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01.05.2008 um 00:06 Uhr
Porzellankiste kaputt
Halbfinals in der Champions League, das sind Fußball-Festtage. Ein höheres Niveau bekommt man nirgends geboten, auch nicht bei Welt- und Europameisterschaften. Denn heutzutage sind die besten Klubs mit Nationalspielern aus aller Welt gespickt. Und sie haben den Länderteams eins voraus: Ihre Mannschaften sind eingespielt. Hier sind meine Eindrücke von den Rückspielen vom Dienstag und Mittwoch.

MANCHESTER UNITED – FC BARCELONA

Tja, da hätte ich mir mehr erwartet. Viel mehr. Zwei der offensivfreudigsten und –stärksten Mannschaften Europas im direkten Duell. Nie hätte ich geglaubt, dass in 180 Minuten nur ein einziges Tor fällt. Ich hoffte auf ein Halbfinale, dass an die Duelle Chelsea – Barcelona 2005 anknüpft oder an das Viertelfinal-Rückspiel zwischen Liverpool und Arsenal. Nix war's.

Der Schuldige daran heißt Sir Alex Ferguson. Nicht dass ich es ihm übel nehmen könnte, schließlich hat er Erfolg gehabt. Ich vermute, die Halbfinalpleite aus dem Vorjahr gegen den AC Mailand hat ihm zu denken gegeben. Und die Überlegungen müssen ungefähr so ausgesehen haben: "Noch einmal laufe ich nicht ins offene Messer." Und: "Schließlich haben wir die beste Abwehr der Premier League." In der Tat sind 21 Gegentore in 36 Spielen extrem wenig.

Und so ging er mit defensiver Grundausrichtung in das Hinspiel in Barcelona, immer darauf vertrauend, dass seine Mannschaft die konterstärkste Englands ist. Nach dem 0:0 gestand Ferguson, es sei das schlechteste Saisonspiel seiner Mannschaft gewesen, offensiv. Von der Konterstärke war jedenfalls kaum etwas zu sehen gewesen. Aber er erkannte auch, dass Barcelona mit gefühlten 75% Ballbesitz keine Lücken in seiner Abwehr fand.

Konsequenterweise gab es also das Gleiche im Rückspiel noch einmal, nachdem Paul Scholes mit der ersten nennenswerten Offensivaktion der Gastgeber per Weitschuss getroffen hatte. Diesmal spielte Man United zwar effektiver nach vorne, aber aus der Liga kennt man das dann doch um Lichtjahre besser. Ferguson hatte Scholes den ballsicheren Carrick im zentralen Mittelfeld zur Seite gestellt, mit Erfolg. Denn die Ballverluste waren diesmal nicht ganz so häufig.

Unverändert blieb eins: Barca fand keine Lücken. Weil Manchester tief am eigenen Strafraum stand und keine Räume hinter der Abwehr bot. Und weil sie wussten, wie Barcelona attackiert und genau das verhinderten. Zum Beispiel Messis Standardspielzug. Der sieht etwa so aus: Messi bekommt den Ball auf dem rechten Flügel, steuert die rechte Strafraumkante an, spielt flach an den 16-Meter-Raum, wo meistens Eto'o wartet. Der spielt direkt den Doppelpaß in den Strafraum, zurück zu Messi, der rechts Richtung Fünfmeterraum läuft. Von dort schießt Messi aufs Tor oder passt zurück in den Rücken der nun panischen Verteidigung, wo ein Mitspieler meistens freisteht. Tausendmal gesehen. Nur nicht im Champions League-Halbfinale.

Man United empfing Messi am rechten Strafraumeck mit zwei Mann, stellte den Passweg in die Mitte zu und drängte ihn immer weiter in die Mitte ab, wo ihm die Anspielstationen ausgingen. Ein einziges Mal kam der erste Pass zu Eto'o an, doch Ferdinand hatte aufgepasst, wusste, was als nächstes kommt und fing den Pass in den Rücken der Abwehr ab. Gute Arbeit und offensichtlich das Resultat intensiver Vorbereitung.

Fergusons Rechnung ging also auf, Barcelona kreierte kaum Gefahr vor dem Tor von Van Der Sar und Manchester siegte ziemlich souverän, auch wenn das Ergebnis nur 1:0 lautete. Trotzdem: Fußballerisch wäre mehr drin gewesen bei den Gastgebern. So bleibt nur festzuhalten: Gratulation zum verdienten Sieg, United. Aber ihr könnt doch eigentlich viel mehr.


FC CHELSEA – FC LIVERPOOL

Und so war dann doch die auf dem Papier weniger attraktivere Paarung interessanter anzuschauen. Enttäuscht war ich allerdings von Rafa Benitez. Er ist und bleibt ein Trainer, bei dem die Vorsicht immer im Vordergrund steht. Sein zweiter Vorname lautet vermutlich Porzellankiste. Dabei hatte er im Viertelfinale gegen Arsenal mit der Nominierung von Crouch als zweitem Stürmer neben Torres ein Zeichen gesetzt. Und Liverpool brauchte doch auch in Chelsea Tore. Warum also nicht wieder ein zweiter Stürmer? Stattdessen gab es 4-2-3-1, die Liverpooler Standardformation dieser Saison.

Chelseas Führung zur Pause ging okay, wie ich fand. Viel Ballbesitz und Spielkontrolle von den Gastgebern und auch klar mehr und bessere Chancen. Liverpool ließ sich oft hinten reindrängen und bei Ballgewinn waren die Wege sehr weit für die Mittelfeldspieler. Torres vorne war ziemlich isoliert und deshalb wirkungslos.

Das Tor würde ich Reina ankreiden. Der Nachschuss von Drogba ins kurze Eck, da muss der Torwart stehen. Es war ein ähnliches Muster wie im Rückspiel gegen Arsenal beim Gegentor zum 0:1. Auch da musste Reina erst im rechten Eck einen Ball abwehren und dann rüber kommen um die linke Ecke abzudecken. Beide Male verschätzte er sich, stand zu weit vom Pfosten weg und wurde bestraft. Ich finde ohnehin, dass sich der gute Pepe in dieser Saison ziemlich viele Fehler geleistet hat.

Aber nach der Pause verfiel Chelsea wieder in alte Mourinho-Denkmuster. Das Motto war offenbar: Wir haben getroffen, jetzt sollen die anderen machen. Die Einladung nahm Liverpool dankend an. Der Ausgleich war die logische Folge. Die Wahrheit ist aber auch: Die Duelle zwischen den englischen Spitzenteams sind so eng, dass keiner erwarten kann, ein solches Spiel über 90 Minuten zu dominieren. Interessant fand ich, dass Chelsea dann zum Ende der regulären Spielzeit noch versuchte, das Siegtor zu erzielen, während Liverpool bei eigenem Ballbesitz nur die Zeit herunterspielte. Sie sind eben doch Rafas Schüler. Lieber erst Mal auf Nummer Sicher.

Und in der Verlängerung kippte das Spiel dann wieder. Zwei Entscheidungen von Schiedsrichter Rosetti waren diskutabel. Das nicht gegebene Tor von Essien und die Elfmetersituation von Hyypiä. Gut, dass je eine gegen jedes Team ging. Aber Benitez darf sich auf ein paar ungemütliche Wochen einrichten. Nimmt er doch beim Elfmeter zum 2:1 Torres vom Feld, seinen mit Abstand gefährlichsten Torschützen. Wenn Torres nicht verletzt war, dann wird die englische Presse Rafa genüsslich über dem Feuer rösten, schön langsam. Das sind Entscheidungen, die den Ruf eines Trainers ruinieren können.

Insgesamt ein gutes Spiel, trotz des schlechten Wetters. Und nun stehen also die beiden besten Mannschaften aus der besten Liga der Welt im Finale. Ganz ehrlich: Niemand aus Spanien, Italien, Frankreich oder gar Deutschland hätte es verdient gehabt. Die englischen Teams haben den Wettbewerb dominiert. Und ich bin skeptisch, ob das jemand in der nächsten Saison ändern wird. Da gebe ich nur ganz wenigen Klubs eine Chance und keiner davon heißt Bayern mit Vornamen.


Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 2926 | Kommentare: 11 | Bewertungen: 4 | Erstellt:01.05.2008
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KOMMENTARE
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Airoetzel
02.05.2008 | 14:05 Uhr
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Airoetzel : 
02.05.2008 | 14:05 Uhr
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Airoetzel : 
Bayern und eine überraschung schaffen??Wohl kaum!
Ich denke man darf nicht vergessen das die Leute die das Spiel bei Bayern machen, also im Großen und Ganzen Ribery und Toni noch nicht ein einziges Spiel in der Königsklasse gespielt haben und das man bei einer direkten Gegenüberstellung mit den Topteams der cl klar defiziete festellen muss.
Ein Lucio ist ein Vidic, ein Ribery kein Ronaldo und ein Lell noch lange kein Evra....
diesen Vergleich kann man noch mit X anderen Teams durchführen.
Zum anderen denke ich das der Klinsmann-Faktor um längen überschätzt wird!Die eigentliche Trainingsarbeit hat Jogi Löw übernommen, Klinsmann hat als Reformer und Motivator einen unglaublichen Job gemacht, allerdings ist in München ein TRAINER gefragt.
Was mögliche Vertsärkungen angeht denke ich könnten sie zu einer,in der Liga, wohl noch größeren Dominanz führen, ob die Bayern Verantwortlichen jedoch erstens nochmal soviel Glück mit ihren Transfers haben und zweitens eine so große Summe an Geld in die Hand nehmen um in der CL wirklich eine Rolle spielen zu können ist fraglich.
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