Schnief & Schneuz

Qualitätssiegel: Diese Liga-Lehren sind frei von Klinsmann-Bashing, Bayern-Krisengerede, Hoeneß-Vorwürfen und sonstigen abgenutzten bajuwarischen Zusatzstoffen!

Eine deutsche Mannschaft im Uefa-Cup-Finale, ein Bundesligawochenende mit allen Schikanen – kurz: Der deutsche Fußball lebt, allerdings nicht ganz ohne Wehwehchen und Zipperlein – ein medizinisch geschulter Blick auf die Liga:

Depressiva collectiva
Offene Worte von Schalkes 33%-Trainer Youri Mulder vor dem Heimspiel der Königsblauen gegen Kotzbus: "Ich möchte ein Tor von Altintop oder Sanchez sehen, aber nicht unbedingt von Kuranyi!". Oha! Das saß! Doch einen Kevin Kuranyi, diese aufrührerische Mischung aus Rudi Dutschke und Che Guevara, interessiert die Order eines Vorgesetzten nicht. Ein echter Revoluzzer tut, was er tun muss. Und bei Vollblutstürmern wie KK (die angekündigte Bashing-Askese bezog sich wohl gemerkt auf JK, nicht auf KK) ist das nun mal Toreschießen. Aber mal ehrlich: Gegen eine Cottbuser Mannschaft mit akuter depressiva collectiva kuranyaris war das auch nicht wirklich schwierig. Die Prasnikaren legten an diesem Abend einen Enthusiasmus an den Tag, dagegen ist selbst Thomas Schaaf ein charismatischer Alleinunterhalter. Oh weh!

Fieber
Ein weit ungefährlicheres Krankheitssymptom grassiert nun schon seit Jahr und Tag in Köln, das grippale Fußball-Fieber. Ob es wirklich eine sich anbahnende Grippe war? Aber Christoph Daum wirkte nach dem 0:3 gegen den VfB Gomez ein wenig verschnupft (ja, billige Kalauer über die Vergangenheit des FC-Trainers sind nun wirklich – ähem – an den Haaren herbeigezogen). Er hatte dafür aber auch allen Grund: Wieder einmal verloren, wieder einmal kein Tor zu Hause geschossen und wieder mal die eigenen Fans enttäuscht. Kein Wunder also, dass der FC-Coach im Interview nach dem Spiel wie ein Häufchen Elend da stand und mit weinerlicher Stimme ein baldiges Erfolgserlebnis einforderte. Vielleicht muss Däumchen einfach mal ein paar neue Spieler bringen – dafür hatte er doch immer – ähem – ein Näschen.

Magen-Darm
Fußball ist wie Magen-Darm. Die ganze Zeit läuft's ganz flüssig und dann ist es wieder einfach nur zum Kotzen. Dieses Bonmot könnte, wenngleich in etwas gediegener Ausdrucksweise, durchaus aus dem Munde Hans Meyers stammen. Denn der erfahrene Borussen-Coach kennt sie, die Höhen und Tiefen des Profi-Fußballs. Momentan ist bei Meyers Fohlen mal wieder Talfahrt angesagt. Gegen die Frankfurter Eintracht, die bis vor diesem Spieltag gerade einmal zwei Treffer mehr als die Däumlinge vorzuweisen hatte (welch Armutszeugnis), kassierte die Elf vom Niederrhein gleich vier Gegentore. Und das lag nicht etwa an einem von Funky Funkel inszenierten Offensivfeuerwerk, sondern allein an einer grotesken Abwehrdarbietung, die Hänschen Meyer gewiss auf Magen (und Darm) geschlagen sein dürfte. Und wenn man dann auch noch einen Elfer verdaddelt, kann die gastroenterologische Diagnose nur lauten: Fußball ist manchmal einfach nur beschissen.

Morbus Kapllani
Symptomatik: Vollständiger Ausfall der Offensivdynamik, komplettes Versagen vor dem gegnerischen Tor, langanhaltende, schmerzhafte Ausfallerscheinungen in der gegnerischen Hälfte, Torschusspanik beidseitig, penetrante Torarmut, unübersehbares Kreativdefizit.
Diagnose: Morbus Kapllani (akuter Mangel an torgefährlichen Stürmern), Fraktur der Luxatio da silva (Bruch der Mittelfeldachse).
Therapie: Einsatz vermeintlich nicht indizierter Gegenmittel (Kennedy), Verzicht auf weitere Kapllani-Gabe, dazu Duell gegen krisengebeutelten Aufbaugegner mit eigener Defensivproblematik und gravierender Gewinnhemmung – Heilungswahrscheinlichkeit 100%.

Understatement
Also doch! Die etwas tollkühne These der Vorwoche über Magaths Werksspionage beim großen FC Bayern wurde an diesem Spieltag auf eindrucksvolle Weise verifiziert. Gegen Werksclub-Rot schaffte Werksclub-Grün einen Sieg, wie ihn sonst nur der FC Duseldorf von der Isar hinbekommen hätte. Erst einen Elfer geschunden, der in etwa so berechtigt war wie eine Lobeshymne auf unsere Kanzlerin. Und dann schaut Milky Drees bei Madlungs Handspiel auch noch – aus Versehen (zwinkerzwinker) – in den Wolfsburger Frühlingshimmel statt auf das Spielfeld. Nix gesehen – is klar! Wie die Bayern einst: Rumwürgen und doch die Schale absahnen. Könnte bei Golfsburg genauso laufen, wenn Magath nicht dauernd einen auf Assauer machen und die Meisterschaft der Bayern prognostizieren würde. Hat sogar ne Wette darauf laufen. Doch Understatement bringt da gar nix, siehe 2001. Da hat Veltins-Rudi auch so lange den bayrischen Meisterteufel an die Wand gemalt, bis es am Ende tatsächlich so kam. Also Felix, mach uns den Hoeneß. Schluss mit Bescheidenheit, raus mit dem Großkotz. Dann klappt's auch mit der Schale.

Und was gab's noch?
Die endgültige Erkenntnis: HSV und Werder spielen innerhalb von knapp drei Wochen insgesamt vier Mal gegeneinander: Hamburg – Bremen, Bremen – Hamburg, Hamburg – Bremen, Bremen – Hamburg. Immer schön abwechselnd. Wenn einem da mal nicht schwindlig wird. Ein Positives hat es aber: Das Uefa-Cup-Finale findet definitiv mit deutscher Beteiligung statt. Das Pokalfinale auch! Und, es wird immer besser, der nächste Deutsche Meister kommt wahrscheinlich auch aus Deutschland. Soll noch einer mal sagen, der deutsche Fußball liege am Boden…
Leider aber gibt es auch eine traurige Nachricht. Eigentlich nur eine kleine Randnotiz auf der Ansetzungsseite des DFB:
18.04.2009 14.00 FSV Mainz II - Wormatia Worms Lutz Wagner, Andreas Bischof, David Gonzalez
Heißt im Klartext: Lutz Wagner, der verdiente Bundesligareferee mit der eigenwilligen, wagneresken Regelauslegung wird zum Ende seiner Karriere vom DFB eiskalt abserviert und mit rotzigen Regionaligaspielen abgespeist. Dabei hat sich der humorige Hesse mit seinen unorthodoxen Pfiffen und seinem neandertalösen Gang so viele Sympathien erworben. Wir finden, das ist nicht in Ordnung! Der gute Lutz bei Mainszwo gegen Wörmschen, das ist, als müsste Thomas Gottschalk nach Wetten dass…? den Fernsehgarten moderieren oder Mick Jagger nach gefühlten 150 Jahren Rolling Stones bei den Fischer-Chören anheuern. Das geht gar nicht. Und deshalb fordern wir nachdrücklich: Lutz fürs Pokalfinale – als Vierter Mann! Mach's gut, Lutz!

Und zum Schluss…
…ein Wort in eigener Sache. Anlässlich der letzten Liga-Lehren wurden hier Vermutungen geäußert, der Autor besitze eine semi-amouröse bzw. voll-erotische Haltung zu Herthas Chef-Coach Lucien "Le Beau" Favre. Dazu sei an dieser Stelle folgendes angemerkt: Diese Gerüchte sind voll und ganz… zutreffend! Weitere Rechtfertigungen wird es diesbezüglich nicht geben, nur ein schmachtendes "Ach, abt Ihr gesehen Bild von Lucy bei 'Schlag den Raab'?. Und Ertha wieder auf Erfolgsspur! Que magnifique!" In diesem Sinne: Au revoir à tous!