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04.10.2009 um 20:27 Uhr
Liga-Lehren VIII
Lehren für Lucy

Natürlich sind zuletzt Gerüchte über den Fortbestand dieser Reihe aufgekommen: Machen die Liga-Lehren Schluss? Hat das alles überhaupt noch einen Sinn – ohne den All-Time-Liebling? Zugegeben, Liga-Lehren ohne Lucy sind wie Sex ohne Anfassen oder Udo ohne Schnaps. Irgendwie unvorstellbar. Doch es muss weiter gehen. Lucy hätte es ganz sicher so gewollt. Diese Ausgabe nun ist allein dem Mann gewidmet, dessen Anmut und Grazie die inspirative Kraft der ersten 41 Episoden waren:

Lucy-Lyrik
Silbern glänzt der dünne Schopf,
weiß erstrahlt das Licht von Zähnen,
makellos der kleine Kopf
die Wangen feucht vor Abschiedstränen.

Leis' verhallt sein schüchtern' Lachen,
der zarten Stimme süßer Klang
lässt tiefen Schmerz in uns entfachen,
dem Herzen wird ganz klamm und bang.

Wir können es noch gar nicht fassen,
ohne dich, was soll das nur,
müssen endlich von dir lassen:
Mach's gut, mein Schatz! Adieu, amour!
Gewidmet L.F.

Gänsehaut
In Berlin setzt man also jetzt nicht mehr auf Favres Funkeln, sondern auf Funkels Friedhelm. Vielleicht sogar zu Recht. Denn was die Hertha in diesen Tagen braucht, ist schonungslose Ehrlichkeit. Und eben jene bedingungslose Aufrichtigkeit bewies denn auch der neue Coach, als er zu seiner Verpflichtung nonchalant feststellte: "Als mich der Verein anrief, habe ich eine Gänsehaut bekommen." Das können wir natürlich verstehen. Eine Gänsehaut bekommt man heutzutage nur noch bei einem blutrünstigen Horror-Schocker, bei dem Gedanken an eine Liebesnacht mit Hella von Sinnen oder eben bei einem unmoralischen Angebot von der alten Tante Hertha.

Valentin
Spiel 1 unter Funny Funkel war denn auch gleich richtig lustig. Lustig machen will man sich darüber gleichwohl nicht. Denn erstens macht man über Schwache und Hilflose keine Scherze und zweitens ist die Slapstick-Hertha ja bereits Realsatire pur. Belassen wir es also bei einer Portion Sarkasmus und geben der Hertha folgende Weisheiten mit auf den Weg: "Hoffentlich wird es nicht so schlimm wie es schon ist!" und "Die Zukunft war früher auch besser!". Beide stammen übrigens von Karl Valentin. Und der war im Gegensatz zu unserer Lucy beim HSV-Spiel anwesend. Karl Valentin ist nämlich der Name des Vierten Offiziellen. Und das ist kein Witz. Im Gegensatz zur Hertha 2009.

Wie ein Gott
In den drei Monaten seiner Amtszeit haben wir den neuen Bayern-Trainer als kauzigen, weltentrückten Anti-Favre kennengelernt. Gleichwohl nahm man sein jüngstes Statement zu seinem vermeintlich adonischen Körperbau ein wenig befremdet zur Kenntnis. Denn Funny Gaal behauptete doch tatsächlich: "Ich habe einen Körper wie ein Gott". Für holländische Verhältnisse mag das durchaus zutreffend sein. Vielleicht aber war das auch nur subtile Form von Selbstironie. Fürs Erste gehen wir davon aus, dass es sich hier – wie zuletzt immer – um einen Fall von gnadenloser Selbstüberschätzung handelt. Da einem dies aus unerfindlichen Gründen doch fast ein wenig sympathisch ist, stimmen wir mit ein und stellen nach dem feinen 0:0 gegen den FC fest: Pranjic und Braafheid sind die geilsten Neuzugänge der Vereinsgeschichte, Christian Lell gehört in die Nationalelf, die Bayern-Stürmer haben einen echten Lauf und zwölf Punkte aus acht Spielen sind echt optimal.

In Deutschland
Nun zu einem leidigem Thema und einem weiteren Kapitel aus der Reihe "Reif und die Räuspertaste". Der narzisstische Sky-Chefreporter, der diesmal das absolute Blockbuster-Duell der beiden Borussias kommentieren durfte, weckte die Zuschauer Mitte der ersten Spielhälfte aus ihrer komatösen Topspiel-Trance, als er aus heiterem Himmel ein "Siggi Pop" ins Mikro blökte. Schnell machten Gerüchte über die Ursachen des erneuten Reif-Aussetzers die Runde: Leidet Manic Marcel etwa an einer schweren Form der hochansteckenden Kommentatoren-Konfusion, dem sog. Morbus Poschmann? Oder doch nur ein plötzlicher Nostalgie-Flash? Weder noch! Reif spielte mit seinem Redakteur lediglich eine launige Partie "Politiker-Nickname-Raten" und schrie das spöttische Pseudonym des zukünftigen SPD-Bosses mit derart kindlicher "Ich-weiß-es"-Euphorie heraus, dass er vor lauter Aufregung vergaß, die obligatorische Ruhetaste zu drücken. Zu all dem hatte er allerdings auch wirklich ausreichend Zeit. Denn das Gekicke, das sich da vor seinen Augen zutrug, ließ an Erbärmlichkeit und Niedertracht wahrlich keine Wünsche offen. Etwas derart Unbeholfenes und Unästhetisches kennt man in diesen Tagen eigentlich nur von unserem Außenminister in spe, wenn er mit hilflosem Rumgefuchtel auf die Einhaltung der deutschen Sprache pocht. Bei der Tristesse des Borussen-Matches gewinnt Grinsing Guidos Menetekel "Es ist Deutschland hier" jedoch eine eher tragikomische Bedeutung. Wer so etwas Widerwärtiges sieht, wünscht sich unweigerlich auf die Insel. Dort spricht man zwar kein Deutsch. Aber da kann man immerhin vernünftig Fußball spielen.
Ach ja, was Westerwelle & Co. nun mit Favre zu tun haben? Nichts. Rein gar nichts. Und das – ist auch gut so.

Blasphemie
Felix Magath auch nur ansatzweise mit dem unvergleichbaren Lucy Favre vergleichen wollen, erfüllt zweifellos den Tatbestand der Blasphemie. Gleichwohl wird man bei den derzeitigen Auftritten der Schalker den Eindruck nicht los, als habe sich ihr vereinspromiskuitiver Coach so einiges beim dem Großmeister der hohen Fußballkunst abgeschaut. So abgrundtief lustlos und miesepetrig wie die Magath-Elf beim freitäglichen 2:0 gegen die Eintracht agierte und auf mystische Weise gleichwohl gewann, könnte man fast auf die Idee kommen, der fromme Felix wolle das sportliche Erbe Favres bewahren. Und das spendet in diesen düsteren Zeiten doch ein wenig Trost. Genauso wie die beruhigende Erkenntnis, dass sich die Prognose nach dem ersten Spieltag offenkundig bewahrheitet. Damals nämlich prophezeiten die Liga-Lehren, dass Kuranyis Doppelpack in Nürnberg eine "übelst dahin gestümperte Bundesligasaison" folgen würde. Läuft doch ziemlich cremig.

Und was gab's noch?
Euro-League – ohne Lucy. Das konnt' ja nix werden. HSV und Werder holten sich immerhin einen Dreier. Auch in der Champions League lief's für uns mal wieder absolut großartig: 3 Spiele, 2 Punkte, 2 Tore. Die Bayern spielten beim 0:0 gegen die alte Tante Juve zumindest eine ganz gepflegte Kugel und scheiterten nur an Zickleresker Chancenauswertung. Oder aus Gegnersicht: Rumstehen, kommen lassen, irgendwie durchduseln. Die Bayern wollten ihnen das allerdings nicht verübeln. Genau das war über rund 25 Jahre ja auch das eigene Vereinsmotto. Das Motto der Liga-Lehren lautete bis zuletzt hingegen:
"Er strahlt so süß von Trainerbänken – wir können nur an Lucy denken!"
Und deshalb begeben sich die Liga-Lehren jetzt auf eine zweiwöchige Sinnsuche. Á bientôt!

Au revoir, mon chéri!
Aufrufe: 10035 | Kommentare: 34 | Bewertungen: 46 | Erstellt:04.10.2009
ø 9.5
KOMMENTARE
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Sanna
05.10.2009 | 19:11 Uhr
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Sanna : 
05.10.2009 | 19:11 Uhr
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Sanna : 
Und wieder einmal bleibt einem nur noch festzustellen: Du bist begnadet. Bin gespannt, ob sich Monsieur Favre doch noch hier und da so ein wenig einschleichen wird... so á la: Isch wollte nur kurz einmal Hâlo sagen!

10 Points
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VAN7
05.10.2009 | 19:37 Uhr
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VAN7 : 
05.10.2009 | 19:37 Uhr
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VAN7 : 
Gannnnnnnnz großes Kino! Ehre wem Ehre gebührt.
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midget
05.10.2009 | 19:41 Uhr
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midget : 
05.10.2009 | 19:41 Uhr
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midget : 
und diesmal muss ich auch wirklich sagen:
voegi von ganzem herzen: du hast die AL diese woche an die wand geblogt!
und das einfach so!
ich bin stolz auf dich ;)
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Striker10
05.10.2009 | 19:43 Uhr
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Striker10 : 
05.10.2009 | 19:43 Uhr
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Striker10 : 
auch wenn du bei "au revoir" ein "i" vergessen hast; einfach top!
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Voegi
MODERATOR
05.10.2009 | 19:47 Uhr
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Voegi : 
05.10.2009 | 19:47 Uhr
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Voegi : 
@ midget

danke!


@ Striker10

danke, is korrigiert.
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VAN7
05.10.2009 | 19:54 Uhr
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VAN7 : 
05.10.2009 | 19:54 Uhr
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VAN7 : 
@midget: 1000%iges Einverständnis!

Nee, es muss jetzt einfach raus!

Ich komme einfach nicht wirklich los von diesem verschmitzten und so lieblichen Lächeln... muss ich mich jetzt wirklich sammeln, dass ich nicht losflenne! Aber da kommt eine der ganze Emotionskloß von der letzen Saison wieder hoch. Es war doch alles so schön unter Lucy und überhaupt! Jeder Stadionbesuch meinerseits endete in einer Niederlage oder maximal mit einem Punkt. Dann verabschiedet man sich aus der Heimat und plötzlich steuere die alte Dame auf den Titel zu!!! Tausend Dank, denn auch wenn ich es leider nicht mehr live miterleben durfte, ich stand hier Kopf im Dschungel Wie du aus dem verrosteten und teilweise schon hoffnungslosen Club durch all deine unermüdliche Hingabe und Identifizierung wirklich etwas Außergewöhnliches hervorzaubertest grenzt rückblendend schon an ein wahres Wunder.

Lucien Favre hat sich bei mir persönlich unsterblich gemacht und ist sicher alles andere als nur irgendein Lulu.

Danke für's offene Ohr, Voegi. *schluchz*
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midget
05.10.2009 | 20:24 Uhr
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midget : 
05.10.2009 | 20:24 Uhr
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midget : 
@VAN7

mal ernst und unter uns... verstehe die entlassung nicht.
was haben die denn hier erwartet? realistisch betrachtet hätte die hertha, auch letztes jahr um die plätze 8 bis 10 gespielt. 4 war optimum!
das dieses jahr es schwerer werden würde war auch jedem klar.
unten werden bald 10 mannschaften ums überleben kämpfen. mainz rutscht da auch noch rein. so what?

ich sehe es als fehler an und gerade auch funkel zu holen: zeugt von panik. hier macht sich die nackte panik breit in berlin. weil sie wissen, dass union stück für stück das wasser abzapft.

wird ne spannende kiste dieses jahr.
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Striker10
05.10.2009 | 20:32 Uhr
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Striker10 : 
05.10.2009 | 20:32 Uhr
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Striker10 : 
voegie

kein ding...bitte hör niemals auf damit :D
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Dreumex
05.10.2009 | 20:33 Uhr
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Dreumex : 
05.10.2009 | 20:33 Uhr
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Dreumex : 
Nee, ich kann die Entlassung auch ganz und gar nicht verstehen...
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VAN7
05.10.2009 | 20:57 Uhr
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VAN7 : 
05.10.2009 | 20:57 Uhr
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VAN7 : 
Tja midget, was hilft's noch wenn wir hier weiter über SInn und Unsinn diskutieren... er ist weg, WEG! Und wir sind wieder allein, allein...

Es war halt zweifelslos grandios, was er mit der Hertha erreicht hat und gerade deswegen, wird sein Name wohl auch die nächsten Jahre über in der Vereinsgeschichte unumgänglich sein, wenn nicht sogar für immer.

Das die Funkel-Verpflichtung jetzt natürlich representativ für's Muffensausen sowie für das Outing des schon seit je her geschrumpften Selbstbewusstseins der Hertha ist, kein Zweifel. Mir persönlich half da ein Kommentar von User "1899Bayern04" 'ne Menge weiter. Denn mal abgesehen von meinen Wunschvorstellungen ihn zu halten oder all den zuletzt gewachsenen Geschichten es gab einen Split zwischen ihm und dem Team, es sah halt auf jeden Fall nicht mehr gut aus, was da letztendlich an Resultaten bei rauskam. Und manchmal ist einfach ein Schnitt notwendig, wenn's stagniert. Ich persönlich bin zwar überzeugt davon, dass man lieber den ein oder anderen Querbalken im Team hätte dafür entfernen müssen oder generell nicht immer gleich die Schuld am Trainer fest zu machen, aber es ist halt schlichtweg einfacher und schneller vom Tisch. Wenn auch in diesem finanziellen Missstand absolut hirnrissig, siehe Abfindung. Hätte mir wirklich vorstellen können, an Favre festhalten zu können, denn nicht nur wegen dem Erfolg letztes Jahr, schien man mit ihm wirklich Perspektive geholt zu haben. Erzählt mir was ihr wollt, aber Hertha wäre unter Favre nicht abgestiegen.

Jetzt ist Feuerwehrmann Funkel da, aber bestes Beispiel gegen Hamburg. Hertha hat einfach die Scheiße am Schuh und da hilft manchmal nichts anderes als MOTIVATION, SELBSTVERTRAUEN und bestmöglich unempfindliche Nüstern. Sowas ist einfach eine Teameinstellung und Vertrauensfrage. Wie also mehr Vertrauen aufbauen zu einem neuen Coach, als zu einem der dich schon Jahre begleitet und von eben dieser Scheiße fast ganz nach oben gebracht hat.

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