15.02.2011 um 14:32 Uhr
Verarscht
Fußball ist kein komplizierter Sport. Manche meinen gar ein ziemlich schlichter. Und haben damit wahrscheinlich sogar Recht. Denn auch wenn wir nächtelang über die Vorzüge taktischer Systeme diskutieren und uns in schier endlosen Statistiktabellen verlieren können, geht es im Fußball im Grunde genommen doch nur um eins: Tore.
Und da Tore im Fußball nun einmal rarer gesät sind als in anderen Ballsportarten (Tennis und Volleyball einmal ausgenommen – da kommt man mysteriöserweise schon seit Jahrzehnten ohne sie aus) pflegt man ihren Eintritt als Fußballfan gemeinhin mit einem mehr oder minder ekstatischen Jubel zu feiern – oder in purer Frustration zu betrauern (das ist eben wie so oft im Leben eine bloße Frage des Standpunktes). Der Jubel ist die emotionale Eruption, deretwillen der Fußballfan seine Leidenschaft pflegt – eine Art Orgasmus des kleinen Mannes, vorzugsweise praktiziert als Teil einer großen Masse oder jedenfalls in Gesellschaft Gleichgesinnter.
Wie man es auch bezeichnen will: Jubel ist einfach geil und auf Dauer unverzichtbar. Wer längere Zeit beim Fußball mitfiebert, ohne das einzigartige Gefühl des Jubels am eigenen Leib zu verspüren, wird verdrießlich und gerät irgendwann in eine tiefe Sinnkrise (Eintracht-Fans können jenes Phänomen in diesen Tagen gewiss gut nachempfinden). Da Jubel also nicht nur schön, sondern irgendwie auch essentiell ist, können sich ihm auch die Protagonisten auf dem Feld nicht verweigern. Ihre Freude fällt jedoch stets sehr verschieden aus: Die einen wiegen den virtuellen Nachwuchs mit hastigen Armbewegungen durch die biergeschwängerte Stadionluft und signalisieren der Gattin, dass man sich doch auch so unendlich auf die bevorstehende Niederkunft freue. Die anderen reißen sich in unverhohlener Verachtung von den gratulationswilligen Kollegen los und zelebrieren einen choreographisch zweifelhaften Mini-Samba. Und wieder andere lassen das mit dem Jubeln einfach sein.
Letzteres ist eine durchaus fragwürdige Errungenschaft der Neuzeit, für die ausgerechnet Lukas Podolski als Vordenker Pate stand. Denn nach seinen Toren gegen sein Geburtsland Polen bei der EM 2008 entschied sich der deutsche Staatsbürger Podolski auf die obligatorischen Jubelgesten zu verzichten. Sein Beispiel machte in den Folgejahren Schule. Auch Mesut Özil rang sein Treffer für die deutsche Nationalmannschaft im Spiel gegen die Türkei keine sichtbare Begeisterung ab. Und Julian Schieber schien sein Tor gegen den VfB Stuttgart, der ihn nur auf Leihbasis nach Nürnberg geschickt hat, zuletzt auch eher zu bedauern.
In allen Fällen war der demonstrative Jubelverzicht dabei gleich motiviert. Er sollte eine Respektsbekundung darstellen – gegenüber dem Verein oder Land, dem man sich im Grunde seines Herzens zugehörig fühlt. Die Frage ist nur: Was ist mit dem Respekt gegenüber den eigenen Fans, die den Torerfolg mit ausschweifendem Jubel goutieren und dann feststellen müssen, dass dem Verursacher dieses Resultat wohl eher missliebig ist?
Als Fan fühlt man sich in dieser Situation doch hintergegangen oder – bringen wir es auf den Punkt – verarscht. Als Fan wünscht man sich für gewöhnlich, dass die Kicker des eigenen Clubs ihr Bestes geben – und zwar nicht, weil es ihnen der Arbeitsvertrag so vorschreibt, sondern weil es ihrem inneren Willen entspricht. Das mag romantisch klingen und naiv gedacht sein, aber es entspricht doch dem allgemeinen Ideal des guten alten Sportsmannes, wie wir alle ihn uns doch eigentlich wünschen. Wer aber im entscheidenden Moment die Begeisterung vermissen lässt, die man in dieser Sekunde erwarten müsste, der hat sich im Dickicht des modernen Profitums verlaufen und begeht Verrat – an den eigenen Fans, aber irgendwie auch am Sport an sich. Übertriebene Jubelposen mögen eine unnötige Provokation darstellen, zur Schau gestellte Gleichgültigkeit aber eben auch.
Nun kann man natürlich mutmaßen, wieso Fußballer wie Julian Schieber wirklich vom Jubeln absehen. Im Grunde genommen gibt es aber wohl nur zwei Erklärungen: Entweder der Spieler freut sich wirklich nicht (dann hat er seinen Beruf verfehlt) oder aber er traut sich nicht, seine Freude zu artikulieren (dann ist er ein Feigling). Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich schlimmer finden soll. Beides ist mir zutiefst zuwider. Denn ich wünsche mir einen Fußballer, der seinen Sport mit Haut und Haaren lebt und ein Spiel gewinnt um des Gewinnens willen. Und wenn ihm dies gelingt, dann darf, nein, dann muss er auch jubeln. Oder er sollte sich nach einer neuen Beschäftigung umschauen.
Und da Tore im Fußball nun einmal rarer gesät sind als in anderen Ballsportarten (Tennis und Volleyball einmal ausgenommen – da kommt man mysteriöserweise schon seit Jahrzehnten ohne sie aus) pflegt man ihren Eintritt als Fußballfan gemeinhin mit einem mehr oder minder ekstatischen Jubel zu feiern – oder in purer Frustration zu betrauern (das ist eben wie so oft im Leben eine bloße Frage des Standpunktes). Der Jubel ist die emotionale Eruption, deretwillen der Fußballfan seine Leidenschaft pflegt – eine Art Orgasmus des kleinen Mannes, vorzugsweise praktiziert als Teil einer großen Masse oder jedenfalls in Gesellschaft Gleichgesinnter.
Wie man es auch bezeichnen will: Jubel ist einfach geil und auf Dauer unverzichtbar. Wer längere Zeit beim Fußball mitfiebert, ohne das einzigartige Gefühl des Jubels am eigenen Leib zu verspüren, wird verdrießlich und gerät irgendwann in eine tiefe Sinnkrise (Eintracht-Fans können jenes Phänomen in diesen Tagen gewiss gut nachempfinden). Da Jubel also nicht nur schön, sondern irgendwie auch essentiell ist, können sich ihm auch die Protagonisten auf dem Feld nicht verweigern. Ihre Freude fällt jedoch stets sehr verschieden aus: Die einen wiegen den virtuellen Nachwuchs mit hastigen Armbewegungen durch die biergeschwängerte Stadionluft und signalisieren der Gattin, dass man sich doch auch so unendlich auf die bevorstehende Niederkunft freue. Die anderen reißen sich in unverhohlener Verachtung von den gratulationswilligen Kollegen los und zelebrieren einen choreographisch zweifelhaften Mini-Samba. Und wieder andere lassen das mit dem Jubeln einfach sein.
Letzteres ist eine durchaus fragwürdige Errungenschaft der Neuzeit, für die ausgerechnet Lukas Podolski als Vordenker Pate stand. Denn nach seinen Toren gegen sein Geburtsland Polen bei der EM 2008 entschied sich der deutsche Staatsbürger Podolski auf die obligatorischen Jubelgesten zu verzichten. Sein Beispiel machte in den Folgejahren Schule. Auch Mesut Özil rang sein Treffer für die deutsche Nationalmannschaft im Spiel gegen die Türkei keine sichtbare Begeisterung ab. Und Julian Schieber schien sein Tor gegen den VfB Stuttgart, der ihn nur auf Leihbasis nach Nürnberg geschickt hat, zuletzt auch eher zu bedauern.
In allen Fällen war der demonstrative Jubelverzicht dabei gleich motiviert. Er sollte eine Respektsbekundung darstellen – gegenüber dem Verein oder Land, dem man sich im Grunde seines Herzens zugehörig fühlt. Die Frage ist nur: Was ist mit dem Respekt gegenüber den eigenen Fans, die den Torerfolg mit ausschweifendem Jubel goutieren und dann feststellen müssen, dass dem Verursacher dieses Resultat wohl eher missliebig ist?
Als Fan fühlt man sich in dieser Situation doch hintergegangen oder – bringen wir es auf den Punkt – verarscht. Als Fan wünscht man sich für gewöhnlich, dass die Kicker des eigenen Clubs ihr Bestes geben – und zwar nicht, weil es ihnen der Arbeitsvertrag so vorschreibt, sondern weil es ihrem inneren Willen entspricht. Das mag romantisch klingen und naiv gedacht sein, aber es entspricht doch dem allgemeinen Ideal des guten alten Sportsmannes, wie wir alle ihn uns doch eigentlich wünschen. Wer aber im entscheidenden Moment die Begeisterung vermissen lässt, die man in dieser Sekunde erwarten müsste, der hat sich im Dickicht des modernen Profitums verlaufen und begeht Verrat – an den eigenen Fans, aber irgendwie auch am Sport an sich. Übertriebene Jubelposen mögen eine unnötige Provokation darstellen, zur Schau gestellte Gleichgültigkeit aber eben auch.
Nun kann man natürlich mutmaßen, wieso Fußballer wie Julian Schieber wirklich vom Jubeln absehen. Im Grunde genommen gibt es aber wohl nur zwei Erklärungen: Entweder der Spieler freut sich wirklich nicht (dann hat er seinen Beruf verfehlt) oder aber er traut sich nicht, seine Freude zu artikulieren (dann ist er ein Feigling). Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich schlimmer finden soll. Beides ist mir zutiefst zuwider. Denn ich wünsche mir einen Fußballer, der seinen Sport mit Haut und Haaren lebt und ein Spiel gewinnt um des Gewinnens willen. Und wenn ihm dies gelingt, dann darf, nein, dann muss er auch jubeln. Oder er sollte sich nach einer neuen Beschäftigung umschauen.
Aufrufe: 21418 | Kommentare: 93 | Bewertungen: 75 | Erstellt:15.02.2011
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KOMMENTARE
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16.02.2011 | 13:26 Uhr
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yzerman :
Ich finde es absolut legitim das sich Fußballprofis nach Toren gegen ihren ehemaligen Verein, Stammverein oder gar dem Verein aus der Stadt oder dem Land wo sie geboren sind nicht freuen. Beim Thema Poldi & Özil ist es Respekt gegenüber Ihren Vorfahren und für mich absolut ok, denn sie zeigten in vielen Spielen für Deutschland bereits ihre Qualität.
Bei Miccoli fand ich zwar übertrieben das er sich nach italienischen Zeitungsberichten zu folge geweigert hat weiterzuspielen, aber es war gegen seine Jungs aus der Kurve, gegen seine Heimat. Und der Freistoß war echt schön gemacht. Kann ich schon irgendwie auch nachvollziehen. Er liebt halt scheinbar Lecce durch und durch.
Und bei Schieber fand ich es mehr als nur gerechtfertigt. Er spielt seit einer halben Ewigkeit für den VfB, wird dann für en Jahr vom Hof gejagt und schießt womöglich seinen Verein und zukünftigen Arbeitgeber ne Klasse tiefer. Also das ist echt heavy. Das sich da ein Spieler nicht freut ist für mich mehr als nur verständlich!
Aber wir können über dieses Thema noch Jahre diskutieren, denn es ist eine ganz heikle Angelegenheit. Aber mir sind diese Spieler lieber, als diejenigen, welche bei jedem Verein sich aufs Herz klopfen und beim nächst besseren Angebot wieder weg sind.
Sind diese Spieler die sich wie ein Schieber, Miccoli oder Poldi verhalten nicht einfach nur ehrlich?
Ich denke ja!!!
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16.02.2011 | 13:31 Uhr
-2
Falkner :
Respekt für den alten Verein ist ja schön und gut, aber man kann auch respektvoll jubeln. Beziehungsweise ist das sogar die Norm, ich kann mich da gerade nicht an jemanden erinnern, der die gegnerischen Fans nach einem Tor verhöhnt. Wenn ein ehemaliger Spieler meines Vereines ein Tor schießen und dann die Faust heben würde, wäre ich ihm niemals böse. Wundern würde ich mich allerdings, wenn ihm das Tor unangenehm zu sein scheint. Warum schießt er es dann? Wenn sein alter Verein ihm so unglaublich wichtig ist, warum wechselt er dann? Ist ihm der alte Verein wichtiger als der neue? Kurzum: jubeln kann man auch zurückhaltend, sich für ein Tor schämen wirft für den jeweiligen Verein Fragen auf.
PS: Ich nehme Schieber bei der Sache raus, weil das eine andere Situation ist.
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16.02.2011 | 13:32 Uhr
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xredfredx : @benztown
netter versuch, von der falschheit deiner aussage abzulenken...
ABER
den zusammenhang musst dir mir jetzt mal genauer erklären, bitte!
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16.02.2011 | 13:32 Uhr
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rowdy :
zum Fabrizio Miccoli Youtube Video auf Seite 5Tja, deshalb hat er auch Lecces Vereinsfarben auf seiner Kapitänsbinde... ein grundauf ehrlicher Lecce Fan.
Seltsamerweise hat er NIE für seinen Verein gespielt.
Kerhseite der Medaille: Jubelarien bei einem 3:0 oder "Jesus liebt dich" Tshirts unterm Trikot.
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16.02.2011 | 13:36 Uhr
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webs1 : @rowdy:
Ja, das hat mich auch gewundert, dass sich Lecce nicht in der Liste seiner ehemaligen Clubs befindet. Sehe ich das richtig, und er hat nichtmal in frühester Kindheit für sie gespielt?
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16.02.2011 | 13:40 Uhr
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rowdy :
Na, vielleicht hat man einfach heutzutage keinen Respekt mehr vorm VfB...?
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16.02.2011 | 13:42 Uhr
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Tronde :
Aber das ist doch keine "Erfindung" von Poldi - Giovane hat das damals auch gemacht..als er in der Cl gegen Bayern für Lyon getroffen hat.
Womit ich nicht andeuten möchte das er es "erfunden" hat - das gab es davor auch schon.
Finde das nicht schlimm.
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16.02.2011 | 13:44 Uhr
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xredfredx : benztown
entschuldigung! ich wusste nicht, dass wir hier neuerdings so kleinlich sind. WIR bayernfans sind ja im normalfall auch immer ALLE arrogant und größenwahnsinnig...
aber gut - vielleicht hätte ich mich etwas differenzierter ausdrücken müssen:
dein beispiel zeigt, wie verbohrt DU und mMn EIN GROSSTEIL der vfb-anhängerschaft im bezug auf mario gomez denken.
besser?
das ändert allerdings nichts daran, dass das, was du behauptet hast, komplett falsch ist und dass leute, die einem spieler gegenüber respektlos sind, sich nicht beschweren dürfen, wenn sie dann von eben jenem spieler ebensowenig respektvoll behandelt werden!
eine frage noch:
wieso hat gomez denn wegen 500 bis 1.000 idioten den verein gewechselt? das versteh ich nicht so ganz.
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16.02.2011 | 13:46 Uhr
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Schnumbi :
ach pizaro von bremen macht das schon jahrelang nicht, wenn er gegen münchen trifft. ob das gut ist oder nicht ist doch völlig egal.
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Statistik
Aber mal ganz ehrlich - grade beim Fall Schieber:
Es ist doch überhaupt in keiner Weise irgendwie zu hinterfragen, dass sich Schieber voll mit dem Glubb (ich mag das Fränkische eigentlich nich so) identifiziert. Er bringt Top-Leistung. Und ich finde, es ist Identifikation genug, wenn ein Spieler ausgerechnet gegen den ausleihenden Verein super spielt und dann das Ding auch reinhaut und nich aus alter Liebe vorbeischiebt.
Das er dann nicht jubelt sollte den Fans dann mal kurz egal sein - sie und die anderen Spieler haben ja um so mehr gejubelt.