13.05.2009 um 23:01 Uhr
Liga-Lehren XXXII
Konfrontationstherapie
Der hässliche Gedanke an eine Wolfsburger Meisterschaft wird immer realer genauso wie der schmerzliche Verlust des KSC. Und wenn sich der Titan dann noch als Meister der PR-Kampagne erweist, dann hilft nur eine knüppelharte Konfrontationstherapie. Der Blick auf den Wochenspieltag in den Liga-Lehren XXXII:
Tierische Tricks
Jupp Heynckes ist ein Fuchs, ein Schlawiner, ein Schlitzohr oder wie man in Bayern sagt: Ein Fußballlehrer. Und als solcher weiß er aufgrund seiner gefühlt 50jährigen Trainer-Erfahrung natürlich, dass man in der Endphase der Saison nicht mehr einfach nur mit Standardwissen aus dem Trainerhandbuch ("Der große Rutemöller"; Köln 1971) operieren kann. Da bedarf es schon ganz ausgefeilter rehhagelesker Überraschungstricks. Zum Beispiel Lucio einfach mal als Rechtsverteidiger aufstellen. Das hat Schneid! Allerdings bedeutet das im Umkehrschluss auch, dass man hinten maximal mit drei Mann verteidigt. Denn wenn ein Lucio die Außenlinie sieht, muss er rennen wie ein brasilianischer Brunftstier. Das ist genetisch bedingt und kann selbst durch den rotglühenden Trainergott nicht verhindert werden. Aber Jupp wäre kein Heynckes, hätte er nicht noch ein Ass im Ärmel. Und so dachte er sich: Wenn Lucio den Rechtsaußen gibt, kann Kinhöfer doch den Övrebö machen. Eine geniale Idee, die auf verblüffend einfache Weise in die Tat umgesetzt wurde. Einfach mal auf Elfmeterpfiffe verzichten, dann klappt's auch mit dem Bayern-Sieg.
Christoph und Knut
Übrigens: Die Rolle des Evil Mike blieb am Dienstagabend in München unbesetzt. Keine bösen Gesten, keine wilden Schimpftiraden – die pure Gleichgültigkeit, wie wir sie seit Wochen von Bayer Null Bock gewöhnt sind. Zumindest ein Gurgel-Gätchen gab es zur gleichen Zeit aber in Köln. Dort wollte ein emotionsgeladener Daum dem hübschen Knut nach dessen Abpfiff an die Schiedsrichterwäsche. Ob aus Wut über einen övrebösk nicht gegebenen Handelfmeter oder doch aus homoerotischer Sympathie, lässt sich nicht abschließend erklären. Fest steht zumindest: Knut lehnte dankend ab und signalisierte mit unmissverständlicher Wegwerfgeste: "Lass mich in Ruhe – willige Opfer findest du in Köln doch wohl genug!".
Konfrontationstherapie
Trotz Jupps ganz fies ausgeklügelter Profitricks müssen wir uns allmählich mit dem (baaah) hässlichen Gedanken abfinden, dass (wäääh) Wolfsburg dieses Jahr (uaaah) eventuell (schauder), so wie es ausschaut (schüttel), vielleicht doch… (würg) Meister wird. So, jetzt isses raus. Eine wirklich sehr unschöne Vorstellung. Doch Leugnen hilft nichts mehr – die Fußballfans in Deutschland (die 0,0001 % Wolfsburg-Anhänger mal ausgenommen) müssen sich einer schmerzhaften Konfrontationstherapie unterziehen. Und die ist manchmal schon wie ein harter Tritt in die eigene Visage. Oder eben wie eine Begegnung mit Dortmunds Prince Boa. Dem kann man seinen gutgemeinten Versuch einer zärtlichen Fußmassage in Hasebes Frontpartie irgendwie nicht so richtig übel nehmen. Denn im Angesicht einer Wolfsburger Meisterschaft kann selbst ein so harmoniesüchtiger Mensch wie der zartbesaitete Borussen-Prinz kurzzeitig mal die Fassung verlieren. Dafür muss man einfach Verständnis haben.
Ein herber Verlust
Apropos Konfrontation: So langsam müssen wir uns auch mit dem traurigen Gedanken an eine Bundesligasaison ohne Karlsruher Spaßfußball gewöhnen. Und ganz ehrlich: Der KSC wird uns fehlen. Millers grazile Glanzparaden, das perfekte Passspiel des Karlsruher Zaubermittelfelds und vor allem die nahezu 100%ige Chancenauswertung der Kapllanis und Kennedys – auf all das müssen wir in der kommenden Spielzeit verzichten. In dieser Saison allerdings auch.
Hitchcock
Ein Quantum Trost spendet da zumindest die Aussicht auf die definitiv spannendsten Schlussspieltage der Bundesligageschichte. Die ultimative Herausforderung für alle Sensationsjournalisten der deutschen Sportredaktionen, von Alfred Quaxler bis Lerchenberg-Rolfe. Sie alle werden wieder einmal die üblichen Lieblingssuperlative aus der kleinen Reporterfibel ("Grundkurs Kommentatoren-Deutsch"; Huberty, Ernst; Köln 1942) raussuchen: Herzschlagfinale, Hitchcock-Krimi – eben all diese abgenutzten BILD-Headliner. Dabei wird das alles gar nicht so Blutdruck-in-die-Höhe-treibend kribbelig. Zumindest in Sachen Meisterschaft. Sagt jedenfalls der Bayern-Hoeneß. Von wegen, die Tordifferenz entscheidet. "Einer wird patzen!", orakelte Jupps Zwillingsbirne am Premiere-Mikro. Na dann... Bleibt ja noch immer der Abstieg. Der wird genauso entschieden wie das nervenzerreißende Abstiegsdrama in Cottbus. Mit einem ganz hässlich reingewürgten Tor in der Nachspielzeit. Also: Wir gehen ruhig davon aus, dass das aber eine noch ganz spannende Kiste wird. Nee, hat nicht der Meyer-Hans gesagt. Wäre aber doch schön wenn. Oder?
Und was gab's noch?
Entlarvt: Oli Kahns Schalke-Flirt war mitnichten eine Idee des königsblauen Obermetzgers, sondern wurde vom Titanen höchst selbst in die Wege geleitet. Dabei hatte sich der ominöse Oli wirklich alle Mühe gegeben, das konspirative Treffen komplett geheim zu halten. Na gut, am Vorabend auf ein paar Herrengedeck noch in der Dorfkneipe reinzuschauen und am nächsten Morgen durch den Kurpark von Rheda-Wiedenbrück zu joggen, das mag in der Tat ein wenig auffällig erscheinen. Aber mal ehrlich, wenn man so ein Allerweltsgesicht wie Furchen-Oli hat, dann ist ja eigentlich nichts dabei. Sehen die Verschwörungstheoretiker der Sportjournaille natürlich komplett anders und mutmaßen, das Ganze sei nur ein ganz trickig eingefädelter PR-Gag gewesen, mit dem der kühl kalkulierende Kahn die Aufmerksamkeit seines einstigen Arbeitgebers auf sich habe lenken wollen. Von wegen im Gespräch bleiben für die Hoeneß-Nachfolge und so. Ist natürlich vollkommen absurd. Oder hat man den treuen Titanen schon mal öffentlich mit einer anderen Ische rumpoussieren sehen, um dann doch letztlich wieder in die Arme der alten Schnalle zu fliehen? Also wirklich – albern sowas!
Ernannt: Lutz Wagner, die fröhliche Pfeife aus dem Taunus, macht das Pokalfinale! Endlich! Diese Nominierung hat sich die hessische Humorbombe kurz vor der Pensionierung nun auch redlich verdient. Wer die deutschen Fußballfans über anderthalb Jahrzehnte mit komplett irrationalen Elfmeterpfiffen erfreut, der muss auch mal beim Pokalfinale ran. Kleiner Wermutstropfen: Lovely Lutz wird diesmal nicht seinen platzverweissymbolisierenden Zeigefinger in die Luft strecken, sondern nur das unscheinbare Auswechseltäfelchen. Und statt knallharten Ansagen an die Kicker wird es auch nur ein nettes Pläuschchen mit Bruno und Tommy geben. Denn Wagner ist nur der 4. Mann. Aber nichts anderes haben wir ja verlangt…
Der hässliche Gedanke an eine Wolfsburger Meisterschaft wird immer realer genauso wie der schmerzliche Verlust des KSC. Und wenn sich der Titan dann noch als Meister der PR-Kampagne erweist, dann hilft nur eine knüppelharte Konfrontationstherapie. Der Blick auf den Wochenspieltag in den Liga-Lehren XXXII:
Tierische Tricks
Jupp Heynckes ist ein Fuchs, ein Schlawiner, ein Schlitzohr oder wie man in Bayern sagt: Ein Fußballlehrer. Und als solcher weiß er aufgrund seiner gefühlt 50jährigen Trainer-Erfahrung natürlich, dass man in der Endphase der Saison nicht mehr einfach nur mit Standardwissen aus dem Trainerhandbuch ("Der große Rutemöller"; Köln 1971) operieren kann. Da bedarf es schon ganz ausgefeilter rehhagelesker Überraschungstricks. Zum Beispiel Lucio einfach mal als Rechtsverteidiger aufstellen. Das hat Schneid! Allerdings bedeutet das im Umkehrschluss auch, dass man hinten maximal mit drei Mann verteidigt. Denn wenn ein Lucio die Außenlinie sieht, muss er rennen wie ein brasilianischer Brunftstier. Das ist genetisch bedingt und kann selbst durch den rotglühenden Trainergott nicht verhindert werden. Aber Jupp wäre kein Heynckes, hätte er nicht noch ein Ass im Ärmel. Und so dachte er sich: Wenn Lucio den Rechtsaußen gibt, kann Kinhöfer doch den Övrebö machen. Eine geniale Idee, die auf verblüffend einfache Weise in die Tat umgesetzt wurde. Einfach mal auf Elfmeterpfiffe verzichten, dann klappt's auch mit dem Bayern-Sieg.
Christoph und Knut
Übrigens: Die Rolle des Evil Mike blieb am Dienstagabend in München unbesetzt. Keine bösen Gesten, keine wilden Schimpftiraden – die pure Gleichgültigkeit, wie wir sie seit Wochen von Bayer Null Bock gewöhnt sind. Zumindest ein Gurgel-Gätchen gab es zur gleichen Zeit aber in Köln. Dort wollte ein emotionsgeladener Daum dem hübschen Knut nach dessen Abpfiff an die Schiedsrichterwäsche. Ob aus Wut über einen övrebösk nicht gegebenen Handelfmeter oder doch aus homoerotischer Sympathie, lässt sich nicht abschließend erklären. Fest steht zumindest: Knut lehnte dankend ab und signalisierte mit unmissverständlicher Wegwerfgeste: "Lass mich in Ruhe – willige Opfer findest du in Köln doch wohl genug!".
Konfrontationstherapie
Trotz Jupps ganz fies ausgeklügelter Profitricks müssen wir uns allmählich mit dem (baaah) hässlichen Gedanken abfinden, dass (wäääh) Wolfsburg dieses Jahr (uaaah) eventuell (schauder), so wie es ausschaut (schüttel), vielleicht doch… (würg) Meister wird. So, jetzt isses raus. Eine wirklich sehr unschöne Vorstellung. Doch Leugnen hilft nichts mehr – die Fußballfans in Deutschland (die 0,0001 % Wolfsburg-Anhänger mal ausgenommen) müssen sich einer schmerzhaften Konfrontationstherapie unterziehen. Und die ist manchmal schon wie ein harter Tritt in die eigene Visage. Oder eben wie eine Begegnung mit Dortmunds Prince Boa. Dem kann man seinen gutgemeinten Versuch einer zärtlichen Fußmassage in Hasebes Frontpartie irgendwie nicht so richtig übel nehmen. Denn im Angesicht einer Wolfsburger Meisterschaft kann selbst ein so harmoniesüchtiger Mensch wie der zartbesaitete Borussen-Prinz kurzzeitig mal die Fassung verlieren. Dafür muss man einfach Verständnis haben.
Ein herber Verlust
Apropos Konfrontation: So langsam müssen wir uns auch mit dem traurigen Gedanken an eine Bundesligasaison ohne Karlsruher Spaßfußball gewöhnen. Und ganz ehrlich: Der KSC wird uns fehlen. Millers grazile Glanzparaden, das perfekte Passspiel des Karlsruher Zaubermittelfelds und vor allem die nahezu 100%ige Chancenauswertung der Kapllanis und Kennedys – auf all das müssen wir in der kommenden Spielzeit verzichten. In dieser Saison allerdings auch.
Hitchcock
Ein Quantum Trost spendet da zumindest die Aussicht auf die definitiv spannendsten Schlussspieltage der Bundesligageschichte. Die ultimative Herausforderung für alle Sensationsjournalisten der deutschen Sportredaktionen, von Alfred Quaxler bis Lerchenberg-Rolfe. Sie alle werden wieder einmal die üblichen Lieblingssuperlative aus der kleinen Reporterfibel ("Grundkurs Kommentatoren-Deutsch"; Huberty, Ernst; Köln 1942) raussuchen: Herzschlagfinale, Hitchcock-Krimi – eben all diese abgenutzten BILD-Headliner. Dabei wird das alles gar nicht so Blutdruck-in-die-Höhe-treibend kribbelig. Zumindest in Sachen Meisterschaft. Sagt jedenfalls der Bayern-Hoeneß. Von wegen, die Tordifferenz entscheidet. "Einer wird patzen!", orakelte Jupps Zwillingsbirne am Premiere-Mikro. Na dann... Bleibt ja noch immer der Abstieg. Der wird genauso entschieden wie das nervenzerreißende Abstiegsdrama in Cottbus. Mit einem ganz hässlich reingewürgten Tor in der Nachspielzeit. Also: Wir gehen ruhig davon aus, dass das aber eine noch ganz spannende Kiste wird. Nee, hat nicht der Meyer-Hans gesagt. Wäre aber doch schön wenn. Oder?
Und was gab's noch?
Entlarvt: Oli Kahns Schalke-Flirt war mitnichten eine Idee des königsblauen Obermetzgers, sondern wurde vom Titanen höchst selbst in die Wege geleitet. Dabei hatte sich der ominöse Oli wirklich alle Mühe gegeben, das konspirative Treffen komplett geheim zu halten. Na gut, am Vorabend auf ein paar Herrengedeck noch in der Dorfkneipe reinzuschauen und am nächsten Morgen durch den Kurpark von Rheda-Wiedenbrück zu joggen, das mag in der Tat ein wenig auffällig erscheinen. Aber mal ehrlich, wenn man so ein Allerweltsgesicht wie Furchen-Oli hat, dann ist ja eigentlich nichts dabei. Sehen die Verschwörungstheoretiker der Sportjournaille natürlich komplett anders und mutmaßen, das Ganze sei nur ein ganz trickig eingefädelter PR-Gag gewesen, mit dem der kühl kalkulierende Kahn die Aufmerksamkeit seines einstigen Arbeitgebers auf sich habe lenken wollen. Von wegen im Gespräch bleiben für die Hoeneß-Nachfolge und so. Ist natürlich vollkommen absurd. Oder hat man den treuen Titanen schon mal öffentlich mit einer anderen Ische rumpoussieren sehen, um dann doch letztlich wieder in die Arme der alten Schnalle zu fliehen? Also wirklich – albern sowas!
Ernannt: Lutz Wagner, die fröhliche Pfeife aus dem Taunus, macht das Pokalfinale! Endlich! Diese Nominierung hat sich die hessische Humorbombe kurz vor der Pensionierung nun auch redlich verdient. Wer die deutschen Fußballfans über anderthalb Jahrzehnte mit komplett irrationalen Elfmeterpfiffen erfreut, der muss auch mal beim Pokalfinale ran. Kleiner Wermutstropfen: Lovely Lutz wird diesmal nicht seinen platzverweissymbolisierenden Zeigefinger in die Luft strecken, sondern nur das unscheinbare Auswechseltäfelchen. Und statt knallharten Ansagen an die Kicker wird es auch nur ein nettes Pläuschchen mit Bruno und Tommy geben. Denn Wagner ist nur der 4. Mann. Aber nichts anderes haben wir ja verlangt…
Aufrufe: 3334 | Kommentare: 13 | Bewertungen: 21 | Erstellt:13.05.2009
ø 9.6
KOMMENTARE
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14.05.2009 | 22:31 Uhr
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Vor allem genial dass du das mit Wagner gefordert hast und jetzt kommt es so
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15.05.2009 | 10:50 Uhr
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midget :
"in Schlitzohr oder wie man in Bayern sagt: Ein Fußballlehrer"Danke Voegi, hab gerade mein Frühstücksei verschluckt ;)
späte aber hochverdiente und immer wiederkehrende 10!
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