01.03.2010 um 21:36 Uhr
Vier Monate danach
Es lief die zweite Minute der Nachspielzeit. Das Derby in Leverkusen war so gut wie beendet. Toni Kroos eilte noch einmal zur Eckfahne, um mit dem letzten Eckstoß des Spiels doch noch die Entscheidung herbeizuführen, als ein wilder Hagel an Feuerzeugen auf ihn niederprasselte. Losgeworfen aus der Kölner Fankurve, in der zeitgleich ein grell-loderndes Bengalo-Feuerwerk abgebrannt wurde. Ein nicht nur nervendes sondern auch höchst gefährliches Szenario, wie wir es aus Deutschlands Stadien so oder so ähnlich aber doch gewohnt sind, das SKY-Kommentator Marcel Reif gleichwohl zu einem moralischen Zwischenruf bewegte. Denn alles das, was man als Reaktion auf den Fall Enke an Besserung gelobt habe, sei, so Reif, offensichtlich längst wieder in Vergessenheit geraten.
Damit mag Reif in der Sache durchaus Recht haben. Es bleibt aber die Frage, was das Schmeißen von Wurfgeschossen mit der Tragödie um Robert Enke zu tun hat. Natürlich manifestiert sich in solchen Wurfattacken auch so etwas wie mangelnder menschlicher Respekt gegenüber Fußballprofis. Andererseits aber wird man den Eindruck nicht los, als werde der Fall Enke inzwischen als Mahnmal zur Geißelung jedweder Unsitten im Profisport herangezogen. Ob Trainentlassungen, Fair-Play-Verstöße oder Abzockermentalität – all dem, was uns als Fan im Fußballsport missfällt, müsse, so lehre uns der Tod Robert Enkes, der Garaus gemacht werden. Doch taugt der Verweis auf Robert Enkes Schicksal wirklich, um sämtliche Fehler im System Fußball mit moralischem Unterton anzuprangern?
Im Kern ging es in der Debatte, die sich an den Suizid des Nationaltorhüters anschloss, doch um etwas Anderes. Nämlich um die Frage, inwiefern Profisportler am öffentlichen Druck seelisch zerbrechen können. Wobei auch diese Fragestellung in Bezug auf Robert Enke nicht frei von Zweifeln ist. Schließlich litt Hannovers Torhüter unter einer psychischen Erkrankung, die eben nicht einfach nur mit den vermeintlich unmenschlichen Gesetzen des Geschäfts zu erklären wäre. Aber immerhin, die Tragödie im November bewirkte eine an sich längst überfällige Debatte über Werte und Menschlichkeit im Sport. Doch wie das so ist, wenn eine Diskussion im Lichte eines schockierenden Einzelfalles geführt wird, es bleibt vieles oberflächlich und aktionistisch. So wurden in der Hysterie des Augenblicks weitreichende Änderungen angekündigt. Änderungen, die dafür sorgen sollten, dass sich so etwas wie im Falle Enke nicht mehr wiederholen würde.
Nun da bald vier Monate seit Enkes Suizid vergangen sind und da der Fußball trotz des jüngsten Skandals im Schiedsrichterwesen mehr oder weniger wieder im Alltag angekommen ist, scheint es Zeit, die lauthals postulierten Reformen auf ihre Machbarkeit hin zu prüfen. Losgelöst von der Dramatik des Einzelfalls kann jetzt ohne Schaum vor dem Mund darüber gesprochen werden, was überhaupt an nachhaltigen Korrekturen möglich ist.
Da geht es zum einen darum, ob und in welcher Form der auf den Akteuren lastende Druck reduziert werden kann. Wobei erst einmal zu klären wäre, woraus sich dieser allseits heraufbeschworene Druck denn nun genau speist. Als weder körperlich fassbare noch physikalisch messbare Größe ist und bleibt der auf den Sportlern ruhende Leistungsdruck diffus. Klar ist allenfalls, dass er von außen (also von Trainern, Managern, Fans, Medien) und/oder von innen (also vom Athleten selbst) herrühren kann. Für den zweiten Fall dürfte es unmöglich sein, durch Systemveränderungen eine individuell spürbare Entlastung herbeizuführen. Aber auch wenn es um die von außen an den Sportler herangetragene Erwartungshaltung geht, sind grundlegende Umstellungen weit schwieriger zu realisieren, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Denn gerade der Druck, also das ständige Einfordern von Erfolg, macht den Leistungssport zu dem, was er ist. Er schafft Konkurrenz und Qualität und macht den Hochleistungssport im Endeffekt erst attraktiv. Für die Vereinsverantwortlichen gibt es, zumal die sportliche Erwartungshaltung auch mit erheblichen wirtschaftlichen Aspekten verbunden ist, praktisch keine Handhabe, um diesen Druck auf die Aktiven spürbar zu verringern.
Näher liegt da schon die Überlegung, den menschlichen Umgang mit den Sportlern auf den Prüfstand zu stellen. Hier könnte man daran denken, die Fans, die zuweilen mit Schmähgesängen gegenüber den Akteuren nicht zimperlich sind, in eine Art moralische Haftung zu nehmen. Und in der Tat hat das, was aus manchen Fanblocks mitunter zu vernehmen ist, mit menschlichem Respekt nicht mehr viel zu tun. Andererseits aber darf man eben auch nicht übersehen, dass Stadionbesuche in unserer Gesellschaft wie ein emotionaler Katalysator wirken können, ob es einem nun gefällt oder nicht.
Am ehesten könnte dann noch bei den Medien der Hebel angelegt werden. Sie sind journalistischen Standards verpflichtet (oder besser gesagt: sie sollten sich ihnen verpflichtet fühlen) und müssen bei der Bewertung der Spieler schon aus Gründen des Berufsethos gewisse Respektsgrenzen einhalten. Gerade bei den Boulevardmedien ist dies bekanntlich aber anders. Dies zeigt im Übrigen auch die von der BILD-Zeitung angekündigte Zurückhaltung bei der Spielerbenotung, die wenige Wochen nach Enkes Tod doch wieder sehr schnell aufgegeben wurde. Veränderungen hin zu mehr Respekt gegenüber den Akteuren wären im Falle der Boulevardmedien also durchaus wünschenswert, dürften aber kaum zu erwarten sein. Wie das Beispiel der BILD-Zeitung beweist, die trotz BILDblog noch immer ihr höchst eigenes Verständnis von Journalismus pflegt.
Bliebe schließlich noch eine Frage, die wohl den stärksten Bezug zum Schicksal Robert Enkes besitzt: Inwiefern haben Profisportler die Möglichkeit, persönliche Schwächen, z.B. psychische Erkrankungen, der Öffentlichkeit gegenüber einzugestehen. Dabei geht es letztlich um einen Aspekt des gesellschaftlichen Klimas, der eben nur zum Teil mit dem Profisport zusammenhängt. Soziale Veränderungen aber kann man nicht herbeiführen, indem man an irgendeiner Stellschraube dreht. Sie ergeben sich vielmehr im Laufe der Zeit unter dem Eindruck veränderter Lebensverhältnisse. Deshalb mag sich hier manches verändern – aber es wird dauern.
Es bleibt das vielleicht ernüchternde Fazit, dass vieles dessen, was an Veränderungen in Aussicht gestellt wurde, praktisch nicht oder zumindest nicht in absehbarer Zeit umzusetzen ist. Man sollte auch deshalb endlich davon absehen, jeglichen Missstand im Profifußball mit einem moralischen Verweis auf den Fall Enke beantworten zu wollen. Robert Enkes Tod hat denn wohl auch nur eine Lehre mit sich gebracht: Dass hinter manch scheinbar hartem Profisportler eine zerbrechliche Seele stecken kann. Aber wer sich einen aufrichtigen Blick für die Dinge des Lebens bewahrt hat, wusste das auch schon vorher.
Damit mag Reif in der Sache durchaus Recht haben. Es bleibt aber die Frage, was das Schmeißen von Wurfgeschossen mit der Tragödie um Robert Enke zu tun hat. Natürlich manifestiert sich in solchen Wurfattacken auch so etwas wie mangelnder menschlicher Respekt gegenüber Fußballprofis. Andererseits aber wird man den Eindruck nicht los, als werde der Fall Enke inzwischen als Mahnmal zur Geißelung jedweder Unsitten im Profisport herangezogen. Ob Trainentlassungen, Fair-Play-Verstöße oder Abzockermentalität – all dem, was uns als Fan im Fußballsport missfällt, müsse, so lehre uns der Tod Robert Enkes, der Garaus gemacht werden. Doch taugt der Verweis auf Robert Enkes Schicksal wirklich, um sämtliche Fehler im System Fußball mit moralischem Unterton anzuprangern?
Im Kern ging es in der Debatte, die sich an den Suizid des Nationaltorhüters anschloss, doch um etwas Anderes. Nämlich um die Frage, inwiefern Profisportler am öffentlichen Druck seelisch zerbrechen können. Wobei auch diese Fragestellung in Bezug auf Robert Enke nicht frei von Zweifeln ist. Schließlich litt Hannovers Torhüter unter einer psychischen Erkrankung, die eben nicht einfach nur mit den vermeintlich unmenschlichen Gesetzen des Geschäfts zu erklären wäre. Aber immerhin, die Tragödie im November bewirkte eine an sich längst überfällige Debatte über Werte und Menschlichkeit im Sport. Doch wie das so ist, wenn eine Diskussion im Lichte eines schockierenden Einzelfalles geführt wird, es bleibt vieles oberflächlich und aktionistisch. So wurden in der Hysterie des Augenblicks weitreichende Änderungen angekündigt. Änderungen, die dafür sorgen sollten, dass sich so etwas wie im Falle Enke nicht mehr wiederholen würde.
Nun da bald vier Monate seit Enkes Suizid vergangen sind und da der Fußball trotz des jüngsten Skandals im Schiedsrichterwesen mehr oder weniger wieder im Alltag angekommen ist, scheint es Zeit, die lauthals postulierten Reformen auf ihre Machbarkeit hin zu prüfen. Losgelöst von der Dramatik des Einzelfalls kann jetzt ohne Schaum vor dem Mund darüber gesprochen werden, was überhaupt an nachhaltigen Korrekturen möglich ist.
Da geht es zum einen darum, ob und in welcher Form der auf den Akteuren lastende Druck reduziert werden kann. Wobei erst einmal zu klären wäre, woraus sich dieser allseits heraufbeschworene Druck denn nun genau speist. Als weder körperlich fassbare noch physikalisch messbare Größe ist und bleibt der auf den Sportlern ruhende Leistungsdruck diffus. Klar ist allenfalls, dass er von außen (also von Trainern, Managern, Fans, Medien) und/oder von innen (also vom Athleten selbst) herrühren kann. Für den zweiten Fall dürfte es unmöglich sein, durch Systemveränderungen eine individuell spürbare Entlastung herbeizuführen. Aber auch wenn es um die von außen an den Sportler herangetragene Erwartungshaltung geht, sind grundlegende Umstellungen weit schwieriger zu realisieren, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Denn gerade der Druck, also das ständige Einfordern von Erfolg, macht den Leistungssport zu dem, was er ist. Er schafft Konkurrenz und Qualität und macht den Hochleistungssport im Endeffekt erst attraktiv. Für die Vereinsverantwortlichen gibt es, zumal die sportliche Erwartungshaltung auch mit erheblichen wirtschaftlichen Aspekten verbunden ist, praktisch keine Handhabe, um diesen Druck auf die Aktiven spürbar zu verringern.
Näher liegt da schon die Überlegung, den menschlichen Umgang mit den Sportlern auf den Prüfstand zu stellen. Hier könnte man daran denken, die Fans, die zuweilen mit Schmähgesängen gegenüber den Akteuren nicht zimperlich sind, in eine Art moralische Haftung zu nehmen. Und in der Tat hat das, was aus manchen Fanblocks mitunter zu vernehmen ist, mit menschlichem Respekt nicht mehr viel zu tun. Andererseits aber darf man eben auch nicht übersehen, dass Stadionbesuche in unserer Gesellschaft wie ein emotionaler Katalysator wirken können, ob es einem nun gefällt oder nicht.
Am ehesten könnte dann noch bei den Medien der Hebel angelegt werden. Sie sind journalistischen Standards verpflichtet (oder besser gesagt: sie sollten sich ihnen verpflichtet fühlen) und müssen bei der Bewertung der Spieler schon aus Gründen des Berufsethos gewisse Respektsgrenzen einhalten. Gerade bei den Boulevardmedien ist dies bekanntlich aber anders. Dies zeigt im Übrigen auch die von der BILD-Zeitung angekündigte Zurückhaltung bei der Spielerbenotung, die wenige Wochen nach Enkes Tod doch wieder sehr schnell aufgegeben wurde. Veränderungen hin zu mehr Respekt gegenüber den Akteuren wären im Falle der Boulevardmedien also durchaus wünschenswert, dürften aber kaum zu erwarten sein. Wie das Beispiel der BILD-Zeitung beweist, die trotz BILDblog noch immer ihr höchst eigenes Verständnis von Journalismus pflegt.
Bliebe schließlich noch eine Frage, die wohl den stärksten Bezug zum Schicksal Robert Enkes besitzt: Inwiefern haben Profisportler die Möglichkeit, persönliche Schwächen, z.B. psychische Erkrankungen, der Öffentlichkeit gegenüber einzugestehen. Dabei geht es letztlich um einen Aspekt des gesellschaftlichen Klimas, der eben nur zum Teil mit dem Profisport zusammenhängt. Soziale Veränderungen aber kann man nicht herbeiführen, indem man an irgendeiner Stellschraube dreht. Sie ergeben sich vielmehr im Laufe der Zeit unter dem Eindruck veränderter Lebensverhältnisse. Deshalb mag sich hier manches verändern – aber es wird dauern.
Es bleibt das vielleicht ernüchternde Fazit, dass vieles dessen, was an Veränderungen in Aussicht gestellt wurde, praktisch nicht oder zumindest nicht in absehbarer Zeit umzusetzen ist. Man sollte auch deshalb endlich davon absehen, jeglichen Missstand im Profifußball mit einem moralischen Verweis auf den Fall Enke beantworten zu wollen. Robert Enkes Tod hat denn wohl auch nur eine Lehre mit sich gebracht: Dass hinter manch scheinbar hartem Profisportler eine zerbrechliche Seele stecken kann. Aber wer sich einen aufrichtigen Blick für die Dinge des Lebens bewahrt hat, wusste das auch schon vorher.
Aufrufe: 2654 | Kommentare: 15 | Bewertungen: 13 | Erstellt:01.03.2010
ø 9.3
KOMMENTARE
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01.03.2010 | 22:03 Uhr
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Kuniniho :
wahre worte!
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02.03.2010 | 08:56 Uhr
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Zum einen spielt es sicherlich eine Rolle, dass der Profifußball noch immer eine absolute Männerdomäne ist.
"Schwächlinge, Weicheier, Mädchen und Homos" haben dort nichts zu suchen.
Damit löst sich der Fußball von sonstigen gesellschaftlichen Entwicklungen.
Wir haben eine Frau als Regierungschefin, einen bekennend homosexuellen Außenminister, zwei Länderchefs sind ebenfalls schwul.
Die Anerkennung des Frauenfußballs, oder auch das Outing eines homosexuellen Profifußballers sind in einem solchen Umfeld kaum möglich.
Andererseits wäre wirklich wichtig, die Medien wieder mehr an ihre - eigens im Pressekodex verankerte - gesellschaftliche Verpflichtung zu erinnern, Vorverurteilungen, dumpfen Parolen, und Hetzkampagnen zu ächten.
Stattdessen wird ausschließlich im Sinne des Kommerzes Sensationsjournalismus über die Unschuldsvermutung gestellt.
Bestes Beispiel hierfür war meiner Meinung nach die Verurteilung der "Osnabrücker" Schuon, Cichon und Reichenberger im Zusammenhang mit dem neuerlichen Wettskandal.
Kaum 3 Wochen nach dem Freitod Robert Enkes wurden hier mutwillig Existenzen mit Falschmeldungen aufs Spiel gesetzt, Lebensläufe fast ruiniert.
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02.03.2010 | 09:21 Uhr
0
@LWH
Auch der Fall von Flugangst bei Paolo Guerrero ließ mich in der
medialen Darstellung erschaudern.
Was da ohne genaue Sachverhaltskenntnisse aus der Druckerpresse
bzw. dem Radio kam, war in der Kategorie Rufmord einzuordnen
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02.03.2010 | 09:22 Uhr
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Dr_D :
Sehr schön geschrieben, danke.
Es hat sich natürlich in der Berichterstattung nichts geändert. Wie auch? Sind ja die gleichen handelden Personen geblieben.
Reifs Bemerkung paßt natürlich überhaupt nicht, aber was soll es.
Bengalos müssen und dürfen nicht sein. 2 Nürnberger sollen am Samstag schwere Verbrennungen erlitten haben. Vielleicht gibt es ja mal Bilder von denen, damit jeder sieht was passieren kann. Und die Schuldigen sollten ermittelt und bestraft werden, auch das sollte öffentlich geamcht werden. Selbst wenn die beiden Verletzten die Täter sein sollten. Sie haben fahrlässig gehandelt.
Ich habe für Handlungen wie Feuerwerkskörper abbrennen und Wurfgeschoße auf Spieler, Offizielle oder andere Zuschauer richten, kein Verständnis.
1
02.03.2010 | 09:25 Uhr
0
xxlhonk :
Ach Voegi.Starke! Worte.
Und dennoch.
Ist das alles nicht genauso erwartet worden?
Getreu dem Motto:
Was interessiert mich mein Geschwätz von Gestern?
Werden alle Vorsätze fast so schnell in die Tonne gekloppt, wie sie aktionistisch aus dem Hut gezaubert werden?
Die gesamte Presse und ihr "Moral" ist inzwischen eine Gefangene ihrer eigenen Regeln. Denn am Ende entscheidet immer §1 über alles andere.
Und sei es ein Verhaltenskodex samt der Vorgabe alles menshclicher zu betrachten.
§1 Lautet nämlich. Einnahmen. Also Abverkauf von Medien und deren Werbeplätzen
Und leider ist es nun mal so, dass sich außer Sex vor allem schlechte Nachrichten gut verkaufen. Und wenn dann eines dieser bescheuerten Bengalos im Nürnberger Block brennt und drei Menschen schwer verletzt, wird sich darauf gestürzt, weil es Verletzte und die dazu gehörigen Bilder gibt. Das ist besser für den Abverkauf, als wenn man Fans gegnerischer Mannschaften zeigt, die ein Spiel gemeinsam (und friedlich) besuchen.
Deswegen zeigen die Nachrichtensendungen auch immer die Tragödien dieser Welt in aller Ausführlichkeit, doch niemand geht dann Wochen oder Monate später auf die erfolgten Hilfsleistungen und dann hfftl. spürbaren Verbesserungen vor Ort ein. Sei es Haiti oder Chile. Solange Menschen sterben und leiden, werden die Bilder gezeigt. Wenn das Leben dort dann aber langsam in geregeltere Bahnen kommt, wird darüber nicht mehr berichtet.
War schon immer so, Ist so und wird (leider) auch immer so bleiben.
Und deshalb sollte man sich, so traurig diese Anlässe sind und so viel Hoffnung auf Verbesserung der Umstände man sich macht, damit abfinden, dass sich am Ende (fast) nichts bessert.
Und wir sind auch Schuld daran, denn wir (die breite Masse) kaufen die Medien in diesen Situationen deutlich häufiger, als wenn nichts los ist.
Leider...
1
02.03.2010 | 09:46 Uhr
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Dr_D :
@Honk
Berichte über" ... 12 Monate nach der Katastrophe" gibt schon, nur sind die so gut versteckt, daß die kaum einer zur Kenntnis nimmt.
Zurück zum eigentlichen Thema des Blogs.
"Losgelöst von der Dramatik des Einzelfalls kann jetzt ohne Schaum vor dem Mund darüber gesprochen werden, was überhaupt an nachhaltigen Korrekturen möglich ist." Zitat aus dem Blog.
Theoretisch kann sich jeder selbst hinterfragen, ob er/sie gerade richtig gehandelt hat, oder handeln will. Theoretisch. Praktisch scheint das nicht zu gehen.
Und um nicht nur auf den Medien rumzuhacken. Was macht denn der DFB im Moment mit der "Amarell Affäre"?
Erst wird das Problem über Jahre hinweg tot geschwiegen, dann an die Presse gegeben und damit ist das Problem für den DFB gelöst. Die interessiert doh gar nicht mehr was überhaupt vor Gericht passiert.
Der DFB ist sauber...
Mir wird schlecht, wenn ich mir die Rede vom Zwanziger bei der Trauerfeier von Robert Enke in Erinnerung rufe. Ein Heuchler...Schlimmm
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02.03.2010 | 10:01 Uhr
0
Richtig gut geschrieben, gute Fragestellungen, keine schwachen Phrasen enthalten, relativ objektiv und mit Schlusspunkten, welche ich darüberhinaus absolut mit dir teile.
@Honk
Gebe dir Recht, jedoch finde ich, dass man nicht nur diese eine Seite der Medaille ansprechen sollte.
Die Kehrseite legt auch ziemlich deutlich dar, dass auf etwaige Missstände hingewiesen wird, dass bestimmte Ereignisse ins Bewusstsein geholt werden. Vor 80 Jahren, als die Verbreitung von Nachrichten noch in den Kinderschuhen steckte, da war keine Spur von grosser Hilfesstellung und Anteilnahme zu erkennen - weil es dem grössten Teil der Bevölkerung einfach nicht möglich war überhaupt davon zu wissen.
Medien sind selbstverständlich auf Profit aus, daran ist im Grunde auch nichts verwerflich. Klatsch und Tratsch zu verbreiten ist stumpfer Müll den kein Mensch braucht, aber ausführlich über Tragödien, dessen Ursachen und Wirkungen zu berichten, nein, das ist gut und KANN helfen zukünftige Ereignisse garnicht erst auftreten zu lassen.
Wie wir dann anschliessend entscheiden, das ist eine andere Geschichte die einen, wie hier beschrieben, relativ ernüchtert. Für unser Handeln sind allerdings nicht die Medien verantwortlich, sondern wir - wenn auch ein hohes Maß an Beeinflussung vorhanden sein kann.
Ohne Medien hätten wir heute nicht solch hohe Sicherheitsstandards, solche Transparenz in unserer Wirtschaft oder eine so hohe Kenntnis über die Geschehnisse in aller Welt.
Über friedliche Dinge wird auch berichtet, nur bietet das keine Grundlage um eine tiefere Berichterstattung zu liefern. Nicht nur weil es sich schlechter verkaufen würde, sondern auch weil kein Bedarf da ist.
Profit mag für diverse Blätter das Kriterium Nr.1 sein, das gilt aber glücklicherweise nicht für alle - viele haben ihre Priorität auf die Verbreitung von Wissen und Aufklärung gelegt. Das mag eventuell naiv sein, aber diese Naivität möchte ich mir bewahren.
lg
0
02.03.2010 | 10:13 Uhr
0
xxlhonk :
@Dr_DGenauso gibt es vereinzelte Menschen, die sich nach der Tragödie Enke in Ihrem Verhalten geändert haben.
Ein paar.
Wenige...
@1899Bayern
Ich will damit nichts gegen die Medien gesagt haben.
Die sind nur ein Teil des Gesellschaftsspiels und so wie (fast) alle, nur am "Überleben" interessiert. Sprich, der Kommerz ist zwingend notwendig, damit die Medien weiter über Missstände berichten können.
Denn je weniger Geld sie einnehmen, desto schwer fällt es, die Kosten für eine gute Berichterstattung aufzubringen.
Und sie geben dem Volk nur das, was das Volk will.
Umsatzzahlen und Marktforschungen zielen nur darauf ab, die Zielgruppe zu bedienen.
Und zwar so, dass diese die entsprechenden Medien nutzt.
Es ist ein schwer aufzhhaltendes Rad, dass da in Bewegung ist. Und wenn die Journalisten schreiben, dass man umsichtiger miteinander umgehen muss, erfolgt das meistens aus ZWEI Gründen.
1. Weil sie das (hoffentlich) wirklich glauben (und wollen)
2. Weil die Medienrezipienten (also wir) das erwarten.
Genauso reagieren die Meiden.
Und wenn dann in Hannover gut zwei Monate später ein Plakat hängt, auf dem steht "Tod und Hass ..." dann ist das Volkesmeinung. Im Kleinen und sehr verachtenswert, aber sie ist da.
Und genauso ist das Konsumverhalten der deutschen so.
Was meint Ihr, warum bei DSDS z.B. immer wieder diese ganzen Vollspaten gezeigt werden und weniger die eigentlichen Akteure (wie es in Amerika der Fall ist)?
Weil wir uns daran erfreuen, dass es anderen noch schlechter geht als uns.
Ja. Wir haben den Hang zur Betroffenheit und sind sehr hilfsbereit.
Aber auch, weil wir uns dadurch besser fühlen.
Nicht wir sterben bei einem Tsunami.
Nicht wir haben alles verloren.
Man, geht es uns gut.
Das ist der Grund, warum schlechte Nachrichten sich "besser" verkaufen lassen als Gute.
Leider.
1
02.03.2010 | 10:13 Uhr
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xxlhonk :
Aber zurück zum Thema.Das Reif schon lange nicht mehr alle Latten am Zaun hat, sondern in einer eigenen Welt "rumgeistert" , ist doch nichts Neues.
Aber was ist mit uns?
Wie verhalten wir uns?
4 Monate nach Enke.
ich muss mir nur den "Fall" Kemper-Amerell vor Augen führen und mein eigenes Verhalten und meine eigene Meinung mal hinterfragen.
Tun wir das? Wirklich?
Sachlich und vorbehalstlos?
1
02.03.2010 | 10:32 Uhr
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Dr_D :
@honk
Wenn wir schlechte Nachrichten im TV sehen, oder lesen in zeitungen, oder Internet, dann sind das doch zumeist sehr abstrakte Nachrichten. Die wenigsten haben ähnliches erlebt.
Ich persönlich bin auch froh darüber, weder eine Flut, Erdbeben noch sonst etwas ähnliches erlebt zu haben. In meinem erweiterten Bekanntenkreis gibt es jemanden der gehört oft genug zum Vorauskommando vom THW, da sieht das alles in Natura, zuletzt in Haiti. Ich habe einen riesigen respekt vor diesen helfern.
Beim Tod von Enke konnte ich sehr genau abschätzen was die Hinterbliebenen spürten. Es ist die Hölle und genau deshalb habe ich mir die Reden die dort gehalten wurden recht genau eingeprägt.
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