24.01.2012 um 17:11 Uhr
Pechstein und der schwere Weg
Pechstein und der schwere Weg zurück
Von Henning Klefisch
Die Eisschnelllauf-Europameisterschaft war ein Weg zurück in die Normalität für Claudia Pechstein. Viel wurde in den letzten Jahren über die mittlerweile 39-jährige ehemalige Eisprinzessin geschrieben. Nur das Sportliche geriet immer mehr in den Hintergrund. Dopinggeschichten wegen Pechsteins Retikulozytens Wert, der mit 3,6 weit über den Grenzwert von 2,4 gelegen hatte füllten die Negativschlagzeilen über die einstige deutsche Vorzeigeathletin.
Es hat sich viel geändert in der von den Deutschen mitdominierten Sportart, dem Eisschnelllauf. Pechstein polterte gegen Kollegen wie Postma-Friesinger und Wolf und gegen das IOC und sogar Innenminister Thomas de Maizière. Die Blutanomalie war laut Pechstein der Grund für die unsauberen Werte. Ihre Gegner vermuteten leistungssteigerndes Doping und verurteilten sie scharf. Sogar Selbstmordgedanken hat die gebürtige Berlinerin gehabt.
Jetzt soll sich alles zum Besseren wenden. Die Silbermedaille bei den 1.500 Metern bei der Europameisterschaft war ein erster Anfang in ein neues Leben. Nur die überragende Starterin Martina Sablikova konnte Pechstein letztlich übertrumpfen. Leider war die tolle Leistung von Pechstein einmal mehr ein Randthema in Ungarns Metropole, denn diesmal ging es mal wieder um das Thema Doping und Pechstein. Eine Symbiose, die in den letzten Jahren und Monaten die Medien mit immer wieder neuen interessanten Geschichten geradezu gefüllt hat. Kernpunkt des Problems ist, dass Jan Dijkema in der niederländischen Zeitung „De Telegraaf" vehement bestreitet, dass er die gegen Pechstein verhängte Sperre bedauert und sich bei ihr entschuldigt hat.
Auf der eigenen Homepage bezichtigt Pechstein das Dijkema einen „schwachen Charakter" habe, da der sich an seine gegenüber ihr und ihrem Freund geäußerten Aussagen nicht erinnern will oder kann. Auch für ISU-Funktionäre ist dieses Thema extrem heikel. Jeder hat seinen Anteil an dieser Schlammschlacht. Das Wort „Vorurteil" ist vielleicht das entscheidende in diesem von Lügen und Missverständnissen aufgebauten Fall.
Und da diese Geschichte scheinbar endlos erscheint, gibt es mit dem erneuten Verbalangriff von Pechstein auf Innenminister de Maiziere den nächsten Aufreger, der die Boulevardjournalisten zum Strahlen und Schreiben bringt. In der „Bunten" wird die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin zitiert: „Er wollte, dass ich abtrainiere und meine Karriere beende, aber er hat mir nicht einmal ein Gespräch gewährt."
Vor allem der fehlende gezeigte Respekt vom Innenminister trifft sie persönlich sehr: „So geht man mit einer Frau, die zweimal bei Olympia die deutsche Fahne getragen hat, nicht um," beklagt sie sich. Auch unter Nachfolger Hans-Peter Friedrich ist sie noch nicht in der Sportfördergruppe angelangt, in der sie vor den Dopingvorwürfen war.
Jetzt geht all die Konzentration auf den Gewinn ihrer zehnten Olympia-Medaille bei den Winterspielen in Sotschi. Selbst ein Olympiastart vier Jahre später ist im Bereich des Möglichen. Pechstein macht Hoffnung: „Vielleicht trete ich ja dann 2018 noch mal bei Olympia an." Die dann vollendeten 46 Jahre stören sie nicht: „Auch ich weiß, dass ich die Uhr nicht anhalten kann. Aber solange ich noch schneller übers Eis flitze als die meisten Jüngeren ist doch alles schick."
Es fällt auf, dass sie nach ihrer zweijährigen Dopingsperre wegen erhöhter Blutwerte stärker zurückgekommen ist, als je zuvor. Vielleicht nicht sportlich, trotz EM-Silbers über 1.500 Metern in Budapest, aber vor allem mental. Sie hat einen neuen Kampfgeist entwickelt, der versucht den Hass in positive Energie umzuwandeln: „Ich denke an die Funktionäre, die mir die Sperre aufgebrummt haben – und diese Aggression, die ich dann empfinde, versuche ich aufs Eis zu bringen," so eine aufgeräumt wirkende Pechstein. „Diese Leute haben mein Leben zerstört, denen will ich es zeigen. Wenn ich Leistung bringe, tut das denen am meisten weh."
Es scheint, als ob Pechstein immer noch Rachegedanken verspürt. Vielleicht sollte sie nicht zu sehr an andere denken, sondern vielmehr versuchen, sich auf ihre sportliche Leistung zu konzentrieren. Denn eins muss sie wissen. Nichts trifft auch einen Funktionär mehr als Nichtbeachtung.
Von Henning Klefisch
Die Eisschnelllauf-Europameisterschaft war ein Weg zurück in die Normalität für Claudia Pechstein. Viel wurde in den letzten Jahren über die mittlerweile 39-jährige ehemalige Eisprinzessin geschrieben. Nur das Sportliche geriet immer mehr in den Hintergrund. Dopinggeschichten wegen Pechsteins Retikulozytens Wert, der mit 3,6 weit über den Grenzwert von 2,4 gelegen hatte füllten die Negativschlagzeilen über die einstige deutsche Vorzeigeathletin.
Es hat sich viel geändert in der von den Deutschen mitdominierten Sportart, dem Eisschnelllauf. Pechstein polterte gegen Kollegen wie Postma-Friesinger und Wolf und gegen das IOC und sogar Innenminister Thomas de Maizière. Die Blutanomalie war laut Pechstein der Grund für die unsauberen Werte. Ihre Gegner vermuteten leistungssteigerndes Doping und verurteilten sie scharf. Sogar Selbstmordgedanken hat die gebürtige Berlinerin gehabt.
Jetzt soll sich alles zum Besseren wenden. Die Silbermedaille bei den 1.500 Metern bei der Europameisterschaft war ein erster Anfang in ein neues Leben. Nur die überragende Starterin Martina Sablikova konnte Pechstein letztlich übertrumpfen. Leider war die tolle Leistung von Pechstein einmal mehr ein Randthema in Ungarns Metropole, denn diesmal ging es mal wieder um das Thema Doping und Pechstein. Eine Symbiose, die in den letzten Jahren und Monaten die Medien mit immer wieder neuen interessanten Geschichten geradezu gefüllt hat. Kernpunkt des Problems ist, dass Jan Dijkema in der niederländischen Zeitung „De Telegraaf" vehement bestreitet, dass er die gegen Pechstein verhängte Sperre bedauert und sich bei ihr entschuldigt hat.
Auf der eigenen Homepage bezichtigt Pechstein das Dijkema einen „schwachen Charakter" habe, da der sich an seine gegenüber ihr und ihrem Freund geäußerten Aussagen nicht erinnern will oder kann. Auch für ISU-Funktionäre ist dieses Thema extrem heikel. Jeder hat seinen Anteil an dieser Schlammschlacht. Das Wort „Vorurteil" ist vielleicht das entscheidende in diesem von Lügen und Missverständnissen aufgebauten Fall.
Und da diese Geschichte scheinbar endlos erscheint, gibt es mit dem erneuten Verbalangriff von Pechstein auf Innenminister de Maiziere den nächsten Aufreger, der die Boulevardjournalisten zum Strahlen und Schreiben bringt. In der „Bunten" wird die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin zitiert: „Er wollte, dass ich abtrainiere und meine Karriere beende, aber er hat mir nicht einmal ein Gespräch gewährt."
Vor allem der fehlende gezeigte Respekt vom Innenminister trifft sie persönlich sehr: „So geht man mit einer Frau, die zweimal bei Olympia die deutsche Fahne getragen hat, nicht um," beklagt sie sich. Auch unter Nachfolger Hans-Peter Friedrich ist sie noch nicht in der Sportfördergruppe angelangt, in der sie vor den Dopingvorwürfen war.
Jetzt geht all die Konzentration auf den Gewinn ihrer zehnten Olympia-Medaille bei den Winterspielen in Sotschi. Selbst ein Olympiastart vier Jahre später ist im Bereich des Möglichen. Pechstein macht Hoffnung: „Vielleicht trete ich ja dann 2018 noch mal bei Olympia an." Die dann vollendeten 46 Jahre stören sie nicht: „Auch ich weiß, dass ich die Uhr nicht anhalten kann. Aber solange ich noch schneller übers Eis flitze als die meisten Jüngeren ist doch alles schick."
Es fällt auf, dass sie nach ihrer zweijährigen Dopingsperre wegen erhöhter Blutwerte stärker zurückgekommen ist, als je zuvor. Vielleicht nicht sportlich, trotz EM-Silbers über 1.500 Metern in Budapest, aber vor allem mental. Sie hat einen neuen Kampfgeist entwickelt, der versucht den Hass in positive Energie umzuwandeln: „Ich denke an die Funktionäre, die mir die Sperre aufgebrummt haben – und diese Aggression, die ich dann empfinde, versuche ich aufs Eis zu bringen," so eine aufgeräumt wirkende Pechstein. „Diese Leute haben mein Leben zerstört, denen will ich es zeigen. Wenn ich Leistung bringe, tut das denen am meisten weh."
Es scheint, als ob Pechstein immer noch Rachegedanken verspürt. Vielleicht sollte sie nicht zu sehr an andere denken, sondern vielmehr versuchen, sich auf ihre sportliche Leistung zu konzentrieren. Denn eins muss sie wissen. Nichts trifft auch einen Funktionär mehr als Nichtbeachtung.
Aufrufe: 797 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 1 | Erstellt:24.01.2012
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