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12.07.2010 um 17:49 Uhr
Niedergang des Calcio II
Zur WM 2006 bestand der Kader der Nationalmannschaft aus 15 Spielern von Inter, Juve, Milan und der Roma. Das Durchschnittsalter lag bei 28,3 Jahren. 2010 bestand der Kader aus 10 Spielern der zuvor genannten Clubs. Von Inter Mailand, dem Champions League-Sieger von 2010, war jedoch bezeichnenderweise niemand gestellt worden. Allein Sechs der zehn Spieler waren/sind bei Juve tätig und erlebten dort eine katastrophale Saison. Das Durchschnittsalter 2010 betrug mit 29 zwar nicht übermäßig viel mehr als vier Jahre zuvor, aber die einzigen Spieler, die in die Kategorie U23 fielen, bekamen keine Einsatzzeit. Deutschland und Spanien hatten 2010 ein Durchschnittsalter von etwa 25 und 26 Jahren. Man kann also bei diesen beiden von einem gelungenen Generationenwechsel sprechen, der bei Italien völlig ausblieb.

Ein Grund dafür könnte darin liegen, dass spanische und deutsche Erstliga-Clubs zweite Mannschaften haben, die in den dritten und zweiten Ligen sogar am heimischen Spielbetrieb teilnehmen. Somit können die eigenen Nachwuchskicker langsam an die erste Profimannschaft herangeführt werden. Eine solche Möglichkeit mit zweiten Mannschaften am Ligabetrieb teilzunehmen, gibt es in Italien nicht.

Der taktische Anschluss reißt ab
Auch die moderne Spielausrichtung ist dem Calcio abhanden gekommen. Darauf bedacht, hinten das Tor zu zustellen, vergisst man, dass Taktik mehr beschreibt als nur die Defensive. Arsenal London, Barca, Bayern und auch Chelsea spielen einen dominanten Stil, der so geduldig und durchdacht erscheint, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis man die Lücken in der Abwehr des Gegners findet. Bestes Beispiel für diese gegensätzlichen Ausrichtungen war das letzte Vorrundenspiel des FC Bayern gegen Juve in Gruppe A der CL-Saison 2009/10. Die Bianconeri waren nie in der Lage, das Spiel schnell zu machen, wenn man denn mal an den Ball kam. Auch von taktischer Rafinesse war nicht viel zu sehen. Eben wie bei einer "Alten Dame".

Die alte(n) Dame(n)

Wenn von italienischen Mannschaften und Trainern die Rede ist, wurde bisher immer von der taktischen Genialität gesprochen. Mittlerweile ist diese Assoziation aber seltener geworden, weil selbst der letzte (Rumpel-)"Fußballexperte" erkannt hat: Auch vorne ist Taktik von entscheidender Bedeutung. Das "Positionsspiel" der Spanier, Katalanen und Bayern ist Taktik auf höchstem Niveau. Die Raumaufteilung, die diese Mannschaften haben, ermöglicht ihnen, die nötigen Dreiecke für das Passspiel zu bilden und zugleich stets Spieler in Ballnähe zu haben, die im Falle eines Ballverlustes sofort ins Pressing gehen können, um sich das Spielgerät schnellstmöglich wieder zu holen. Barca bekam mit dieser Spielweise in der vergangenen Saison der Primera Division nur 24 Gegentreffer bei 98 selbsterzielten Toren in 38 Spielen. Inter Mailand stellte zur selben Zeit das stärkste Team im Angriff und in der Abwehr der Serie A, bekam aber 34 Gegentreffer bei 75 selbsterzielten Toren. Das belegt eine gewisse Eingleisigkeit des Calcio, der fast ausschließlich die Defensive kennt, aus der heraus nur gekontert wird. Und diese bisher stets starke Defensive wird immer schwächer. Das sagte schon Paolo Maldini, als er auf sein hohes Alter als Spieler angesprochen wurde.

Somit rücken mehr und mehr Spanier (del Bosque, Aragones, Guardiola, Benitez) und Niederländer (van Gaal, Rijkaard, Cruijff, Hiddink, Meulensteen) ins Bild, wenn von taktischer Cleverness die Rede ist, weil sie es vollbracht haben, die Viererkette zur Grundlage einer attraktiven und effizienten Offensive zu machen. In Italien ist die Viererkette primär zum Verteidigen gedacht.

Lösungsansätze und Vorbilder
Ebenso wie Deutschland es in den letzten Jahre geschafft hat, seine eigene "Philosophie" des unschönen und uninspirierten Rumpelfußballs abzulegen, muss auch Italien versuchen zu begreifen, dass es nicht reicht, sich hinten rein zu stellen. Deutschland hat den Anschluss an die Moderne wieder erreicht. Bei der WM in Südafrika bewies die DFB-Elf, dass sie ein Spiel diktieren kann, wie in der ersten halben Stunde des Achtelfinals gegen England; und dass sie aus einer sicheren Abwehr heraus kontern kann.

Die Squadra Azzurra dagegen geriet in allen drei Vorrundenspielen in Rückstand, den man nur zweimal in ein Remis drehen konnte, während das letzte Spiel verloren wurde. Somit belegte man als Titelverteidiger den letzten Platz in der Gruppe. Italien zeigte nach den Rückständen zwar, dass sie zu ahnsehnlichem Offensivfußball in der Lage sind, nur offenbarten sie ihre Fähigkeiten erst zum Ende der jeweiligen Partien, sodass für eine Aufholjagd die Zeit fehlte.

Die Nationalmannschaft Italiens und Juventus Turin versuchen angesichts der Misserfolge der jüngeren Vergangenheit durch gravierende Personalmaßnahmen den Negativtrend endlich abzuwenden. So soll Roberto Baggio (Weltfußballer 1993 & Vizeweltmeister 1994) technischer Direktor des italienischen Verbands werden. Neuer Nationaltrainer wird Cesare Prandelli, welcher als Trainer des AC Florenz zwei Mal Trainer des Jahres in Italien wurde. Juventus Turin hat zur Saison 2010/11 bereits einen neuen Präsidenten, einen neuen Sportdirektor und einen neuen Trainer. Ob all diese Maßnahmen erfolgreich sein werden, wird sich natürlich erst noch zeigen müssen. Jedenfalls sollte den neuen Kräften bewusst sein, an welchen Hebeln sie ansetzen müssen. Denn wenn man seine Schwächen nicht kennt, kann man sie auch nicht beseitigen.


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Aufrufe: 19520 | Kommentare: 65 | Bewertungen: 31 | Erstellt:12.07.2010
ø 7.4
KOMMENTARE
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LaRocca
14.07.2010 | 11:52 Uhr
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LaRocca : @ kopfEB
14.07.2010 | 11:52 Uhr
-6
LaRocca : @ kopfEB
word! nicht dass ich es nicht verstehen könnte, dass man seine eigenes fußball-vaterland und dessen liga verteidigt, aber den meisten italienern fehlt hier ganz eindeutig der hang zur objektivität...

ganz klar für italien spricht der CL-sieg von inter (der in allen belangen völlig verdient war!). allerdings ist das größtenteils mourinho selbst zuzuschreiben sowie den nicht-italienischen spielern.

ich kenn mich in sachen talente auf der halbinsel zu schlecht aus, und lann deswegen keine genauen prognosen über die entwicklung des ital. fußballs abgeben. aber wenn eure landsleute in den sportlichen leitungen den selben fehler machen und denken, sie seien auf einem "super weg", dann erwarte ich nicht viel...
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LaRocca
14.07.2010 | 11:53 Uhr
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LaRocca : 
14.07.2010 | 11:53 Uhr
-4
LaRocca : 
PS: wirklich toller blog!
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charly
14.07.2010 | 12:18 Uhr
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charly : 
14.07.2010 | 12:18 Uhr
-3
charly : 
dieser blog ist eine ansammlung von "hörensagen"..letztlich schreibt der autor auch noch ich kann die zahlen nicht zu 100 % bestätigen??

fehleinschätzungen im taktischen bereich habe ich auch gelesen..z.b. verteidiger auszubilden reicht eben nicht mehr?? mich würde interessieren, woher du diese erkenntnis ziehst, da zumal so ziemlich fussballschule eine vermischung von mittelfeldspielern und verteigern predigt..und der zentrale verteidiger im kommenden fussball den spielaufbau gestalten werden wird..wenn du dich also soweit vortraust, solltest du auch erwähnen, dass die bedeutensten artikel über verhaltensdynamik vom, dir fast unbekannten sacchi, stammen. jene schriften aus denen sich auch mourinho bediente..und vergessen wir auch nicht, das sacchi von madrid als sportdirektor beschäftigt wurde und das nicht nur um seine alten erfolge zu erzählen..

alles in allem gebe ich dir für deinen block 4 punkte..die recherche sollte von dir überdacht und die quellen angegeben werden..mir fehlen auch zitate die deine thesen unterstreichen würden..was machst du eigentlich, wenn italien in 2 jahren die euro gewinnen sollte, revidierst du dann deinen blog? es ist mehr als evident, dass hier jemand nur seine meinung in mehr oder weniger, objektivklingende worthülsen fasste, mit argumenten, die im besten falle, die eigene meinung bildung. keinesfalls jedoch die aktuelle situation des italienischen fussballs widerspiegeln..

dafür bist du, so glaube ich, zu weit entfernt von den italienischen stadien und mannschaften.

in deinem sinne
3
Famos
14.07.2010 | 12:18 Uhr
1
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Famos : 
14.07.2010 | 12:18 Uhr
0
Famos : 
der calcio hat nur ne schwächephase....
sie werden wieder erfolge haben das ist sicher....
die verantwortlichen müssen aber auch die richtigen hebel ziehen aber untergehen wird der fusi in italien nie!
1
vanGaalsNase
14.07.2010 | 12:27 Uhr
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14.07.2010 | 12:27 Uhr
-1
@ charly: als ich schrieb, ich kann die Richtigkeit der Zahlen nicht beweisen, bezog ich mich auf einen Blog, der gar nicht von mir stammt...

Sacchi ist MIR nicht unbekannt und was hat dieser Blog mit seiner vergangenen Beschäftigung bei Real Madrid zu tun?

Ich stehe zu dem, was ich geschrieben habe, aber ich habe nie gesagt, dass Italien nichts mehr erreichen wird. In zwei Jahren kann sehr viel passieren. Zeigt ja schon die jüngere Geschichte bei Bayern. Oder soll ich das auch mit Quellen belegen?

Lies bitte nochmal ganz genau, was ich über Taktik schrieb!
2
Cassano94
14.07.2010 | 13:22 Uhr
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Cassano94 : 
14.07.2010 | 13:22 Uhr
0
Cassano94 : 
Find ich ein guten Blog
10P. von mir.
Ich habs natürlich nicht mit Freude gelesen,und als Serie A Verfolger und Italiener wusste ich viele Sachen aber war interessant zu lesen und schön geordnet.
Hoffe es geht wieder voran mit jungen Leuten(Balotelli Giovinco Santon die müssen Einsätze bekommen!)
3
nu_81
14.07.2010 | 18:14 Uhr
3
-3
nu_81 : 
14.07.2010 | 18:14 Uhr
-3
nu_81 : 
Ich finde es einen Witz, wie man mit der Tatsache das man U21 EM ist den Beweis sieht, dass Deutschland die besseren Talente und größere Zukunft und so weiter hat.
Hat irgend jemand mal das U21 Spiel zwischen Deutschland und Italien gesehen.
Das war ein echter Scherz!
Italien hat zu 90% gedrückt, Deutschalnd war nur darauf bedacht nichts anbrennen zu lassen und hat mit einem mehr als glücklichen Konter das Spiel irgendwie entschieden.
Ohne den gewohnten Dusel hätte man hier 5 Stück kassiert.
Also bitte, seid mal wieder etwas objektiver. Freut euch das es diemal gut geklappt hat und hofft einfach nur dass ihr den italienern in den nächsten großen Turnieren nicht begegnet. Denn mit Italien ist immer zu rechnen und das wissen auch alle.
3
roniacmilan
14.07.2010 | 18:18 Uhr
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14.07.2010 | 18:18 Uhr
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@ la rocca

bist du nich der der am anfang der saison meinte keine italienische mannschaft würde in den nächsten 10 jahren einen internationalen titel holen? so kann man sich täuschen

la rocca
2
Srbo
14.07.2010 | 18:46 Uhr
5
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Srbo : 
14.07.2010 | 18:46 Uhr
0
Srbo : 
Wie sich die Italiener wieder angegriffen fühlen :D
Hier wird Etwas Kritik geübt und schon fühlen sich alle in ihrer Ehre gekränkt.
VanGaalsNase hat doch in seinem Blog nur die Wahrheit angesprochen, wie er es sieht, ist doch seine Sache.
Ich für meine Teil sehe die Italiener nicht als Schlechte Fußballer an, sondern an der Kaderbenennung, die bei dieser WM mehr als falsch getätigt wurde. Natürlich liegt es aber daran, dass Lippi Probleme mit einigen Spielern hat.
Unverständlich wie man einen Cassano daheim lassen kann und dafür Leute wie Iaguinta mitgenommen werden. Aber das ist seine Sache !
Vergesst nicht die EM 2008, wo die Italiener als einziges Team gegen die unbesiegbaren Spanier ins Elfmeterschießen kamen. Bis jetzt war keiner mehr so nah dran.

5
Interista1985
14.07.2010 | 19:26 Uhr
4
-2
14.07.2010 | 19:26 Uhr
-2
Langsam geht mir das auf die nüsse das man immer an kommt das Inter ohne Italiener CL sieger geworden ist,jetzt wo wir die CL in die Serie A geholt haben heisst es er zähle nicht zu Italien weil wir ja keine Italiener haben,aber wenn wir wieder im AF der CL rausgeflogen wären,wäre dass das sinnbild der Serie A gewesen,das sie am ende ist wenn selbst die beste mannschaft wieder im AF raus geflogen wäre.

Sorry so geht das nicht,gewinnen wir nicht zählen wir 100% zu Serie A,gewinnen wir was sind wir keine Italiener,ich glaub ihr tickt nicht ganz sauber.
4
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