24.02.2009 um 18:51 Uhr
Unsportlich oder professionell?
Die Bundesliga wird dieser Tage von einem vermeintlichen Doping-Skandal erschüttert. Die Hoffenheimer Spieler Janker und Ibertsberger sind nach der Partie in Mönchengladbach zehn Minuten zu spät zur Dopingkontrolle erschienen und müssen jetzt eine langwierige Sperre fürchten. Für mehr Aufsehen als dieser Formverstoß sorgt derzeit aber die Reaktion der Mönchengladbacher, die gegen die Wertung des Spiels Protest eingelegt haben. Wie ist das Vorgehen der Borussia zu werden: Unsportlich oder professionell?
Versuchen wir also einmal, die Dinge ganz nüchtern zu bewerten. Was hat Borussia Mönchengladbach getan. Die sportliche Leitung um Sportdirektor Max Eberl hat sich entschieden, Einspruch gegen die Wertung des Spiels einzulegen und war aus Fristgründen gezwungen, diesen Schritt bereits jetzt – einen Tag nach Bekanntwerden des Vorfalls – zu gehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die sportjuristische Bewertung der Geschehnisse vom 7. Februar bislang noch gänzlich im Dunklen liegt. Einen Präzedenzfall hat es im deutschen Fußball nicht gegeben. Von daher erscheint es jedenfalls als klug, sich durch ein rechtzeitiges Vorgehen alle Möglichkeiten offen zu halten. Jeder Rechtsanwalt würde seinem Mandanten Gleiches empfehlen: Im Zweifel Einspruch einlegen und damit die Frist wahren, ehe einem aus formalen Gründen die Hände gebunden sind.
Soweit also der juristische Aspekt. Unter sportmoralischen Gesichtspunkten muss die Beurteilung hingegen anders ausfallen. Wenn Gladbach die Wertung aus rein formalen Gründen anficht, die mit dem Ablauf des Spiels selbst nichts zu tun haben, so ist dies nicht nur kleinkariert, sondern ein klarer Verstoß gegen das Fair-Play-Angebot. Gladbach und Hoffenheim haben sich auf dem Platz Unentschieden getrennt. Ein darauffolgender Formverstoß darf den Ausgang des Spieles nicht tangieren. Dies wäre mit Sportsgeist einfach nicht zu vereinbaren.
Nun ist dies mit der Sportmoral aber so eine Sache. Für den neutralen Beobachter im Stadion und am Bildschirm mögen die Dinge klar sein: Fair Play geht vor. Und deshalb verwundert es nicht, wenn die Repräsentanten der großen Vereine, ob sie nun Völler, Beiersdorfer oder Müller heißen, das Gladbacher Vorgehen mit Schaum vor dem Mund anprangern. Aber ist dieser Aufschrei der Empörung wirklich glaubwürdig?
Immerhin wurde in der Vergangenheit des Öfteren Einspruch gegen Spielwertungen erhoben. Und nicht immer ging es hier um eklatante Verfehlungen, die den Ausgang des Spiels offensichtlich beeinflusst haben. Manchmal lagen bloß rein formale Verstöße vor, die nur öffentlich als spielbeeinflussend verkauft wurden.
Man denke hierbei auch an den Einsatz nicht spielberechtigter Akteure. Hier scheint auf den ersten Blick klar zu sein, dass das Mitwirken eines nicht zugelassenen Spielers Einfluss auf das Resultat hatte und daher die Aufhebung der Spielwertung zur Folge haben musste. Juristisch ist dem so – aber auch sportlich? Nehmen wir nur einmal das Beispiel der Partie Eintracht Frankfurt gegen Bayern München aus der Saison 94/95, in der die Münchener ohne vorherige Genehmigung (versehentlich) einen vierten Amateur einsetzten. War es hier wirklich mit dem Sportsgeist zu vereinbaren, dass sich Eintracht Frankfurt auf eine ausgebliebene Genehmigung, der im Übrigen entsprochen worden wäre, berief? Hätte das Spiel einen anderen Verlauf genommen, wäre der erforderliche Antrag vor Spielbeginn gestellt worden? Schwächt sich eine Mannschaft durch den Einsatz von Amateuren nicht selbst?
Juristisch mögen diese Fragen irrelevant sein. Hier gilt der Grundsatz „Fehler ist Fehler", ohne dass eine Kausalität nachgewiesen werden müsste. An dieser Stelle aber soll es um den von allen Seiten so emphatisch hochgehaltenen Sportsgeist gehen. Und der hat, wie dieses Beispiel zeigt, häufiger Schaden genommen, als es seine selbsternannten Fürsprecher wahrhaben mögen.
Fazit: Wenn ein Verein eine Chance sieht, die Punktebilanz am grünen Tisch aufzubessern, dann wird er diese Möglichkeit in aller Regel auch nutzen. Die große Welle der Entrüstung ist daher nur vordergründig zu begrüßen. Sie steht in Einklang mit dem Empfinden der meisten Fußball-Fans, widerspricht aber der Praxis der Vergangenheit und entbehrt daher nicht einer gewissen Scheinheiligkeit. Umgekehrt sollte man den Herren Völler & Co., die sich jetzt so leidenschaftlich ob der Gladbacher Kaltschnäuzigkeit ereifern, die Chance geben, zukünftig ihren Sportsgeist unter Beweis zu stellen. Man darf gespannt sein, wie sie in einer ähnlichen Situation agieren werden.
Und noch etwas: Die gesamte Diskussion verläuft unter der Prämisse, dass es sich bei dem Hoffenheimer Versäumnis um einen reinen Formfehler handelt, der mit einem aktiven Dopingverstoß nichts zu tun hat. Dies ist richtig so, nicht nur weil ein Dopingvorwurf abwegig erscheint, sondern auch weil zugunsten der Sportler die Unschuldsvermutung gilt. Und dennoch sollte man sich mit voreiligen Urteilen zurückhalten, solange die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Dies ist auch Teil einer sachlichen und aufgeregten Bewertung der Geschehnisse.
Versuchen wir also einmal, die Dinge ganz nüchtern zu bewerten. Was hat Borussia Mönchengladbach getan. Die sportliche Leitung um Sportdirektor Max Eberl hat sich entschieden, Einspruch gegen die Wertung des Spiels einzulegen und war aus Fristgründen gezwungen, diesen Schritt bereits jetzt – einen Tag nach Bekanntwerden des Vorfalls – zu gehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die sportjuristische Bewertung der Geschehnisse vom 7. Februar bislang noch gänzlich im Dunklen liegt. Einen Präzedenzfall hat es im deutschen Fußball nicht gegeben. Von daher erscheint es jedenfalls als klug, sich durch ein rechtzeitiges Vorgehen alle Möglichkeiten offen zu halten. Jeder Rechtsanwalt würde seinem Mandanten Gleiches empfehlen: Im Zweifel Einspruch einlegen und damit die Frist wahren, ehe einem aus formalen Gründen die Hände gebunden sind.
Soweit also der juristische Aspekt. Unter sportmoralischen Gesichtspunkten muss die Beurteilung hingegen anders ausfallen. Wenn Gladbach die Wertung aus rein formalen Gründen anficht, die mit dem Ablauf des Spiels selbst nichts zu tun haben, so ist dies nicht nur kleinkariert, sondern ein klarer Verstoß gegen das Fair-Play-Angebot. Gladbach und Hoffenheim haben sich auf dem Platz Unentschieden getrennt. Ein darauffolgender Formverstoß darf den Ausgang des Spieles nicht tangieren. Dies wäre mit Sportsgeist einfach nicht zu vereinbaren.
Nun ist dies mit der Sportmoral aber so eine Sache. Für den neutralen Beobachter im Stadion und am Bildschirm mögen die Dinge klar sein: Fair Play geht vor. Und deshalb verwundert es nicht, wenn die Repräsentanten der großen Vereine, ob sie nun Völler, Beiersdorfer oder Müller heißen, das Gladbacher Vorgehen mit Schaum vor dem Mund anprangern. Aber ist dieser Aufschrei der Empörung wirklich glaubwürdig?
Immerhin wurde in der Vergangenheit des Öfteren Einspruch gegen Spielwertungen erhoben. Und nicht immer ging es hier um eklatante Verfehlungen, die den Ausgang des Spiels offensichtlich beeinflusst haben. Manchmal lagen bloß rein formale Verstöße vor, die nur öffentlich als spielbeeinflussend verkauft wurden.
Man denke hierbei auch an den Einsatz nicht spielberechtigter Akteure. Hier scheint auf den ersten Blick klar zu sein, dass das Mitwirken eines nicht zugelassenen Spielers Einfluss auf das Resultat hatte und daher die Aufhebung der Spielwertung zur Folge haben musste. Juristisch ist dem so – aber auch sportlich? Nehmen wir nur einmal das Beispiel der Partie Eintracht Frankfurt gegen Bayern München aus der Saison 94/95, in der die Münchener ohne vorherige Genehmigung (versehentlich) einen vierten Amateur einsetzten. War es hier wirklich mit dem Sportsgeist zu vereinbaren, dass sich Eintracht Frankfurt auf eine ausgebliebene Genehmigung, der im Übrigen entsprochen worden wäre, berief? Hätte das Spiel einen anderen Verlauf genommen, wäre der erforderliche Antrag vor Spielbeginn gestellt worden? Schwächt sich eine Mannschaft durch den Einsatz von Amateuren nicht selbst?
Juristisch mögen diese Fragen irrelevant sein. Hier gilt der Grundsatz „Fehler ist Fehler", ohne dass eine Kausalität nachgewiesen werden müsste. An dieser Stelle aber soll es um den von allen Seiten so emphatisch hochgehaltenen Sportsgeist gehen. Und der hat, wie dieses Beispiel zeigt, häufiger Schaden genommen, als es seine selbsternannten Fürsprecher wahrhaben mögen.
Fazit: Wenn ein Verein eine Chance sieht, die Punktebilanz am grünen Tisch aufzubessern, dann wird er diese Möglichkeit in aller Regel auch nutzen. Die große Welle der Entrüstung ist daher nur vordergründig zu begrüßen. Sie steht in Einklang mit dem Empfinden der meisten Fußball-Fans, widerspricht aber der Praxis der Vergangenheit und entbehrt daher nicht einer gewissen Scheinheiligkeit. Umgekehrt sollte man den Herren Völler & Co., die sich jetzt so leidenschaftlich ob der Gladbacher Kaltschnäuzigkeit ereifern, die Chance geben, zukünftig ihren Sportsgeist unter Beweis zu stellen. Man darf gespannt sein, wie sie in einer ähnlichen Situation agieren werden.
Und noch etwas: Die gesamte Diskussion verläuft unter der Prämisse, dass es sich bei dem Hoffenheimer Versäumnis um einen reinen Formfehler handelt, der mit einem aktiven Dopingverstoß nichts zu tun hat. Dies ist richtig so, nicht nur weil ein Dopingvorwurf abwegig erscheint, sondern auch weil zugunsten der Sportler die Unschuldsvermutung gilt. Und dennoch sollte man sich mit voreiligen Urteilen zurückhalten, solange die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Dies ist auch Teil einer sachlichen und aufgeregten Bewertung der Geschehnisse.
Aufrufe: 4570 | Kommentare: 26 | Bewertungen: 9 | Erstellt:24.02.2009
ø 8.9
KOMMENTARE
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25.02.2009 | 13:27 Uhr
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vengo : objektiv und nüchtern
"..Versuchen wir also einmal, die Dinge ganz nüchtern zu bewerten. Was hat Borussia Mönchengladbach getan. Die sportliche Leitung um Sportdirektor Max Eberl hat sich entschieden, Einspruch gegen die Wertung des Spiels einzulegen und war aus Fristgründen gezwungen, diesen Schritt bereits jetzt – einen Tag nach Bekanntwerden des Vorfalls – zu gehen..."zu einer "ganz nüchternen" bewertung gehört es auch nicht zu unterschlagen, dass der einspruch auf hinweis des DFB, dass es für den verein B. Mönchengladbach "rechtliche konsequenzen" geben könnte überhaupt erst mal zustande kam.
die oft getätigte darstellung in den medien, dass Eberl von sich selbst reagiert hat, ist definitiv falsch.
ferner kommt dieser einspruch nur zum tragen, nachdem es eine "etwaige entscheidung" gegeben hat.
und es gehört auch dazu, zu betonen, dass es regeln gibt, die eingehalten werden müssen, dafür sind sie da.
es gehört dazu, zu erwähnen, dass Herr Rangnick sich in absolute widersprüche verwickelt hat, von "teamsitzung bis trikots und war schon immer so" alles mögliche erzählt, auch das kommt bei ihrer "nüchternen betrachtung" nicht vor.
zu denen, die da aufschreien.
ich träumte:
vorletzter spieltag. Hoppenheim gegen Bayern, es geht um die CL. zwei Bayern kommen zu spät zur dopingkontrolle ...
letzer spieltag. Hoppenheim bei Rangnicks ex-club Schalke, es geht um die internationalen plätze. zwei Schalker kommen zu spät zur dopingkontrolle ...
Rangnick: "wir erklären uns solidarisch und sch**** auf das internationale geschäft" NeuBeiersVöller: "Blödmann"
oder so?
vorletzter spieltag. MSV bei Lautern, es geht um den aufstieg. zwei Pfälzer kommen zu spät zur dopingkontrolle ...
Tanz, Peterle, tanz
gruß
WJ
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25.02.2009 | 13:39 Uhr
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Hauser29 :
also meine meinung ist hier ganz klar...gladbach musste hier einspruch einlegen...alleine schon um nachher nicht als depp dazustehen. moral hat in diesem geschäft nun mal nichts verloren...es geht ja auch keiner nach ner schwalbe zum schiri und sagt, war kein elfer...hab mich fallen gelassen. zu dem gibt es hier klare regeln, was das thema doping angeht. es ist zwar nur ein formfehler, aber man sollte im fußball es driglich vermeiden, so etwas als lapalie anzusehen. man aht bei anderen sportarten gesehen was passiert, wenn man nciht von anfang an dazwischenhaut.
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25.02.2009 | 13:49 Uhr
0
Bailey :
Mit ein bisschen Abstand zu den Ereignissen kann ich den Einspruch von Gladbach schon nachvollziehen. Es mag zwar leinkariert anmuten, ist aber aus zweierlei Gründen zumindest verständlich: Erstens kämpft Gladbach um jeden Punkt im Abstiegskampf. Von daher könnten sie die zwei Punkte sicherlich gebrauchen (gesetzt den Fall, es wird 2:0 für Gladbach gewertet und kein Wiederholungsspiel angesetzt. Für eine Wertung sprechen die Statuten, für ein Wiederholungsspiel Premiere). Zweitens gab es ein solches Vorkommnis bislang noch nicht in der Liga, zumindest ist es noch nicht so bekannt geworden. Insoweit hat Horst Heldt Recht, wenn er sagt, dass Gladbach schon allein aufgrund des allgemeinen Klärungsinteresses an diesem Fall Einspruch einlegen musste, um auch eine Aufklärung für alle Seiten sicherzustellen. Von daher kann ich den Einspruch der Gladbacher vollkommen nachvollziehen, sowohl aus sportlichen als auch aus juristischen Gründen.Ob das Ganze jetzt sportmoralisch in Ordnung war oder nicht steht auf einem völlig anderen Blatt Papier, doch selbst in sportmoralischer Hinsicht finde ichs nicht anstößig, da so eine Art Selbstkontrolle unter den Fussballvereinen im Thema Doping demonstriert wird und gerade nicht die im Radsport verbreitete Haltung "Wir alle gemeinsam gegen die Kontrolleuer" Das ist die andere Seite der Medaille (3 Euro ins Phrasenschwein)
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25.02.2009 | 13:52 Uhr
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euro :
Nehmen wir an ihr bekommt einen Brief von der Polizei, in dem steht: "Herr Mustermann hat Ihnen evtl Schaden zugefügt, sie haben 48 Stunden Zeit Klage einzureichen ansonsten entfallen sämtliche Rechtsansprüche." Im Nachhinein kann sich allerdings immer noch rausstellen, dass es nur ein Missverständnis war und ihr die Klage fallen lassen könnt.........und ihr verzichtet schon von vornherein drauf?
Mehr hat Gladbach schließlich noch nicht getan, als sich evtl Rechtsansprüche nicht entgehen zu lassen.
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25.02.2009 | 13:58 Uhr
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vengo : @euro :
auf den punkt gebracht.aber dieser aspekt, wie es überhaupt zu dem einspruch kam, wird permanent von denen, die jetzt der Borussia den "schwarzen Peter" (*hehe) zuschieben wollen, unterschlagen.
dieser quatsch mit der moral ist an lächerlichkeit nicht überbieten.
gruß
WJ
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25.02.2009 | 15:08 Uhr
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25.02.2009 | 15:11 Uhr
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La_Pulga :
Meiner Meinung nach, stellt sich Gladbach dadurch ein Armutszeugnis aus!
Das hätte nicht sein müssen, wegen solcher Lapalien!
Schöner Blog Voegi, hast du gut zusammengefasst!
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Ich kann mich nicht erinnern, dass die TSG Hoffenheim nach dem Spielende im Rahmen des "Fair-Play-Angebots" einen Protest hinsichtlich der Annulierung dieses Abseitstores angetrebt hat.
Dennoch wird ausschließlich Borussia Mönchengladbach ein professionelles, aber moralisch verwerfliches Verhalten unterstellt.n
Gelten für die TSG Hoffenheim diesbezüglich andere Maßstäbe?