war auch dem Bayern-Uli ziemlich unangenehm. Doch da war's schon zu spät. Auch am Trainer ging der unverhoffte Erfolg nicht spurlos vorbei. Klinsmann kam zu dem überraschenden Schluss, dass sich der Siegtreffer ab der "65. Minute angedeutet" habe. Eine interessante These, die abermals belegt, wie Erfolgserlebnisse den Blick auf die Realität verstellen können.
Rekordflut in Hamburg
Kevin Kuranyi hat beim Gastspiel seiner Schalker in Hamburg einen spektakulären Rekord aufgestellt. Erstmals in der Geschichte des Fußballs brachte es ein Spieler auf eine negative Zahl an Balkontakten! Immerhin kann sich Kuranyi damit trösten, keinen Zweikampf verloren zu haben. Zu einer Zweikampfbilanz von 100% reicht dies dennoch nicht. Denn – die Mathematiker wissen es – durch Null teilen – genau – geht nicht. Gar nicht ging auch der Auftritt des Nationalmannschaftsdeserteurs, dessen derzeitige Leistungen fern von Gut und ganz nah an Böse sind. So, das soll es aber auch fürs Erste mit dem Kuranyi-Bashing sein. Man will ja nicht als Marcel Reif gelten. Der schafft es nämlich immer wieder, sich auf einen Spieler einzuschießen und auf diesem dann pausenlos einzuhauen. Heutiges Opfer: Orlando Engelaar. Der populäre (?) Reif ist eben auch kein Engel.
Und was ist noch geschehen?
Die Liga hat verstanden und die Forderung des Kritikerpapstes nach mehr anspruchsvoller Unterhaltung schnurstracks in die Tat umgesetzt. So lieferten die beiden Teams im Weserstadion an diesem Spieltag einen höchst dramatischen und damit auch unterhaltsamen Nachmittag ab, an dem die Bremer kurz vor Schluss schon wieder der sichere Verlierer aussahen, um drei Minuten später plötzlich als Sieger da zu stehen, der dann aber doch nur remis spielte. Paradox, aber eben doch anspruchsvolle (Fußball-)Unterhaltung.
Aber auch bei den Fohlen hat man gut zugehört und seine Schlüsse aus den mahnenden Worten des alten Mannes gezogen. Erste Maßnahme: Hans Meyer, wegen seiner grantigen und unversöhnlichen Art auch als Reich-Ranicki der Bundesliga bekannt, wurde aus dem Ruhestand in die Liga zurückbeordert und darf fortan in Gladbach für Stimmung sorgen. Dass er bei den Borussen Erfolg haben wird, ist wahrscheinlich. Dass der passionierte Aldi-Champagner-Trinker mit der baumelnden Lesebrille für Unterhaltung sorgen wird, ist dagegen absolut sicher. Und die intellektuelle Reife wird man dem 65jährigen Fußballweisen auch nicht absprechen dürfen. Fehlt nur noch, dass Otto Rehhakles wieder die Bundesliga-Bühne betritt. Der nämlich rezitiert mit ungebrochener Begeisterung Goethe. Apropos Goethe. Der hat einmal gesagt: "Wenn man einmal weiß, worauf alles ankommt, hört man auf gesprächig zu sein." In diesem Sinne bin ich, da ich die Liga-Lehren gezogen habe, ganz ungesprächig – aber nur bis zur nächsten Woche.
Fruchtige Wolfsburger, zauberhafte Hoffenheimer, irritierte Bayern und ein rekordverdächtiger Kuranyi - der 8. Spieltag lieferte wiedermal vor allem eins: Unterhaltung, wohlgemerkt anspruchsvolle Unterhaltung!
Obstsalat in Wolfsburg
Den Zuschauern in Wolfsburg wurde diesmal ein ganz besonders schmackhafter Frucht-Cocktail serviert. Tore fielen wie reife Äpfel. Vor allem Zwetschge Misimovic drehte ganz groß auf und brachte die Kirsche gleich zweimal höchst selbst im gegnerischen Kasten unter, davon einmal mit der Birne. In der zweiten Halbzeit bereitete er mittels Bananenflanke das 3:0 vor und ließ die letzten 30 Minuten zu einem Spiel um die Goldene Ananas verkommen. Den Arminen blieb die nüchterne Erkenntnis, dass in Wolfsburg die Trauben derzeit zu hoch hängen. Trösten können sich mit der Nachricht, dass ihre Abwehr für einen Preis nominiert wurde – für die Goldene Himbeere.
Zauberei in Hannover
"Ibi Oba Ba". Klingt wie eine Zauberformel aus 1001 Nacht, isses aber nicht. Nein, "Ibi Oba Ba", das ist das mystische Erfolgsgeheimnis von Houdini Rangnick, dessen Stürmertrio momentan das magische Dreieck der Liga bildet. Diesem gelingt es nämlich immer wieder, die mysteriöse Kugel auf scheinbar übernatürliche Weise in des Gegners Tor zu katapultieren. Sämtliche Gesetze der Fußball-Logik scheinen außer Kraft gesetzt. Das Mysterium "Hoffenheim" bleibt unerklärlich. Und wenn einmal – wie gestern – dem großen Meister die Tricks auszugehen scheinen, zaubert er einen Salihovic aus seinem Hut und simsalabim steht es 5:2. 21 Tore in 8 Spielen – das sind wahrlich magische Momente, die die Hoffenheimer in diesen Tagen erleben. Allerdings hat das, was Rangnicks Elf derzeit abliefert, wohl nur wenig mit Illusionismus zu tun. Das ist kein Hokuspokus und kein Abrakadabra, sondern das Ergebnis von Geld und durchdachter Arbeit. Und trotzdem weiß Hoffenheim zu verzaubern.
Konfusion in Karlsruhe
Bayern gewinnt. Und das ist in diesen Tagen alles andere als selbstverständlich. So war denn Bayern-Manager Hoeneß nach dem glücklichen 1:0-Sieg in Karlsruhe recht irritiert und attestierte seiner Mannschaft, "wie die Löwen" gekämpft zu haben. Löwen und Bayern, das geht natürlich gar nicht. Und das war auch dem Bayern-Uli ziemlich unangenehm. Doch da war's schon zu spät. Auch am Trainer ging der unverhoffte Erfolg nicht spurlos vorbei. Klinsmann kam zu dem überraschenden Schluss, dass sich der Siegtreffer ab der "65. Minute angedeutet" habe. Eine interessante These, die abermals belegt, wie Erfolgserlebnisse den Blick auf die Realität verstellen können.
Rekordflut in Hamburg
Kevin Kuranyi hat beim Gastspiel seiner Schalker in Hamburg einen spektakulären Rekord aufgestellt. Erstmals in der Geschichte des Fußballs brachte es ein Spieler auf eine negative Zahl an Balkontakten! Immerhin kann sich Kuranyi damit trösten, keinen Zweikampf verloren zu haben. Zu einer Zweikampfbilanz von 100% reicht dies dennoch nicht. Denn – die Mathematiker wissen es – durch Null teilen – genau – geht nicht. Gar nicht ging auch der Auftritt des Nationalmannschaftsdeserteurs, dessen derzeitige Leistungen fern von Gut und ganz nah an Böse sind. So, das soll es aber auch fürs Erste mit dem Kuranyi-Bashing sein. Man will ja nicht als Marcel Reif gelten. Der schafft es nämlich immer wieder, sich auf einen Spieler einzuschießen und auf diesem dann pausenlos einzuhauen. Heutiges Opfer: Orlando Engelaar. Der populäre (?) Reif ist eben auch kein Engel.
Und was ist noch geschehen?
Die Liga hat verstanden und die Forderung des Kritikerpapstes nach mehr anspruchsvoller Unterhaltung schnurstracks in die Tat umgesetzt. So lieferten die beiden Teams im Weserstadion an diesem Spieltag einen höchst dramatischen und damit auch unterhaltsamen Nachmittag ab, an dem die Bremer kurz vor Schluss schon wieder der sichere Verlierer aussahen, um drei Minuten später plötzlich als Sieger da zu stehen, der dann aber doch nur remis spielte. Paradox, aber eben doch anspruchsvolle (Fußball-)Unterhaltung.
Aber auch bei den Fohlen hat man gut zugehört und seine Schlüsse aus den mahnenden Worten des alten Mannes gezogen. Erste Maßnahme: Hans Meyer, wegen seiner grantigen und unversöhnlichen Art auch als Reich-Ranicki der Bundesliga bekannt, wurde aus dem Ruhestand in die Liga zurückbeordert und darf fortan in Gladbach für Stimmung sorgen. Dass er bei den Borussen Erfolg haben wird, ist wahrscheinlich. Dass der passionierte Aldi-Champagner-Trinker mit der baumelnden Lesebrille für Unterhaltung sorgen wird, ist dagegen absolut sicher. Und die intellektuelle Reife wird man dem 65jährigen Fußballweisen auch nicht absprechen dürfen. Fehlt nur noch, dass Otto Rehhakles wieder die Bundesliga-Bühne betritt. Der nämlich rezitiert mit ungebrochener Begeisterung Goethe. Apropos Goethe. Der hat einmal gesagt: "Wenn man einmal weiß, worauf alles ankommt, hört man auf gesprächig zu sein." In diesem Sinne bin ich, da ich die Liga-Lehren gezogen habe, ganz ungesprächig – aber nur bis zur nächsten Woche.
Aufrufe: 1772 | Kommentare: 7 | Bewertungen: 15 | Erstellt:19.10.2008
ø 9.2
KOMMENTARE
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20.10.2008 | 11:57 Uhr
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Siegnio : Wie immer...
Wie immer...einfach nur geil. Deswegen mal locker ne 10
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20.10.2008 | 12:36 Uhr
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oliver : ...
absolut. besonders die fruchtigen wolfsburger hast du mir diesmal sehr schmackhaft gemacht.
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20.10.2008 | 15:37 Uhr
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Kann keiner mehr über die ablästern
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20.10.2008 | 15:49 Uhr
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giovane :
prima! leckere lehren, die wir uns da reinziehen dürfen. merci!
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