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25.02.2013 um 17:11 Uhr
Tuchels Welt
Man kann sich wahrlich Schöneres ausmalen, als das Amt eines Bundesliga-Trainers zu bekleiden. Die immer gleichen öden Fragen von Fuhrmann & Co., der Druck von Vorstand und Umfeld, die allgegenwärtige Gefahr einer Entlassung, die Einkerkerung in die Coaching-Zone. Kurzum: Bundesliga-Coach ist ein scheiß Job. Daran ändert auch die in aller Regel fürstliche Entlohnung nichts.

Auch bei ironiefreier Betrachtung wird man um die Schattenseiten des Trainerdaseins nicht umher kommen, am Ende aber doch nüchtern feststellen müssen: Die Klopps, Heynckes‘ und Schaafs unseres Landes stehen auf der Sonnenseite des Lebens. Die ihnen widerfahrenden Unannehmlichkeiten sind vergleichsweise gering, stellt man sie ins Verhältnis zu den täglichen Nöten von Leiharbeitern oder einfachen Angestellten. Bei allem Druck, den sie bei ihrer Tätigkeit zu spüren bekommen, geht es ihnen also – sagen wir es so platt – gut.

Solche Relativierungen verlieren, so richtig sie auch sein mögen, schnell an Gewicht, ist man einmal in seinem Geschäft angekommen und sieht sich den typischen Begleiterscheinungen des Trainerjobs ausgesetzt. Dazu gehört fast traditionell ein je nach Persönlichkeitsstruktur mehr oder minder stark ausgeprägter Verfolgungswahn, der sich vorzugsweise gegen die Unparteiischen richtet, die es doch immer nur schlecht mit einem meinten.

Im Falle von Mainz-Trainer Thomas Tuchel ist dieses Phänomen offenkundig besonders weit entwickelt. So beklagte der 39jährige Coach unlängst, dass das Schiedsrichterwesen hierzulande ein Problem mit ihm habe, was letztlich auf Kosten seiner Mannschaft gehe. Diese habe, so Tuchel, bereits vier klare Fehlentscheidungen gegen sich hinnehmen müssen und deshalb insgesamt acht Punkte eingebüßt. In der Häufigkeit sei dies nicht tolerierbar.

Tuchels Anklage im Video

Wirklich überraschend sind die Einlassungen des Mainzer Trainers sicher nicht, hat man ähnliche Anklagen von ihm so oder so ähnlich doch schon mehrfach vernommen. Die kausale Verknüpfung von seiner Unbeliebtheit und den Benachteiligungen seiner Mannschaft wirkt gleichwohl sehr befremdlich und ist in der Sache so nicht haltbar.

Schauen wir uns also mal die von Tuchel gerügten Fehlentscheidungen genauer an:

Beim 0:0 gegen den SC Freiburg seien seiner Mannschaft zwei glasklare Elfmeter vorenthalten wurden. Fakt ist: Mainz hätte einen Elfmeter erhalten müssen, beim Foulspiel an Parker sah Schiedsrichter Zwayer jedoch fälschlicherweise eine Schwalbe. Eine weitere verweigerte Elfmeterentscheidung existiert nur in Tuchels Fantasie.

Gegen den FC Augsburg sei den Mainzern ein korrektes Tor aberkannt wurden. Richtig, denn Parker stand bei seinem Trainer nicht im Abseits. Dass der Mainzer Junior Diaz den Ausgburger Ji im gleichen Spiel aber elfmeterreif foulte, verschweigt Tuchel.

Der 2:2-Ausgleich der Schalker gegen die Mainzer sei aus Abseitsposition gefallen. Hier haben selbst die Fernsehbilder keinen klaren Aufschluss gegeben. Es ist allenfalls wahrscheinlich, dass Michel Bastos bei seinem Treffer zum 2:2 hauchdünn im Abseits stand.

Schließlich habe Schiedsrichter Peter Sippel den Mainzern am Wochenende einen Handelfmeter verweigert. Tuchel kann sich hier nur auf ein Handspiel von Wolfsburgs Vierinha beziehen, der den Ball aus kurzer Distanz an die Hand kriegt. Dass dieser dabei aber mit dem Rücken zum Ball steht, das Spielgeschehen nicht einsehen kann und eine spieltypische Drehbewegung macht, wird indes wohl ausgeblendet. Hier von einem klaren Handelfmeter zu sprechen, bedarf schon großer Kreativität.

Von den gerügten vier (bei genauerem Zählen sind es allerdings fünf) Fehlentscheidungen bleiben bei genauerer Betrachtung letztlich nur noch zwei klare Fehler und eine zweifelhafte Entscheidung übrig. Die Fehlentscheidung zu den eigenen Gunsten im Augsburg-Spiel wird natürlich ganz verschwiegen.

Warum aber verweigert ein Tobias Stieler Shawn Parkers Tor im Spiel in Augsburg die Anerkennung?
Theorie 1: Weil sein Assistent, der das Geschehen aufgrund der schnellen Gegenbewegungen von Stürmer und Abwehrspieler nicht richtig bewertet hat, fälschlicherweise die Fahne hebt.
Theorie 2: Weil er Thomas Tuchel und sein Gebaren an der Seitenlinie nicht ausstehen kann und ihm einen reinwürgen will.

Jeder soll selbst entscheiden, welche Option hier wahrscheinlicher ist. Thomas Tuchel jedenfalls sucht sich die Interpretation, die in sein Weltbild passt.

Womit die Frage bliebe, warum Tuchel denn (wenn es denn wirklich so ist) bei den Unparteiischen derart unbeliebt ist? Hat es womöglich mit seinem ewigen Genörgel und Gezeter zu tun, mit seinen fortwährenden Protesten und Schimpftiraden? Oder wird er von aller Welt nur missverstanden?

Es ist immer das Einfachste, die Schuld bei anderen zu suchen. Dies gilt für Fußballtrainer genauso wie für jeden anderen Menschen auf der Welt. Verschwörungstheorien sind und bleiben ein einfacher Weg, um sich selbst aus der Verantwortung zu stehlen.

In diesem Sinne sollte sich ein Thomas Tuchel mal daraufhin hinterfragen, ob er seiner Vorbildwirkung als Trainer eines Bundesligisten wirklich gerecht wird. Vielleicht fällt ihm dann auf, dass er – auf der Sonnenseite des Lebens stehend – eigentlich keinen Grund hat, seine Umwelt anzuklagen. Etwas Entspanntheit täte ihm und uns allen sicher ganz gut.
Aufrufe: 17660 | Kommentare: 67 | Bewertungen: 54 | Erstellt:25.02.2013
ø 7.3
KOMMENTARE
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Setebos
26.02.2013 | 15:08 Uhr
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Setebos : Nett geschrieben, leichte Kost..
26.02.2013 | 15:08 Uhr
-1
Setebos : Nett geschrieben, leichte Kost..
darum gibts auch genau einen Punkt von mir, denn der Rest bleibt aus. Zunächst verstehe ich die Intention des Blogs nicht. Hat Tuchels "Ausbruch" bei dir eine Grenze guten Geschmacks überschritten? Möchtest du dem hektischen Spox-Alltag die Schärfe nehmen?
Und Hauptkritikpunkt meinerseits ist die ewige Forderung nach Entspanntheit - glücklicherweise gibt es solche Charakterköpfe und Heißsporne wie Tuchel noch! Wir können Fortuna danken, dass Leute wie Balotelli oder Ibrahimovic oder Boateng oder Klopp oder Mourinho dem Fussball ein Gesicht geben. Es grenzt wahrscheinlich an Masochismus das in einem von Bayernfans dominierten Forum zu äußern, aber wer will den solche Langeweiler wie Heynckes auf der Bank oder Kapitänchen wie Lahm und Schweinsteiger?
Wie langweilig und glattgebügelt soll diese Unterhaltungsform denn noch werden?

Ich für meinen Teil bin froh, dass unser Sir ab und zu streitbare Punkte anspricht, auf der Linie wie ein Rumpelstilzchen tanzt oder Schiris beschimpft weil sie angeblich Mist bauen, davon lebt mMn der Fussball!

Tuchel tut gut daran, dieses Thema anzusprechen, denn so professionell wie die Schiedsrichter immer tun, sind sie bei weitem nicht, gewisse Antipathien werden bei Mainzer Spielen garantiert eine Rolle spielen (und wer aufmerksam gelesen hat - DAS finde ich GUT).
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Setebos
26.02.2013 | 15:08 Uhr
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Setebos : 
26.02.2013 | 15:08 Uhr
-3
Setebos : 
"Bundesliga-Coach ist ein scheiß Job. Daran ändert auch die in aller Regel fürstliche Entlohnung nichts. [...] Bei allem Druck, den sie bei ihrer Tätigkeit zu spüren bekommen, geht es ihnen also – sagen wir es so platt – gut."
Sehr sinnvoll, und nebenbei gibt es mittlerweile genug Beispiele für Trainer und Spieler denen dieser Job die Nerven, Energie und vieles mehr raubt.

"Verschwörungstheorien sind und bleiben ein einfacher Weg, um sich selbst aus der Verantwortung zu stehlen." - Aha, dann stiehlt sich Tuchel also aus seiner Verantwortung (um die CL-Plätze mitzuspielen?!?), indem er einsichtig sein eigenes Temperament als Negativum darstellt?

Voller Widersprüche und Unsinnigkeiten ist dieser Text genau wie ein Hohlbeinbuch - liest sich ganz leicht weg aber letztlich nimmt man nichts mit.
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Zman
26.02.2013 | 15:10 Uhr
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Zman : schnumbi
26.02.2013 | 15:10 Uhr
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Zman : schnumbi
1. "Hat de Jong also Bewegungen gemacht, mit denen er die Verteidiger Piszczek und Subotià107 getäuscht oder abgelenkt hat? Das kann man durchaus so sehen; andererseits wirken die beiden Dortmunder Abwehrspieler eigentlich nicht besonders irritiert. Mithin fehlt hier die von der Regel geforderte Eindeutigkeit. Hinzu kommt, dass in der Praxis der Spielraum bei der Beantwortung der Frage, wann ein aktives Abseits vorliegt, in den vergangenen Jahren stetig kleiner geworden ist. Es wird immer öfter nur noch dann auf Abseits erkannt, wenn der betreffende Spieler den Ball auch tatsächlich berührt (oder eben vollkommen unzweideutig und unbestreitbar den Gegner beeinflusst). Insofern entspricht die Anerkennung des Gladbacher Ausgleichstores der gängigen Regelauslegung." - also reguläres tor!

2. wenn meine mannschaft mindestens fünf punkte weniger aufgrund von fehlentscheidungen hat, bleibe ich nunmal nicht ruhig. und tuchel ist nicht nur fan, sondern trainer dieser mannschaft.
der bvb macht seit anderthalb jahren mit den schiedsrichtern, was er will und kommt damit durch - freiburg, mainz, etc. dürfen das nicht oder was?!
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Schnumbi
26.02.2013 | 15:16 Uhr
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Schnumbi : 
26.02.2013 | 15:16 Uhr
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Schnumbi : 
@ Setebos: Tuchel tut gut daran, dieses Thema anzusprechen, denn so professionell wie die Schiedsrichter immer tun, sind sie bei weitem nicht, gewisse Antipathien werden bei Mainzer Spielen garantiert eine Rolle spielen (und wer aufmerksam gelesen hat - DAS finde ich GUT).


was ist denn das für eine argumentation?? hast du dafür beweise ? ansonsten ist das eine hanebüchene unterstellung.

nach deiner theorie müssten ja die bayern (als unbeliebter verein) viel mehr verpfiffen werden.

was für ein quatsch
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Schnumbi
26.02.2013 | 15:20 Uhr
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Schnumbi : 
26.02.2013 | 15:20 Uhr
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Schnumbi : 
@ Zman: klar ist es ärgerlich wenn euch 5 punkte fehlen durch schiri entscheidungen.

blos in meinen augen ist hier der DFB gefordert. ein schiri macht meinetwegen 2-3 fehler pro spiel was aber ein spiel beeinflussen kann. ein spieler kann 10 fehler machen ohne folgen außer das er vielleicht ausgewechselt wird.

die schirirs brauchen unterstützung und kein draufhauen.

und noch mal rechnet doch auch mal die punkte dagegen die ihr durch schiedsrichter bekommen habt
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Stormfalco
26.02.2013 | 15:25 Uhr
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Stormfalco : 
26.02.2013 | 15:25 Uhr
-2
Stormfalco : 
@scFüchsle

Ich bin recht aktiv auf der Seite und bin mir ziemlich sicher, dass der 2. größte Block von Fans von Dortmund war und ist. Nürnberg mag vor 2-3 Jahren vielleicht da den 2. größten Block gehabt haben, aber das ist schon lange her. Und außerdem hat die Anzahl der Fans keinen direkten Einfluss auf die Fehlentscheidungen.

Das Problem ist nicht die Seite sondern die Personen/Medien die diese Seite als Wahrheit nehmen.
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Zman
26.02.2013 | 15:30 Uhr
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Zman : 
26.02.2013 | 15:30 Uhr
-2
Zman : 
das "meine mannschaft" war symbolisch gemeint.
ich muss nichts gegenrechnen, da die fehler contra mainz in diesem fall offensichtlich sind (im übrigen auch die fehler pro dortmund contra freiburg im hinspiel beispielsweise).
die fehler der spieler sind vollkommen egal! die fehler der spieler werden hart genug bestraft, wenn sie am ende der saison absteigen (kleine vereine) oder kein meister werden (große vereine). auch wenn sie viel zu viel geld verdienen - im großen und ganzen hängt das, was sie verdienen, von der leistung ab. damit sind sie genug gestraft oder belohnt.
trainer werden sogar entlassen, wenn die spieler schlecht spielen.
hier gehts nicht um hilfsmittel, sondern um tuchels verhalten. und im vergleich zu den fehlern, die die schiedsrichter machen (sei es aus absicht, unfähigkeit oder arroganz), steht tuchel sogar noch gut da. verwunderlich eigentlich, dass tuchel hier per blog angegriffen wird, während klopp und watzke außen vor bleiben...
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noobles
26.02.2013 | 15:36 Uhr
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noobles : 
26.02.2013 | 15:36 Uhr
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noobles : 
riquelminho :

"....mir geht es nur um die inflationäre und scheinheilige heraushebung der vorbildsfunktion."

amen. daran störe ich mich ungemein.
man bekommt den eindruck als ob wir in einer welt, aus blümchen und seifenblasen leben würden, wenn es im fussball keinerlei emotionen gäbe.
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riquelminho
MODERATOR
26.02.2013 | 15:44 Uhr
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26.02.2013 | 15:44 Uhr
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@Zman

also mich wundert nicht, dass sich voegi tuchel und nicht klopp&watzke gewidmet hat. zum einen die aktualität... zum anderen ist tuchel als trainer von mainz auch deutlich rückhaltloser als klopp. diesen wiederum ins moralische kreuzfeuer zu nehmen, das hätte als bayern-supporter verfänglich werden können hier, denk ich an watzkes fußtrupp
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Zman
26.02.2013 | 15:49 Uhr
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Zman : @riquelminho
26.02.2013 | 15:49 Uhr
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Zman : @riquelminho
das versteh ich .
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