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31.12.2011 um 19:17 Uhr
Portträt der Klitschkos - Teil1
Stars im Rampenlicht

Von Henning Klefisch


Die Spitznamen der beiden Schwergewichtsboxer Vitali und Wladimir Klitschko
sagen schon vieles über die beiden Brüder aus.
Der ältere Vitali, 40 Jahre alt, trägt den furchteinflössenden Spitznamen „Dr.Eisenfaust".
Der jüngere Wladimir, 36 Jahre alt, hat sich den Kampfnamen „Dr. Steelhammer" zugelegt.
Bildung und Boxen sind zwei elementare Bereiche in dem Leben, der in der
Ukraine geborenen und in Hamburg lebenden Schwergewichtsweltmeister, die
sämtliche Titel aller Klasse vereinen.
Zuletzt fielen die beiden besten Boxer im Schwergewicht häufig mit
unterschiedlichen Verletzungen oder Erkrankungen aus. Die Misere an Verhinderungen wurde schon fast ein wenig unheimlich. Spekuliert wurde viel bei Medien und Fans.

Heute wird gerätselt, ob die körperlichen Beschwerden nicht auch mentaler Natur sein könnten. Auch der wenig spektakuläre Stil der Boxbrüder wird von einigen Fachleuten
stark kritisiert. Wer zur Spitze gehört, hat viele Bewunderer, ebenso viele Kritiker.
Die Charakterstärke und das Selbstbewusstsein stammen aus einem intakten familiären Umfelds. Doch hinter den scheinbar unbezwingbaren Riesen verbirgt sich ein weicher Kern, wenn man das Leben abseits des Boxrings betrachtet.


Vitali Klitschko, der derzeit zweimaliger Weltmeister nach Version des WBC ist, wurde am 19. Juli 1971 in Belowodskoje geboren.
Seinen Doktortitel trägt er nicht nur spazieren. Auch in der Bildung erwies er sich wie im Ring durchsetzungsstark und extrem ehrgeizig. Sein Sportstudium schloss er an der Pädagogischen Universität „Hryhorij Skoworoda" in Perejaslaw-Chmelnyzkyj (Ukraine) sogar mit Auszeichnung ab. Da ihm das Lernen soviel Spaß machte, erfolgte 2000 seine Promotion in Sportwissenschaft, die er in dem Thema „Sportbegabung und Talentförderung" ablegte.
Für Vitali war es stets wichtig, nicht nur auf sein boxerisches Talent zu
setzen. Auch ein zweites Standbein war ihm zukunftsdenkend, denn aus unzähligen engen Kämpfen und vor allem durch seine ständigen Verletzungsprobleme weiß der 2,00 Meter-Mann, dass die Karriere schnell vorbei sein kann.

Bis heute unvergessen sind seine empfindlichen Niederlagen gegen Chris Byrd am 1. April 2000, der kurzfristig als Ersatz für den erkrankten Donovan Ruddock verpflichtet wurde.
Schon bei der ersten Niederlage auf großer Bühne zeigte sich, dass sein Körper mit seinen unglaublichen boxerischen und auch mentalen Fähigkeiten nicht mithalten kann. Ein Sehnenriss in der linken Schulter zwang ihn in der 9. Runde zur Aufgabe.
Der bis dato größte Kampf in der damals noch jungen Boxkarriere des älteren
Klitschkos erlebte er im Juni 2003. Auch diesmal verhinderte eine Verletzung den scheinbar sicheren Sieg des Ukrainers. Wegen mehrerer stark blutender Platzwunden im Augenbereich wurde der Kampf gegen WBC-Weltmeister Lennox Lewis vorzeitig abgebrochen.

Enttäuschend für Klitschko, da er auf allen drei Zetteln der Punktrichter vier der sechs Runden gewonnen hatte. Der technische K.o. sorgte für einen jähen Abbruch des wohl besten Schwergewichtsfight des 21. Jahrhunderts. Es war auch der einzige, in dem kein US-Amerikaner im Ring stand. Das Tragische für Vitali Klitschko war, dass es zu keinem Rückkampf dieses spektakulären Duells gekommen war.

Im Jahr 2005 musste Klitschko eine längere Verletzungspause einlegen. Schuld an dieser Misere waren eine Reihe von Verletzungen wie Muskelfaserriss, Meniskusriss im rechten Knie und zusätzlich noch ein Riss des rechten Kreuzbandes, die ihn zu einer Zwangspause bis 2008 pausieren liessen.
In dieser Zeit liegt auch eine Rücktrittsankündigung vom 9. November 2005, die er aber auf Anraten seiner Familie und seines Trainers Fritz Sdunek zurückzog.

Am 11. Oktober gab er gegen den Nigerianer Samuel Peter sein spektakuläres
Comeback im Ring, welches er durch Aufgabe des Kontrahenten in der 8. Runde für sich entscheiden konnte.
Seither haben sich einige „angeblichen Herausforderer" um den WBC-Titel bemüht.
Eine echte Chance gab es gegen den heute 40-jährigen nicht.
Viermal konnte er durch technischen K.o. gewinnen, bei einem richtigen K.o. und zwei Punktsiegen. Richtig gefährlich wurde dem immer noch Top austrainierten
Boxer keiner so wirklich. Grund dafür sind für den schlagstarken Linksausleger
sein linker Jab und seine variantenreichen Gerade-, Kopf- und Aufwärtshaken, die er von unten schlägt.
Mit der rechten Hand werden von ihm häufig Crossschläge platziert, die er von seiner Schulterhöhe nach unten, aber auch als einfache Gerade- oder Seitwärtshaken schlägt. Seine körperliche Überlegenheit ist eine weitere große Stärke, da er meistens ohne Deckung steht und versucht mit gezielten Schlagtechniken seine Gegner zu zermürben.

Seinen nächsten großen Kampf hat Vitali gegen einen Gegner, der sich eigentlich mit seinem Bruder messen wollte. Dereck Chisora kommt am 18. Februar in die Münchner Olympiahalle zu einem Kampf um den WBC-Titel. Dabei ist der aus London stammende Chisora, nur die Einstimmung auf Haye, der gewisse Parallelen zu seinem Landsmann aufweist.

Denn die Unterschiede könnten größer kaum sein.

Klitschko gilt als Gentleman, ist nebenberuflich Politiker und stets im feinen Sakko und Hemd, um Freundlichkeit und Contenance bemüht.

Chisora ist das genaue Gegenteil. Der „Del Boy" kommt im Tim-und-Struppi-Shirt zum ersten Fototermin, zieht seine Baseballkappe schräg auf den Kopf und kaut gelangweilt Kaugummi. Die Provokation scheint bei einigen Boxern in London Hochkonjunktur zu besitzen.

Der Pressetermin zeigt sichtbar zwei Kontrahenten, die sich nicht ausstehen
können.
Klitschko hält dem Herausforderer den Weltmeistergürtel unter die Nase und
kontert mit einem Lächeln. „Ich werde dich mit meiner rechten Schlaghand ausknocken."
Ernst nimmt der „ewige Champ" den „jungen, wilden und hungrigen" Engländer durchaus, „Die Chancen stehen 50:50", so Klitschko.

Aufrufe: 4236 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 0 | Erstellt:31.12.2011
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