Wenn Samstag Morgen um 7.00 Uhr bei mir der Wecker klingelt, dann liegt das in der Regel daran, dass ich am Tag zuvor vergessen habe, ihn auszustellen.
Diesen Samstag lag der Fall allerdings ein wenig anders.
Denn ich stand vor der größten Herausforderung meines noch jungen Lebens.
Ich begab mich auf Tour mit dem S04-Fanclub "Oberes Johannland" zum Spiel Schalke 04 gegen meinen VfB Stuttgart.
Oder treffender formuliert: Zum Kellerduell.
Wie kam es dazu?
In einer unaufmerksamen Sekunde hatte ich gegenüber meines Spox-Freundes mythos1904 geäußert, ich wolle doch einmal die Arena auf Schalke von innen sehen.
Das Ganze gewann dann eine Eigendynamik, die also dazu führte, dass ich am dunklen Samstag Morgen auf der Autobahn Richtung Westerwald unterwegs war.

Bei mythos1904 angekommen gab es zur Begrüßung erstmal eine Tasse Kaffee, die mich also den vollen Umfang meines Unterfangens erkennen ließen. Aber bevor ich einen Rückzieher machen konnte war auch schon der Bus da, der uns zum Vereinsheim bringen sollte.
Also flugs den Bus geentert und ab ging die Fahrt.
Erfreulich war, dass auf diesem ersten Teil der Fahrt beide Fanlager zu gleichen Teilen vertreten waren, was aber maßgeblich daran lag, dass wir beiden die einzigen Fahrgäste waren.
Nachdem die restlichen knapp 50 Schalker zugestiegen waren, hatte sich dieses Kräfteverhältnis deutlich zu meinen Ungunsten verschoben.

Aber irgendwie habe ich sowas ja befürchtet.
Die Fahrt an sich war auch ein echtes Happening, die Jungs des Fanclubs ziehen da fast schon ein ganzes Animationsprogramm durch.
Nicht nur, dass nahezu das gesamte Schalker Liedgut durchexeziert wird,
es gibt, neben dem obligatorischen Tippspiel (als Schalker muss man da auf Schalke tippen, ich rechnete mir also durchaus Chancen aus) auch noch eine Verlosung.
Dass mir an diesem Tage das Glück hold sein würde zeichnete sich da schon ab, denn ich wurde für einen der Hauptpreise gezogen, ich durfte am Stadion vor dem Bus die mitgeführten Bratwürste verteilen.
Was soll man auch mit einem Schalke-Poloshirt oder gar Schal anfangen?!

Kurz vor der Stadt, die nicht genannt werden darf übernahm unser Reiseleiter das Mikrofon und stimmte die Meute auf die bevorstehende Aufgabe ein.
Es wurde erklärt, welches Liedgut in welcher Abfolge einen erwarten würde.
Und es wurde klargestellt, was bei den Mannschaftsaufstellungen zu passieren hat:

[Reiseleiter]: Wenn es dann bei den Stuttgartern heißt: Mit der Nummer 1...(zu mir) Wie heißt der mit Vornamen?
[Ich]: Sven
[Reiseleiter]: Mit der Nummer 1 - Sven ---
[Gruppe]: A*schloch!
[Reiseleiter]: Sehr gut! Und wenn es dann bei uns heißt: Mit der Nummer 21 - Christoph ---
[Aus dem hinteren Teil des Busses]: A*rschloch!
[Rest] Gelächter

Hier muss wohl noch etwas Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Aber das Abfeiern des neuen Goalgetters Klaas-Jan Huntelaar klappte schon problemlos. Alle waren also perfekt vorbereitet.

Dann kamen auch schon die Flutlichmasten des Parkstadions ins Blickfeld, wir passierten die Zeche Ewald, die Fahrt näherte sich ihrem Ziel.

Am Stadion wurden dann in einer Mordsgeschwindigkeit ein Tisch und die mitgeführten Fressalien mitgebracht und ich durfte meine ehrenvolle Aufgabe als Würstelverteiler aufnehmen.
Muss ich ziemlich gut gemacht haben, denn am Ende waren alle satt und zufrieden.

Und so setzten wir uns langsam in Richtung des modernsten Fußballtempels Europas in Bewegung, des auch schon bald aus dem verregneten Grau vor uns auftauchte.
Die Veltins-Arena auf Schalke!
Mythos1904 spendierte mir dann noch eine kleine Geländeführung, die an der alten und neuen Geschäftsstelle, am Trainingsplatz, am Schalkemuseum und an der Kneipe von Schalke-Kultfigur Charly Neumann vorbeiführte.
Als besonderes Highlight bekam ich auch noch den Platz gezeigt, auf welchen der komplette Rasen bei Bedarf unter freien Himmel gefahren werden kann, sollte man ihn in der Arena nicht brauchen.
Und ich glaube, ich habe im Geländer vor mir noch Zahnabdrücke von Uli Hoeneß gesehen, bin mir aber nicht sicher.

Noch einen kurzen Abstecher in den Fanshop und dann ging es langsam in Richtung der Nordkurve, in Richtung unserer Plätze.
Schnell noch ein Bierchen geholt und rein in den Tempel!


Blick vom Oberrang der Nordkurve

Auf einen Spielbericht verzichte ich an dieser Stelle und verweise auf den von Spox, die werden immerhin dafür bezahlt.

Aber ich muss aus meiner Sicht sagen, dass das 2:2 soweit in Ordnung geht, beide Teams hätten gewinnen können, aber beide hätten auch verlieren können.
Allerdings hilft der eine Punkt keinem so wirklich weiter.

Nach dem Spiel ging es zügig zurück zum Bus um dort die ersten Schlüsse zu ziehen.
Der meistgehört Satz war im Übrigen: Boah, der Kluge. Alternativ auch in den Variationen "Was will der denn mit Kluge!" oder "Was hat der bloss mit dem Kluge!"

Der allgemein hervorragenden Stimmung tat das Ergebnis aber zum Glück keinerlei Abschlag, und so ging es genauso zurück wie es nach Schalke gegangen war.
Unter kräftigem Absingen Schalker Vereinslieder oder auch Wolle Petrys Gassenhauer "Wir sind das Ruhrgebiet".
Nach der Hinfahrt entsprechend Textsicher schmetterte ich zumindest die Passagen mit, die ich kannte.
Und so kam es, dass ich mich kurz vor dem Sauerland dabei erwischt habe, ein "Scheisse BVB" mitzusingen/brüllen. Gehört doch einfach dazu, oder?

Nach der allgemeinen Verabschiedung am Vereinsheim fuhr der Bus mythos1904 und mich noch dahin, wo er uns aufgegabelt hatte und so machte ich mich gegen 21.30 Uhr nach einem langen aber sehr geilen Tag wieder auf den Weg nach Mainz

Fazit:
Als ich morgens losgefahren bin wusste ich nicht so wirklich, auf was ich mich da eingelassen hatte. Sämtliche Befürchtungen erwiesen sich aber als völlig unbegründet.
Die Leute vom Fanclub waren allesamt richtig gut drauf und irgendeine böse Rivalität zwischen den Fanlagern kam zu keinem Augenblick auf. Ich fühlte mich von der ersten Minute an voll im Bus aufgenommen, wenn auch der Reiseleiter ab und an auf meinen Exotenstatus hingewiesen hat.
Zitat: Der Stuttgarter singt gut mit!

Deshalb will ich mich auf diesem Weg nochmals bei mythos1904 und dem Fanclub "Oberes Johannland" bedanken.
Sie haben mir einen Einblick in das gegeben, was Schalke ist.
Schalke ist nicht nur das immer beschriebene Transfer- und Finanzchaos, Schalke ist nicht nur das Meistertrauma, Schalke ist mehr.

Schalke ist ein stolzer Verein, der seine Tradition aus dem Bergbau bis heute hochhält und pflegt.
Schalke sind treue Fans, die alles für ihren Verein geben würden und alles auf sich nehmen würden.
Bezeichnend ist mein Bild des Tages, ein geschätzt 80-Jähriges Ehepaar, dass sich kaum noch Treppen steigen könnend in die Nordkurve geschleppt hat. In voller Fanmontur.
Das ist Schalke.
Ich fands klasse!
War eine geile Tour!
Bis zum nächsten Jahr!


Glück auf!