06.07.2012 um 02:10 Uhr
Traditionsverein in Geiselhaft 2
Die Amerikaner sind da und der Engländer fragt sich, was sie denn nun genau wollen und planen. Im Mutterland des Sports, das sie Soccer nennen. Kommt der 12. Mai 2005 und die Übernahme der Anteile von McManus und Magnier. Die Glazers halten somit fast 57% der Anteile. In den nächsten Tagen intensivieren sie nochmals ihre Bestrebungen und erhöhen ihre Anteile praktisch täglich um ein paar Prozent bis sie am 16. Mai 75% von Manchester United besitzen. Dies ermöglicht ihnen die Aktiengesellschaft ManUnited aufzulösen und von der Londoner Börse zu nehmen. Sechs Wochen später ist Manchester nicht mehr an der Börse und ein Privatunternehmen im Eigentum der Glazers, die mittlerweile 98% halten. Kurz darauf kommt es zum „Squeeze out", dem Recht des Hauptaktionärs Minderheitsaktionäre gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aus dem Unternehmen „hinauszudrücken". Manchester ist zur Gänze aufgekauft.
Die ehemaligen Investoren, die sich selbst als große Fans bezeichnen, haben willfährig das Kommando übergeben, obwohl die Intentionen der neuen Besitzer früh klar waren und sich z.B. Ferguson mehrmals gegen eine Übernahme aussprach. Die Fans schreien auf und befürchten ähnliche Umwälzungen wie bei Tampa Bay wo kein Stein und Maskottchen auf dem anderen blieb. Der Verein gehört ab diesem Zeitpunkt den beiden Familienunternehmen Red Football Limited Partnership und Red Football General Partner Inc. Diesen beiden gehört Manchester United Ltd. mit Sitz auf den Cayman Inseln. Noch nichts wirklich Ungewöhnliches in England, wo laut der britischen TIMES eine Untersuchung 2010 zeigte, dass nahezu ïFFD der Premier League-Clubs ihren Sitz in sogenannten Steueroasen hat. Im besten kapitalistischen Sinne handelnd ist der Sitz der beiden Inhaberunternehmen der Glazers in Nevada(USA). Einem Standort an dem praktischerweise keine Körperschaftsteuer, also keine „Unternehmens-Einkommenssteuer", gezahlt werden muss. Auch nicht gerade unpraktisch für die neuen Herrscher in Old Trafford. Der Wert des Clubs beträgt zum Zeitpunkt der Übernahme rund 800 Mio Pfund.
Rote Teufel vs. Heuschrecken
Das Besondere und heftig kritisierte an der Übernahme ist die Umwälzung der damals zum Kauf aufgenommen Kredite auf den Verein. Zusätzlich kommen, wie bei jedem Kredit, die Zinslasten hinzu, welche in diesem Fall finanziell besonders kräftezehrend sind. Die Glazers wählen eine Vorgehensweise, die in Deutschland gemeinhin seit dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering mit dem populistischen Begriff der „Heuschrecken" bezeichnet wird und mit der Pro7Sat.1-Übernahme und den Wiederverkauf durch Haim Saban endgültig ins deutsche Bewusstsein eindrang.
Die Logik der Glazers ist simpel: Wir investieren nur einen Teil unseres Geldes, holen uns Finanzgeber, die den Rest des Kaufpreises als Kredit zur Verfügung stellen und schulden schlussendlich den Betrag auf das gerade erworbene Unternehmen um. Das gekaufte Unternehmen muss nicht nur die neuen Kredite, sondern auch die anfallenden Zinsen begleichen. Im Fall von Manchester United bedeutet dies, dass von den damals rund 1,15 Milliarden Euro (die 800 Mio Pfund) jeweils ungefähr 400 Mio Euro bei Banken und bei den drei Hedge-Fonds Citadel, Och-Ziff Capital Management und Perry Capital zurückzuzahlen sind. Plus Zinsen selbstverständlich. Das macht nicht weniger als 62 Mio Pfund Zinsen im ersten Jahr. Ein Investor macht sich beliebt.
Wo wir aber gerade so schön dabei sind, installiert sich Malcom Glazer und seine Nächsten bestenfalls gleich in wichtigen Positionen und man zahlt uns ordentliche Gehälter. So werden bis 2010 rund 26 Mio Euro an die Glazers ausgezahlt. Hat der Verein erst einmal die Schulden (zum Großteil) abgebaut wird es für die Glazers lukrativ. In den meisten Fällen kommt es zum Verkauf oder einer Zerschlagung des Unternehmens. Im Fall von Manchester bzw. eines Fußballvereins wird wohl eher der erste Weg verfolgt.
Problematisch wird es, wenn man den Verein durch die hohen Zahlungen lähmt. Bisher ist es dabei für die Glazers recht gut gelaufen, wurden doch trotz der Einsparungen und sehr zurückhaltender Transferaktivität weiterhin nationale Titel und die Champions League 2008 gewonnen. Ein besonderer Dank gilt an diesem Punkt den Knochen von Giggs, van der Saar und Scholes. Sollten wie in dieser Saison die Erfolge allerdings längerfristig ausbleiben und somit Einnahmen aus dem TV, dem internationalem Geschäft und dem Sponsoring abnehmen, könnte es eng werden. Als Beispiel kann man hier das Geschäftsjahr 2008/2009 heranziehen. Trotz der CL-Finalteilnahme und dem Rekordverkauf des Superstars Cristiano Ronaldos erreichte man einen Gewinn vor Steuern von 52 Mio Euro vor Steuern. Ohne den Verkauf des Portugiesen wäre das Jahr mit einem Rekordverlust von 35 Mio Euro abgeschlossen worden.
Kredit oder Anleihe – Hauptsache Geld
2010 dann der nächste Streich. Die Bankschulden werden mit Hilfe der Ausgabe von Anleihen im Wert von 500 Mio Pfund getilgt. Schulden tilgen durch Neuverschuldung. Was beim Arbeiter und seinen Krediten funktioniert, klappt auch bei Fußballvereinen. Binnen zwei Wochen sind die Anleihen mit siebenjähriger Laufzeit bei einem Zinssatz von circa 8,5 % vergeben. Nicht gerade unattraktiv für Anleger. Dazu ein kleiner populistischer Einwurf: Zurzeit erhält man bei der ehemals sicheren und lukrativen Staatsanleihe der Republik Österreich rund 1,75 % Zinsen. Beim erfolgreichen Mineralölkonzern ÖMV erhält man rund 5,8 %. Besonders pikant im Januar 2010 ist laut dem Blog „the andersred blog" aber die Möglichkeit für die Glazers mindestens 20 Mio Pfund an jährlicher Dividende aus dem Klub zu ziehen. Hinzu kommen nochmal 25 Mio Pfund an Dividende, die jederzeit ausgezahlt werden können. Zusätzlich zu den geschätzten 70 Mio Pfund aus einem damals möglichen Carrington Deal (das Trainingsgelände Manchesters war anders als Old Trafford nicht Teil der Sicherheit der Anleihe, es wurde mit dem Gedanken gespielt das Gelände zu verkaufen und zu mieten) und den Gehältern sowie den 220 Mio Pfund aus den Reserven, wären zwischen 2010 und 2017 rund 500 Mio Pfund in die Taschen der Glazers geflossen. Wären, denn dann kam die Nachricht des Börsengangs.
Teil 3
Die ehemaligen Investoren, die sich selbst als große Fans bezeichnen, haben willfährig das Kommando übergeben, obwohl die Intentionen der neuen Besitzer früh klar waren und sich z.B. Ferguson mehrmals gegen eine Übernahme aussprach. Die Fans schreien auf und befürchten ähnliche Umwälzungen wie bei Tampa Bay wo kein Stein und Maskottchen auf dem anderen blieb. Der Verein gehört ab diesem Zeitpunkt den beiden Familienunternehmen Red Football Limited Partnership und Red Football General Partner Inc. Diesen beiden gehört Manchester United Ltd. mit Sitz auf den Cayman Inseln. Noch nichts wirklich Ungewöhnliches in England, wo laut der britischen TIMES eine Untersuchung 2010 zeigte, dass nahezu ïFFD der Premier League-Clubs ihren Sitz in sogenannten Steueroasen hat. Im besten kapitalistischen Sinne handelnd ist der Sitz der beiden Inhaberunternehmen der Glazers in Nevada(USA). Einem Standort an dem praktischerweise keine Körperschaftsteuer, also keine „Unternehmens-Einkommenssteuer", gezahlt werden muss. Auch nicht gerade unpraktisch für die neuen Herrscher in Old Trafford. Der Wert des Clubs beträgt zum Zeitpunkt der Übernahme rund 800 Mio Pfund.
Rote Teufel vs. Heuschrecken
Das Besondere und heftig kritisierte an der Übernahme ist die Umwälzung der damals zum Kauf aufgenommen Kredite auf den Verein. Zusätzlich kommen, wie bei jedem Kredit, die Zinslasten hinzu, welche in diesem Fall finanziell besonders kräftezehrend sind. Die Glazers wählen eine Vorgehensweise, die in Deutschland gemeinhin seit dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering mit dem populistischen Begriff der „Heuschrecken" bezeichnet wird und mit der Pro7Sat.1-Übernahme und den Wiederverkauf durch Haim Saban endgültig ins deutsche Bewusstsein eindrang.
Die Logik der Glazers ist simpel: Wir investieren nur einen Teil unseres Geldes, holen uns Finanzgeber, die den Rest des Kaufpreises als Kredit zur Verfügung stellen und schulden schlussendlich den Betrag auf das gerade erworbene Unternehmen um. Das gekaufte Unternehmen muss nicht nur die neuen Kredite, sondern auch die anfallenden Zinsen begleichen. Im Fall von Manchester United bedeutet dies, dass von den damals rund 1,15 Milliarden Euro (die 800 Mio Pfund) jeweils ungefähr 400 Mio Euro bei Banken und bei den drei Hedge-Fonds Citadel, Och-Ziff Capital Management und Perry Capital zurückzuzahlen sind. Plus Zinsen selbstverständlich. Das macht nicht weniger als 62 Mio Pfund Zinsen im ersten Jahr. Ein Investor macht sich beliebt.
Wo wir aber gerade so schön dabei sind, installiert sich Malcom Glazer und seine Nächsten bestenfalls gleich in wichtigen Positionen und man zahlt uns ordentliche Gehälter. So werden bis 2010 rund 26 Mio Euro an die Glazers ausgezahlt. Hat der Verein erst einmal die Schulden (zum Großteil) abgebaut wird es für die Glazers lukrativ. In den meisten Fällen kommt es zum Verkauf oder einer Zerschlagung des Unternehmens. Im Fall von Manchester bzw. eines Fußballvereins wird wohl eher der erste Weg verfolgt.
Problematisch wird es, wenn man den Verein durch die hohen Zahlungen lähmt. Bisher ist es dabei für die Glazers recht gut gelaufen, wurden doch trotz der Einsparungen und sehr zurückhaltender Transferaktivität weiterhin nationale Titel und die Champions League 2008 gewonnen. Ein besonderer Dank gilt an diesem Punkt den Knochen von Giggs, van der Saar und Scholes. Sollten wie in dieser Saison die Erfolge allerdings längerfristig ausbleiben und somit Einnahmen aus dem TV, dem internationalem Geschäft und dem Sponsoring abnehmen, könnte es eng werden. Als Beispiel kann man hier das Geschäftsjahr 2008/2009 heranziehen. Trotz der CL-Finalteilnahme und dem Rekordverkauf des Superstars Cristiano Ronaldos erreichte man einen Gewinn vor Steuern von 52 Mio Euro vor Steuern. Ohne den Verkauf des Portugiesen wäre das Jahr mit einem Rekordverlust von 35 Mio Euro abgeschlossen worden.
Kredit oder Anleihe – Hauptsache Geld
2010 dann der nächste Streich. Die Bankschulden werden mit Hilfe der Ausgabe von Anleihen im Wert von 500 Mio Pfund getilgt. Schulden tilgen durch Neuverschuldung. Was beim Arbeiter und seinen Krediten funktioniert, klappt auch bei Fußballvereinen. Binnen zwei Wochen sind die Anleihen mit siebenjähriger Laufzeit bei einem Zinssatz von circa 8,5 % vergeben. Nicht gerade unattraktiv für Anleger. Dazu ein kleiner populistischer Einwurf: Zurzeit erhält man bei der ehemals sicheren und lukrativen Staatsanleihe der Republik Österreich rund 1,75 % Zinsen. Beim erfolgreichen Mineralölkonzern ÖMV erhält man rund 5,8 %. Besonders pikant im Januar 2010 ist laut dem Blog „the andersred blog" aber die Möglichkeit für die Glazers mindestens 20 Mio Pfund an jährlicher Dividende aus dem Klub zu ziehen. Hinzu kommen nochmal 25 Mio Pfund an Dividende, die jederzeit ausgezahlt werden können. Zusätzlich zu den geschätzten 70 Mio Pfund aus einem damals möglichen Carrington Deal (das Trainingsgelände Manchesters war anders als Old Trafford nicht Teil der Sicherheit der Anleihe, es wurde mit dem Gedanken gespielt das Gelände zu verkaufen und zu mieten) und den Gehältern sowie den 220 Mio Pfund aus den Reserven, wären zwischen 2010 und 2017 rund 500 Mio Pfund in die Taschen der Glazers geflossen. Wären, denn dann kam die Nachricht des Börsengangs.
Teil 3
Aufrufe: 3850 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 4 | Erstellt:06.07.2012
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