Der digitale und analoge Blätterwald überschlägt sich dieser Tage geradezu mit Schlagzeilen, Reportagen und Meinungen zu allen möglichen Themen rund um die Bundesliga. Etwas im Schatten, ja geradezu im Abseits stehen ob der bayerischen Steueraffäre und des schwarz-gelben Finaldeliriums die Geschehnisse rund um das vergleichsweise beschauliche Gelsenkirchen, in dem Jens Keller allen Vehs, Effenbergs, Streichs und Benitezs (schreibt man das so?) zu trotzen scheint.

Allerdings machen Horst Heldt und vor allem Clemens Tönnies in dem Possenspiel um den Schalker Trainerstuhl schon seit Monaten für meinen Geschmack keine gute Figur. Bei jedem öffentlichen Auftritt des Rheda-Wiedenbrücker Fleischfabrikanten Tönnies wird es allen Schalkern in schönster Regelmäßigkeit Angst und Bange, denn Tönnies verfügt über die seltene Gabe, in der Öffentlichkeit eigentlich immer das Falsche zum falschen Zeitpunkt mit der falschen Betonung und dem falschen Gesichtsausdruck zu sagen. Bestes Beispiel dafür: der Doppelpass auf Sport1, in dem sich Tönnies zu der Aussage hinreißen ließ, dass man intern schon wisse, mit wem man ab Sommer zusammenarbeite. Mit etwas bräsigem Lächeln ließ sich Tönnies hier auf dünnes Eis locken, nur um dann leicht keifend zu ergänzen, dass ja die bösen Medien daran Schuld trügen, dass Jens Keller anfangs keine Chance auf Schalke bekommen hätte.

Da nützen auch alle Sympathiebekundungen aus dem Mannschaftskreis nichts es gibt auch weiterhin keine Aussage des Vereins zur Trainerfrage. Vielmehr hat man scheinbar jetzt nach den Aussagen von Jones und Höwedes, die sich deutlich für einen Verbleib Kellers ausgesprochen hatten, auch die restlichen Spieler angewiesen, sich dazu bedeckt zu halten. Joel Matips Interview auf der vereinseigenen Website etwa ist in dieser Hinsicht erstaunlich schwammig und enthält die übliche Phrase "kannichnixzusagen, mussdervereinentscheiden".
Klare Kante zu zeigen, das hieße in diesem Fall, Keller eher heute als morgen eine Beschäftigung als Cheftrainer zuzusichern. Denn die sportliche Arbeit des geduldigen Stuttgarters ist auf Schalke unbestritten gut, half er den Spielern doch immerhin dabei, ein gutes Konterspiel zu entwickeln. Angesichts der Aufrüstbemühungen in München und Dortmund dürfte das in den nächsten Jahren für die Schalker auch ein veritables Erfolgsrezept darstellen.

Trotzdem bleibt unter dem Strich eine schlechte Öffentlichkeitsarbeit, was die Trainerbank betrifft. Dass Schalke erst in der Sommerpause entscheiden wird, wer in der nächsten Saison auf dieser Bank sitzt, erscheint zumindest mir nicht erst seit Tönnies verbaler Inkontinenz bei Märchenonkel Wontorras Doppelpass-Runde äußerst zweifelhaft. Andererseits tauchen immer wieder Medienberichte auf, nach denen sich Manager Heldt mit irgendwelchen Kandidaten zu treffen scheint. Alles nur Störfeuer, um den Fokus von Keller und der Mannschaft wegzunehmen?

Es wäre eine interessante Strategie von Horst Heldt, Namen wie Effenberg, Veh, Benitez, Streich oder Moyes einfach im Raum stehen zu lassen, die Spekulationen zuzulassen, während man hinter den Kulissen mit Jens Keller schon einig ist. Andererseits zeugte dies auch von schlechtem Stil gegenüber all den Kandidaten, mit denen Heldt auch nach eigener Aussage tatsächlich zu sprechen scheint. Denn wenn schon alles klar ist, wenn die Entscheidung für Keller schon steht, dann wären diese Namen lediglich Pseudokandidaten. Dann würde auch Tönnies seltsame Handlungsweise im Doppelpass Sinn machen. Aber so viel Weitsicht, so viel Raffinesse traue ich meinem skandalumwitterten Meister der Herzen eigentlich nicht zu. Ich würde mich freuen, wenn er mich Lügen straft vielleicht gibt es ja schon beim letzten Heimspiel der Saison etwas Positives zu vermelden.