Edition: Suche...
28.06.2008 um 17:41 Uhr
Statistisch gesehen
Als der frühere Dortmunder Cheftrainer Bert van Markwijk vor der vergangenen Saison zu Feyenoord Rotterdam ging, befragten ihn holländische Journalisten, was er denn in Deutschland gelernt habe. Nun, so van Marwijk, er habe gelernt, dass man in Deutschland anders als in Holland auf die Statistik Ballbesitz nichts gibt.

Es gibt übrigens gute Gründe, Ballbesitz nicht zu hoch zu bewerten. Schließlich fallen laut statistischen Untersuchungen die meisten Tore kurz nach Balleroberung und nicht nach einer langen Ballstafette, die der Abwehr Gelegenheit gibt, sich zu formieren. Da wird es bei den heutigen Raumdeckungen nämlich extrem schwer, eine Lücke zu finden.

Die Erkenntnis, dass Tore meist kurz nach der Balleroberung fallen, ist wahrlich nicht neu und hat auch nichts mit modernem Fußball zu tun. Im Jahr 1950 kam ein Engländer namens Charles Reep zu der gleichen Erkenntnis. Wenn ihr nun sagt, "Von diesem Trainer habe ich noch nie gehört", dann ist das nicht weiter verwunderlich. Reep war nämlich gar kein Trainer, sondern Wing Commander bei der Royal Air Force. Aber er führte bei Fußballspielen Buch und stellte fest, dass damals 80 Prozent aller Tore innerhalb von drei Pässen nach der Balleroberung fielen.

Daraus zog Reep in Zusammenarbeit mit einigen Trainern den Schluss, dass man nach Balleroberung das Leder so schnell wie möglich in Richtung gegnerisches Tor befördern müsse, um seine Erfolgsaussichten zu erhöhen. Und siehe da, es funktionierte. Reeps Theorie verhalf den Wolverhampton Wanderers zu einer Blütezeit in den Fünfzigern. Und er begründete das klassische englische Spielmuster: immer schön hoch und weit.

Reeps Theorien sind heute überholt, aber die Erkenntnis, dass Ballbesitz nicht die wichtigste Statistik im Fußball ist, nicht. Nur: Erzählt das mal den Russen. Die mussten im Halbfinale gegen Spanien mit ansehen, wie Senna, Xavi, Iniesta, Fabregas und Silva das Leder mit traumwandlerischer Sicherheit durch die eigenen Reihen laufen ließen. Die Russen hechelten hinterher, rannten sich müde und wurden total aus dem eigenen Angriffsrhythmus gebracht. Die Entscheidung zugunsten der Spanier brachten dann ein paar gezielte Nadelstiche zur rechten Zeit. Fast wie beim Stierkampf.

Genau davor sollte die deutsche Mannschaft auf der Hut sein. Denn auch Frings, Hitzlsperger und Ballack könnten von den Spaniern schwindlig gespielt werden. Wenn man sie lässt. Das deutsche Team hat allerdings etwas entgegen zu setzen: Seine Physis. Die spanischen Mittelfeldakteure sind nämlich allesamt klein und relativ schmächtig, die Deutschen dagegen haben Gardemaß. Wenn es gelingt, schon bei der Ballannahme zu stören, verbessern sich die deutschen Chancen. Allerdings muss man dafür etwas ausgeschlafener sein als im Türkeispiel. Aber so könnte man Ballverluste erzwingen und das, während die Spanier im Vorwärtsgang sind. Dann braucht es nur noch zwei, drei schnelle, direkte Pässe nach vorne und schon kann statistisch gesehen gar nichts mehr schief gehen.

Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 2646 | Kommentare: 3 | Bewertungen: 0 | Erstellt:28.06.2008
ø 0
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
DerDugen
28.06.2008 | 18:54 Uhr
0
0
DerDugen : schöner blog...
28.06.2008 | 18:54 Uhr
0
DerDugen : schöner blog...
ich bin sowohl als auch deiner Meinung. wir müssen schnell nach vorne spielen. ich habe allerdings die befürchtung, dass klose völlig untergeht in der spanischen deckung. Heute kam ein altes EM-Spiel Deutschland-Spanien von 88 im TV. Da hat man wesentliche Unterschiede bezüglich der Physis gesehen. Nahezu jeder Zweikampf, bei dem der Körper eingesetzt wurde, haben die Deutschen gewonnen - so einfach ist das natürlich heute nicht mehr...
0
Ste
28.06.2008 | 21:10 Uhr
0
0
Ste : 
28.06.2008 | 21:10 Uhr
0
Ste : 
Im Grunde fallen alle Tore nach/durch Fehler des Gegners, und da auf Fehler oft Konter folgen, ist das völlig nachvollziehbar. Schön, dass du das zur Sprache bringst.
0
Kahn93
29.06.2008 | 01:07 Uhr
0
0
Kahn93 : top blog
29.06.2008 | 01:07 Uhr
0
Kahn93 : top blog
Ich kann da größtenteils nur zustimmen (mit den ganzen statistken kenne ich mich jetzt nicht so genau aus, aber mir ist auch schon sowas aufgefallen)
0
COMMUNITY LOGIN
Du bist nicht angemeldet. Willst Du das ändern?
Benutzername:
Passwort:
 

Wir aktualisieren unsere Nutzungsbedingungen und unsere Datenschutzrichtlinie. Wir haben neue Community-Richtlinien zur Inhaltsnutzung - Verhaltenskodex eingeführt und mehr Informationen darüber bereitgestellt, wie wir Ihre Daten erheben und nutzen. Indem Sie unsere Website und unsere Dienste weiterhin nutzen, stimmen Sie diesen Aktualisierungen zu.
Neueste Kommentare
arobben10
Artikel:
Ein Populist ist er jetzt also noch, weißt du um die Bedeutung dieses Begrif
25.11.2024, 20:33 Uhr - 22 Kommentare
BobbyPeru
Artikel:
So Leute wie Watzke, Rummenigge und Hoeneß verkaufen die Seelen von einst to
25.11.2024, 20:30 Uhr - 29 Kommentare
Fast_and_Furious
Artikel:
Yippie, noch mehr Gurkenkarren auf der Piste. Aber das Marketing in den usa
25.11.2024, 20:26 Uhr - 0 Kommentare
Bob420
Artikel:
In Spanien macht der Staat immerhin schon recht erfolgreich was gegen die We
25.11.2024, 20:24 Uhr - 55 Kommentare
Napolitano
Artikel:
jimimadrid Leg ein Stück Zucker aus und die Schaben kommen aus ihren Löchern
25.11.2024, 20:22 Uhr - 23 Kommentare
Floriot
Artikel:
Martin Sonneborn hat sich auch aufstellen lassen, dann wäre der Rheinmetall
25.11.2024, 20:13 Uhr - 2 Kommentare
TREX
Artikel:
Ich hab doch extra geschrieben, dass ich zum Unabhängigkeitsreferendum keine
25.11.2024, 20:11 Uhr - 3 Kommentare
midengler
Artikel:
@jesse01 https://www.medicusmundi.ch/de/advocacy/publikationen/mms-bulletin/
25.11.2024, 20:08 Uhr - 10 Kommentare
AtleticoSimeone
Artikel:
Der HSV macht weiter wie immer, Trainerwechsel. Das Ergebnis wird wieder das
25.11.2024, 20:01 Uhr - 17 Kommentare
Black_sun_Rising
Artikel:
Niko Springer spielt also gegen Niko Springer. Bin gespannt, ob Niko das sch
25.11.2024, 19:47 Uhr - 0 Kommentare