26.05.2009 um 20:31 Uhr
Nonplusultra oder Rohrkrepierer?
Manchester United gegen den FC Barcelona, das klingt richtig gut. Ach was, das ist genau das Traumfinale, dass man sich von der diesjährigen Champions League erhoffen durfte. Die beiden Meister der beiden besten Ligen Europas (und damit der Welt) im direkten Vergleich. Es ist, schlicht gesagt, das Fußball-Nonplusultra. Und dann sind beide auch noch für ihre Offensivstärke bekannt. Mit anderen Worten: Das letzte Finale, das im Vorfeld derart hohe Erwartungen geweckt hat, war Barcelona gegen Arsenal vor drei Jahren. Tja, und dann sah Jens Lehmann Rot und nix wurde es mit dem erhofften Angriffsfeuerwerk.
Leider befürchte ich auch diesmal wieder einen Rohrkrepierer. Und der Grund dafür ist nicht der FC Barcelona. Denn was wir von Barca zu sehen bekommen, das ist immer der gleiche Stil. Volle Offensive, Kombinationsfußball, ständige Rochaden der Offensivkräfte usw. Da kann kommen, wer will, Barcelona versucht immer, sein Spiel durchzusetzen. Der Kollege Marcel Reif hat im Halbfinale, als es für Barca gegen Chelsea nicht so richtig lief, festgestellt, dass die Katalanen keinen Plan B haben, wenn ihr Offensivspiel nicht greift. Ich vermute, Barcas Coach Pep Guardiola würde auf diesen Vorwurf etwa so antworten: "Wozu brauche ich einen Plan B, wenn ich den besten Plan A der Welt habe."
Ich fürchte allerdings, dass Manchester United bei dem erhofften offenen Schlagabtausch nicht mitmachen wird. United-Coach Alex Ferguson wird sich die beiden Spiele von Barca gegen Chelsea genau angeschaut haben. Und die Demontage von Real Madrid, die am Wochenende dazwischen stattfand. Ferguson wird festgestellt haben, dass man mit konsequenter Defensivarbeit den Katalanen durchaus das Wasser abgraben und ihnen die Lust am Spielen nehmen kann. Glücklicher als Barca gegen Chelsea ist wohl nur selten eine Mannschaft in einem europäischen Wettbewerb weiter gekommen. Im Gegensatz zu Chelsea hat Real Madrid versucht, gegen Barcelona mitzuspielen. Und wurde nach allen Regeln der Kunst filetiert. Endstand 6:2, ihr erinnert Euch. Fergusons Schlussfolgerung ist offensichtlich: Wir lassen uns nicht auf einen Schlagabtausch ein.
Und genau zu dieser selben Schlussfolgerung ist er schon einmal gekommen. Vor dem Halbfinale Barca – Man Utd. in der Vorsaison nämlich. Da hat er beim Hinspiel in Barcelona Cristiano Ronaldo als einzige Spitze auf das Feld geschickt und ansonsten mit Mann und Maus verteidigt. Und mit dieser Taktik ein 0:0 geholt. Hätte Ronaldo nicht nach 3 Minuten einen Elfmeter vergeigt, hätte United vielleicht sogar gewonnen. Im Rückspiel in Manchester war es so lange ein offenes Spiel, bis Paul Scholes per Weitschuss zum 1:0 traf. Nach 14 Minuten. Danach machte Ferguson wieder die Tür zu und stellte auf Defensive um. Mit Erfolg, Endstand 1:0. Kurz gesagt: Barca hat gegen Chelsea und Man Utd. in vier Spielen, in denen die Engländer (fast) nur auf Torverhindern aus waren, genau ein Tor geschossen. In der Nachspielzeit bei Chelsea.
Da fragt man sich doch, wie ARD-Experte Günter Netzer im "Kicker" zu folgender Erkenntnis kommt: "(Barcas)…spielerische Überlegenheit sollte sich durchsetzen. Auch, weil die kompakte Defensive, wie sie Chelsea im Halbfinale präsentierte, nicht Manchesters Spiel ist." Äh…ja. Wie wäre es mit folgenden Zahlen: Beste Defensive der Premier League in der Vorsaison: Manchester United mit 22 Gegentoren (in 38 Spielen). Beste Defensive in der Premier League in dieser Saison: Manchester United und Chelsea gleichauf mit 24 Gegentoren. So viel dazu.
Der große Unterschied zur Vorsaison liegt auf der anderen Seite. Im Vorjahr traf United 80 Mal, in dieser Saison waren es nur 68 Tore. Weil die Chemie im United-Angriff durch die Verpflichtung von Dimitar Berbatov etwas verloren ging. Vor allem das Zusammenspiel Berbatov/Rooney kam nie richtig in Schwung und Ronaldo war mit 18 Premier League-Toren meilenweit von seinen 31 Treffern in der Vorsaison entfernt. Wenn Ferguson schon letzte Saison nicht auf ein offenes Spiel gegen Barca setzte, obwohl sein Angriff praktisch nicht zu stoppen war, dann wird er das in dieser Spielzeit, mit seiner (am eigenen Maßstab gemessen) enttäuschenden Offensive erst recht nicht tun. Glaube ich.
Ich vermute, dass Ferguson versuchen wird, das Mittelfeld dicht zu machen. Und ich glaube auch, dass sein "Defensivstürmer" Ji-Sung Park, der immer schön seinen Flügel mit dicht machen soll, diesmal nicht, wie im Vorjahr, nur auf der Tribüne sitzt. Ferguson hat aber auch schon des Öfteren Wayne Rooney auf einem Flügel (meistens links) mit extra Defensivarbeit beauftragt. Ob das allerdings notwendig ist, wo Barca auf den offensiv starken Rechtsverteidiger Dani Alves wegen Sperre verzichten muss, darf man bezweifeln.
Zwei große Sorgen hätte ich an Fergusons Stelle aber doch: Erstens war Rio Ferdinand zuletzt angeschlagen und meldete sich gerade erst wieder fit. Ferguson braucht einen Ferdinand in Bestform, weil sein Ersatzmann Jonny Evans zuletzt häufig wackelte. Und dann ist da noch die Rechtsverteidiger-Position, wo sich in dieser Saison viele versucht haben, ohne dass einer wirklich überzeugt hätte. Vieles deutet für das Finale auf John O'Shea hin, der vielseitig einsetzbar, aber leider auch etwas hölzern ist. Ein Thierry Henry in Bestform könnte O'Shea vor große Probleme stellen. Aber Henrys Fitnesszustand ist nach Knieverletzung ja auch ein großes Rätsel.
Ich befürchte also ein von Manchesters Defensive geprägtes, torarmes Spiel. Damit es nicht so kommt, müssen alle neutralen Fans auf eins hoffen: Das Barcelona in Führung geht und die Engländer so zur Offensive zwingt. Dann ist das erhoffte Fußballfest möglich. Oder sie könnten auch einfach darauf hoffen, dass ich mit meiner Prognose schief liege. Das soll nämlich auch schon vorgekommen sein.
Bis bald,
Andreas
Leider befürchte ich auch diesmal wieder einen Rohrkrepierer. Und der Grund dafür ist nicht der FC Barcelona. Denn was wir von Barca zu sehen bekommen, das ist immer der gleiche Stil. Volle Offensive, Kombinationsfußball, ständige Rochaden der Offensivkräfte usw. Da kann kommen, wer will, Barcelona versucht immer, sein Spiel durchzusetzen. Der Kollege Marcel Reif hat im Halbfinale, als es für Barca gegen Chelsea nicht so richtig lief, festgestellt, dass die Katalanen keinen Plan B haben, wenn ihr Offensivspiel nicht greift. Ich vermute, Barcas Coach Pep Guardiola würde auf diesen Vorwurf etwa so antworten: "Wozu brauche ich einen Plan B, wenn ich den besten Plan A der Welt habe."
Ich fürchte allerdings, dass Manchester United bei dem erhofften offenen Schlagabtausch nicht mitmachen wird. United-Coach Alex Ferguson wird sich die beiden Spiele von Barca gegen Chelsea genau angeschaut haben. Und die Demontage von Real Madrid, die am Wochenende dazwischen stattfand. Ferguson wird festgestellt haben, dass man mit konsequenter Defensivarbeit den Katalanen durchaus das Wasser abgraben und ihnen die Lust am Spielen nehmen kann. Glücklicher als Barca gegen Chelsea ist wohl nur selten eine Mannschaft in einem europäischen Wettbewerb weiter gekommen. Im Gegensatz zu Chelsea hat Real Madrid versucht, gegen Barcelona mitzuspielen. Und wurde nach allen Regeln der Kunst filetiert. Endstand 6:2, ihr erinnert Euch. Fergusons Schlussfolgerung ist offensichtlich: Wir lassen uns nicht auf einen Schlagabtausch ein.
Und genau zu dieser selben Schlussfolgerung ist er schon einmal gekommen. Vor dem Halbfinale Barca – Man Utd. in der Vorsaison nämlich. Da hat er beim Hinspiel in Barcelona Cristiano Ronaldo als einzige Spitze auf das Feld geschickt und ansonsten mit Mann und Maus verteidigt. Und mit dieser Taktik ein 0:0 geholt. Hätte Ronaldo nicht nach 3 Minuten einen Elfmeter vergeigt, hätte United vielleicht sogar gewonnen. Im Rückspiel in Manchester war es so lange ein offenes Spiel, bis Paul Scholes per Weitschuss zum 1:0 traf. Nach 14 Minuten. Danach machte Ferguson wieder die Tür zu und stellte auf Defensive um. Mit Erfolg, Endstand 1:0. Kurz gesagt: Barca hat gegen Chelsea und Man Utd. in vier Spielen, in denen die Engländer (fast) nur auf Torverhindern aus waren, genau ein Tor geschossen. In der Nachspielzeit bei Chelsea.
Da fragt man sich doch, wie ARD-Experte Günter Netzer im "Kicker" zu folgender Erkenntnis kommt: "(Barcas)…spielerische Überlegenheit sollte sich durchsetzen. Auch, weil die kompakte Defensive, wie sie Chelsea im Halbfinale präsentierte, nicht Manchesters Spiel ist." Äh…ja. Wie wäre es mit folgenden Zahlen: Beste Defensive der Premier League in der Vorsaison: Manchester United mit 22 Gegentoren (in 38 Spielen). Beste Defensive in der Premier League in dieser Saison: Manchester United und Chelsea gleichauf mit 24 Gegentoren. So viel dazu.
Der große Unterschied zur Vorsaison liegt auf der anderen Seite. Im Vorjahr traf United 80 Mal, in dieser Saison waren es nur 68 Tore. Weil die Chemie im United-Angriff durch die Verpflichtung von Dimitar Berbatov etwas verloren ging. Vor allem das Zusammenspiel Berbatov/Rooney kam nie richtig in Schwung und Ronaldo war mit 18 Premier League-Toren meilenweit von seinen 31 Treffern in der Vorsaison entfernt. Wenn Ferguson schon letzte Saison nicht auf ein offenes Spiel gegen Barca setzte, obwohl sein Angriff praktisch nicht zu stoppen war, dann wird er das in dieser Spielzeit, mit seiner (am eigenen Maßstab gemessen) enttäuschenden Offensive erst recht nicht tun. Glaube ich.
Ich vermute, dass Ferguson versuchen wird, das Mittelfeld dicht zu machen. Und ich glaube auch, dass sein "Defensivstürmer" Ji-Sung Park, der immer schön seinen Flügel mit dicht machen soll, diesmal nicht, wie im Vorjahr, nur auf der Tribüne sitzt. Ferguson hat aber auch schon des Öfteren Wayne Rooney auf einem Flügel (meistens links) mit extra Defensivarbeit beauftragt. Ob das allerdings notwendig ist, wo Barca auf den offensiv starken Rechtsverteidiger Dani Alves wegen Sperre verzichten muss, darf man bezweifeln.
Zwei große Sorgen hätte ich an Fergusons Stelle aber doch: Erstens war Rio Ferdinand zuletzt angeschlagen und meldete sich gerade erst wieder fit. Ferguson braucht einen Ferdinand in Bestform, weil sein Ersatzmann Jonny Evans zuletzt häufig wackelte. Und dann ist da noch die Rechtsverteidiger-Position, wo sich in dieser Saison viele versucht haben, ohne dass einer wirklich überzeugt hätte. Vieles deutet für das Finale auf John O'Shea hin, der vielseitig einsetzbar, aber leider auch etwas hölzern ist. Ein Thierry Henry in Bestform könnte O'Shea vor große Probleme stellen. Aber Henrys Fitnesszustand ist nach Knieverletzung ja auch ein großes Rätsel.
Ich befürchte also ein von Manchesters Defensive geprägtes, torarmes Spiel. Damit es nicht so kommt, müssen alle neutralen Fans auf eins hoffen: Das Barcelona in Führung geht und die Engländer so zur Offensive zwingt. Dann ist das erhoffte Fußballfest möglich. Oder sie könnten auch einfach darauf hoffen, dass ich mit meiner Prognose schief liege. Das soll nämlich auch schon vorgekommen sein.
Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 8497 | Kommentare: 32 | Bewertungen: 36 | Erstellt:26.05.2009
ø 9.4
KOMMENTARE
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28.05.2009 | 01:03 Uhr
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etoo9 : siempre FCB
genial, sich die kommentare genüsslich auf der zunge zergehen zu lassen. stets geballte kompetenz...natürlich ist es nach dem spiel leicht, aber ich war vor dem spiel auch schon laut hahaganz groß, wie manchester hergespielt wurde, zu groß !!
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naja ich dachte mir bereits das das spiel eben nicht so wird. siehe mein kommentar auf seite 1!!!!!