19.09.2012 um 20:17 Uhr
No Way Out (2)
Zurück zu Teil 1
Als die Mannschaft sich dann am Abend des Spiels ins Ali Sami Yen begab, wurde sie von einem bereits brechend vollen Stadion und ohrenbetäubendem Lärm empfangen, obwohl der Anpfiff noch Stunden entfernt war. Auch wenn die United-Akteure seit ihrer Ankunft so manche Unannehmlichkeit durchgestanden hatten, wurde ihnen nun erst bewusst, was sie wirklich erwartete. Die Ränge waren in ein gelb-rotes Farbenmeer verwandelt worden, und ein eigens für das Spiel gefertigter Sarg mit der Aufschrift „RIP MUFC" wurde von Jubelstürmen begleitet herumgereicht. Die Anhänger feuerten ihre Mannschaft und sich selbst an, eine Seite des Stadions begann einen Schlachtruf, die andere Seite erwiderte, man übertraf sich gegenseitig in Sachen Lautstärke und Hingabe, bis man gemeinsam und umso lauter einstimmte.
„Das war der unglaublichste Lärm, den ich je in meinem Leben erlebt habe", sollte Gary Neville, der damals zarte 18 Jahre alt war, später sagen. Und das, obwohl das Ali Sami Yeni mit einer Kapazität von 23.785 Plätzen ein eher kleines Stadion war. Sir Alex Ferguson ordnete seinen Spielern kurz nach der Ankunft an, sich so schnell wie möglich auf den Platz zu begeben, damit sie sich an die Atmosphäre gewöhnen konnten. Als seine Mannschaft tat, wie ihr befohlen worden war, ergab sich ein außergewöhnliches Bild: Die Zuschauer legten sich angesichts der feindlichen Zuhörer nur noch mehr ins Zeug und führten die ganze Palette an Gala-Schlachtrufen vor, während Cantona und Co. in der Mitte des Rasens standen und ihren Blick nicht von den Rängen nehmen konnten. Für kurze Zeit waren im Stadion also die Rollen vertauscht, das Publikum wurde zur Attraktion und hatte das Geschehen in der Hand, während die Stars auf dem Feld die Rolle der Zuschauer einnahmen und die ihnen gebotene Atmosphäre ungläubig lächelnd aufsaugten.
Direkt nachdem die Partie beendet und Manchester ausgeschieden war, ging es mit den Turbulenzen weiter. Eric Cantona ging nach Abpfiff zum Schiedsrichter und beschwerte sich so vehement über dessen Leistung, dass er die Rote Karte sah. Daraufhin wurde er von Mitspieler Bryan Robson und einem türkischen Polizisten vom Feld geführt. Im Tunnelgang auf dem Weg zur Kabine wurde es hässlich: „Als wir im dort ankamen, wollte ich mich beim Polizisten für die Begleitung bedanken, doch der verpasste Eric aus dem Nichts einen Schlag. Eric fiel die Treppe herunter, und dafür wollte ich dem Polizisten eine mitgeben. Als ich mich umdrehte, bekam ich mit voller Wucht ein Einsatzschild in den Rücken", schrieb Robson, der daraufhin mit sechs Stichen am Ellenbogen genäht werden musste, in seiner Autobiografie. Eine Auseinandersetzung zwischen mehreren United-Spielern und den Polizisten begann, die erst dann beendet war, als der aufgebrachte Cantona mit Mühe in die Kabine gebracht werden konnte.
Während die Galatasaray-Akteure und ihre Fans draußen das Weiterkommen feierten, war es in der United-Kabine mucksmäuschenstill, auch Trainer Sir Alex Ferguson wurde von den anwesenden Kameras dabei eingefangen, wie er recht konsterniert im Raum stand und vor sich hinstarrte. In aller Stille ging damit eine Partie und eine Reise zu Ende, die bis dahin größtenteils von Krach und Chaos bestimmt war.
Die erste Teilnahme an der Champions League endete für United also früh und enttäuschend, hatte aber aufgrund des frühen Zeitpunkts und der Intensität der Erlebnisse einen positiven Lerneffekt. Denn spätestens nun wusste jeder im Verein, auf welche Umstände und Widrigkeiten man bei Auswärtsspielen bei vermeintlich einfachen Gegnern stoßen konnte und wieviel erschwerenden Einfluss eine fanatische Atmosphäre auf das Spielgeschehen auf dem Rasen haben kann. In den zehn Minuten, in denen Gary Neville in dieser Partie zum Einsatz kam, lernte er nach eigener Aussage mehr über das Dasein als professioneller Fußballer, als in seiner gesamten Laufbahn zuvor.
Im Jahre 1999 gewann Manchester United bekanntermaßen in Barcelona nach einem Herzschlagfinale gegen den FC Bayern zum ersten Mal die Champions League. Sechs Jahre nach dem Fiasko in Istanbul waren Ferguson und Co. damit im Olymp des europäischen Vereinsfußballs angekommen.
Irgendwie passend, dass die Reise dorthin in der Hölle begonnen hatte.
(Als Quelle für mehrere Einzelinformationen diente ein englischsprachiger Artikel, der in der Online-Ausgabe des "Guardian" erschienen ist)
Als die Mannschaft sich dann am Abend des Spiels ins Ali Sami Yen begab, wurde sie von einem bereits brechend vollen Stadion und ohrenbetäubendem Lärm empfangen, obwohl der Anpfiff noch Stunden entfernt war. Auch wenn die United-Akteure seit ihrer Ankunft so manche Unannehmlichkeit durchgestanden hatten, wurde ihnen nun erst bewusst, was sie wirklich erwartete. Die Ränge waren in ein gelb-rotes Farbenmeer verwandelt worden, und ein eigens für das Spiel gefertigter Sarg mit der Aufschrift „RIP MUFC" wurde von Jubelstürmen begleitet herumgereicht. Die Anhänger feuerten ihre Mannschaft und sich selbst an, eine Seite des Stadions begann einen Schlachtruf, die andere Seite erwiderte, man übertraf sich gegenseitig in Sachen Lautstärke und Hingabe, bis man gemeinsam und umso lauter einstimmte.
„Das war der unglaublichste Lärm, den ich je in meinem Leben erlebt habe", sollte Gary Neville, der damals zarte 18 Jahre alt war, später sagen. Und das, obwohl das Ali Sami Yeni mit einer Kapazität von 23.785 Plätzen ein eher kleines Stadion war. Sir Alex Ferguson ordnete seinen Spielern kurz nach der Ankunft an, sich so schnell wie möglich auf den Platz zu begeben, damit sie sich an die Atmosphäre gewöhnen konnten. Als seine Mannschaft tat, wie ihr befohlen worden war, ergab sich ein außergewöhnliches Bild: Die Zuschauer legten sich angesichts der feindlichen Zuhörer nur noch mehr ins Zeug und führten die ganze Palette an Gala-Schlachtrufen vor, während Cantona und Co. in der Mitte des Rasens standen und ihren Blick nicht von den Rängen nehmen konnten. Für kurze Zeit waren im Stadion also die Rollen vertauscht, das Publikum wurde zur Attraktion und hatte das Geschehen in der Hand, während die Stars auf dem Feld die Rolle der Zuschauer einnahmen und die ihnen gebotene Atmosphäre ungläubig lächelnd aufsaugten.
Direkt nachdem die Partie beendet und Manchester ausgeschieden war, ging es mit den Turbulenzen weiter. Eric Cantona ging nach Abpfiff zum Schiedsrichter und beschwerte sich so vehement über dessen Leistung, dass er die Rote Karte sah. Daraufhin wurde er von Mitspieler Bryan Robson und einem türkischen Polizisten vom Feld geführt. Im Tunnelgang auf dem Weg zur Kabine wurde es hässlich: „Als wir im dort ankamen, wollte ich mich beim Polizisten für die Begleitung bedanken, doch der verpasste Eric aus dem Nichts einen Schlag. Eric fiel die Treppe herunter, und dafür wollte ich dem Polizisten eine mitgeben. Als ich mich umdrehte, bekam ich mit voller Wucht ein Einsatzschild in den Rücken", schrieb Robson, der daraufhin mit sechs Stichen am Ellenbogen genäht werden musste, in seiner Autobiografie. Eine Auseinandersetzung zwischen mehreren United-Spielern und den Polizisten begann, die erst dann beendet war, als der aufgebrachte Cantona mit Mühe in die Kabine gebracht werden konnte.
Während die Galatasaray-Akteure und ihre Fans draußen das Weiterkommen feierten, war es in der United-Kabine mucksmäuschenstill, auch Trainer Sir Alex Ferguson wurde von den anwesenden Kameras dabei eingefangen, wie er recht konsterniert im Raum stand und vor sich hinstarrte. In aller Stille ging damit eine Partie und eine Reise zu Ende, die bis dahin größtenteils von Krach und Chaos bestimmt war.
Die erste Teilnahme an der Champions League endete für United also früh und enttäuschend, hatte aber aufgrund des frühen Zeitpunkts und der Intensität der Erlebnisse einen positiven Lerneffekt. Denn spätestens nun wusste jeder im Verein, auf welche Umstände und Widrigkeiten man bei Auswärtsspielen bei vermeintlich einfachen Gegnern stoßen konnte und wieviel erschwerenden Einfluss eine fanatische Atmosphäre auf das Spielgeschehen auf dem Rasen haben kann. In den zehn Minuten, in denen Gary Neville in dieser Partie zum Einsatz kam, lernte er nach eigener Aussage mehr über das Dasein als professioneller Fußballer, als in seiner gesamten Laufbahn zuvor.
Im Jahre 1999 gewann Manchester United bekanntermaßen in Barcelona nach einem Herzschlagfinale gegen den FC Bayern zum ersten Mal die Champions League. Sechs Jahre nach dem Fiasko in Istanbul waren Ferguson und Co. damit im Olymp des europäischen Vereinsfußballs angekommen.
Irgendwie passend, dass die Reise dorthin in der Hölle begonnen hatte.
(Als Quelle für mehrere Einzelinformationen diente ein englischsprachiger Artikel, der in der Online-Ausgabe des "Guardian" erschienen ist)
Aufrufe: 6472 | Kommentare: 19 | Bewertungen: 15 | Erstellt:19.09.2012
ø 8.4
KOMMENTARE
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22.09.2012 | 14:15 Uhr
-5
casinocamel23 :
Wollen die Tuerken jetzt dafuer noch ein Lob haben das sie Schilder mit "This is Hell" hochhielten oder das sie vor dem Hotel nachts rumgebruellt haben ? Atmosphaere im Stadion war ja ganz toll aber alles andere ist einfach nur laecherlich und erbaermlich.
10
22.09.2012 | 14:35 Uhr
-2
Falark :
Athmosphäre ist Wahnsinn, Belästigung außerhalb des Stadions scheiße. Dass selbst Polizisten gewalttätig werden ist ohnehin ein Unding.
Toller Blog, 10 Punkte
8
22.09.2012 | 15:05 Uhr
-11
Genetikk : Zeiten ändern sich...
Gestern hat eine komplette Stadt für ihren Verein stellvertretend für ein ganzes Land ALLES dafür gegeben, um als Underdog gegen eine Übermacht in die CL Gruppenphase einzuziehen, inklusive Nacht nicht geschlafen und gesungen vorm Hotel usw usf....Heute schreiben die Kids (Bsp: casinocamel23) dass es lächerlich sogar erbärmlich gewesen sei.....
Aber eines bleibt für immer....und das sind die Erinnerungen an diesen legendären Tag!!
4
22.09.2012 | 15:26 Uhr
-5
Hoschie : erbärmlich
Richtig legendär, Polizisten verprügeln Spieler der Gastmannschaft. Wahrscheinlich wurde das noch abgefeiert...
10
22.09.2012 | 15:33 Uhr
-5
aber falls die hier angeschriebenen sachen wie zb. mit dem polizisten wirklich stimmen, dann ist das ehrlich gesagt einfach nur schei*e, nichts, was gutzureden ist.
das problem ist, manche kollegen werden dies wieder nur als grundlage sehen, um weiter haten zu können.. einen auf, sieh mal da, die türken wieder bla bla bla..
was solls...
2
22.09.2012 | 16:41 Uhr
-5
2
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