18.09.2012 um 14:50 Uhr
Usedom reloaded?
Die gute Nachricht vorneweg: Ein zweites Usedom wird uns erspart bleiben. Wenn das ZDF an diesem Mittwoch seine Berichterstattung von der CL-Gruppenphase beginnt, wird es keine Liegestühle und kein verzücktes Boulevard-Geplauder geben. Klassische Stadion-Atmo statt Urlaubsfeeling – so oder so ähnlich lautet wohl die Losung für die Übertragungen von der europäischen Eliteklasse. Und doch bleibt das Bild von der Heringsdorfer Seebühne mit seiner Fernsehgarten-Kulisse fest eingebrannt in den Köpfen der Zuschauer – ein bleischweres Stigma, gegen das die Sportredaktion des Mainzer Senders über Jahre hinweg wird ankämpfen müssen.
Dabei ist die Herangehensweise an ein großes Sportereignis – ganz gleich, ob es sich nun um Europameisterschaft, Champions League oder Olympia handelt – vor allen Dingen eines: eine Geschmackssache. Das ZDF muss es letztlich mit sich selbst ausmachen, ob man sich der sendereigenen Zielgruppe mit Andrea-Kiewel-Stimmung an den Hals schmeißt oder nicht doch dem Anlass gemäß einen Schritt auf den (jungen) Zuschauer zu wagt. Beide Optionen sind legitim, wenngleich gerade erste immer den Protest beim Fußballzuschauer von heute auslösen wird.
Und doch wäre es zu kurz gedacht, das Dilemma Usedom auf eine bloße Frage persönlicher Vorlieben zu reduzieren. Denn das, was uns das ZDF in den drei Wochen der Europameisterschaft darbot, war nicht zuletzt ein Offenbarungseid in Sachen Qualität. Gerade die Kommentatoren Wark und Poschmann haben wieder einmal bewiesen, dass sie die Live-Berichterstattung von einem Fußballspiel nah an die Grenzen ihrer Möglichkeiten bringt – und oftmals weit darüber hinaus. Dies ist, anders als die fragwürdige Usedom-Inszenierung, keine subjektive Geschmacksfrage, sondern objektiv belegbar. Die zahlreichen fachlichen Mängel (von Spielerverwechslungen über Fehlbewertungen bis hin zu sprachlichen Missgriffen) lassen da kaum eine andere Bewertung zu.
Und als wäre das nicht schon schlimm genug, blamierte sich Bela Rethy, seines Zeichens so etwas wie das Aushängeschild der ZDF-Kommentatorenschaft, bis auf die Knochen. Die Chance zu seiner persönlichen Sternstunde, die sich ihm während der einstündigen Unterbrechung der Partie zwischen der Ukraine und Frankreich bot, ließ er geradezu fahrlässig ungenutzt, um sich mit mehr oder minder lustlosem Stammeln über die Zeit zu retten. Was Jauch und Reif seinerzeit zu einer meisterhaften Improvisationsnummer nutzten, geriet bei Rethy zu einem peinlichen Akt der Unbeholfenheit, der sinnbildlich stand für die gesamte Leistung des ZDF-Teams bei der Europameisterschaft.
So ist denn auch die Skepsis groß, wenn sich das ZDF nun an die Champions League heranwagt. Gewiss, man wird die schier uferlose Kritik zu Usedom nicht überhört haben und womöglich versuchen, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Doch guter Wille allein genügt eben nicht, um die qualitativen Mängel zu beheben. Die Probleme sind grundsätzlicher Natur und fingen zuletzt beim dem Moderationsdoppel an. Man mag KMH und Kahn einen gewissen Charme nicht absprechen, ihre (selbst)verliebten Dialoge blieben auf die Dauer gleichwohl penetrant und nervig. Dies gilt umso mehr, als Kahn bis dato noch immer nicht in seiner Rolle als kritischer Experte angekommen ist. So sehr er es auch versucht, den Finger in die Wunde zu legen, so sehr wirken seine Analysen doch kalkuliert und letztlich handzahm.
Zumindest in diesem Punkt ist Besserung in Sicht. So wird Kahn jetzt heute-Show-Moderator Oliver Welke an die Seite gestellt, der durch seine bissigen wie pointierten Kommentare die Lethargie der Vergangenheit aufzubrechen verspricht. Und den Ex-Nationalkeeper womöglich dazu veranlassen wird, öfter Klartext zu sprechen.
Das wahre Elend jedoch herrscht am Kommentatorenplatz, wo Rethy & Co. das Spiel oftmals mehr zerreden denn begleiten und mit absonderlichen Beobachtungen auch zukünftig für Irritationen unter den Zuschauern sorgen werden. Hier Besserung zu erwarten, grenzt an Naivität. Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist allenfalls Jungkommentator Oliver Schmidt, dem es bislang jedoch an der nötigen Begeisterungsfähigkeit mangelt, um wirklich überzeugen zu können.
Für den SKY-Abonnenten mag all dies höchst nebensächlich sein. Schließlich kann man ja alle Spiele der Champions League in seinem bewährten Pay-TV-Sender schauen, wo einen die gleichsam bewährten wie – in der Mehrzahl – soliden Kommentatoren durch die Spiele begleiten. Doch ein bisschen Besorgnis darf schon sein: Als echten Fußball-Fan kann es einen einfach nicht kalt lassen, wenn der beste Fußball Europas der breiten Masse in minderer medialer Qualität dargeboten wird. Das ist für den Fußball insgesamt nicht gut.
Doch trotz aller Skepsis: Noch hat das ZDF die Möglichkeiten, alle Zweifler und Nörgler (mich eingeschlossen) eines Besseren zu belehren und zu zeigen, dass man sehr wohl Champions League kann. Alles ist möglich – allein mir fehlt der Glaube.
Dabei ist die Herangehensweise an ein großes Sportereignis – ganz gleich, ob es sich nun um Europameisterschaft, Champions League oder Olympia handelt – vor allen Dingen eines: eine Geschmackssache. Das ZDF muss es letztlich mit sich selbst ausmachen, ob man sich der sendereigenen Zielgruppe mit Andrea-Kiewel-Stimmung an den Hals schmeißt oder nicht doch dem Anlass gemäß einen Schritt auf den (jungen) Zuschauer zu wagt. Beide Optionen sind legitim, wenngleich gerade erste immer den Protest beim Fußballzuschauer von heute auslösen wird.
Und doch wäre es zu kurz gedacht, das Dilemma Usedom auf eine bloße Frage persönlicher Vorlieben zu reduzieren. Denn das, was uns das ZDF in den drei Wochen der Europameisterschaft darbot, war nicht zuletzt ein Offenbarungseid in Sachen Qualität. Gerade die Kommentatoren Wark und Poschmann haben wieder einmal bewiesen, dass sie die Live-Berichterstattung von einem Fußballspiel nah an die Grenzen ihrer Möglichkeiten bringt – und oftmals weit darüber hinaus. Dies ist, anders als die fragwürdige Usedom-Inszenierung, keine subjektive Geschmacksfrage, sondern objektiv belegbar. Die zahlreichen fachlichen Mängel (von Spielerverwechslungen über Fehlbewertungen bis hin zu sprachlichen Missgriffen) lassen da kaum eine andere Bewertung zu.
Und als wäre das nicht schon schlimm genug, blamierte sich Bela Rethy, seines Zeichens so etwas wie das Aushängeschild der ZDF-Kommentatorenschaft, bis auf die Knochen. Die Chance zu seiner persönlichen Sternstunde, die sich ihm während der einstündigen Unterbrechung der Partie zwischen der Ukraine und Frankreich bot, ließ er geradezu fahrlässig ungenutzt, um sich mit mehr oder minder lustlosem Stammeln über die Zeit zu retten. Was Jauch und Reif seinerzeit zu einer meisterhaften Improvisationsnummer nutzten, geriet bei Rethy zu einem peinlichen Akt der Unbeholfenheit, der sinnbildlich stand für die gesamte Leistung des ZDF-Teams bei der Europameisterschaft.
So ist denn auch die Skepsis groß, wenn sich das ZDF nun an die Champions League heranwagt. Gewiss, man wird die schier uferlose Kritik zu Usedom nicht überhört haben und womöglich versuchen, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Doch guter Wille allein genügt eben nicht, um die qualitativen Mängel zu beheben. Die Probleme sind grundsätzlicher Natur und fingen zuletzt beim dem Moderationsdoppel an. Man mag KMH und Kahn einen gewissen Charme nicht absprechen, ihre (selbst)verliebten Dialoge blieben auf die Dauer gleichwohl penetrant und nervig. Dies gilt umso mehr, als Kahn bis dato noch immer nicht in seiner Rolle als kritischer Experte angekommen ist. So sehr er es auch versucht, den Finger in die Wunde zu legen, so sehr wirken seine Analysen doch kalkuliert und letztlich handzahm.
Zumindest in diesem Punkt ist Besserung in Sicht. So wird Kahn jetzt heute-Show-Moderator Oliver Welke an die Seite gestellt, der durch seine bissigen wie pointierten Kommentare die Lethargie der Vergangenheit aufzubrechen verspricht. Und den Ex-Nationalkeeper womöglich dazu veranlassen wird, öfter Klartext zu sprechen.
Das wahre Elend jedoch herrscht am Kommentatorenplatz, wo Rethy & Co. das Spiel oftmals mehr zerreden denn begleiten und mit absonderlichen Beobachtungen auch zukünftig für Irritationen unter den Zuschauern sorgen werden. Hier Besserung zu erwarten, grenzt an Naivität. Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist allenfalls Jungkommentator Oliver Schmidt, dem es bislang jedoch an der nötigen Begeisterungsfähigkeit mangelt, um wirklich überzeugen zu können.
Für den SKY-Abonnenten mag all dies höchst nebensächlich sein. Schließlich kann man ja alle Spiele der Champions League in seinem bewährten Pay-TV-Sender schauen, wo einen die gleichsam bewährten wie – in der Mehrzahl – soliden Kommentatoren durch die Spiele begleiten. Doch ein bisschen Besorgnis darf schon sein: Als echten Fußball-Fan kann es einen einfach nicht kalt lassen, wenn der beste Fußball Europas der breiten Masse in minderer medialer Qualität dargeboten wird. Das ist für den Fußball insgesamt nicht gut.
Doch trotz aller Skepsis: Noch hat das ZDF die Möglichkeiten, alle Zweifler und Nörgler (mich eingeschlossen) eines Besseren zu belehren und zu zeigen, dass man sehr wohl Champions League kann. Alles ist möglich – allein mir fehlt der Glaube.
Aufrufe: 16662 | Kommentare: 44 | Bewertungen: 35 | Erstellt:18.09.2012
ø 9.7
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
19.09.2012 | 11:56 Uhr
0
1
19.09.2012 | 12:34 Uhr
0
Ich hatte mal eine Zeit lang Mails ans ZDF geschickt bzgl. der "überschaubaren" Qualität der Übertragungen. Speziell die Kommentatoren sind doch relativ planfrei. Die Antwortmail klang so als ob es nie eine Klage gegeben hätte. Das würde sich durch einen Zweitkommentator der Ahnung hat leicht beheben lassen. US Sport ist da sicher ein gutes Vorbild, oder eben Englische Fußballübertragungen.
Mir gefällt inzwischen der Montag auf Sport1, das da der Neururer dauerquasseln darf. Nicht das ich alles gutheiße was er sagt, aber er hat definitiv mehr Plan vom Fußball als der Kommentator (wer auch immer grad da ist).
Das nebenbei der Übertragungen, ob Usedom, Seebühne Bregenz oder sonstwas ist mir eigentlich Wurst. Das ist keine Analyse, das ist Fernsehgarten.
Das grundsätzliche Problem ist das es keinerlei Qualitätsüberprüfung der Kommentatoren gibt. Wenn es die geben würde, würden vor allem Wark und Rety keinerlei Spiele mehr kommentieren. Knapp gefolgt von Poschmann.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen das das ZDF ne qualitative Übertragung bieten kann. Aber schau mer mal. :)
0
19.09.2012 | 13:05 Uhr
0
hulkhodn3 : Deutsche Kommentatoren
Also erstmal Respekt für den Blog gut geschrieben, ich stimme dir da voll und ganz zu, auch wenn ich den Kahn wundervoll finde. Man hat immer gesehen wie ihm KMH auf die Nerven gegangen ist und wie er gar keine Lust hatte auf manche doch arg sinnlosen Fragen zu antworten.
Die deutschen Kommentatoren sind mir generell (bis auf Buschi, den muss man lieben) ein Dorn im Auge, ständig die gleichen Phrasen und Vergleiche, und wenn dann mal ein uralter Spruch gebracht wird stellen sie es dar, als hätten sie das Rad neu erfunden.
Wenn ich etwas kritisiere dann stelle ich mir vorher die Frage: Kannst du es selbst besser? Antwort: Ich weiß es nicht!
Aber ich wäre um einiges spritziger als dieser ganze Einheitsbrei der mir aus meinem Flatscreen entgegen schallt. (wenn auch etwas parteiischer und vllt nicht immer ganz korrekt von den Formulierungen)
Reif lass ich in diesem Kommentar weg, bei dem kann ich einfahc nicht objektiv bleiben.
Was mir imponiert sind zum Beispiel die Radio Moderatoren von 90Elf, die sitzen wenigsten noch mit Herzblut vor ihrem Mikrophon!
Da fehlt einfach Gefühl!
und natürlich Eier, wir brauchen Eier!!
0
COMMUNITY LOGIN
Statistik
allein die kombination kerner/beckenbauer/fuss war für mich oftmals grund genug, da nicht einzuschalten. über die ständigen werbeunterbrechungen und sog. kurzberichte (der größte witz überhaupt) der anderen spiele will ich gar nicht erst reden..