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15.06.2009 um 01:35 Uhr
Unersetzlich?
Gott sei Dank – es ist geschafft. Cristiano Ronaldo spielt jetzt bei Real Madrid und die wohl nervtötendste Transfersaga der letzten Jahre ist endlich zu Ende. Bleibt er, geht er, will er überhaupt gehen, darf er denn gehen? Über ein Jahr hat es gedauert, bis sich Ronaldos Traum von Real Madrid erfüllt hat. Nun hat er seinen Willen und wir unsere Ruhe – gut so!

Ob er die mehr als 90 Millionen Euro Ablöse wert ist, darüber will ich mir weder den Kopf zerbrechen, noch will ich es diskutieren. Nicht nur, weil ich in nächster Zeit gerne möglichst wenig von Herrn Ronaldo hören will. Nein, das liegt eher daran, dass ich mich noch daran erinnern kann, wie Tony Woodcock 1979 von Nottingham Forest zum 1. FC Köln wechselte. Für 2,5 Millionen DM. Und schon damals wurde diskutiert, ob ein Fußballer so viel Geld wert sein kann. Und ich kann mich einfach nicht 30 Jahre lang über das gleiche Thema ereifern. Jedenfalls gibt es jemand, der bereit ist, die Summe auf den Tisch zu legen.

Sportlich ist der Wechsel von Manchester United zu Real Madrid allerdings kein Schritt nach vorne. Klar, Real hat eine grandiose Vergangenheit (und vielleicht auch eine grandiose Zukunft). Aber aktuell hat United drei Mal in Folge die Meisterschaft in der stärksten Liga der Welt gewonnen und dazu zwei Mal das Finale der Champions League erreicht und eins davon gewonnen. Ganz klar: Egal wohin Ronaldo gewechselt wäre, es wäre sportlich ein Abstieg gewesen. Zumindest international war Real Madrid von solchen Erfolgen zuletzt jedenfalls meilenweit entfernt.

Klar ist aber, dass Ronaldos Abgang eine gute Nachricht für die anderen großen drei im englischen Fußball ist. Manchester United ist durch den Weggang des Portugiesen nämlich nicht besser geworden. Ich denke, Rafa Benitez konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ronaldo eins zu eins ersetzen wird auch mit mehr als 90 Millionen Euro kaum funktionieren. Denn Cristiano Ronaldo kann fast alles. Er ist extrem schnell, dribbelstark, trotzdem groß und kräftig, ein erstklassiger Kopfballspieler, ausgestattet mit einem gewaltigen Schuss und einer Freistoßtechnik, die weltweit fast einzigartig ist. Früher hat er sogar noch gut nach hinten gearbeitet. Und jetzt zeigt mir auch nur einen Spieler auf der Welt, der auf diesem Niveau ähnlich vielseitig ist. Oder nein, versucht es gar nicht erst. Es gibt keinen.

Und doch: Obwohl Ronaldo fast alles kann, wird er in diesem Jahr nicht zum Weltfußballer des Jahres gewählt werden. Diese Prognose kann man, glaube ich, jetzt schon wagen. Den Titel hat Lionel Messi so gut wie sicher. Aber im direkten Vergleich ihrer fußballerischen Fähigkeiten schneidet Ronaldo deutlich besser ab. Okay, schnell sind sie beide und dribbeln kann Messi besser. Aber über die Kategorien Kraft, Schussstärke und –technik, Kopfball und Defensive müssen wir erst gar nicht reden. Auch wenn Messi im Champions League Finale per Kopf traf und Ronaldo nicht.

Allerdings hat Cristiano Ronaldo all seine Talente in dieser Saison nicht ausgeschöpft. Klar, er war immer noch der beste Torschütze bei Manchester United und der zweitbeste der Premier League. Aber etwas war anders als in der überragenden Vorsaison, als er für einen überwiegend auf dem Flügel agierenden Spieler unglaubliche 41 Tore in allen Wettbewerben erzielte. Vielleicht war es die Verletzung zu Saisonbeginn. Vielleicht aber auch der offenbar schon feststehende Wechsel nach Madrid in diesem Sommer. Oder (in der Hinrunde) die fast sichere Wahl zum Weltfußballer des Jahres. Cristiano Ronaldo war einfach nicht mehr derselbe.

In Manchester erinnern sie sich noch an den schüchternen Jungen, der mit 18 Jahren im Nordwesten Englands ankam. An der Hand seiner Mutter, mit einer dicken Zahnspange und pickliger Stirn. Und vergleichen ihn mit dem Mann, der versuchte, das diesjährige Champions League-Finale zu einer Ronaldo-Soloshow zu machen, in dem er ständig, auch aus fast unmöglichen Lagen, noch den Abschluß suchte. Und sie sagen: das ist nicht mehr der gleiche Spieler. Und es ist auch nicht mehr der gleiche Mensch.

Wann genau der Punkt kam, an dem Ronaldo offenbar dachte, dass sich alles nur noch um Ronaldo dreht, das kann keiner genau sagen. Aber man kann sehr wohl den Tag festmachen, an dem auch für jeden Außenstehenden klar wurde, dass der Portugiese nur noch in seiner eigenen Welt lebt. Es war jener Tag, an dem eine spezielle Pressekonferenz anberaumt worden war, um den Opfern der Flugzeugkatastrophe von München zu gedenken. 1958 war die halbe Mannschaft von Manchester United tödlich verunglückt. Das "Munich Air Disaster" ist DAS prägende Ereignis der United-Geschichte. Auf dem Podest saß Wayne Rooney, der sich den Fragen der Anwesenden Journalisten stellte. Bis Ronaldo in die PK platzte und sich bei Rooney beschwerte, wo er denn bitte so lange bleibe. Er habe doch versprochen ihn mitzunehmen. Ein derartiger Mangel an Respekt vor der Geschichte des eigenen Teams ist einfach unverzeihlich.

Auf dem Feld leistete sich Ronaldo ebenfalls Aussetzer, die man so von ihm nicht kannte. Im Champions League-Viertelfinale gegen Porto verschuldete er im ersten Durchgang zwei Ballverluste in der eigenen Hälfte, einer davon führte direkt zu einem Gegentor. Beide Male drehte er ab, ohne nachzusetzen und ohne zu versuchen, den Ball zurückzuerobern. So etwas hätte er sich vorher nie erlaubt. Aber offenbar hatte er zu diesem Zeitpunkt längst aufgehört, seinem Trainer zuzuhören.

Und so ist Cristiano Ronaldo in Manchester ein echtes Paradox geworden. Der potentiell beste Spieler der Welt, der durch keinen anderen eins-zu-eins ersetzt werden kann. Und auf den man in Manchester trotzdem gut verzichten kann.

Bis bald,
Andreas


Aufrufe: 22824 | Kommentare: 121 | Bewertungen: 64 | Erstellt:15.06.2009
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KOMMENTARE
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Siled
15.06.2009 | 11:48 Uhr
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Siled : 
15.06.2009 | 11:48 Uhr
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Siled : 
@dannyheffernan
das kannst du aber nicht bringen, sowas ist respekt-/ Charakterlos und zeigt dass er sich einen scheiß für die Vereinshistorie interessiert.

Du gehst ja auch nicht mit nem weißen Anzug auf ne Beerdigung und fragst dann mittendrin den vorredner wie lange es noch dauert weil du noch ein Date hast
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riesery
15.06.2009 | 11:49 Uhr
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riesery : 
15.06.2009 | 11:49 Uhr
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riesery : 
@Andreas Renner

Auch wenn ich öfters ihren Blogs sehr kritisch gegenüberstehe besonders wenn es sich um den FCB handelt,muss ich hier ganz klar 10 P verteilen, weil der Blog hervorragend geschrieben ist und inhaltlich mir und vielen anderen Fußballfans aus der Seele spricht, ohne den direkten Konfrontationskurs mit den Ronaldo Fans zu suchen.

Mit das Beste was ich bei Spox in Blogform je gelesen hab.Daumen hoch dafür
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Mara
15.06.2009 | 11:52 Uhr
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Mara : 
15.06.2009 | 11:52 Uhr
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Mara : 
Ein sehr schöner Artikel!Auch die Beschreibung mit dem Wandel von Ronaldo gefällt mir sehr.Zweifellos 10 Punkte
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Lucfof
15.06.2009 | 11:53 Uhr
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Lucfof : 
15.06.2009 | 11:53 Uhr
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Lucfof : 
Wieder ein sehr gelungener Blog. 10 Punkte.
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FanBoyNinety
15.06.2009 | 11:55 Uhr
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15.06.2009 | 11:55 Uhr
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Finde den Blog okay.
Ronaldos Spielstärke und seinen Wert für ManUtd mit der Arroganz und Charakterschwäche herunterzuspielen, hört sich für mich ein wenig nach Mutmache für Fans an... ("Wir sind ohne ihn eh besser dran")
Aber Fakt ist: Das Team muss sich erst einmal dran gewöhnen, dass Ronaldo nicht mehr die Hälfte der Spiele mit dem knappen 1:0-Siegtreffer (oft völlig entgegen des Spielverlaufs) entscheiden wird.

@Gooner4ever
Ronaldo sah gegen Chelsea/ A.Cole auch immer alt aus. Da kannst du Messi keinen Vorwurf machen. Höchstens, dass ihn selbst Bosingwa locker in die Tasche gesteckt hat. (Der hatte so seine Probleme mit dem Cristiano)
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Il_Torres
15.06.2009 | 11:56 Uhr
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Il_Torres : 
15.06.2009 | 11:56 Uhr
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Il_Torres : 
du hast vergessen das es noch dazu in madrid viel wärmer ist als in manchester ;)
noch ein grund für den portugiesen nach madrid zu wechseln
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dannyherffernan
15.06.2009 | 12:03 Uhr
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dannyherffernan : @siled
15.06.2009 | 12:03 Uhr
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dannyherffernan : @siled
natürlich ist es nicht okaxy, aber es als unverzeihlich zu bezeichnen ist auch ne große Nummer !

und noch zu Ronaldo : Mir fehlt einfach die Magie, wie es ein Zidane,Ronaldo#9, oder auch ein Rivaldo hatten !!!!

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CR7ManUtd
15.06.2009 | 12:05 Uhr
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CR7ManUtd : 
15.06.2009 | 12:05 Uhr
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CR7ManUtd : 
sehr starker Blog.
Ich stimme mit jedem Punkt überein.
Besonders das Interview, welches ich gestern von ihm gelesen habe, lässt mich nur noch hoffen, dass er nicht total abdreht.
Er ist der Beste, aber er muss immer weiter an sich arbeiten um nicht abzufallen wie ein Ronaldinho beispielsweise.

dannyherffernan :
Kann noch kommen - Mit 24 war Zidane auch noch nicht der, den wir heute kennen.
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ShaneVansen
15.06.2009 | 12:11 Uhr
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ShaneVansen : Paradox
15.06.2009 | 12:11 Uhr
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ShaneVansen : Paradox
Dafür, dass Du möglichst wenig von Ronaldo hören willst, schreibst Du aber ziemlich viel über ihn...
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boris_dumb
15.06.2009 | 12:46 Uhr
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boris_dumb : 
15.06.2009 | 12:46 Uhr
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boris_dumb : 
@youngvisionNet

Ich stelle Messi nicht als Kopfhelden dar, sondern sage lediglich, dass er von der Technik her das Kopfballspielen schon drauf hat, die Physis ihm aber einfach abgeht. Denn mal ehrlich, Kopfballspielen ist kein Bestandteil der Filigrantechniker, wenn das sogar Mertesacker hinkriegt ;)

@gooner4ever

Chelsea hat auch bombastisch verteidigt gegen Barca, zwar für meinen Geschmack etwas zu destruktiv, aber dennoch spitze. Es ist doch klar: wenn die Order ist Messi sofort mit 2 Spielern zwischen die Beine zu hauen, sobald er den Ball schief anguckt, kann er sein Spiel nicht aufziehen, aber wer kann das schon? Ronaldo sicher nicht, der macht eher noch Frustfouls, wenn nichts mehr geht. Siehe CL-Finale.

Auch in der portugiesischen Nationalelf leistet er sich in wichtigen Spielen gerne mal 90 Minuten Totalaussetzer, sowas darf nicht passieren. Das wird Ballack ja auch nicht verziehen.
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