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21.06.2012 um 02:13 Uhr
Nicolas, der trotzige Gallier 1
Wir befinden uns im Jahr 1998 nach Christus. Ganz Frankreich sitzt an diesem 12. Juli, dem Tag des WM-Finals, vor dem Fernseher. Ganz Frankreich? Nein! Ein unbeugsames junges Talent schaut nicht zu und hört auch nicht auf, dem Trainer Aimé Jacquet Widerstand zu leisten. Vier Wochen zuvor wurde er aus dem WM-Kader gestrichen. Widerstand heißt bei dem Talent namens Nicolas Anelka Streik und Boykott und so kickt er während Frankreichs größtem Triumph mit seinen Freunden auf der Straße.

„Ich habe einfach den Führerschein gemacht!" In der Sport-Bild blitzt ein Jahr später der typische Anelka durch. Angesprochen auf seine Nichtberücksichtigung im finalen Kader für die WM im eigenen Land ist die Antwort des 19jährigen ein trotziges „Ist mir egal!". Eine Reaktion, die sich wie ein Leitfaden durch seine Karriere zieht. Laut Wikipedia dient Trotz im Allgemeinen der Selbstbehauptung. Es ist der Widerstand gegen die menschliche Umwelt. Man bezieht sich auf seine eigene Meinung und beharrt auf dieser. Zumeist gibt es bei Kindern eine Trotzphase im Alter von zwei bis vier. Ein zweites Trotzalter beginnt oftmals in der Pubertät. Genau hier fängt die Geschichte von Nicolas Anelka an. Der Trotz, mit dem die tapferen Gallier in den Comics von Goscinny und Uderzo den Römern entgegentreten, empfindet auch der kleine Nicolas gegenüber den Medien und dem Fußball-Business. Die Sympathien, die der kleine blonde Gallier und sein dicker Freund weltweit genießen, wird er aber leider nie erreichen.

Die Trabantenstadt

„Er war eine Art Rebell, kein Bad Boy. Vielleicht hörte er zu, aber er zeigte es nicht. Es schien als würde er denken: Ich mache was ich möchte. Ich denke was ich möchte!" Andre Merelle erinnert sich im britischen Independent an die Anfänge des damals 13jährigen Nicolas im Jugendzentrum Clairefontaine, wo er seinen Freund Thierry Henry kennenlernt. Bereits sehr früh fallen Merelle so bereits die besonderen Züge seines Talents und seines Charakters auf. Eine Attitüde gegenüber Trainern und Mitspielern, die ihn quer durch Europa bis ans andere Ende der Welt bringen werden und mit vielen Vorschusslorbeeren geebnet wird. Den „van Basten des neuen Jahrtausends" nennt ihn Ancelotti im FourFourTwo Magazine. Gerard Houllier geht noch weiter und nennt ihn den „talentiertesten Spieler, den ich jemals auf dieser Position gesehen habe".

Die Reise beginnt allerdings erstmal mit 15 Jahren bei Paris Saint-Germain. Nicht sehr weit von seinem Heimatort Le Chesnay, einem eher tristen und ungemütlichen Vorort von Paris, schnuppert er erstmals bei den Profis. Trainer Luis Fernandez hält große Stücke auf ihn und er kommt zu ersten Kurzeinsätzen. Kurze Zeit später wird Fernandez entlassen, was Anelka nicht passt. Mit dem neuen Trainer funktioniert es nicht richtig. Die Schuld ist schon damals klar: "Bei PSG wollte man mich einfach nicht spielen lassen, weil man mich nicht mochte" meint er rückblickend. Also Mund abwischen, Koffer packen und über den Ärmelkanal.



Anelkas Karriere

Nicolas bei den Briten

Dort wartet Arsène Wenger. Der ist 1997 selbst im ersten Jahr bei Arsenal und läutet mit dem Wechsel Anelkas zur Winterpause und dem zuvor verpflichteten Patrick Vieira die französische Ära beim Klub aus London ein. Der junge Nicolas startet schwach und hat Probleme sich gegen Bergkamp und Ian Wright durchzusetzen. Es gelingt ihm schließlich, auch aufgrund einer langwierigen Verletzung Wrights, und er gewinnt das Double. Natürlich fällt er auch gleich mal wieder auf. Positiv wie negativ, auf und abseits des Spielfelds. In der Saison 98/99 erzielt er 17 Liga-Tore und wird zum „PFA Young Player of the Year" gekürt. Nebenbei zerstört er mit einem fulminanten Hattrick (eins wird zu Unrecht aberkannt) Wembley und die "Three Lions". Das Ganze hindert ihn aber nicht daran gestandene Mitspieler wie Overmars, dem er Egoismus vorwirft, zu attackieren. Er fühlt sich missverstanden von der Presse, redet nicht mit ihr, leidet unter der mangelnden Anerkennung, will mehr Gehalt, träumt davon eine "Art Star zu werden" und überhaupt ist England "langweilig". Die Quittung der Fans für soviel Wehleidigkeit ist sein Spitzname „Le Sulk". Wenger moniert die falsche Beratung durch seine beiden älteren Brüder, die mit ihm in einem Haus in London wohnen. Sein Bruder Didier redet nicht ohne Stolz in der französischen Zeitung L’Équipe von den Verhandlungen mit David Dein: „Es war ein langer und schwieriger Prozess, aber jedes Mal wenn Dein ein Gegenangebot machte, sah er sich gegenüber den drei Anelka-Brüdern konfrontiert. Wir konnten nicht zerbrechen und am Ende hat er aufgegeben." Trotz dieses angeblichen „Verhandlungssieges" geht der Wechselpoker los. Lazio Rom sucht Ersatz für den abgewanderten Christian Vieri, doch ein Gallier in der Höhle des Löwen, mitten im römischen Imperium? Dann lieber in die persönliche Hölle namens Real Madrid. Für 35 Mio Euro erhalten die Königlichen den Zuschlag, was bei Presse und Fans verhalten aufgenommen wird. Ganz anders wohl die Reaktion Wengers, der den Spieler aufgrund eines fehlenden Profivertrags für lächerliche 760.000 Euro zwei Jahre zuvor losgeeist hatte. Anelka wiederum verabschiedet sich von der Insel mit einem herzlichen „Zur Hölle mit den Engländern!"

Nicolas bei den Spaniern

Bereits in London mied er das Fußball-Milieu und die Medienlandschaft. In Madrid erwartet ihn der persönliche Alptraum. Er fasst keinen Fuß, hat Probleme mit der Sprache und den Mitspielern, sieht sich wieder ungerecht behandelt, falsch eingesetzt und eh missverstanden. Er verweigert das Training, fordert den Sportdirektor Pirri und Trainer Vicente Del Bosque laut dem SPIEGEL auf, das Video zum CL-Zwischenrunden-Match gegen Bayern München nochmals anzuschauen, um endlich zu sehen, dass er falsch eingesetzt wird und von Mitspielern boykottiert wird. Es folgt ein Straftraining, Anelka will vorher mit den Mitspielern über die Situation diskutieren. Er wird auf nach dem Training vertröstet, sieht es nicht ein und streikt in bester französischer Tradition. Die Suspendierung folgt sofort, worauf er im Kofferraum zum Flughafen und nach Paris flieht. One-Way-Ticket wie die spanische Presse sofort zu berichten weiß. Pirri denkt sich „Die spinnen, die Gallier!" und empfiehlt ihm psychologische Betreuung. Doch er kommt zurück, schießt und köpft Real ins CL-Finale und gewinnt den Pokal.

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Aufrufe: 5247 | Kommentare: 1 | Bewertungen: 4 | Erstellt:21.06.2012
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KOMMENTARE
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ThePitbullDavids
16.07.2012 | 15:55 Uhr
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16.07.2012 | 15:55 Uhr
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Sehr geil Funk alter Franzosen Kumpel. werde mich die naechste Zeit nach langer Abstinenz vom Bloggen auch mal wieder vorn Rechner setzen und ordentlich in die Tasten hauen Hatte die letzten Monate nur ordentlich was um die Ohren.

Grosses bises aus Malta
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