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07.02.2010 um 16:30 Uhr
Liga-Lehren XXI
Kamasutra für Anfänger

Die Liga-Lehren XXI – mit unnachahmlichen Stilblüten, besorgniserregenden Diagnosen und einer ordentlichen Portion Erotik:

Verständnisebenen
Seinen unerklärbar-mystischen Reiz bezieht der Fußball gewiss nicht zuletzt aus den unnachahmlichen Stilblüten seiner Protagonisten. Wie wäre es also zum Beispiel damit: "Wir haben immer gedacht, es kommt. Und nun ist es gekommen!" Klingt wie eine postkoitale Vorher-Nachher-Analyse eines gelungenen Kamasutra-Experiments, hat mit modernen Beischlafvarianten gleichwohl aber rein gar nichts zu tun. Urheber jenes vielsagenden Bonmots ist nämlich niemand anders als der innovative Bayern-Trainer, der mit jenem Resümee genau genommen nur eines zum Ausdruck bringen wollte: Ich hab's immer gewusst: Ich bin der Größte. Oder so ähnlich. Fest steht indes: Louis van Gaal besitzt die beneidenswerte Gabe, hochkomplexe Sachzusammenhänge auf die Verständnisebene eines Kevin Kuranyi herunter zu brechen. Womit auch endlich geklärt wäre, wieso das interkulturelle Fußball-Rendezvous zwischen bayrischem mia-san-mia und holländischem ik-ben-ik anfänglich so holprig verlief. Beim FC Bayern agiert man eben nicht auf der Verständnisebene eines Kevin Kuranyi. Irgendwann hat das dann aber auch der große van Gaal erkannt. Und so versucht er es jetzt mit umgekehrter Psychologie und erklärte nach dem 3:1-Sieg in Wolfsburg "Ich bin böse!". Eine Reaktion, die sich angesichts Bayerns Larifari-Spiels angedeutet hatte. Oder wie man auf der Ersatzbank meinte: Wir haben immer gedacht, er motzt. Und nun hat er gemotzt.

Weise
Noch ein Stilblüten-Beispiel. Serdar Tasci: "In dieser Form können wir Barcelona schlagen." Ist natürlich keine Stilblüte im engeren Sinne, sondern eine tiefgründige Weisheit. Denn wer den Nürnberger Ligaschreck mit 2:1 locker und leicht in den Boden stampft, haut auch Barca im Vorübergehen weg.

Der Eine
Altbekanntes Phänomen: Es gibt Menschen, die kommen trotz aller Annäherungsversuche einfach nicht miteinander klar. Kennt man von Frings und Löw, Westerwelle und den Frauen oder aber Töpperwien und Lattek. Da mag der Eine den Anderen nicht, weil der Andere Otto Rehhagel nicht mag, den der Eine aber gottesgleich verehrt. Und dann weigert sich der Eine, dem Anderen zum Geburtstag zu gratulieren. Ein vergleichbar zerrüttetes Verhältnis besteht zwischen VfL-Teilzeitstürmer Diego Klimowicz und Lutz Wagner. Weil der Eine dem Anderen die Frau ausgespannt haben soll, die den Einen aber gar nicht kennt. Vor allem aber weil der Andere den Einen immer so gerne vom Platz stellt. So war das immer. Bis zu diesem Samstag. Da durfte der Andere also mal wieder ein Spiel des VfL Bochum pfeifen, für den der Eine ja hin und wieder kickt. Und zur allgemeinen Überraschung verzichtete der Andere diesmal darauf, dem Einen die Rote Karte zu zeigen. Vielleicht weil der Andere allmählich altersmilde wird. Vielleicht aber auch, weil der Eine diesmal gar nicht erst mitgespielt hat. Man weiß es nicht. Die Eine sagen so, die Anderen sagen so.

Tradition
Wenn sich elegant-erstklassiger Besuch ankündigt, macht man sich fein, putzt sich heraus und zieht den allerfeinsten Zwirn an. Steht so oder so ähnlich schon in der Bibel. Oder im Knigge. Man weiß es nicht. Die Einen sagen so, die Anderen… genau! Egal. Umso erstaunter war unsereins jedenfalls, als Werders Januar-Versager ausgerechnet gegen Herthas Saison-Versager in kostbarer Grün-Gold-Kutte aufliefen. Weil Eleganz bei Hertha laut Vereinssatzung ja strengstens verboten ist. Und weil das mit der Erstklassigkeit nun auch eine höchst absehbare Sache ist. War aber alles ganz anders: Die Hanseaten feierten mit ihren Nobel-Trikots ihr 111. Vereinsjubiläum. Damit nun auch wirklich jeder weiß: Werder wurde 1899 gegründet. Und dieses Jahr steht im deutschen Profi-Fußball ja nun wahrhaftig für Tradition jenseits jedweden Kommerzialisierungsgedankens.

Sex
Noch mal zu Erinnerung: Vor bald 40 Tagen ist ein neues Jahrzehnt angebrochen. Mit vielen Neuerungen und Umstellungen. Die zweifellos wichtigste Änderung hat sich aber im progressiven Rheinland vollzogen. Der FC ist wieder genießbar. In nackten Zahlen ausgedrückt: 7 Punkte und 10 Tore in 4 Spielen, im Schnitt fast 5 Tore in jedem FC-Spiel. Aber mal ehrlich: Blanke Zahlen werden so betörend-aufreizenden Kicks wie der unwiderstehlichen 3:3-Aufholjagd gegen den HSV nicht gerecht. Versuchen wir es also mit der derzeit einzig legitimen FC-Metapher. FC 2010 ist wie Sex: Zu Beginn steht alles noch wacklig und man glaubt, das gibt nie etwas. Dann geht's ein bisschen auf und ab und man legt sich noch mal richtig ins Zeug. Und am Ende kommt man irgendwie doch zum Punkt. Womit jetzt auch der letzte Geißbock-Atheist verstanden haben dürfte, was FC-Fans seit Jahr und Tag predigen: Der FC ist einfach geil.

Oniomanie
Und jetzt noch eine traurige Nachricht: Felix Magath leidet unter unheilbarer Oniomanie! Bevor wir unsere Schieleisen zwecks Brillenspende typisieren lassen und eh das ZDF eine Spendengala anberaumt, gleich die Entwarnung: Oniomanie ist lediglich die wissenschaftliche Bezeichnung für Magaths längst bekannte Kaufsucht, die in den vergangenen Tagen eine schalkerkadergroße Reihe ironischer und sarkastischer Kommentare nach sich gezogen hat. Ironie und Sarkasmus sind den Liga-Lehren bekanntlich aber gänzlich fremd. Und deshalb werfen wir einen sachlich-nüchternen Blick auf die Auswirkungen des Kaufrausches: Inzwischen werden nämlich langsam die Spielerparkplätze knapp, mit der bedauerlichen Folge, dass die Spieler ihre Limousinen schon mal auf dem Behindertenparkplatz abstellen müssen. So wie Alex Baumjohann, der seinen Schlitten mal eben in der Gehlegasthenikerzone parkte. Worauf dieser jedoch auch ein Anrecht hatte, wie sein hüftsteifer Auftritt (Status aG) beim 0:0 in Freiburg belegt.

Und was gab's noch?
Restmüllentsorgung in der Bundesliga frei nach dem Motto "Haut endlich ab und kommt nie wieder". Nur Felix Magath, der oniomanische Brillen-Messie, frönte unbeeindruckt seiner Sammelleidenschaft und stockte den dünn besetzten Kader noch ein wenig auf. Ansonsten aber mal wieder hemmungsloser Ramschverkauf. Besonders tragisch: Eddy Braafheid, der elegante Flügelflitzer mit den präzisen Maßflanken, wurde kurz vor Toresschluss in die schottische Provinz entsorgt. Zum Leidwesen der Bayern-Fans, die ihren Eddy in den vergangenen Monaten so richtig doll ins Herz geschlossen hatten. Die Herausgeber des Bayern-Magazins hatten das sich anbahnende Unheil offenkundig bereits geahnt und in prophetischer Weitsicht das Konterfei des Fanlieblings im Posterformat der letzten Ausgabe beigefügt. Immerhin ein kleiner Trost.
Das mit der Restmüllentsorgung war jetzt natürlich ein bisschen menschenverachtend. Eigentlich aber doch nur zynisch und sarkastisch. Ironie und Sarkasmus liegen den Liga-Lehren eben – genauso wie unheilbarer Wankelmut.
Aufrufe: 6878 | Kommentare: 41 | Bewertungen: 41 | Erstellt:07.02.2010
ø 8.4
KOMMENTARE
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AcapulcoMallorca
08.02.2010 | 23:58 Uhr
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08.02.2010 | 23:58 Uhr
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Mit einem Wort .... "HERRLICH"

ich hab mich köstlich amüsiert

10 Pkte
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