13.06.2008 um 00:08 Uhr
Schlimmer geht es immer
Tja, ich bin schon ein wenig überrascht. Nicht weil die deutsche Nationalelf gegen Kroatien verloren hat. Das musste man nach den starken Leistungen der Kroaten in der Qualifikation durchaus einkalkulieren. Nein, was mich wirklich eiskalt erwischt hat, war die Leistung der Mannschaft. Ich hätte nicht gedacht, dass die deutsche Elf so schlecht spielen kann.
Denn beim 1:2 gegen Kroatien war überhaupt nichts von dem zu sehen, was das Team von Joachim Löw in den letzten Jahren so stark gemacht hatte. Kombinationssicherheit, schnelles Direktspiel, taktische Disziplin, alles wie weggeblasen. Immerhin wird die Aufarbeitung der Pleite leicht. Die Antwort auf die Frage: "Was müssen wir besser machen?" lautet nämlich: "Eigentlich alles!"
Das schematische Angriffspiel der Deutschen, immer über die Flügel, immer die hohe Flanke in den Strafraum, fast nie ein gefährlicher Abschluss erinnerte gar an die schlechten alten Zeiten vor Klinsmann. Denn über die Flügel zu kommen ist nur dann gut, wenn man auch noch etwas anderes kann. Bleibt man ideenlos und deshalb berechenbar (so wie zum Beispiel auch die Franzosen gegen Rumänien), dann ist es für eine gut sortierte Abwehr ein leichtes, die ganzen Flanken per Kopf aus der Gefahrenzone zu befördern.
Was gar nicht stattfand war irgendein Angriffsspiel durch die Mitte. Der eingewechselte Kuranyi versuchte es einmal, kurz vor Schluss mit einem Pass in die Tiefe, aber der Ball war natürlich schlecht gespielt. Ansonsten Fehlanzeige.
Denn das Mittelfeld regierten die Kroaten. Dem deutschen 4-4-2 hatte Trainer Slaven Bilic sein Standardsystem 4-5-1 (oder 4-1-4-1, kommt auf dasselbe heraus) entgegengesetzt. Das bedeutete, Kroatien hatte drei Spieler in der Zentrale, Deutschland nur zwei. Frings und Ballack waren prompt offensiv und defensiv überfordert. Die Räume vor der deutschen Viererkette machten sie nur unzureichend dicht und in der Offensive fand 20 Meter vor dem kroatischen Tor nichts statt. Es war wie beim Hasen und beim Igel. Egal, wo Frings und Ballack auftauchten, die Kroaten waren schon da.
Nun war die taktische Marschroute der Kroaten keineswegs revolutionär. 4-5-1 ist ein weit verbreitetes System, das Mannschaften, die auf 4-4-2 setzen nicht zum ersten Mal Probleme bereitet hat. Aber es kann auch seine Nachteile haben. Nur ein Stürmer führt nämlich auch leicht zu statischem Angriffsspiel. Es ist wie immer mit den Systemen. Keines ist immer richtig, jedes hat Vor- und Nachteile. Nur spielten die Kroaten ihres eben besser als die Deutschen.
Die Fähigkeit, sich aus bedrängten Situationen mit einer Serie von kurzen, schnellen Pässen zu befreien, ist Deutschland in diesem Spiel ebenfalls total abhanden gekommen. Dabei war gerade das eine der großen Stärken der Deutschen geworden. Aber die Kroaten schafften es, die deutschen Passwege konsequent zu verstellen und dem Spieler in Ballbesitz nur den Rückpass anzubieten.
Und da kommt dann die goldene Regel des Passspiels zum Tragen. Klar ist es wichtig, dass der Ball präzise abgespielt wird. Viel wichtiger ist aber, dass die Mitspieler dem Ballführenden möglichst viele Optionen zum Abspielen geben. Nur dann läuft der Ball. Und davon war nichts zu sehen. Genau da kommt die berühmte Laufbereitschaft ins Spiel.
Bedenklich ist natürlich, dass unser Team ausgerechnet gegen den stärksten Gruppengegner eine derart schwache Leistung geboten hat. Die Chancen, nun schon im Viertelfinale gegen Portugal spielen zu müssen (vorausgesetzt es reicht überhaupt für das Viertelfinale), sind jedenfalls stark gestiegen. Andererseits könnte man sagen, viel schlechter hätte man kaum spielen können, und trotzdem setzte es gegen einen starken Gegner (dem man ja schon vor dem Turnier durchaus eine Außenseiterchance auf den Titel zugestehen musste) "nur" ein 1:2. Es hätte (noch) schlimmer kommen können.
Bis bald,
Andreas
Denn beim 1:2 gegen Kroatien war überhaupt nichts von dem zu sehen, was das Team von Joachim Löw in den letzten Jahren so stark gemacht hatte. Kombinationssicherheit, schnelles Direktspiel, taktische Disziplin, alles wie weggeblasen. Immerhin wird die Aufarbeitung der Pleite leicht. Die Antwort auf die Frage: "Was müssen wir besser machen?" lautet nämlich: "Eigentlich alles!"
Das schematische Angriffspiel der Deutschen, immer über die Flügel, immer die hohe Flanke in den Strafraum, fast nie ein gefährlicher Abschluss erinnerte gar an die schlechten alten Zeiten vor Klinsmann. Denn über die Flügel zu kommen ist nur dann gut, wenn man auch noch etwas anderes kann. Bleibt man ideenlos und deshalb berechenbar (so wie zum Beispiel auch die Franzosen gegen Rumänien), dann ist es für eine gut sortierte Abwehr ein leichtes, die ganzen Flanken per Kopf aus der Gefahrenzone zu befördern.
Was gar nicht stattfand war irgendein Angriffsspiel durch die Mitte. Der eingewechselte Kuranyi versuchte es einmal, kurz vor Schluss mit einem Pass in die Tiefe, aber der Ball war natürlich schlecht gespielt. Ansonsten Fehlanzeige.
Denn das Mittelfeld regierten die Kroaten. Dem deutschen 4-4-2 hatte Trainer Slaven Bilic sein Standardsystem 4-5-1 (oder 4-1-4-1, kommt auf dasselbe heraus) entgegengesetzt. Das bedeutete, Kroatien hatte drei Spieler in der Zentrale, Deutschland nur zwei. Frings und Ballack waren prompt offensiv und defensiv überfordert. Die Räume vor der deutschen Viererkette machten sie nur unzureichend dicht und in der Offensive fand 20 Meter vor dem kroatischen Tor nichts statt. Es war wie beim Hasen und beim Igel. Egal, wo Frings und Ballack auftauchten, die Kroaten waren schon da.
Nun war die taktische Marschroute der Kroaten keineswegs revolutionär. 4-5-1 ist ein weit verbreitetes System, das Mannschaften, die auf 4-4-2 setzen nicht zum ersten Mal Probleme bereitet hat. Aber es kann auch seine Nachteile haben. Nur ein Stürmer führt nämlich auch leicht zu statischem Angriffsspiel. Es ist wie immer mit den Systemen. Keines ist immer richtig, jedes hat Vor- und Nachteile. Nur spielten die Kroaten ihres eben besser als die Deutschen.
Die Fähigkeit, sich aus bedrängten Situationen mit einer Serie von kurzen, schnellen Pässen zu befreien, ist Deutschland in diesem Spiel ebenfalls total abhanden gekommen. Dabei war gerade das eine der großen Stärken der Deutschen geworden. Aber die Kroaten schafften es, die deutschen Passwege konsequent zu verstellen und dem Spieler in Ballbesitz nur den Rückpass anzubieten.
Und da kommt dann die goldene Regel des Passspiels zum Tragen. Klar ist es wichtig, dass der Ball präzise abgespielt wird. Viel wichtiger ist aber, dass die Mitspieler dem Ballführenden möglichst viele Optionen zum Abspielen geben. Nur dann läuft der Ball. Und davon war nichts zu sehen. Genau da kommt die berühmte Laufbereitschaft ins Spiel.
Bedenklich ist natürlich, dass unser Team ausgerechnet gegen den stärksten Gruppengegner eine derart schwache Leistung geboten hat. Die Chancen, nun schon im Viertelfinale gegen Portugal spielen zu müssen (vorausgesetzt es reicht überhaupt für das Viertelfinale), sind jedenfalls stark gestiegen. Andererseits könnte man sagen, viel schlechter hätte man kaum spielen können, und trotzdem setzte es gegen einen starken Gegner (dem man ja schon vor dem Turnier durchaus eine Außenseiterchance auf den Titel zugestehen musste) "nur" ein 1:2. Es hätte (noch) schlimmer kommen können.
Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 3321 | Kommentare: 15 | Bewertungen: 6 | Erstellt:13.06.2008
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KOMMENTARE
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13.06.2008 | 12:59 Uhr
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chieff : Die Einstellung stimmt nicht
Ich gehe davon aus, dass sich die DFB Elf zu sicher war und die Kroaten total unterschätzt hat. Wir sind bei der EM, da ist jedes Team hochmotiviert, jeder Zweikampf, jeder Ballkontakt, alles zählt. Den Kroaten hat man den Willen und die Leidenschaft angesehen, diese hat bei uns total gefehlt. Es war ein fast schon arrogantes Auftreten, dass zurecht bestraft wurde. Die Kroaten sind jedem Ball hinterhergelaufen und haben einfach alles gegeben und somit vollkommen verdient gewonnen. Ich denke, dass es bei uns nur an der Einstellung liegt. Das Spiel gegen Österreich wird dann sehr interessant und spannend sein, denn ich unterschätze sie nicht.
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13.06.2008 | 23:04 Uhr
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Und vom rein spielerischen her sollte man ja meinen, das wir den ösis überlegen sein sollten.Aber abwarten.....die werden rennen ohne ende.Aber jetzt alles schlecht zu machen was klinsmann/löw in den letzten jahren aufgebaut haben ist schwachsinn.Was sollen denn die italiener sagen die haben erst einen punkt und brauchen schützenhilfe, wir können es aus eigener kraft schaffen..........also ball flach halten....
gruß an alle
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14.06.2008 | 14:07 Uhr
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DerDugen : Andreas Renner
Du wirst schon zugeben müssen, dass eine bewertung in diesen Situationen etwas problematisch ist. Eine gut gestaffelte Defensive ist sicherlich auch nicht einfach zu organisieren, aber es ist doch immer leichter, zu reagieren als gegen eine solche Defensivtaktik zu agieren. Das muss bei aller (berechtigten) Kritik m.E. berücksichtigt werden - ich bin aber im Übrigen deiner Meinung, der Knackpunkt war wohl das Mittelfeld.
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