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06.10.2011 um 02:18 Uhr
Literarische Übersteiger (I)

Philipp Lahm: Der rechts wie links verteidigende Neuzeit-Reich-Ranicki.

Promis und der unbändige Drang, ihr Leben in Schriftform festzuhalten. Ob nun Ä-, Ü-, Ö- oder sonst was prominent, alles egal. Irgendwie bekommt man doch jede mehr oder in der Mehrheit weniger beeindruckende Lebensgeschichte vermarktet. Ein kleiner Skandal im Voraus (pikante Nacktbilder oder Sex-Tapes), ein nicht für möglich gehaltener Rundumschlag (gegen alte Mentoren, Partner oder Trainer), Beleidigungen von so genannten Randgruppen (frei nach dem Motto: "Das musste nun mal gesagt werden!") oder auch – und das funktioniert todsicher – ein paar kleine Vorabdrucke im Boulevard-Blatt seines Vertrauens. Die dort beschäftigten Redakteure finden garantiert Passagen von "gesellschaftlichem Interesse", die sie vorveröffentlichen und im beistehenden Artikel zerreißen können. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sowie Talk-Auftritte bei Lanz, Plasberg oder dem ZDF-Morgenmagazin sind vorprogrammiert.

Bekanntermaßen lassen sich auch Fußballprofis immer wieder dazu hinreißen, sich literarisch minderwertig in Szene zu setzen. Bei einigen mag die Motivation vielleicht der öffentliche Beweis sein, dass sie überhaupt lesen und schreiben können. Die Ghostwriter-Autorenzeile fällt klein gedruckt ja auch nicht jedem auf. Auf der anderen Seite ist es für den ein oder anderen Kicker die Chance, aus seiner post-fußballerischen Versenkung ein letztes Mal wie Phoenix aus der Asche zu steigen.

Noch recht fit und gewandt am Ball ist sicherlich Philipp Lahm, das jüngste Beispiel der scheinschreibenden Kicker. Mit seinem Werk „Der feine Unterschied" schoss er in die Bestsellerlisten - Boulevard-Vorabdrucke durch Kritik an Rudi und Klinsi machten’s möglich. Doch auf dem deutschen Buchmarkt gibt es noch eine Reihe an Sport-Erscheinungen, die gänzlich ungeachtet blieben. Zu Unrecht, wie ich finde! Daher biete ich Euch im Folgendenen eine kleine Übersicht an – falls Ihr mal wieder nicht wissen solltet, was Ihr Freund/in, Mutter/Vater, Onkel/Tante oder den ungeliebten Nachbarn zum Geburtstag schenken könnt...

Rubrik „National":

„Der kleine Prinz": Ein echter Kölner Jung‘ erkundet die große, weite Welt. Lukas Podolski berichtet über seinen steilen Karriereaufstieg in der Domstadt und seine feierliche Kürung zum Prinzen. Es folgt eine dramatische Schlacht im bayerischen Hoheitsgebiet, die ihn zwischenzeitlich auf die (Streck-) Bank spannen und versklaven. Nachdem das Prinzenreich Köln den Bazis einen millionenschweren Goldschatz überbringt, lassen sie ihn wieder frei. Der Prinz kehrt umjubelt zurück und führt seine Mannen seitdem Jahr für Jahr tapfer im Abstiegskampf an.

„Deutschland schafft sich ab": Ein gebrochener "Capitano" sieht rot. Michael Ballack rechnet ohne Rücksicht auf Verluste mit Jogi Löw und Robin Dutt ab. Anhand von Statistiken und Intelligenztests zweifelt er daran, dass andere Menschen seine Position in der Nationalelf ausreichend ausfüllen können. Seine Degradierung auf die Bayer-Bank erklärt ganz im Stile von Henry Maske zu einer "Frage der Ehre".

„Verdammnis": Ein Kriminalroman, der unter die Haut geht. Der talentierte Fußballprofi Albert S. unterschreibt einen hochdotierten Vertrag bei einem renommierten Verein. Doch schon nach der ersten Trainingseinheiten klingelt sein Handy. Ein anonymer Anrufer erpresst ihn und droht ihm seine Schnürsenkel vor dem Spiel zusammen zu knoten, falls er es in die Startelf schaffen würde. Die schwarz-gelben Spuren des Erpressers bringen die Ermittler auf eine Fährte... Erschreckend realistisch.

„Vom Winde verweht": David Odonkor zeichnet seine Karriere nach der WM 2006 nach. Auf eine Hand voll bundesligatauchgliche Partien folgt die Nominierung in die Nationalelf. Nach seinem Karrierehöhepunkt, einer Torvorlage gegen Polen, treibt ihn Übermut und eine leichte Brise nach Sevilla. Dort schlägt er unsanft auf den Boden der Tatsachen auf. Es folgt der Abstieg – sowohl seiner Karriere als auch seines Teams. Es bleiben nur die Erinnerungen: "Lauf David, lauf!"

„P.S.: Ich liebe dich": Eine Romanze, die nie sein durfte. Die gesammelten Briefe von Jogi Löw an Jürgen Klinsmann dokumentieren eine Männerliebe, die zu Tränen rührt. Wie in einem Sommermärchen kommen sich die beiden an der Seitenlinie näher und merken, während sie sich jubelnd in den Armen liegen, dass sie vielleicht doch mehr verbindet als die gemeinsame Liebe zum Fußball.

„Gottes Werk und Tönnies‘ Beitrag": Felix Magath rechnet knallhart ab. Er zieht Bilanz bezüglich seines Schaffens auf Schalke, holt dabei zum Rundumschlag aus. Eindrucksvoll erinnert er sich an seine nächtlichen Eingebungen zum Kauf von Karimi sowie Charisteas und philosophiert über attraktiven Offensivfußball. Magath verurteilt Tönnies als Ungläubigen und erkennt nach dem Bruch zwischen beiden Seiten, dass Wolfsburg finanziell doch näher am Himmel gebaut ist als Gelsenkirchen.

„Zusammen ist man weniger allein": Poldi und Schweini erzählen von ihrem ganz persönlichen Sommermärchen und dem Beginn einer Sandkastenfreundschaft. Blindes Verständnis auf dem Platz und das gemeinsame Pauken von Deutschvokabeln schweißt sie enger zusammen als Pfosten und Latte. Ein buntes Kinderbuch, das in alte BRAVO-Sport-Zeiten zurückversetzt.

„Der Schwabener-Vorrunden-Komplex": Intrige im deutschen Profifußball. Die Spieler des VFB Stuttgart haben die Nase voll – wovon, weiß keiner so genau – und schließen sich zu einer geheimen terroristischen Einheit zusammen. Ihr teuflischer Plan: Um den langfristigen Erfolg über eine Saison zu unterbinden, verweigern sie in der Vorrunde stets ein Tor mehr als der Gegner zu schießen. Solange bis im Trainerstab die Köpfe rollen... Eine Fortsetzung ist aktuell nicht in Arbeit.

Weitere Tipps: „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" (Mario Götze über sein Leben – von der Konfirmation bis zu millionenschweren Werbedeals), „Das doppelte Lottchen" (die Bender-Zwillinge geben private Einblicke), „Herr Lehmann" (aus dem Leben eines Torwart-Unikats) und „Ronny Räubertochter" (Herthas Flügelspieler stellt sich vor).

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Aufrufe: 8630 | Kommentare: 1 | Bewertungen: 21 | Erstellt:06.10.2011
ø 9.8
KOMMENTARE
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Zac
06.10.2011 | 02:28 Uhr
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Zac : Das alte Spiel...
06.10.2011 | 02:28 Uhr
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Zac : Das alte Spiel...
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