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12.06.2012 um 08:41 Uhr
Ultra Interview 2-2
Manni: Heute wird am Zaun gezündet, dann schwenkt man zweimal rundrum und das wars. Das Verletzungsrisiko ist verschwindend gering.

Norman: Aber auch da gibt es wieder das Problem, das zu wenige wirklich wissen was wir da wollen. Auch wir wollen nicht, dass besoffene Leute eine 1200° heiße Fackel einfach so rumschwenken dürfen. Deshalb gibt es von uns das Konzept das auf dem Tisch liegt und das leider die wenigsten kennen. Wenn jemand das Konzept kennt und trotzdem dagegen ist, dann ist das ja auch in Ordnung, wir wollen ja keinem unsere Meinung aufzwingen. Aber es ist nicht zu viel verlangt, dass man sich mit den Argumenten die wir haben auseinandersetzt.

Manni: Da sind aber auch wir in der Pflicht hier Lobbyarbeit zu betreiben und die Leute über das aufzuklären, was wir eigentlich wollen und vor allem wie wirs wollen.

Ist das Tischtuch mit dem DFB da jetzt zerschnitten?

Norman: Ich denke schon. Erst hieß es ja, es sei rechtlich nicht möglich, dann kam ein Rechtsgutachten vom DFB das aussagt, dass es unter gewissen Gegebenheiten doch möglich ist und auf einmal will der DFB gar nichts mehr davon wissen.

Andi: Das Problem ist auch, dass viele Vereine durchaus auch mal eine andere Meinung als der DFB haben. Auch in der Pyrofrage. Aber von Seiten des DFB werden die eben dann alle auf Linie gebracht. Deshalb sehen wir im Moment eigentlich keine Möglichkeit der Einigung, eben weil der DFB es erkennbar einfach nicht will.

Manni: Wir werden jetzt einfach versuchen weiter öffentlich zu arbeiten, weiter aufzuklären und das Ganze zu entdämonisieren. Mehr können wir aktuell nicht tun.

Was bedeutet gegen den modernen Fußball?

Norman: Ich find den Satz eigentlich ein bisschen deplaziert. Für den Erhalt der Fankultur trifft es wohl besser. Man will sich einfach Dinge wie Fahnen, Doppelhalter, Choreos usw. erhalten, dass es da keine Vorgaben gibt oder auch sagen kann, was man gern machen würde. Und dazu gehört auch, dass der Fußball immer mehr verkauft wird. Mainz 05 verkauft sich auf Teufel komm raus als Karnevalsverein, Lautern als Traditionsverein, Pauli als alternativer Verein. Jeder Verein hat so sein Image das ausgeschlachtet wird. Wobei auch in Mainz, das Image des Karnevalsvereins trägt nicht jeder hier aber es wird so dargestellt weil man sie ein Gesicht in der Masse gibt.

Andi: Der Fußball wird einfach nicht mehr so zentral dargestellt wie es sein sollte. Es geht um 11 Leute auf dem Platz, es geht um einen Ball und darum, dass man möglichst weit oben in der Tabelle steht.

Manni: Heute werden Tore von demunddem präsentiert, Auswechslungen von demunddem, sogar Verletzungen werden heute schon von jemandem präsentiert.

Norman: Moderner Fußball ist für mich auch die Disco-Loge in unserem neuen Stadion. Da blitzt das ganze Spiel über das Strobolicht und laute Musik läuft. Ich behaupte einfach mal dass keiner, der da rein geht Interesse daran hat das Spiel zu sehen! Es wird einfach als Lobby genutzt und gleichzeitig wird der Platz für die, die sich wirklich für Fußball interessieren geringer.

Manni: Oder dass auf der Haupttribüne heute kaum noch Mainz 05-Fans sitzen. Dort gibt es Geschäftsbereiche, in denen Firmen ihre 8 Plätze haben und dann werden eben Geschäftspartner eingeladen. Die schauen sich das Spiel an, kommen nichtmal pünktlich zum Anstoß raus und wies ausgeht ist ihnen mehr oder weniger egal.

Andi: Was da geschehen ist ist eh eine Sauerei. Leute, die seit Jahren auf der Haupttribüne ihre Dauerkarte haben mussten auf die Gegentribüne ausweichen, weil der Businessbereich so groß werden musste. Heute weiß man, er ist zu groß. Das hat nichts mehr mit Fußball zu tun!

Manni: Wobei man den Leuten, die das wahrnehmen kein Vorwurf zu machen ist. Das Problem sind mehr die Vereine, die meinen diese Plattform bieten zu müssen und sich so verkaufen. Wobei es auch schizophren ist, denn das, was wir als Ultras machen, was die normalen Fans machen, das wird vom Verein ja auch verkauft, also der Verein wirbt ja auch damit.

Andi: In den Werbebroschüren sind sogar Bilder unserer Pyroaktionen drin, um die einzigartige Stimmung in der Coface-Arena zu vermarkten.

Norman: Nur so wird ein Verein ja auch attraktiv. Ein Verein, in dessen Stadion nichts los ist ist schlicht nicht attraktiv. Deshalb ist es ja auf der einen Seite logisch, dass mit uns geworben wird, auf der anderen Seite nimmt man uns aber zunehmend die Luft das zu tun mit dem dann wieder geworben werden soll. Es ist nunmal etwas anderes wenn die Fans etwas auf die Beine stellen oder wenn der Verein zur Stadioneröffnung einem Veranstalter eine Summe gibt, damit der eine Choreographie mit kleinen Kindern (zum Stadionumzug) und einem Roboter, der Feuersäulen schießt aufzieht. Das passt einfach nicht zu Mainz 05 und auch nicht zum Fußball.
Was natürlich auch irgendwann zu einer Radikalisierung führen wird. Denn so zeigt man den Leuten einfach, dass man sie eigentlich nicht mehr haben will bzw. sie nur noch Mittel zum Zweck sind und beschneidet ihren Lebensraum immer weiter.

Andi: Was aber auch schon in den kleineren Ligen anfängt. Wenn in der Kreisliga angefangen wird, für Spieler Geld zu bezahlen, dann ist das keine Verhältnismäßigkeit mehr. Die werden dadurch kaputt gemacht und das kann ja nicht unser Anspruch sein.

Was macht ihr neben dem Platz?

Norman: Es gibt da das ganz normale Gruppenleben, wie in jedem normalen Verein auch. Es gibt Fußballturniere, wir haben auch schon eine Weinbergsfahrt gemacht, wie in jedem Schützenverein eigentlich. Daneben machen wir aber auch noch verschiedene Workshops wie Anti-Rassismus.

Andi: Wir versuchen darüber auch, die jungen Leute ranzuholen damit die dann nicht orientierungslos irgendeinen Blödsinn machen. Und so auch der Jugend zu zeigen, was Ultras überhaupt sind, da viele mit falschen Vorstellungen ankommen. Und natürlich unterstützen wir den Verein auch bei seinen Charity-Aktionen (Mainz 05 hilft e.V.). Das ist dann eine Selbstverständlichkeit, dass wir da mithelfen.

Manni: Wir haben da als starke Ultragruppe ja auch die Pflicht, solche Verantwortungen wahrzunehmen und das wollen wir auch. Wir haben die Leute, wir haben die Ressourcen, also helfen wir da auch immer gern mit.

Andi: Wir nehmen im Stadion eine exponierte Stellung ein, und daraus erwächst schon in gewisser Weise die Pflicht, so etwas dann zu machen und sich da mit einzubringen. Und es geht ja nicht nur um den Verein, es geht ja auch darum, dass wir unsere Stadt repräsentieren.

Manni: Und der Anti-Diskriminierungsgedanke steht bei uns über allem. Wir gehen auch bei uns gegen jede Form der Diskriminierung vor. Das Wort Schwuchtel ist beispielsweise fast komplett aus dem Block verschwunden, einfach weil wir den Leuten auch klarmachen, wie verletzend und diskriminierend sowas sein kann.

Ich danke euch!


Aufrufe: 7878 | Kommentare: 35 | Bewertungen: 13 | Erstellt:12.06.2012
ø 7.8
Ultras  |Ultra  |Interview  |2-2  |
KOMMENTARE
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Lionel3061
15.06.2012 | 19:57 Uhr
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Lionel3061 : 
15.06.2012 | 19:57 Uhr
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Lionel3061 : 
Sehr interessantes Interview. Für mich als Dynamo Dresden Fan ist das Thema ja auch aller paar Wochen aktuell. Beim Thema um den "modernen Fußball" haben Sie einen interessanten Punkt angesprochen. Nämlich das es hauptsächlich um Fußball gehen soll und nicht um irgendwelche Shows drumherum. Das sollten sich auch hier einige Fans mal hinter dir Ohren schreiben. Es geht nicht um Pyro oder irgendwelche Konflikte mit der Polizei, sondern einfach um diesen geilen Sport. Das Engagement der Dresdner Ultras ist mit ihren Choreos schon richtig geil. Brauch es dazu wirklich noch ne Feuershow auf den Rängen.Die Stimmung ist schon so genial genug. Dieser ganzen Diskussion wird viel zu viel Bedeutung geschenkt. Durch den erlaubten Einsatz von Pyrotechnik würde sich doch genau dieser Eventcharakter genauso ergeben. Das Event würde dann halt nur von den Fans ausgehen und nicht von irgendwelchen Funktionären. Ab er die Fokussierung auf den Fußball an sich würde genauso geringer werden.
Vielleicht sehe ich das auch alles anders weil ich eher Fan von der Sportart Fussball bin, als diese bedingungslose Vereinsliebe Tag für Tag zu zelebrieren.
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Friccs
16.06.2012 | 10:41 Uhr
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Friccs : 
16.06.2012 | 10:41 Uhr
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Friccs : 
Hier wird immer so getan als ob Ultras für die Stimmung veranwortlich wären. Mir hängt dieser dauerbeschallende soßenartige Einheitsbrei dermaßen zum Hals raus. Da gefällt mir die situations- und spielbezogene Stimmung in England viel besser. Stimmung gab's in den Stadion schon lange bevor es die Ultras gab und mich kotzt es an dass die Herren meinen sie hätten selbige für sich gepachtet.
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pj667
17.06.2012 | 12:08 Uhr
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pj667 : 10 !!!
17.06.2012 | 12:08 Uhr
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pj667 : 10 !!!
Richtiges Thema und super Interview.

Volle 10!
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JägermeisterB
18.06.2012 | 11:37 Uhr
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18.06.2012 | 11:37 Uhr
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ich find die Kommtentare hier z.T. mehr als traurig. wenn man sich nicht ernsthaft mit dem Thema auseinander setzt, sollte man auch nicht über diese Leute urteilen.
Damit ist man auch nicht besser, als die die man kritisiert.



"hab nach dem ersten Satz aufgehört zu lesen" - na herzlichen Glückwunsch...
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MagnumSuperShape
19.06.2012 | 16:17 Uhr
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19.06.2012 | 16:17 Uhr
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Erstmal Bailey, danke für den Klasse Blog, war sehr interessant zu lesen. insgesamt 4 Mal 10 Punkte!

Meinen Standpunkt zu Ultras habe ich wohl nach dem ersten Teil schon (zu) ausführlich klar gemacht. Er hat sich durch die Fortsetzung nicht geändert.

Einige Kommentare hier sind ebenfalls interessant und erschreckend zugleich. Auf unterstem Niveau zu beleidigen und im selben Satz an Vernunft, Intelligenz oder Recht und Ordnung zu appellieren... Hallo?

Zu den Antworten der Ultras:
Am besten fand ich:
"und ich assoziiere es auch ein wenig mit Unabhängigkeit. Was auch ein Grund dafür ist, dass wir es machen obwohl es im Moment verboten ist und es Strafen dafür gibt. Wir wollen diese Strafen nicht und wir stellen uns nicht hin und machen es nur weil es verboten ist."
Das muss ich mir merken, wenn ich mal von einem Polizisten angehalten werde, weil ich mit 150 durch die Stadt gerauscht bin.

Zum Thema Lobbyarbeit: Es steht jedem frei sich politisch zu engagieren, überall. Aber Ultras machen keine Lobbyarbeit! Bailey musste sich so sehr bemühen um ein Interview zu bekommen? Da frag ich mich schon warum, wenn ja Lobbyarbeit gemacht wird. Jeder Lobbyist ist froh, wenn sein Thema in den Zeitungen erscheint. Das Problem ist nicht, dass sie von den meisten Medien in ein schlechtes Licht gerückt werden, weil diese böse sind, sondern weil die Sache an sich einfach nicht öffentlich zu vertreten ist. Die Aussage, dass Ultras Lobbyarbeit machen, ist ne Beleidigung für jeden Lobbyisten.

Solange die Ultras sich nicht ändern, werden sie den Kürzeren ziehen. Die öffentliche Meinung ist zu stark, die Ultragruppierung zu engstirnig und (Verzeihung!) dämlich diese zu ändern. Irgendwann werden sich die Leute von den Ultras distanzieren, wie sie es von den Hools getan haben. Dann gibt's ein neues Wort und irgendwann findet sich vielleicht auch eine öffentliche Akzeptanz für leidenschaftliche Fans die sich zu 100% ihrem Verein unterordnen. GANZ ohne Gewalt!
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