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12.03.2009 um 21:26 Uhr
Mario sei Dank

Manche Themen sind einfach nicht totzukriegen. Markus Babbel und der DFB-Trainerlehrgang zum Beispiel. Mitte der Woche wurde spekuliert, dass die leicht veränderte Kursstruktur im nächsten Jahr dazu führen werde, dass Babbel nun doch den Lehrgang absolvieren kann und den VfB trotzdem weiter trainiert. Doch die Reaktion des ex-Nationalspielers deutet darauf hin, dass er sein Traineramt unter den gegebenen Bedingungen nicht ausüben könne. Fortsetzung folgt sicher. Aber in diesem Fall muss der DFB hart bleiben.

Es ist wichtig, dass der Verband und Matthias Sammer ihre Linie beibehalten, weil mit dem Trainerberuf bei uns zu lange Schindluder getrieben wurde.

Es gibt (nicht nur in Deutschland) ein ganz grundlegendes Missverständnis: Nämlich dass ein guter Spieler auch ein guter Trainer ist. Die Wahrheit lautet vielmehr: Ein guter Spieler kann ein guter Trainer sein – muss aber nicht. Es sind nur die Cruyffs und Beckenbauers dieser Welt, die uns die Illusion vermittelt haben, das wäre anders. Natürlich hilft es, das Profigeschäft genau zu kennen. Und ein cleverer Spieler kann sich von seinen Trainer vieles abschauen. Vorausgesetzt er interessiert sich dafür und will nicht nach dem Training nur so schnell wie möglich zu seinen Computerspielen nach Hause.

Aber: Trainer ist ein Lernberuf. Sage nicht ich, sondern Michael Oenning, der Coach des 1. FC Nürnberg, der seine Trainerkarriere auch sozusagen auf dem zweiten Bildungsweg eingeschlagen hat und deshalb weiß, wovon er spricht. Oder nehmen wir Volker Finke, einen der wichtigsten taktischen Erneuerer im deutschen Fußball. Der war vor seinem Engagement in Freiburg Studienrat für Sport und Sozialkunde. Mit anderen Worten: Wenn der das konnte, dann können das auch andere, die früher nicht als Fußballprofis ihr Geld verdient haben.

Dafür gibt und gab es Qualifikationskurse beim DFB, die man durchlaufen muss, um auf einem bestimmten Niveau coachen zu dürfen. So weit kein Problem. Außer ein Klub befördert jemand, der nicht die erforderliche Lizenz hat, in ein Amt, dass er eigentlich nicht ausüben dürfte. Wie der VfB Stuttgart mit Markus Babbel. Und klar, der Mann hat Auslandserfahrung, war Nationalspieler und so weiter. Deshalb ist er aber nicht zwangsläufig ein guter Trainer. Und sicher kann er bei aller Erfahrung auch noch das ein oder andere dazu lernen. Das Problem ist aber die Vergangenheit: Da gab es nämlich abgekürzte Kurse für verdiente ex-Spieler, die so möglichst schnell in den Besitz einer Trainerlizenz kamen.

Und für jede Erfolgsgeschichte gab es auch mehr als genug Fehlschläge. Zum Beispiel Guido Buchwald, unseren Weltmeister von 1990. Sein Engagement in Aachen verlief extrem unglücklich. Weil eben nicht jeder zum Trainer geboren ist, nur weil er früher gut gekickt hat. Und trotzdem: Als Jörg Schmadtke Buchwald schließlich aus seinem Elend erlöste, fragte ihn ein Kollege von mir nach Buchwalds Abgang. Frage: „Warum musste er gehen? Er war doch Weltmeister!". Antwort Schmadtke: „Aber als Spieler, nicht als Trainer." Eben.

Damals leitete diese Kurse noch Erich Rutemöller. Ich kenne einen Trainer, der einen solchen Rutemöller-Kurs mitgemacht hat. Der kam aus dem Ausland, hatte dort schon einen Trainerschein erworben (der aber bei uns nicht anerkannt wurde) und konnte so die Lehrgänge vergleichen. Und er berichtete mir, dass man in seiner Heimat für jedes fußballerische Problem eine klare Regel festgelegt habe. Nach dem Motto: Wenn Du Problem A hast, musst Du B machen und dann funktioniert es. Und das funktionierte dann auch tatsächlich, versichert er. Bei Rutemöller gab es keine vorgegebenen Lösungen. Das Ganze funktionierte nach dem Motto: „Finde Deinen eigenen Weg". Und das ist entweder hohe Philosophie, oder total planlos. Sucht es Euch aus.

Egal, Rutemöller ist Vergangenheit, der Trainerlehrgang wurde reformiert, alles gut und schön. Wenn da nicht Babbel wäre, der den Lehrgang nicht parallel zu seinem Trainerjob absolvieren will. Dabei ist das Problem ganz einfach zu lösen: Die Profiklubs in Deutschland dürfen eben einfach keine Trainer in Ämter befördern, für die sie nicht qualifiziert sind. Dass Babbel momentan beim VfB als Teamchef agieren darf, ist reine Kulanz des Verbandes. Und ob Babbel ohne die Fußballlehrerlizenz in der Lage wäre, einen Erstligaklubs zu coachen ist, ganz ehrlich, total unerheblich. Vielleicht kann irgendein 16-Jähriger in Eurer Nachbarschaft ja auch schon super Auto fahren. Aber wenn er keinen Führerschein hat, dann darf er eben nicht. Und ich hätte mein Studium vielleicht auch erfolgreich absolviert, wenn ich ohne Abitur, nach der 12. Klasse, direkt an die Uni gewechselt wäre. Geht aber nicht. Ende.

Vor allem aber haben in der Vergangenheit auch einige ehemalige Starkicker das System für sich ausgenutzt. Mario Basler zum Beispiel hat den letzten Kurs im alten System erfolgreich absolviert, obwohl Teilnehmer des Lehrgangs berichten, dass er etwa die Hälfte der Stunden gefehlt habe. Unentschuldigt, wohlgemerkt.

Der darf sich jetzt also Trainer nennen. Wie geeignet er für diesen Job ist, illustriert eine kleine Episode aus Baslers Co-Trainer-Zeit in Koblenz. Da spielte die TUS an einem Sonntag in Hamburg beim FC St. Pauli, Basler war aber nicht mit dabei. Er hatte den Auftrag, zur gleichen Zeit den kommenden Gegner seines Klubs zu scouten: den 1. FC Kaiserslautern. Doch statt auf dem Betzenberg zu sitzen und Erkenntnisse zu sammeln, lief Basler lieber mit seinem Amateurclub aus Wattenheim (bei dem er auch Präsident ist) zu einem Punktspiel auf. Natürlich wusste in Koblenz davon niemand etwas. Nochmal: Der darf sich jetzt Trainer nennen. Obwohl ihm offensichtlich eine Menge fehlt, was ein Trainer braucht.

So etwas kann und darf eigentlich nicht sein. Das fand auch Matthias Sammer. Der selbst Erfahrungen als nicht fertig ausgebildeter Trainer gesammelt und daraus gelernt hat: Dass sich etwas ändern musste, nämlich. Jetzt heißt es für den DFB im Fall Babbel: Hart bleiben, auch bei Gegenwind. Bis es die Vereine gelernt haben: Einfach niemand zum Trainer befördern, dem die erforderliche Lizenz fehlt.

Bis bald,

Andreas
Aufrufe: 9823 | Kommentare: 35 | Bewertungen: 26 | Erstellt:12.03.2009
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KOMMENTARE
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thewho
15.03.2009 | 00:41 Uhr
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thewho : @Renner Part I
15.03.2009 | 00:41 Uhr
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thewho : @Renner Part I
Von meiner Seite aus wurde nicht behauptet, dass die Ausbildung keinen Einfluss auf den Auszubildenden hat.
Meine These zielt mehr darauf ab, die Ausbildung des Ausbilders (hier; der Trainer) nicht überzubewerten im Bezug auf das erwartete Resultat (vorl;erfolgreicher Fussball).
Unstrittig soltte sein, dass ein guter Spieler nicht auch zwangsläufig ein guter Trainer wird.
Aber eben genauso ungeklärt ist der Umstand ob eine "vermeintlich gute" Trainerausbildung erfolgsversprechend ist.

Ich persönlich halte Sammer für einen der kompetentesten Köpfe im deutschen Fussball überhaupt und teile auch nicht die Ansicht, dass Babbel dauerhaft der Heilsbringer sein wird für den VFB.
Ferner sehe ich es auch ein,dass der DFB irgendwann mit irgendwas in diese Richtung anfangen muss.
NUR: Das wie macht mir neben dem Inhalt dieser Schulungen Kopfzerbrechen.

Um in der Praxis zu bleiben: Nehmen wir mal an, ein talentierter 19 jähriger schaffte den Sprung aus der Amateurmannschaft des z.B.VFB in die Profimannschaft. Er hat bis dahin alle Jugendmannschaften durchlaufen und hatte es dort mit ca. 10 Trainern zutun ehe er nun auf z.B. M. Babbel trifft.
Dieser Junge bringt mit ziemlicher Sicherheit schon eine Menge an Fähigkeiten mit, hat allerdings selbstverständlich ebenso seine Schwächen.
So.... jetzt hat M. Babbel in der Zwischenzeit die Lizenz beim DFB erworben. Was bringt es dem Jungen effektiv, dass sein Trainer im Profibereich die Lizenz.
Taktische Ausbildung?
Das Allerheilmittel um solche Lehrgänge zu rechtfertigen.
NUR: Taktische Spielausrichtungen unterliegen nicht nur dem stetigen Wandel, so war Anfang der 90er Saccis defensiv Ausrichtung richtungsweisend heute eher das schnelle Kombinationsspiel mit wenig Kontakten, sie sind auch von Verein zu Verein von Trainer zu Trainer grundverschieden.
Oder gibt es die eine ultimative Taktik?
Diesem Wandel wird und kann so eine Ausbildung nicht Rechnung tragen.
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EUROdeluxe88
15.03.2009 | 01:02 Uhr
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15.03.2009 | 01:02 Uhr
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der blog ist nicht schlecht aber ein bisschen zu einseitig geschrieben.

du hättest auch wenn du pro lizenz bist auch ein paar contra argumente mehr hinschreiben können ,aber dann mit pro abschließen, so hab ich das zumindest in der schule gelernt.

8 punkte diesmal.
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thewho
15.03.2009 | 01:07 Uhr
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thewho : @Renner Part II
15.03.2009 | 01:07 Uhr
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thewho : @Renner Part II
Das Problem fängt also schon weit vorher an:
Nämlich bei den 10 Trainern, die das Talent vor seiner Profilaufbahn erlebt hat.
Hier ist es nicht nur geboten sondern zwingend erforderlich eine Lizenz vorweisen zu können um an die Jungs rangelassen zu werden. Da in diesem Alter das Fundament für einen guten Spieler gelegt wird. Fehler, die ein Spieler z.B im Bewegungsablauf aufweist werden in diesen frühen Phasen angeeignet und nicht behoben oder korrigiert. Technische Deifzite, lange Jahre eines der augenscheinlich größten Probleme in der Förderung des DFB, können im Profibereich bestenfalls kachiert nicht aber behoben werden. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass wir insbesondere auf den Flügelpositionen, also Aufgabensektoren mit einer hohem Bedarf an Technik und Spritzigkeit, Lichtjahre von anderen Ländern entfernt. Ein Schweinsteiger spielt nicht in der englischen, nicht in der spanischen, nicht in der brasilianischen, argentinischen, französischen oder portugisischen Mannschaft Stamm.Nie und nimmer.
Also, sollte der DFB wie er es jetzt richtigerweise in Angriff nimmt, die Lizenzpflicht in den Jugendabteilungen befördern und nicht in der 1. oder 2. BL. Wer es als Spieler dorthin schafft, dessen Lernprozess neigt sich dem Ende entgegen. Da zählen dann mehr Attribute wie Durchsetzungsvermögen und selbstständiges Arbeiten an den jeweiligen Schwächen. Da kann der Trainer soviel Lizenzen vom DFB haben wie er will, wenn einer wie z.B Roberto Hilbert, um beim VFB zu bleiben, Samstags zum 14.mal den Ball versucht mit beiden Füßen gleichzeitg zu stoppen dann stößt auch der bestausgebildete Trainer an seine Grenzen. Die Fehler liegen da schon in weiter Vergangenheit.
Also pro: Lizenzpflicht ab der D-Jugend
Contra: Lizenzpflicht in der 1. und 2. BL

Und bei der Sache mit dem Uni-Abschluss habe ich mich schlicht verlesen. Sorry, deswegen!
Wollte Ihnen den Abschluss nicht streitig machen. Was war es denn für ein Studium? M.Sammer School of Law?
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Fehleinkauf
15.03.2009 | 19:44 Uhr
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15.03.2009 | 19:44 Uhr
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@AndreasRenner
"Eins noch: Wenn jemand ernsthaft glaubt, 1996 Europameister geworden zu sein, sei eine ausreichende Qualifikation zum Trainer, dann versteht er nichts davon, was Trainer tun."

Man kann es auch anderst sagen:
Wenn jemand ernsthaft glaubt, ein guter Trainer zu sein nur weil er 11 Monate in Köln gelebt hat und den Lehrgang besuchte, dann versteht er nichts davon, was Trainer tun...
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jackoncrack
17.03.2009 | 14:26 Uhr
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jackoncrack : @red_7
17.03.2009 | 14:26 Uhr
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jackoncrack : @red_7
Also konnten wir uns damals freuen, dass es diesen verkürzten Lehrgang gab, sonst gäbe es evtl. keinen Klinsi und durch ihn dann auch keinen Jögi. Sondern einen Skibbe oder ähnl. Fussballlehrer als DFB Coach. Hmmm
Und wenn es so ist, dass der DFB, wie A.Renner schon meinte, diesen Kurs machen muss, wegen der UEFA, ist diese verkürzte Version doch klasse. Man umgeht die Uefa Regel, indem man einen "Alibi-Kurs" anbietet, sodass die Klubs bei der Trainerwahl ziemlich freie Hand haben. So könnten Klubs z.B. auch einen Heiner Brandt verpflichten. Ist doch nur förderlich, für den deutschen Fussball, wenn auch mal anders gearbeitet wird. Wann hat Bayern denn das letzte mal einen Gegner in der CL 12:1 nach Hause geschickt?
Dass Babbel trainiert ohne irgendeinen Kurs, geht einfach nicht, wenn UEFA Regularien anders ausschauen. Is klar. Den kurzen Kurs sollten alle noch nebenbei hinbekommen müssen, wenn die UEFA dies verlangt.

P.S.:Holger Fach treibt auch noch ! wieder sein Unwesen wie lang war denn sein Kurs?!?
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