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05.09.2008 um 23:40 Uhr
Tanken für Ronaldo
Sonntag: Die Abu Dhabi United Group (ADUG) aus den Vereinigten Arabischen Emiraten kauft Thaksin Shinawatra für 185 Millionen Euro den Premier League-Klub Manchester City ab.

Montag: Manchester City lotst Robinho für 43 Millionen Euro von Real Madrid in den Nordwesten Englands.

Montag: Manchester United verpflichtet Dimitar Berbatov von Tottenham Hotspur für 38 Millionen Euro.

Dienstag: Alan Curbishley tritt als Trainer bei West Ham United zurück.

Mittwoch: Nach zweitägigen Verhandlungen legt Kevin Keegan sein Amt als Trainer von Newcastle United nieder.

Was das mit einander zu tun hat? Nun, Ich würde sagen, diese fünf Vorgänge bieten in ihrer Gesamtheit einen realistischen Überblick über die Vorgänge in der Premier League. Der Liga der Finanzinvestoren.

Nun gibt es also eine neue Macht im englischen Fußball. Manchester City. Fast muss man sich bemühen, nicht zu lachen. Schließlich ist City gerade im Vergleich zum Stadtrivalen ein kleines Licht in England. Dafür bekannt, sich selbst im Weg zu stehen und jede Chance, endlich in die Riege der Großklubs aufzusteigen, gnadenlos zu vergeigen.

Mal sehen, ob sie das jetzt auch wieder schaffen. Schließlich gilt die ADUG als wesentlich reicher als Roman Abramovich. Und der hat schon fünfmal so viel Kohle wie der nächstreichste Teambesitzer in England. Ihren Reichtum wollen sie übrigens auch tatsächlich investieren. Im Winter, so ließ man verlauten, will man alles kaufen, was Rang und Namen hat. Fabregas, Henry, oh, und 150 Millionen für Cristiano Ronaldo. Dabei passiert vor allem eins: Die ohnehin schon illusorischen Preise in der Premier League werden weiter steigen. Bald wird es schwer, Spieler zu finden, die das ganze Geld noch wert sind. Manch einer meint ja sogar, den Punkt hätten wir schon lange überschritten.

Die ADUG sagt, "Geld spielt für uns keine Rolle" (und wer von uns weiß schon, was das für ein Gefühl ist?), man ist mit Öl reich geworden. Wie Abramovich halt, nur noch viel reicher. Da lacht ausnahmsweise mal der City-Fan. Noel Gallagher, der Songschreiber von Oasis und lebenslanger Anhänger der "Sky Blues" zum Beispiel. Der sagte: "Immer wenn ein United-Fan in Zukunft tankt, finanziert er unsere Transfers." Ha ha. Dummerweise trifft es aber nicht nur die United-Fans. Auch Uli Hoeneß oder ich zum Beispiel unterstützen die "Citizens". Neulich gerade mit 44,58 Euro. Gut fände ich, wenn auf meinem nächsten Tankbeleg die "Ronaldo-Steuer" extra ausgezeichnet würde.

Beim Stadtrivalen United bleibt man gelassen. Alex Ferguson weiß: Wer viel Geld hat, der kann auch viel sinnlos verschleudern. Und er hat gelernt: Investoren bringen einen Trainer nicht unbedingt weiter. Schließlich hat seine Investoren-Familie, die Glazer-Familie aus Florida, Fergusons Transferbudget praktisch nicht beeinflusst. Oh, die Amerikaner haben Ferguson die Kohle nicht gekürzt. Aber mehr Geld als vorher hat er auch nicht zur Verfügung. Dass er sich einen Berbatov für (völlig übertriebene) 38 Millionen leisten kann, liegt daran, dass sein Klub unglaublich große Profite einfährt.

Immerhin, Sir Alex darf seine Transfers selbst durchführen. In England ist ein "Manager" ja tatsächlich das, was ein Manager und Trainer in Personalunion in Deutschland wäre. Und Ferguson kauft, wen er will. Bei Alan Curbishley war das anders. Der hat nämlich von seinen Chefs einen italienischen Sportdirektor vor die Nase gesetzt bekommen. Curbishleys ex-Klub West Ham United gehört einer isländischen Bank, die im vergangenen Sommer unglaubliche Summen in solide, aber unspektakuläre oder verletzungsanfällige Spieler investiert hat und so statt auf einem Abstiegsplatz im gesicherten Mittelfeld gelandet ist. Aber dann kam die Kreditkrise und einige der Gekauften konnte man gar nicht schnell genug wieder loswerden.

Freddie Ljungberg zum Beispiel bekam eine astronomische Abfindung, nur um von der Gehaltsliste zu verschwinden. Zum Ende der Transferperiode verkaufte Curbishleys Sportdirektor aber nicht nur die mit dem Trainer abgesprochenen Akteure, sonder versetzte in den zwei Tagen von Transferschluss mit Anton Ferdinand und George McCartney mal eben noch die halbe Abwehr der Londoner. Da arbeitet der Sportdirektor nicht mit dem Trainer, sondern gegen ihn. Curbishley musste einfach gehen.

Und auch Kevin Keegan hatte in Newcastle keine Chance. Letzten Samstag gegen Arsenal hatte er nur zwei erfahrene Feldspieler auf der Bank. Der Rest waren 17-Jährige. Keegan brauchte dringend neue Spieler. Stattdessen versuchte auch dort der vom Teambesitzer Mike Ashley eingesetzte Sportdirektor, am Montag noch hinter dem Rücken des Trainers Michael Owen und Joey Barton zu verkaufen. Eine unhaltbare Situation. Keegan hatte die Unterstützung seines Besitzers verloren, der bei den Neuzugängen nicht auf erfahrene Premier League-Spieler, sondern lieber auf preisgünstigere Akteure aus dem Ausland setzen wollte. Und so bekam Keegan Spieler gekauft, die er nie gesehen hatte.

Bei Ashley wird übrigens spekuliert, ob er den Verein nicht nur gekauft habe, um bei einem Weiterverkauf ordentlich abzusahnen. Möglich ist das, auch wenn er bei Auswärtsspielen im Newcastle-Trikot im Fanblock steht. Stand, muss das wohl jetzt heißen. Schließlich hätten ihn die United-Fans diese Woche gelyncht, wenn er nicht praktischerweise in den USA gewesen wäre. Die lieben nämlich Kevin Keegan.

Eins wird jedenfalls anhand dieser Geschichten deutlich: Investoren sind nur in den seltenen Fällen, wenn sie unbegrenzt viel Geld haben, gut für ihre Klubs. Und das auch nur dann, wenn sie einen langen Atem haben. Im Normalfall verbessern sie die wirtschaftliche Situation ihrer Vereine bestenfalls unwesentlich. Und wenn die Wirtschaft kriselt (was durchaus ab und zu vorkommen soll), dann beginnt das Paniksparen. Paniksparen, das bedeutet praktisch immer auch die Selbstamputation lebensnotweniger Körperteile. Nicht gut, wenn man einen Fußballklub leitet. Und wer braucht bitte schön Investoren, die Probleme nicht lösen, sondern sie machen?

Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 8800 | Kommentare: 38 | Bewertungen: 15 | Erstellt:05.09.2008
ø 8.6
KOMMENTARE
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Schnorm
06.09.2008 | 11:33 Uhr
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Schnorm : 
06.09.2008 | 11:33 Uhr
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Schnorm : 
Glaube wir müssen uns von der Illusion verabschieden, Vereine durch wirtschaftlich solides Arbeiten an die Spitze Europas zu führen. Was ein milliarenschwerer Investor mal ebenso locker ausgibt, können die "normalen" Vereine kaum erwirtschaften.

Dass es bei den Investoren auch welche gibt, die bei wirtschaftlichen Turbulenzen einen Sparkurs fahren müssen, ist nicht auszuschließen. Zur Not können Sie ihren Club halt an den nächsten Bieter verkaufen.

Dennoch ist die Öffnung für Investoren anderen Regelungen überlegen, da summa summarum doch mehr Geld für Transfers investiert werden kann. Die 5-Jahreswertung ist der beste Beweis: von den großen Ligen werden die ersten 3 Plätze von Ländern belegt, die sich Investoren öffnen. Auch Russland ist auf dem Vormarsch, wie die jüngsten Erfolge zeigen.

Da es noch keine regulierende Instanz gegen den Ablösewahnsinn gibt, ist die Frage, wie sich beispielsweise Bundesligavereine bzw. die DFL verhalten sollen. Ich sehe da nur Nischenlösungen:

1. Abschaffung der 50+1 Regel: Nur bei gleichen Rahmenbedingungen kann die Liga aufholen.
2. Hohe Ablösesummen fordern: Für mich wirkt die Bundesliga oftmals noch wie ein Schnäpchenmarkt. Die internationale Nachfrage nach Bundesligaspielern ist zwar nicht allzu groß, aber wenn mal ein Star wechselt, dann recht günstig (siehe van der Vaart, damals Berbatov). Hier müssen die Bundesligisten standhafter sein. Die Portugiesen machens da z.B. besser: Wenn ein guter Spieler den Verein verlässt, dann nur für hohe Ablösesummen (Cristiano Ronaldo, Bosingwa, Quaresma; Joao Moutinho von Sporting wurde nicht verkauft, weil zu wenig geboten wurde).
3. Da es die Stars aber dennoch langfristig zu den stärkeren Ligen ziehen wird, besteht eine Möglichkeit darin, dass die Bundesliga eine Ausbildungsliga für Talente wird, die dann im besten Fußballalter wechseln. Diese Tendenz ist absehbar (van der Vaart, Kompany, sicherlich bald auch Diego, de Jong, Gomez).

Auf jeden Fall ohne Moos nix los...
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Ste
06.09.2008 | 11:49 Uhr
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Ste : 
06.09.2008 | 11:49 Uhr
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Ste : 
Sehr schöner Blog. Investoren sind wahrlich keine Heilsbringer, auch wenn es auf den ersten Blick so wirkt (siehe Chelsea), das hast du mal wieder schön gezeigt.
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Schnorm
06.09.2008 | 11:52 Uhr
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Schnorm : @Ste
06.09.2008 | 11:52 Uhr
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Schnorm : @Ste
Solides Wirtschaften aber auch nicht mehr, zumindest wenns nach ganz oben gehen soll...
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Ste
06.09.2008 | 12:19 Uhr
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Ste : @ Schnorm
06.09.2008 | 12:19 Uhr
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Ste : @ Schnorm
Man muss irgendwie den Mittelweg finden.
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Schnorm
06.09.2008 | 12:40 Uhr
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Schnorm : @ste
06.09.2008 | 12:40 Uhr
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Schnorm : @ste
Das wäre optimal, aber wie?
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Flokke
06.09.2008 | 13:26 Uhr
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Flokke : 
06.09.2008 | 13:26 Uhr
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Flokke : 
In der PL würden Investoren sicherlich mehr nützen, wenn sich die Geldgeber im Hintergrund aufhalten und ein Manager die Mannschaft langsam und klug für die Zukunft aufbaut, aber für die Geldgeber in der PL werden die Vereine mehr und mehr zum Spielzeug.
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Union
06.09.2008 | 14:00 Uhr
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Union : @AndreasRenner
06.09.2008 | 14:00 Uhr
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Union : @AndreasRenner
Das Zitat mit dem Tanken haben Sie doch bestimmt im Kicker der letzten Woche gelesen oder? :)

Ansonsten Top Beitrag der Blog ;)
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Wutzlhofer
06.09.2008 | 14:09 Uhr
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Wutzlhofer : 
06.09.2008 | 14:09 Uhr
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Wutzlhofer : 
Prinzipiell bin ich gar nicht gegen das Engagement von finanzstarken Investoren im Fußball. Von mir aus mag einer sein eigenes Prestige mit den Erfolgen des Clubs, den er unterstützt, steigern. Aber das Entscheidende ist doch, daß es keine Reglementierung gibt!
Ich bringe ungern und daher auch selten Beispiele aus den USA. Was allerdings den europäischen Fußball betrifft, scheint es mir zwingend nötig, daß eine Art Salary Cap eingeführt wird, um dieses "Spiel OHNE Grenzen" zu BE-grenzen.
Eine solche Ankündigung wie die der neuen ManCity Besitzer ist unfaßbar. Da wird gar nicht erst von ehrlichem Wirtschaften geredet, sondern gleich klar gemacht, daß sie exorbitante Summen für Spieler ausgeben werden, um sich ihr Weltauswahlspielzeug zu "frankensteinern".
Sicher wird man abwarten müssen, ob sich das überhaupt so entwickelt. Allzu lange sollte die UEFA aber nicht zuschauen.
Das kann nicht im Sinne des Sports sein, daß ein paar superreiche Scheckheftwedler die Spitze des Fußballs bilden, ohne daß ihre Clubs annähernd das erwirtschaften, was diese Herren an Geld hinausblasen!
Daher: PRO Salary Cap im europäischen Fußball, also "Gehaltsobergrenze" im weiteren Sinne.
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gazelle
06.09.2008 | 14:39 Uhr
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gazelle : 
06.09.2008 | 14:39 Uhr
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gazelle : 
ganz netter blog aber auch nichts wirklich bahnbrechendes.

das mit newcastle ist wirklich unglaublich. einen tag bevor milner zu villa gewechselt ist, hat der keegan noch ein interview gegeben mit der hauptaussage "ich möchte gar nicht darüber nachdenken ihn zu verlieren. der ist unverkäuflich"
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Zarathustra
06.09.2008 | 14:51 Uhr
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Zarathustra : @Schnorm
06.09.2008 | 14:51 Uhr
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Zarathustra : @Schnorm
Wir haben uns ja vor kurzem über Investoren in einem anderen Blog ganz gut wie ich meine unterhalten.

Allerdings sehe ich die Bundesliga auch im Rahmen des gegenwärtigen Systems für durchaus konkurrenzfähig. Wenn das so weiter geht ist schon bald ein dritter Platz in der 5-Jahreswertung realistisch. Auch einen 2.Platz halte ich für mittel- und langfristig für denkbar. Die Bundesliga ist ja in erster Linie nicht international zurückgefallen, weil die anderen Systeme überlegen waren, sondern weil Kirch Ende 2001 Pleite gemacht hat.

Auch sehe ich nicht die Bundesliga auf den Weg hin zur Ausbildungsliga sondern eher die Primera Division.
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