26.04.2010 um 16:56 Uhr
Naja...
Mal so unter uns: Wieso hat es uns der Fußball eigentlich so angetan? Weshalb verwenden wir einen Großteil unserer (Frei-)Zeit und unserer nervlichen Restbehaarung auf diesen vermeintlich so alltäglichen Sport? Keine Angst, ich werde jetzt nicht anfangen, irgendwelche psychologisierenden Erklärungsmuster aufzubauen. Das wäre mir einerseits viel zu mühselig und würde andererseits auch rein gar nichts bringen. Denn als passionierter Fußball-Fan weiß ich, dass dieses Phänomen rational nicht erklärbar ist. Nur eines scheint mir sicher: Die Ursache für die Liebe zum Fußball ist ganz sicher nicht die Summe seiner (Un-)Annehmlichkeiten. Es ist zweifelsohne mehr. Und zwar so viel mehr, dass man es nicht einfach so mit wenigen Worten umschreiben könnte. Selbst Nick Hornby hat über 300 Seiten gebraucht, um diese geradezu surreale Leidenschaft angemessen zu illustrieren.
Wir halten also fest: Das, was uns am Fußball fasziniert, lässt sich nicht mit wenigen Worten sagen. Wahrscheinlich nicht einmal mit vielen. Wenn wir also schon nicht sagen können, was Fußball zum Faszinosum macht, vielleicht können wir dann aber wenigstens feststellen, was seinen Reiz nicht ausmacht. Und zweifelsohne lässt sich die Anziehungskraft des Fußballs nicht durch die Sehnsucht nach dem Martialischen, nach dem blutrünstigen Kampf Gut gegen Böse erklären. Fußball funktioniert auch ohne den finalen Schlagabtausch, auch ohne „Sein oder Nichtsein". Wäre es anders, so hätten uns die allzu häufigen belanglosen Unentschieden längst abgeschreckt. Dann würden wir nur noch Eishockey schauen. Oder Curling. Oder Snooker. Da gibt es wenigstens kein Remis.
Nein, der Fußballsport ist zuweilen genauso indifferent wie mysteriös. Nicht nur, dass wir uns mit dem Institut des Remis abgefunden hätten. Fußballfans können zuweilen selbst an einer Niederlage etwas Positives finden. Weil man im Rückspiel noch alles ausgleichen können. Weil es manchmal eben doch ein achtbares Resultat darstellt. Weil es ja alles noch schlimmer hätte kommen können. Es ist eben nicht immer Ja und Nein, sondern oftmals nur ein seufzendes Naja. Richtige Schwarzweiß-Malerei gibt es eben nicht. Da differenziert man, wägt ab und betrachtet die Medaille von beiden Seiten. Nur selten liegen die Dinge wasserklar und unverrückbar auf der Hand. Für einen Schalker wird der BVB immer die Pest sein. Und für Bayern-Fans ist Platz 2 immer ein Misserfolg. Aber sonst? Sonst ist eben vieles doch sehr vielschichtig und variabel.
Ich merke das in diesen Tagen wieder besonders, da alle Ligen von dem alljährlichem Auf- und Abstiegskampf durchdrungen sind. Wenn ich mir unweigerlich die Frage stelle, wem ich denn nun die Daumen drücken soll. Und ob ich mich nun freuen oder ärgern soll, wenn Verein XY den Sprung in die nächsthöhere Klasse geschafft hat.
Nehmen wir einfach mal das Beispiel des FCK, der dieser Tage den eh schon unvermeidbaren Aufstieg unter Dach und Fach gebracht hat. Womit klar war: Die Roten Teufel sind zurück in der 1. Liga. Aber sollte mich das nun freuen? Oder ist das eigentlich nicht ein Ärgernis? Und da war sie wieder, diese fußballtypische Indifferenz, dieses unsägliche Abwägen zwischen Für und Wider, das ganz persönliche Remis der eigenen Empfindungen. Denn einerseits kam ich auch nicht an der gleichsam abgedroschenen wie doch berechtigten Erkenntnis vorbei, dass ein Traditionsverein wie die Lauterer eben nun mal in die 1. Liga gehört. Und dass die hitzige Atmosphäre des Betzenbergs die Liga sicher bereichern wird. Aber andererseits ist eben nun einmal der FCK. Und den mag ich nun mal nicht. Weil mir die Pfalz schon immer etwas unheimlich war. Weil mich der Menschenschlag dort etwas – sagen wir – befremdet. Und weil die Bayern auf dem Betzenberg eben (früher) zumeist die Punkte haben liegen lassen. Genau deshalb sind die Roten Teufel schon immer ein Dorn im Auge. Ein Rotes Tuch eben. Und aus eben diesen Gründen kann ich mich über deren Aufstieg auch nicht wirklich freuen. Aber akzeptieren kann ich es. Denn irgendwie ist es ja auch nur recht und billig so. Und da haben wir es wieder, dieses wohl abgewogene Naja.
Beim FC. St. Pauli sieht es ähnlich aus, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Pauli ist mir sympathisch. Ja, die Typen da im Stadion sind schon schwer neben der Spur, aber irgendwie auch liebenswert. Ein eimaliger Club mit einmaligem Ambiente, den man den Erfolg irgendwie gönnen muss. Und der auch sicher eine Bereicherung für die 1. Liga wäre. Andererseits weiß ich aber auch, dass sich die Kiez-Kicker nicht lange da oben halten werden. Dass das Stadion (trotz Umbau) nicht gerade erstligalike ist. Und dass einem der Pauli-Effekt spätestens nach einem Jahr doch schwer auf den Zeiger gehen wird. Weil sich das eben auch recht schnell verbraucht. Und das bedeutet für mich dann wieder das obligatorische Naja. Ist in Ordnung, dass sie aufsteigen. Wirklich begeistern kann ich mich dafür aber nicht.
Die Liste könnte ich jetzt noch entsprechend fortsetzen. Ich könnte dann anmerken, dass eine 1. Bundesliga gewiss keinen FC Augsburg braucht. Dass das aber doch irgendwie ein interessanter und gut geführter Club mit schönem Stadion ist. Oder dass ich aufgrund 80er Jahre-Prägung ein leichtes Faible für die Fortuna aus Düsseldorf besitze, mich als gebürtiger Kölner aber nicht traue das auszusprechen. Oder ich könnte darüber sinnieren, dass mir der VfL aus Bochum mit seinem idyllischen Stadion fast ein bisschen ans Herz gewachsen ist, ich ihn fußballerisch aber nicht als Bereicherung betrachten kann. Ja, das könnte ich alles tun und damit weitere Beispiele für abgewogene Kompromissurteile liefern, wie sie im Fußball nach meiner Wahrnehmung so häufig sind. Denn das Naja gehört zum Fußball genauso dazu wie das Ja und das Nein. Naja, lassen wir das mal so stehen.
Wir halten also fest: Das, was uns am Fußball fasziniert, lässt sich nicht mit wenigen Worten sagen. Wahrscheinlich nicht einmal mit vielen. Wenn wir also schon nicht sagen können, was Fußball zum Faszinosum macht, vielleicht können wir dann aber wenigstens feststellen, was seinen Reiz nicht ausmacht. Und zweifelsohne lässt sich die Anziehungskraft des Fußballs nicht durch die Sehnsucht nach dem Martialischen, nach dem blutrünstigen Kampf Gut gegen Böse erklären. Fußball funktioniert auch ohne den finalen Schlagabtausch, auch ohne „Sein oder Nichtsein". Wäre es anders, so hätten uns die allzu häufigen belanglosen Unentschieden längst abgeschreckt. Dann würden wir nur noch Eishockey schauen. Oder Curling. Oder Snooker. Da gibt es wenigstens kein Remis.
Nein, der Fußballsport ist zuweilen genauso indifferent wie mysteriös. Nicht nur, dass wir uns mit dem Institut des Remis abgefunden hätten. Fußballfans können zuweilen selbst an einer Niederlage etwas Positives finden. Weil man im Rückspiel noch alles ausgleichen können. Weil es manchmal eben doch ein achtbares Resultat darstellt. Weil es ja alles noch schlimmer hätte kommen können. Es ist eben nicht immer Ja und Nein, sondern oftmals nur ein seufzendes Naja. Richtige Schwarzweiß-Malerei gibt es eben nicht. Da differenziert man, wägt ab und betrachtet die Medaille von beiden Seiten. Nur selten liegen die Dinge wasserklar und unverrückbar auf der Hand. Für einen Schalker wird der BVB immer die Pest sein. Und für Bayern-Fans ist Platz 2 immer ein Misserfolg. Aber sonst? Sonst ist eben vieles doch sehr vielschichtig und variabel.
Ich merke das in diesen Tagen wieder besonders, da alle Ligen von dem alljährlichem Auf- und Abstiegskampf durchdrungen sind. Wenn ich mir unweigerlich die Frage stelle, wem ich denn nun die Daumen drücken soll. Und ob ich mich nun freuen oder ärgern soll, wenn Verein XY den Sprung in die nächsthöhere Klasse geschafft hat.
Nehmen wir einfach mal das Beispiel des FCK, der dieser Tage den eh schon unvermeidbaren Aufstieg unter Dach und Fach gebracht hat. Womit klar war: Die Roten Teufel sind zurück in der 1. Liga. Aber sollte mich das nun freuen? Oder ist das eigentlich nicht ein Ärgernis? Und da war sie wieder, diese fußballtypische Indifferenz, dieses unsägliche Abwägen zwischen Für und Wider, das ganz persönliche Remis der eigenen Empfindungen. Denn einerseits kam ich auch nicht an der gleichsam abgedroschenen wie doch berechtigten Erkenntnis vorbei, dass ein Traditionsverein wie die Lauterer eben nun mal in die 1. Liga gehört. Und dass die hitzige Atmosphäre des Betzenbergs die Liga sicher bereichern wird. Aber andererseits ist eben nun einmal der FCK. Und den mag ich nun mal nicht. Weil mir die Pfalz schon immer etwas unheimlich war. Weil mich der Menschenschlag dort etwas – sagen wir – befremdet. Und weil die Bayern auf dem Betzenberg eben (früher) zumeist die Punkte haben liegen lassen. Genau deshalb sind die Roten Teufel schon immer ein Dorn im Auge. Ein Rotes Tuch eben. Und aus eben diesen Gründen kann ich mich über deren Aufstieg auch nicht wirklich freuen. Aber akzeptieren kann ich es. Denn irgendwie ist es ja auch nur recht und billig so. Und da haben wir es wieder, dieses wohl abgewogene Naja.
Beim FC. St. Pauli sieht es ähnlich aus, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Pauli ist mir sympathisch. Ja, die Typen da im Stadion sind schon schwer neben der Spur, aber irgendwie auch liebenswert. Ein eimaliger Club mit einmaligem Ambiente, den man den Erfolg irgendwie gönnen muss. Und der auch sicher eine Bereicherung für die 1. Liga wäre. Andererseits weiß ich aber auch, dass sich die Kiez-Kicker nicht lange da oben halten werden. Dass das Stadion (trotz Umbau) nicht gerade erstligalike ist. Und dass einem der Pauli-Effekt spätestens nach einem Jahr doch schwer auf den Zeiger gehen wird. Weil sich das eben auch recht schnell verbraucht. Und das bedeutet für mich dann wieder das obligatorische Naja. Ist in Ordnung, dass sie aufsteigen. Wirklich begeistern kann ich mich dafür aber nicht.
Die Liste könnte ich jetzt noch entsprechend fortsetzen. Ich könnte dann anmerken, dass eine 1. Bundesliga gewiss keinen FC Augsburg braucht. Dass das aber doch irgendwie ein interessanter und gut geführter Club mit schönem Stadion ist. Oder dass ich aufgrund 80er Jahre-Prägung ein leichtes Faible für die Fortuna aus Düsseldorf besitze, mich als gebürtiger Kölner aber nicht traue das auszusprechen. Oder ich könnte darüber sinnieren, dass mir der VfL aus Bochum mit seinem idyllischen Stadion fast ein bisschen ans Herz gewachsen ist, ich ihn fußballerisch aber nicht als Bereicherung betrachten kann. Ja, das könnte ich alles tun und damit weitere Beispiele für abgewogene Kompromissurteile liefern, wie sie im Fußball nach meiner Wahrnehmung so häufig sind. Denn das Naja gehört zum Fußball genauso dazu wie das Ja und das Nein. Naja, lassen wir das mal so stehen.
Aufrufe: 3851 | Kommentare: 14 | Bewertungen: 27 | Erstellt:26.04.2010
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KOMMENTARE
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27.04.2010 | 15:00 Uhr
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bronko : Faszination
Also finde den Beitrag auch ganz ok. Die Fürs und Widers zum FCK und St. Pauli z.B. (anderemeinunghab). Was ich aber viel wichtiger als identifikation mit Vereinen oder Sympathien zu diversen anderen Vereinen sehe ist das Mitfiebern bei einem Spiel und das Hineinversetzen in die Spieler. Fast jeder Fußbalfan hat selbst schon in irgend einer Form Fußball gespielt. Jeder weiß in etwa die Schwierigkeiten, Genialitäten und Fehlpässe, Fouls und Tore einzuschätzen, zu bewundern etc.
Arjen Robbens Treffer gegen Manchester nach Direktabnahme des hohen Eckbals von Ribery z.B. Da stehst du einfach nur noch it offenem Mund da und bewunderst den Spieler und seine Aktion. Du hast es selbst so oder so ähnlich schon 100 mal versucht den Ball zu treffen und ins Tor zu schießen und doch weißt du du wirst es niemals auch nur annähernd so zustande bringen. Man kann sich ja in etwa in Robben reinversetzen dabei... -das macht viel von der Faszination aus denke ich mal.
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27.04.2010 | 20:31 Uhr
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tomaszzzzzzzzz : aber wieso denn?
Interessanter Artikel - gut das sich auch mal jmd. neben der Spur :) gedanken macht!Ich hab mich so gefreut, was schönes zu lesen und dann muss man hier lesen, dass das Stadion btw - eines der emotionalsten und ehrlichsten in diesem Land - von St.Pauli - nicht like ist ...
Genau das ist aber meiner meinung nach der Grund warum die leute die ''heimat'' verlieren - warum 15-jährige glauben das es besser ist ronaldo hinter her zu gaffen als im eigenen dorfklub fußball zu spielen und somit was für sich selbst zu tun (ohne das er es so begreift natürlich - sorry an alle jungfußballer)!
es ist doch fast schon ein zeichen von verachtung den eigenen ehrlichen fans gegenüber ein stadion zu bauen in dem es mehr vip-loggen (oder wie der spaß da heißt) bauen zu lassen als uli haare aufm kopf hat.
ich denke das der fußball am ende ist wegen solchen ideen - ideen daruas ein business zu machen - leuten macht zu geben die nicht mal wissen das der ball rund ist, aber die wurzel aus 37642 im kopf ziehen können. nicht das ich was gegen intelligente ideen hätte aber diese leute sind es die so viel geld ins spiel gebracht haben - sie sind der grund warum metzelder sich jetzt evtl prostituiert und zum erzfeind wechselt - der grund warum deisler in die klapse musste - der grund warum adler im tor bei der wm stehen wird.
das sind dinge die ich schade finde!
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27.04.2010 | 20:48 Uhr
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Zyrock :
Ich mag eigentlich so ziemlich alles, was du schreibst, weil dein Stil für mich als Leser sehr interessant und nachvollziehbar ist.Diesen Blog mag ich aber gerade, weil er das nicht ist. Er ist "quer" und irgendwie "sperrig". Ganz so, wie ein Blog eigentlich nicht sein sollte. Aber gerade deswegen auch sehr interessant.
Finde ich gut, aber nicht überragend, deshalb gebe ich 9 Punkte.
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Aber was dir leider, obwohl du ein guter Schreiber bist, nicht gelungen ist: Die Eingangsfrage ernsthaft zu verfolgen. Du fragst am Anfang: "Wieso hat es uns der Fußball eigentlich so angetan?", und sagst dann, das das nicht zu beantworten ist, greifst dir einen Aspekt raus und der ist irgendwie für mich so gar nicht ausreichend als Erklärung. Wesentlich interessanter wäre doch der Hintergrund der Identifikation mit einem Verein gewesen. Oder das Transferspektakel jeden Sommer, wo 1000ende was zu sagen wollen.
Darum bleibt es bei 8 Punkten.