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08.09.2008 um 14:30 Uhr
Paralympisch
Ich hab mir gestern ein wenig Paralympics angeschaut. Und dabei habe ich mich selbst ertappt, wie ich vor lauter Bewunderung über die Person und dessen Lebensmut die eigentliche sportliche Leistung gar nicht mehr zur Kenntnis genommen habe.

Da war zum Beispiel ein deutscher Tischtennissspieler (den Namen habe ich mir – und das ist eigentlich eine Schande – nicht gemerkt). Der spielte trotz schwerer Versteifungen der Armgelenke Tischtennis. Und ich dachte mir: "Krass! Da kann sich jemand wohl nur mit Ach und Krach die Schnürsenkel zubinden. Und welchen Sport sucht er sich aus? Ausgerechnet Tischtennis! Respekt!"

Und genau hierin liegt das Problem. Bei dem ganzen Respekt, den wir den behinderten Sportlern für ihren Sieg über sich selbst und ihre Behinderung entgegenbringen, verlieren wir den eigentlichen Sport aus den Augen. Dass der besagte Tischtennisspieler den Ball ziemlich gekonnt über das Netz manövrierte und dabei seinem Gegner nicht den Hauch einer Chance ließ, nimmt man zwar wohlwollend, aber doch eher beiläufig zur Kenntnis. Wir verharren in einer Art demütigen Distanz, aus der heraus wir den Athleten und seinen sportlichen Erfolg gar nicht recht in den Fokus nehmen.

Dabei wollen auch die Athleten der Paralympics zu aller Erst ihre sportliche Leistung gewürdigt wissen. Behinderte Sportler sind da nicht anders als normale Athleten. Sie wollen fair und sachkundig begutachtet werden, ohne übertriebene Hochachtung. Dazu gehört es dann selbstverständlich auch, dass man sie für Fehlleistungen kritisiert und in die Mangel nimmt. Von dieser Normalität sind wir aber nach wie vor weit entfernt.

Vielleicht also sind wir irgendwann soweit, dass wir uns Wettkämpfe bei den Paralympics vorrangig des Sports wegen anschauen und uns erst in zweiter Linie um das dahinter stehende Schicksal des Menschen kümmern, das man im Übrigen als Unbeteiligter eh nicht nachempfinden kann.

Ach übrigens, falls sich jemand jetzt fragt, wie ich es mir anmaßen kann, über die Befindlichkeiten Behinderter zu urteilen…. Ich selbst sitze auch im Rollstuhl, kenne also die Problematik dieses demütigen Respekts, der einem manchmal mehr zu schaffen macht als manch eine boshafte Diskriminierung. Ich habe mir daher auch das Recht herausgenommen, das Wort "normal" entgegen allen Regeln der political correctness bis auf den letzten Fall (da aber auch grammatischen Gründen) nicht in Anführungszeichen zu setzen. Denn ich weiß, dass diese unsägliche political correctness, aus der heraus man meint, jedes Wort mehrfach abwägen zu wissen, dem unverkrampften Umgang mit Behinderung im Sport und außerhalb nach wie vor im Wege steht.
Aufrufe: 1625 | Kommentare: 11 | Bewertungen: 6 | Erstellt:08.09.2008
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KOMMENTARE
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donluka
08.09.2008 | 16:00 Uhr
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donluka : 
08.09.2008 | 16:00 Uhr
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donluka : 
Dein Ansatz sollte wirklich mal zum Nachdenken anregen. Ich finde ihn auf jeden Fall sehr bemerkenswert. Tatsächlich verbirgt sich ja bei vielen Zuschauern neben der von Dir genannten "demütigen Distanz" auch eine gewisse Portion Sensationsgeilheit. Alles, was "anders" ist als ich, macht mir entweder Angst oder zieht mich an. Entweder sieht man verlegen weg oder fängt an, zu gaffen. Das ist fürchterlich und widerlich, aber leider Gottes doch verstärkt vorzufinden.
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EdHardy22
08.09.2008 | 16:29 Uhr
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EdHardy22 : 
08.09.2008 | 16:29 Uhr
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EdHardy22 : 
Ganz ehrlich, ich denke gerade ernsthaft daürber nach, mir das mal anzuschauen - nur um die sportlichen Leistungen zu sehen.
Hatte mich bisher davon distanziert, weil ich eben diese menschlichen Geschichten nicht mit meiner Auffassung von Sport in Einklang bringen konnte, aber stimmt, dann ignorier ich sie einfach. Das einfachste fällt einem manchmal nicht ein
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Voegi
MODERATOR
08.09.2008 | 16:56 Uhr
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Voegi : 
08.09.2008 | 16:56 Uhr
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Voegi : 
Eben! Man muss sich davon freimachen, das persönliche Schicksal und Leben des Einzelnen vorranging begutachten zu müssen. Das geht eben auch gar nicht. Das gilt für Behinderte im Besonderen, aber auch für andere Menschen. Denn wer weiß schon, was der Betreffende auf seinem Weg hat durchmachen müssen und welche Hindernisse er überwunden hat? Das kann man nicht, aber das braucht man auch nicht. Man sollte vielmehr gegenüber jedweder Leistung eine gewissen Respekt haben, weil man eben nie weiß, unter welchen Umständen die Leistung zu Stande gekommen ist.

So, nu reichts aber auch. Sonst verpflichtet mich die ARD noch für das nächste "Wort zum Sonntag". Und das muss ich nicht haben...
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Schnipo
09.09.2008 | 11:23 Uhr
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Schnipo : Hi
09.09.2008 | 11:23 Uhr
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Schnipo : Hi
geb dir in allen belangen recht und muss sagen das ich selbst eigentlich auch immer nur auf die Schicksale der Sportler geachtet habe. Werd ich ab jetzt ändern.

Mal ne Frage an dich die ich mir immer wenn ich Sportwettkämpfe von Behinderten sehe stelle. Ist bei Paralympics wirklich Chancengleichheit gegeben?

Also z.B. beim Rollstuhlbasketball is die sache klar da schon. Aber z.B. beim Sprinten. Da gibts welsch die "nur" ein bein verloren haben welche die beide Beine verloren haben, welche die ab der Hüfte ein Protese haben, welche die ab dem Knie ein haben. Kann man da trotzdem von einem Fairen Wettkampf sprechen oder hat da doch ehrer der die besten chancen der die kleinste beeinträchtigung hat?
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EdHardy22
09.09.2008 | 11:42 Uhr
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EdHardy22 : 
09.09.2008 | 11:42 Uhr
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EdHardy22 : 
Es ist ja erwiesen, dass manche Protesen besser als menschliche Beine im Sprint sind - also ist das schon ne sehr sehr gute Frage, aber deine Schlußfolgerung würde ich so nicht unbedingt unteschreiben. glaube nicht die kleinste Behinderung bringt Vorteile, sondern die Behinderung, die man am besten kompensieren kann.

PS: Erster Dopingfall, schade...
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Schnipo
09.09.2008 | 11:48 Uhr
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Schnipo : Hab ich dann
09.09.2008 | 11:48 Uhr
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Schnipo : Hab ich dann
falsch ausgedrückt. Also ist dann der am besten dessen Behinderung am besten zu kompensieren ist?


Doping: Schade aber das is halt mal so im Sport! Und wie wir gelernt haben ist ja das das wichtigste bei dieser Veranstalltung.
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Voegi
MODERATOR
09.09.2008 | 13:44 Uhr
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Voegi : @ Schnipo
09.09.2008 | 13:44 Uhr
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Voegi : @ Schnipo
Auch wenn ich selbst Rollstuhlfahrer bin, bin ich leider kein Experte in Sachen Paralympics. Ich sehe die Wettbewerbe, wie oben beschrieben, quasi als Nichtbehinderter. Dabei mache ich quasi genau den Fehler, über den ich mich selbst gerne aufrege.
Aber dennoch zur Sache: Ich denke, Du sprichst das große Dilemma des Behindertensports an, die Vergleichbarkeit der Leistungen. Das ist in der Tat problematisch, zumal man jetzt der Attraktivität halber die Zahl der sog. Schadensklassen reduziert. Manche Behinderungen kann man einfach nicht so recht ins Verhältnis setzen - dieses Problem wird wohl immer bleiben.
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EdHardy22
09.09.2008 | 13:52 Uhr
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EdHardy22 : 
09.09.2008 | 13:52 Uhr
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EdHardy22 : 
Aber um dem ganzen mal entgegenzuwirken, es gibt große Fußballer, kleine, dicke, dünne, intelligente, dumme... etc., nirgends sind die selben voraussetzungen. Ich für meinen Teil würde für großes Gelächter sorgen, wenn ich neben nem Footballspieler stehen würde oder neben Felix Sturm, ich kann unter Türen durchkriechen ;) Andererseits würde ein Marin Nackenstarre bekommen, wenn er mir in die Augen gucken müsste. Ihr versteht, was ich meine...
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Voegi
MODERATOR
09.09.2008 | 14:03 Uhr
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Voegi : @ EdHardy
09.09.2008 | 14:03 Uhr
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Voegi : @ EdHardy
Ist absolut richtig. Um es etwas pathetisch auszudrücken: Wir Menschen sind von Natur aus verschieden. Das gilt genauso auch für Behinderte. Ist eben nur die Fragen, wo genau die Grenzen liegen. Im Boxen kämpft ein Superschwergewichtler ja auch nicht gegen ein Fliegengewicht. Innerhalb einer Gewichtsklasse aber gibt es dann doch wieder naturbedingte Unterschiede... Alles wohl recht kompliziert.
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EdHardy22
09.09.2008 | 14:06 Uhr
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EdHardy22 : 
09.09.2008 | 14:06 Uhr
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EdHardy22 : 
Das interessanteste Beispiel gab es vor einem Jahr meine ich. Ich hoffe der Vorgang ist euch bekannt. Da gab es eine Frau, die hatte von Natur aus mehr Sauerstoff im Blut, was einen riesen Vorteil ergibt und auf Doping hinweist. Aber die ärztlichen Untersuchen belegen, dass sie demzufolge mit 7 Jahren hätte anfangen müssen zu dopen, da dies damals schon festgestellt wurde. Ich mein, das war mit 7. War übrigens ne deutsche...
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