20.01.2012 um 02:29 Uhr
Pablo y Andrés I/III
Pablo und Andrés sind beide tot. Erschossen im Kolumbien der 90er. Prominente Opfer unter vielen Anonymen. Pablo und Andrés hatten nahezu nichts gemein. Sie kamen aus der gleichen Stadt und teilten ihre Leidenschaft für Fußball. Dies ist eine Geschichte von Medellín und Kolumbien, Kokain und Fußball, Gewalt und einem Eigentor. Es ist die Geschichte von Pablo und Andrés Escobar.
Sie beginnt in den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts. 1983 entzieht die FIFA Kolumbien die Ausrichtung der Weltmeisterschaft 1986. Aufgrund der Erweiterung des Teilnehmerfeldes und wirtschaftlichen wie innenpolitischen Gründen ist der sichere Ablauf nicht garantiert. Kolumbien verzichtet, Mexiko springt kurzfristig ein. Rückblickend ein weiser Entschluss. 1985 eskaliert die Situation im Land. Andrés wechselt gerade zu Atlético Nacional. Sein Bruder Juan Fernando wurde zwei Jahre zuvor erschossen, seine Mutter Beatriz stirbt im gleichen Jahr. Währenddessen macht Pablo Jagd auf die FARC-Guerillas und Anhänger der linken Guerilla-Organisation „Movimiento 19 de Abril" (M-19) stürmen den Justizpalast der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. Richter werden als Geiseln genommen, Fernsehbilder zeigen Panzer der Regierung vorfahren, der Präsident Belisario Betancur wird kurzzeitig entmachtet. Auch hier soll Pablo seine Finger mit ihm Spiel haben, doch die Vorwürfe werden später fallengelassen. Nebenbei steigt Pablo endgültig zum größten Drogenhändler der Zeit auf. Volles Gesicht, dicker Bauch, breiter Schnauzer - sein Äußeres bleibt über Jahre konstant. Besonders die gesteigerte Nachfrage nach Kokain in den USA und dem Aufkommen von Crack in den amerikanischen Vorstädten sorgen für hohe Gewinne. Die Rechnung ist simpel: Man verdreifache für den US-Markt den Kilo-Preis und strecke es auf 30 Prozent. Just zu diesem Zeitpunkt fängt der fußballerische Aufschwung in dem krisengeschüttelten Land an. Auch hier ist die Rechnung einfach. Doch zunächst ein Rückblick
Plata o plomo!
Pablo gehört zu jenen, die sich in einem armen Land glücklich schätzen können, wächst er doch eher mittelständisch auf. Geboren 1949 in der Nähe von Medellín raucht er seinen ersten Joint mit 13. Mit Anfang 20 fängt er an sich einen Namen zu machen. Schmuggel, Diebstahl, Entführung. Er hat Beziehungen und den richtigen Riecher. Nach dem Handel mit Marihuana merkt er schnell, dass die Zukunft im Kokain liegt. Innerhalb weniger Jahre baut er sich sein Imperium auf. Während der junge Andrés gegen Bälle schießt, schießt sich Pablo seinen Weg frei. Notfalls lässt er auch auf Partys das Recht des Schreckens walten. Laut Mark Bowden, Autor des Buchs „Killing Pablo", lässt er, um ein Exempel zu statuieren, einem Kellner, der sich am Silberbesteck bedient hat, kurzerhand vor allen Gästen festzurren, in den Pool werfen und dort liegen. Seine Botschaft an die Gäste: Es ergeht jedem so, der ihn bestiehlt. Hart gegenüber den Feinden, gönnerhaft zum Volk. Nach Bowden war Pablo kein besonders guter Geschäftsmann. Er war aber bei weitem der brutalste und skrupelloseste Gangster. Seine rechte Hand Jhon Jairo Velásquez Vásquez, genannt „Popeye" spricht von 4.500 Opfern des Medellin-Kartells, davon allein 250 durch Popeyes eigene Hand. Aber nur ein Psychopath zählt weiter, wie er in der Dokumentation „Two Escobars" im Gefängnis erzählt.
Die Geschichte von Pablo (Quelle: Discovery Channel)
Nachdem er hunderte von Menschen auf Müllhalden nach Essen und Habseligkeiten hat suchen sehen, gibt er den Bau eines Wohnviertels in Auftrag, wettert gegen Ungerechtigkeit, lässt Krankenhäuser, Schulen und Fußballplätze errichten. Das Flutlicht hält Einzug und ein Mann steht im Schein. Der Mann, der sich auch gerne als eine Art Robin Hood von der Öffentlichkeit sehen lässt, verfolgt dabei jedoch ganz andere Ziele: Pablo hat Angst! Zuhause in Kolumbien weiß Pablo, dass er sich nicht fürchten muss. Er hat alle oder genügend gegen den Rest in der Hand, um sich das Gefängnis zu ersparen. „Plata o plomo – Silber oder Blei" wird zum bewährten Mittel. Copyright Pablo. Wer sich nicht bestechen lässt, lässt sein Leben. Man ist für ihn oder gegen ihn. Die USA sind erwiesenermaßen gegen ihn und eine Ausweisung hätte die Gefängnis-Karte zur Folge. Die Crack-Welle erfasst ganz Amerika mit Folgen, die eine Antwort des US-Präsidenten Ronald Reagan unumgänglich machen. Crack-Süchtige rauchen nicht nur das Crack, sie brauchen Geld für die nächsten „Rocks". Das Wort „Beschaffungskriminalität" erhält eine neue Bedeutung und macht keinen Halt vor sozialen Grenzen. Das Problem heißt Kokain und Kokain ist Pablo. Während Ronald Reagan die Jagd auf Drogenhändler eröffnet, kauft Pablo sich in die Politik. So halten Fußballplätze und Flutlichter Einzug in die „barrios" (Stadtviertel, Slums) von Medellín. Pablo macht Politik und wird gewählt. Er schafft es bis in den Kongress, politische Immunität. Kurz darauf muss er das Amt aber aufgrund öffentlicher Drogenhandels-Vorwürfe niederlegen. Auf den Plätzen reift langsam die Zukunft des kolumbianischen Fußballs heran.
Die Weiße Ära beginnt
Zehn Jahre später: Andrés ist 22. Es ist der 31. Mai 1989, Endspiel der Copa Libertadores. Nachdem zwischen 1985 und 1987 der kolumbianische Konkurrent América de Cali dreimal in eben diesem gescheitert, hat es Andrés und sein Team bis ins Elfmeterschießen geschafft. Er trabt zum Elfmeterpunkt. Für seinen Vater vor dem Bildschirm ist er zu jung um als erster Schütze anzutreten. Nach Hin-und Rückspiel steht es 2:2 gegen Eine Woche zuvor hat man in Asunción, der Hauptstadt Paraguays, 2:0 verloren. An diesem Tag steht das Stadion aber in Bogotá und ist eine Wand aus frenetischem Grün und Weiß. Man schafft das 2:0, Elfmeterschießen. Andrés übernimmt den Auftakt und trifft. Doch das Drama fängt gerade erst an. Der exzentrische Torwart René Higuita, der vier Elfmeter hält und einmal selbst trifft, wird zum Held des Abends. Am Ende steht es 5:4 und Andrés feiert und gibt Interviews. Zur gleichen Zeit beklatscht ihn auf der Tribüne ein glühender Fußball-Fan namens Pablo. Kolumbien hat seinen Platz auf der Weltkarte des Fußballs.
Hier geht's zu Teil 2 von 3
Sie beginnt in den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts. 1983 entzieht die FIFA Kolumbien die Ausrichtung der Weltmeisterschaft 1986. Aufgrund der Erweiterung des Teilnehmerfeldes und wirtschaftlichen wie innenpolitischen Gründen ist der sichere Ablauf nicht garantiert. Kolumbien verzichtet, Mexiko springt kurzfristig ein. Rückblickend ein weiser Entschluss. 1985 eskaliert die Situation im Land. Andrés wechselt gerade zu Atlético Nacional. Sein Bruder Juan Fernando wurde zwei Jahre zuvor erschossen, seine Mutter Beatriz stirbt im gleichen Jahr. Währenddessen macht Pablo Jagd auf die FARC-Guerillas und Anhänger der linken Guerilla-Organisation „Movimiento 19 de Abril" (M-19) stürmen den Justizpalast der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. Richter werden als Geiseln genommen, Fernsehbilder zeigen Panzer der Regierung vorfahren, der Präsident Belisario Betancur wird kurzzeitig entmachtet. Auch hier soll Pablo seine Finger mit ihm Spiel haben, doch die Vorwürfe werden später fallengelassen. Nebenbei steigt Pablo endgültig zum größten Drogenhändler der Zeit auf. Volles Gesicht, dicker Bauch, breiter Schnauzer - sein Äußeres bleibt über Jahre konstant. Besonders die gesteigerte Nachfrage nach Kokain in den USA und dem Aufkommen von Crack in den amerikanischen Vorstädten sorgen für hohe Gewinne. Die Rechnung ist simpel: Man verdreifache für den US-Markt den Kilo-Preis und strecke es auf 30 Prozent. Just zu diesem Zeitpunkt fängt der fußballerische Aufschwung in dem krisengeschüttelten Land an. Auch hier ist die Rechnung einfach. Doch zunächst ein Rückblick
Plata o plomo!
Pablo gehört zu jenen, die sich in einem armen Land glücklich schätzen können, wächst er doch eher mittelständisch auf. Geboren 1949 in der Nähe von Medellín raucht er seinen ersten Joint mit 13. Mit Anfang 20 fängt er an sich einen Namen zu machen. Schmuggel, Diebstahl, Entführung. Er hat Beziehungen und den richtigen Riecher. Nach dem Handel mit Marihuana merkt er schnell, dass die Zukunft im Kokain liegt. Innerhalb weniger Jahre baut er sich sein Imperium auf. Während der junge Andrés gegen Bälle schießt, schießt sich Pablo seinen Weg frei. Notfalls lässt er auch auf Partys das Recht des Schreckens walten. Laut Mark Bowden, Autor des Buchs „Killing Pablo", lässt er, um ein Exempel zu statuieren, einem Kellner, der sich am Silberbesteck bedient hat, kurzerhand vor allen Gästen festzurren, in den Pool werfen und dort liegen. Seine Botschaft an die Gäste: Es ergeht jedem so, der ihn bestiehlt. Hart gegenüber den Feinden, gönnerhaft zum Volk. Nach Bowden war Pablo kein besonders guter Geschäftsmann. Er war aber bei weitem der brutalste und skrupelloseste Gangster. Seine rechte Hand Jhon Jairo Velásquez Vásquez, genannt „Popeye" spricht von 4.500 Opfern des Medellin-Kartells, davon allein 250 durch Popeyes eigene Hand. Aber nur ein Psychopath zählt weiter, wie er in der Dokumentation „Two Escobars" im Gefängnis erzählt.
Die Geschichte von Pablo (Quelle: Discovery Channel)
Nachdem er hunderte von Menschen auf Müllhalden nach Essen und Habseligkeiten hat suchen sehen, gibt er den Bau eines Wohnviertels in Auftrag, wettert gegen Ungerechtigkeit, lässt Krankenhäuser, Schulen und Fußballplätze errichten. Das Flutlicht hält Einzug und ein Mann steht im Schein. Der Mann, der sich auch gerne als eine Art Robin Hood von der Öffentlichkeit sehen lässt, verfolgt dabei jedoch ganz andere Ziele: Pablo hat Angst! Zuhause in Kolumbien weiß Pablo, dass er sich nicht fürchten muss. Er hat alle oder genügend gegen den Rest in der Hand, um sich das Gefängnis zu ersparen. „Plata o plomo – Silber oder Blei" wird zum bewährten Mittel. Copyright Pablo. Wer sich nicht bestechen lässt, lässt sein Leben. Man ist für ihn oder gegen ihn. Die USA sind erwiesenermaßen gegen ihn und eine Ausweisung hätte die Gefängnis-Karte zur Folge. Die Crack-Welle erfasst ganz Amerika mit Folgen, die eine Antwort des US-Präsidenten Ronald Reagan unumgänglich machen. Crack-Süchtige rauchen nicht nur das Crack, sie brauchen Geld für die nächsten „Rocks". Das Wort „Beschaffungskriminalität" erhält eine neue Bedeutung und macht keinen Halt vor sozialen Grenzen. Das Problem heißt Kokain und Kokain ist Pablo. Während Ronald Reagan die Jagd auf Drogenhändler eröffnet, kauft Pablo sich in die Politik. So halten Fußballplätze und Flutlichter Einzug in die „barrios" (Stadtviertel, Slums) von Medellín. Pablo macht Politik und wird gewählt. Er schafft es bis in den Kongress, politische Immunität. Kurz darauf muss er das Amt aber aufgrund öffentlicher Drogenhandels-Vorwürfe niederlegen. Auf den Plätzen reift langsam die Zukunft des kolumbianischen Fußballs heran.
Die Weiße Ära beginnt
Zehn Jahre später: Andrés ist 22. Es ist der 31. Mai 1989, Endspiel der Copa Libertadores. Nachdem zwischen 1985 und 1987 der kolumbianische Konkurrent América de Cali dreimal in eben diesem gescheitert, hat es Andrés und sein Team bis ins Elfmeterschießen geschafft. Er trabt zum Elfmeterpunkt. Für seinen Vater vor dem Bildschirm ist er zu jung um als erster Schütze anzutreten. Nach Hin-und Rückspiel steht es 2:2 gegen Eine Woche zuvor hat man in Asunción, der Hauptstadt Paraguays, 2:0 verloren. An diesem Tag steht das Stadion aber in Bogotá und ist eine Wand aus frenetischem Grün und Weiß. Man schafft das 2:0, Elfmeterschießen. Andrés übernimmt den Auftakt und trifft. Doch das Drama fängt gerade erst an. Der exzentrische Torwart René Higuita, der vier Elfmeter hält und einmal selbst trifft, wird zum Held des Abends. Am Ende steht es 5:4 und Andrés feiert und gibt Interviews. Zur gleichen Zeit beklatscht ihn auf der Tribüne ein glühender Fußball-Fan namens Pablo. Kolumbien hat seinen Platz auf der Weltkarte des Fußballs.
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Aufrufe: 6889 | Kommentare: 5 | Bewertungen: 5 | Erstellt:20.01.2012
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KOMMENTARE
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02.02.2012 | 01:34 Uhr
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aber ich freu mich drauf, weil blogs von funkbarrio verpflichten
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Die Geschichte der Beiden ist auch nicht seit der amerikanischen Doku bekannt, da bereits zuvor genau zu der Thematik der Journalist Richard Sanders eine ähnliche, weniger amerikanisch-professionelle Doku gemacht hat (ganz zu schweigen von kolumbianischen). Die Verstrickung der Drogenbosse im kolumbianischen Fußball waren bereits Ende der 80er/Ende der 90er bekannt und auf die Geschichte der Namensvetter erhebe ich genauso wenig Anspruch, wie es die Doku erheben sollte. Auch da war die angesprochene Doku nicht die erste. Und Bücher sowie Artikel kommen noch hinzu...