18.11.2008 um 19:20 Uhr
Vier aus 100
Das britische Fußballmagazin FourFourTwo (dessen deutsche Ausgabe offenbar eingestellt wurde) kürt in seiner neuesten Ausgabe die 100 besten Spieler der Welt. Ganz vorne gibt es keine großen Überraschungen, Ronaldo auf eins, dahinter Messi und Torres, und der Vorjahressieger Kaka auf Platz 5. Besonders originell ist das nicht, ich denke, die meisten Leser hätten das genau so oder so ähnlich getippt.
Interessant wird es, wenn wir auf die Deutschen unter diesen Top 100 schauen. Denn es gibt genau vier davon: Michael Ballack auf Platz 18, Philipp Lahm auf Nummer 66, Miroslav Klose als 76. und Bastian Schweinsteiger auf Rang 99. Viel ist das nicht und dennoch: Welcher andere deutsche Spieler muss unbedingt auf diese Liste? Kein anderer Verteidiger jedenfalls. Frings hätte darauf gehört, vor zwei Jahren. Podolski spielt viel zu selten im Verein um Ansprüche stellen zu können. Über Mario Gomez könnte man aufgrund seiner Klubleistungen vielleicht diskutieren. Aber dann denkt man an seine Vorstellungen im Nationaltrikot und vergisst ihn schnell wieder. René Adler könnte nächstes Jahr ein Kandidat sein, wenn er seine Leistungen international bestätigen kann.
Jedenfalls kann man sich kaum beschweren, dass nur vier Deutsche gekürt wurden, denn es drängt sich kaum ein anderer auf. Deshalb tummeln sich auf dieser Liste 13 Italiener (das ist der Topwert), 12 Spanier, zehn Brasilianer, neun Franzosen, je acht Engländer und Argentinier, sieben Portugiesen und fünf Niederländer eher wir endlich bei uns ankommen. Es fällt auf: Acht Engländer? Sieben davon unter den Top 50? Neigt man auf der Insel etwas zur Selbstüberschätzung? Aber bis auf die Nominierung von Methusalem Paul Scholes auf Platz 95 haben die anderen ihre Nominierung durchaus verdient, wenn auch vielleicht etwas weiter unten im Ranking.
Und deshalb muss das Fazit aus deutscher Sicht lauten: Für den Mangel an absoluten Topspielern sind Platz drei bei der WM und Platz zwei bei der EM mehr als aller Ehren wert. Man kann also über das deutsche Team sagen: Die Mannschaft ist mehr als die Summe ihrer Einzelteile. Die Spanier mit ihren zwölf Nominierungen müssen ja sogar einen der besten 100 Fußballer der Welt auf die Bank setzten (bei der EM hieß dieser eine meist Fabregas mit Nachnamen). Jogi Löw hat solche Probleme jedenfalls nicht.
Bleibt nur eine Frage: Woher kommt eigentlich das deutsche Anspruchsdenken, bei jedem großen Turnier mindestens das Finale erreichen zu wollen. Unsere Spieler rechtfertigen einen solchen Anspruch jedenfalls nicht. Nur: Was ist es dann? Dass wir uns (gerade im Vergleich zu den Engländern, Spaniern und Italienern) auf unsere taktische Überlegenheit verlassen könnten kann man ja nun auch nicht ernsthaft behaupten.
Erwartet jetzt nur nicht von mir eine tief schürfende Antwort auf diese Frage. Aber vielleicht ist es ja gerade unser Anspruchsdenken, das uns antreibt. Dass wir einfach mehr von unserer Mannschaft erwarten (und sie auch von sich selbst) als wir eigentlich rechtmäßig dürften. Dass wir uns und unsere Spieler überschätzen und sie selbst sich auch. Dass wir keine Rücksicht darauf nehmen, dass die anderen eigentlich besser sind als wir. Vielleicht kommt das ja daher, dass wir über die anderen auch nicht sonderlich viel wissen, weil wir eigentlich viel zu sehr auf die Bundesliga konzentriert sind.
Die im Übrigen genau sechs der besten 100 Spieler der Welt stellt. Neben Schweinsteiger, Lahm und Klose nämlich noch Diego, Ribéry und Toni. Das bedeutet im Ligenvergleich Platz vier hinter England (31), Spanien (30) und Italien (23). Direkt hinter uns kommt übrigens die russische Premier League mit fünf Akteuren. Die Diskrepanz zu den drei Topligen ist schon heftig, spielen dort doch 84 der besten 100. Die restlichen 16 verteilen sich auf 6 weitere Ligen.
Und da sind wir mit der Bundesliga eben nicht mehr als das Beste vom Rest. Immerhin kann sich der FC Bayern freuen: Fünf der besten 100 Spieler der Welt spielen nämlich in München. Die restlichen 17 Bundesligaklubs bringen es dagegen auf nur einen einzigen Top 100 Spieler. Alle zusammen wohlgemerkt.
Und die Wahrheit ist: Etwas wirklich Neues sagt uns das alles nicht. Denn wir wussten ja schon: Im internationalen Vergleich ist die Bundesliga bestenfalls oberes Mittelmaß. Außer den Bayern erfüllt kein Bundesligist höhere internationale Ansprüche, weshalb auch nur die Münchener ernsthaft den Anspruch haben dürfen, in der Champions League über die Gruppenphase hinaus im Rennen zu bleiben. Und unser Nationalteam holt mehr aus sich heraus als eigentlich in ihr drin steckt. So sieht sie aus, die Realität.
Bis bald,
Andreas
Interessant wird es, wenn wir auf die Deutschen unter diesen Top 100 schauen. Denn es gibt genau vier davon: Michael Ballack auf Platz 18, Philipp Lahm auf Nummer 66, Miroslav Klose als 76. und Bastian Schweinsteiger auf Rang 99. Viel ist das nicht und dennoch: Welcher andere deutsche Spieler muss unbedingt auf diese Liste? Kein anderer Verteidiger jedenfalls. Frings hätte darauf gehört, vor zwei Jahren. Podolski spielt viel zu selten im Verein um Ansprüche stellen zu können. Über Mario Gomez könnte man aufgrund seiner Klubleistungen vielleicht diskutieren. Aber dann denkt man an seine Vorstellungen im Nationaltrikot und vergisst ihn schnell wieder. René Adler könnte nächstes Jahr ein Kandidat sein, wenn er seine Leistungen international bestätigen kann.
Jedenfalls kann man sich kaum beschweren, dass nur vier Deutsche gekürt wurden, denn es drängt sich kaum ein anderer auf. Deshalb tummeln sich auf dieser Liste 13 Italiener (das ist der Topwert), 12 Spanier, zehn Brasilianer, neun Franzosen, je acht Engländer und Argentinier, sieben Portugiesen und fünf Niederländer eher wir endlich bei uns ankommen. Es fällt auf: Acht Engländer? Sieben davon unter den Top 50? Neigt man auf der Insel etwas zur Selbstüberschätzung? Aber bis auf die Nominierung von Methusalem Paul Scholes auf Platz 95 haben die anderen ihre Nominierung durchaus verdient, wenn auch vielleicht etwas weiter unten im Ranking.
Und deshalb muss das Fazit aus deutscher Sicht lauten: Für den Mangel an absoluten Topspielern sind Platz drei bei der WM und Platz zwei bei der EM mehr als aller Ehren wert. Man kann also über das deutsche Team sagen: Die Mannschaft ist mehr als die Summe ihrer Einzelteile. Die Spanier mit ihren zwölf Nominierungen müssen ja sogar einen der besten 100 Fußballer der Welt auf die Bank setzten (bei der EM hieß dieser eine meist Fabregas mit Nachnamen). Jogi Löw hat solche Probleme jedenfalls nicht.
Bleibt nur eine Frage: Woher kommt eigentlich das deutsche Anspruchsdenken, bei jedem großen Turnier mindestens das Finale erreichen zu wollen. Unsere Spieler rechtfertigen einen solchen Anspruch jedenfalls nicht. Nur: Was ist es dann? Dass wir uns (gerade im Vergleich zu den Engländern, Spaniern und Italienern) auf unsere taktische Überlegenheit verlassen könnten kann man ja nun auch nicht ernsthaft behaupten.
Erwartet jetzt nur nicht von mir eine tief schürfende Antwort auf diese Frage. Aber vielleicht ist es ja gerade unser Anspruchsdenken, das uns antreibt. Dass wir einfach mehr von unserer Mannschaft erwarten (und sie auch von sich selbst) als wir eigentlich rechtmäßig dürften. Dass wir uns und unsere Spieler überschätzen und sie selbst sich auch. Dass wir keine Rücksicht darauf nehmen, dass die anderen eigentlich besser sind als wir. Vielleicht kommt das ja daher, dass wir über die anderen auch nicht sonderlich viel wissen, weil wir eigentlich viel zu sehr auf die Bundesliga konzentriert sind.
Die im Übrigen genau sechs der besten 100 Spieler der Welt stellt. Neben Schweinsteiger, Lahm und Klose nämlich noch Diego, Ribéry und Toni. Das bedeutet im Ligenvergleich Platz vier hinter England (31), Spanien (30) und Italien (23). Direkt hinter uns kommt übrigens die russische Premier League mit fünf Akteuren. Die Diskrepanz zu den drei Topligen ist schon heftig, spielen dort doch 84 der besten 100. Die restlichen 16 verteilen sich auf 6 weitere Ligen.
Und da sind wir mit der Bundesliga eben nicht mehr als das Beste vom Rest. Immerhin kann sich der FC Bayern freuen: Fünf der besten 100 Spieler der Welt spielen nämlich in München. Die restlichen 17 Bundesligaklubs bringen es dagegen auf nur einen einzigen Top 100 Spieler. Alle zusammen wohlgemerkt.
Und die Wahrheit ist: Etwas wirklich Neues sagt uns das alles nicht. Denn wir wussten ja schon: Im internationalen Vergleich ist die Bundesliga bestenfalls oberes Mittelmaß. Außer den Bayern erfüllt kein Bundesligist höhere internationale Ansprüche, weshalb auch nur die Münchener ernsthaft den Anspruch haben dürfen, in der Champions League über die Gruppenphase hinaus im Rennen zu bleiben. Und unser Nationalteam holt mehr aus sich heraus als eigentlich in ihr drin steckt. So sieht sie aus, die Realität.
Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 11051 | Kommentare: 74 | Bewertungen: 19 | Erstellt:18.11.2008
ø 8.2
KOMMENTARE
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18.11.2008 | 20:29 Uhr
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Man kann auch anders als mit Humor punkten, das ist genial.
R E S P E K T
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18.11.2008 | 20:29 Uhr
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Man kann auch anders als mit Humor punkten, das ist genial.
R E S P E K T
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19.11.2008 | 09:50 Uhr
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19.11.2008 | 09:58 Uhr
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AndreasRenner : @volkerswelt
Fürchte, da musst Du ganz altmodisch die Zeitschrift kaufen. Bei der internationalen Presse an jedem größeren Bahnhof solltest Du eine finden.
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19.11.2008 | 09:59 Uhr
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Josh9 :
Ich finde den Blog ja ganz gut aber den Kern hast du nicht getroffen.Deine Fragen , die du aufwirftst stellt sich wohl jedesmal die ganze Fussballwelt, wenn es zur EM/WM geht und die Deutsche Elf
mal wieder mind. das Halbfinale erreicht.
Was Platzierungen angeht, die beste Elf der Welt.
Von einem Deutschen Fussballkenner wie dir hätte ich da aber anderes erwartet
Wer eine Antwort darauf haben möchte, der schaue sich
bitte das gesamte Spiel
Deutschland - Ungarn 1954, 4. Juli 1954
an. 90 min. die Geburtsstunde der deutschen N11.
Das beantwortet alle Fragen.
Die meissten kennen nur das 3:2, oder noch die anderen Tore.
Die ganzen 90 min. muss man sich anschauen.
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19.11.2008 | 10:01 Uhr
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Josh9 :
"Und unser Nationalteam holt mehr aus sich heraus als eigentlich in ihr drin steckt. So sieht sie aus, die Realität."Diese Aussage ist unlogisch. und das ist auch nicht die Realität
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19.11.2008 | 11:21 Uhr
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Red_7 :
Unsere Nationalmannschaft beweist in jedem Turnier aufs neue, dass Fussball halt nicht nur aus Technik und Taktik besteht, sondern das mit einer guten mentalen Einstellung und guter Physis man sehr viel kompensieren kann. Wobei das die Bundesliga so den Anschluss verloren hat ist sicherlich ein jüngeres Phänomen. Und seitdem hat die N11 auch nichts mehr gewonnen...
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19.11.2008 | 12:30 Uhr
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AndreasRenner : @ Red7
Über die mentale Einstellung des deutschen Teams kann ich nur spekulieren. Aber die Physis? Untersuchungen haben doch eindeutig ergeben, dass in der Premier League deutlich mehr gelaufen wird als in der Bundesliga.
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