11.12.2012 um 12:17 Uhr
Vitamine bestätigen die Regel 4
Herzensangelegenheit Doping?
Apropos Herz: Wie bereits erwähnt nahm Fabio Cannavaro gern präventiv Herzarznei. Recht so, denn angesichts der Zahlen im Profibereich kann einem auch Angst und bange werden. Ganze 59 plötzliche Herztode gab es seit 1968, davon allein 54 seit 1990. Inwieweit dies statistisch wirklich eine verdächtige Abweichung der Otto-Normal-Gesellschaft ist, ist schwer zu beurteilen. Stutzig machen kann es schon. Insbesondere weil man die Leichen der topfitten jungen Menschen meist nicht obduziert oder die Berichte wie bei Antonio Puerta und Dani Jarque unter Verschluss hält. Spezialisten, die Anzeichen von Doping anhand von typischen Herzveränderungen feststellen könnten, werden nicht hinzugezogen, wie es Lorenz Rollhäuser in der „ARD" anmerkt. Doch es gibt nicht nur die Herzprobleme. Da wären auch noch behinderte algerische Kinder.
In den 1980er Jahren sollen algerische Nationalspieler unwissentlich von einem russischen Betreuer gedopt worden sein. Seit dieser Zeit haben „mindestens sieben" Spieler behinderte Kinder bekommen, wie die Süddeutsche in Berufung auf algerische Medien und Spieleraussagen berichtet. Einer von ihnen angeblich sogar drei. Ursache aus Sicht der Spieler: Gelbe „Vitamin"-Pillen vom russischen Betreuer. Und auch in Italien gibt es eine Serie an fragwürdigen Erkrankungen pensionierter Fußballer. Lorenz Rollhäuser berichtet für die ARD von Hunderten Ex-Spielern aus den 60er- und 70er-Jahren, bei denen eine auffällig hohe Anzahl an ALS-Diagnosen und bösartigen Tumoren festgestellt wurde. ALS (Amyotropher Lateralsklerose) ist eine Nervenkrankheit, die zunächst lähmt und dann tötet. Stephen Hawkings, der geniale Physiker im Rollstuhl? Das ist ALS! Eine von Staatsanwalt Guariniello verordnete Untersuchung zeigt, dass "unter 6000 Rennradfahrern, 2000 Basketballspielern und 12000 Rugbyspielern kein einziger Fall von ALS gefunden wurde! Sehr viele aber unter Fußballern - Wieso? Warum?” Mittlerweile spricht man auch von den „Witwen des Calcio".
WADA, NADA, blablabla
Wieso? Warum? Das kann man sich langsam fragen. Und man fragt es auch die FIFA. 65 internationale Sportverbände haben auf ihren Webseiten einen eigenen Anti-Doping-Bereich wie Univ.-Prof. Dr. Josef Hager in einem Artikel zum Thema bemerkt. Die FIFA wieder nicht. Auch steht im Anti-Doping-Code der FIFA, dass man Dopingfälle veröffentlichen kann, man muss es aber nicht. Jüngst in England geschehen als „Channel 4" im September 2011 von 43 Fällen berichtete, in denen Fußballern u.a. Spuren von Kokain, Cannabis und Ecstasy nachgewiesen wurde. Was machte der englische Verband? Schweigen! Das Gute an der ganzen Sache: Man muss laut Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) Drogenmissbrauch nur melden, wenn er im Wettkampf nachgewiesen wird. Es geht allgemein auf der Insel eher entspannt zu: Sind die Spieler bei unangekündigten Tests nicht anwesend, dann bleibt es folgenlos. Problematisch ist nur das Fehlen bei angekündigten Proben.
Auch gegen die durchaus diskutierbare Meldepflicht der WADA hatte die FIFA was. „Hexenjagd" polterte Sepp. Die WADA sei zu einer „Polizeiorganisation" geworden. Spieler sollten wie die meisten anderen Sportler ihren aktuellen Aufenthaltsort melden. Hintergrund: Überraschungstests. Nicht mit Sepp! Nach dem Problem mit der automatischen Zwei-Jahres-Sperre nun die individuelle Meldepflicht. Sepp setzt sich ein und durch. So wird jeder Fall einzeln aufgearbeitet und die Meldepflicht nur auf die gesamte Mannschaft angewandt. Die Kontrollen werden bejubelt, weil man keine Dopingfälle findet. Aus einem entsprechenden Blickwinkel etwas paradox. Stattdessen spricht man vom Missbrauch der Schmerzmittel. So wird gemeldet, dass bei der WM 2010 60 Prozent der Spieler während des Turniers und sogar fast 40 Prozent vor jedem Spiel Schmerzmittel nahmen. Steigende Tendenz, steigende Sorgen und aufsteigender Nebel einer Rauchbombe. Wieder mal lenkt Sepp den Blick der Medien geschickt um. Auch wenn die Problematik erheblich ist und nicht unterschätzt werden darf.
Grundlos dopen? Nein!
Recht viele Einzelfälle und Indizien. Man kann wohl getrost davon ausgehen, dass (organisiertes) Doping im Fußball weit verbreitet ist. Angefangen mit „Vitamin"-Pillen, Spritzen und Schmerztabletten vor jedem Spiel bis hin zu langfristigen Plänen. Das Märchen vom sauberen Sport kann niemand ernsthaft vertreten. Im letzten Jahrzehnt hat sich der Fußball dramatisch verändert. Wie Kistner in SZ-Magazin darlegt sind hat sich die Laufdistanz und die Anzahl der Spieler, die über 90 Minuten mit vollem Tempo unterwegs sind seit Ende der 90er verdoppelt. Ohne zu vergessen, dass sich gerade für Spitzenspieler die Anzahl der Spiele vergrößert hat und die Regenerationszeit logischerweise verkürzt. Dabei darf man allerdings auch nicht vergessen, dass die heutigen Profis durchaus besser und mehr trainieren. Wobei letzteres wohl auch eher für so manch Mittelchen spricht. Thomas Wilson hat in seinem Buch „Revolutionen auf dem Rasen" die Geschichte der Fußballtaktik analysiert und kommt u.a. zu dem Schluss, dass das taktische Potenzial nahezu ausgeschöpft ist. Wenn nur noch Kleinigkeiten über den Erfolg am Rasen entscheiden, dann ist u.a. die Ausdauer und Stärke nicht zu unterschätzen. Da fallen einem gleich Gus Hiddinks Nationalmannschaften auf, die unter seine Regie plötzlich dreimal so große Lungen als die Gegner zu haben scheinen und nach seinem Weggang wieder deutlich zurückfallen. Auch wenn das natürlich nur ein ausgeklügeltes Konditionstraining sein kann.
Teil 5: Wer hat "Schuld"?
Apropos Herz: Wie bereits erwähnt nahm Fabio Cannavaro gern präventiv Herzarznei. Recht so, denn angesichts der Zahlen im Profibereich kann einem auch Angst und bange werden. Ganze 59 plötzliche Herztode gab es seit 1968, davon allein 54 seit 1990. Inwieweit dies statistisch wirklich eine verdächtige Abweichung der Otto-Normal-Gesellschaft ist, ist schwer zu beurteilen. Stutzig machen kann es schon. Insbesondere weil man die Leichen der topfitten jungen Menschen meist nicht obduziert oder die Berichte wie bei Antonio Puerta und Dani Jarque unter Verschluss hält. Spezialisten, die Anzeichen von Doping anhand von typischen Herzveränderungen feststellen könnten, werden nicht hinzugezogen, wie es Lorenz Rollhäuser in der „ARD" anmerkt. Doch es gibt nicht nur die Herzprobleme. Da wären auch noch behinderte algerische Kinder.
In den 1980er Jahren sollen algerische Nationalspieler unwissentlich von einem russischen Betreuer gedopt worden sein. Seit dieser Zeit haben „mindestens sieben" Spieler behinderte Kinder bekommen, wie die Süddeutsche in Berufung auf algerische Medien und Spieleraussagen berichtet. Einer von ihnen angeblich sogar drei. Ursache aus Sicht der Spieler: Gelbe „Vitamin"-Pillen vom russischen Betreuer. Und auch in Italien gibt es eine Serie an fragwürdigen Erkrankungen pensionierter Fußballer. Lorenz Rollhäuser berichtet für die ARD von Hunderten Ex-Spielern aus den 60er- und 70er-Jahren, bei denen eine auffällig hohe Anzahl an ALS-Diagnosen und bösartigen Tumoren festgestellt wurde. ALS (Amyotropher Lateralsklerose) ist eine Nervenkrankheit, die zunächst lähmt und dann tötet. Stephen Hawkings, der geniale Physiker im Rollstuhl? Das ist ALS! Eine von Staatsanwalt Guariniello verordnete Untersuchung zeigt, dass "unter 6000 Rennradfahrern, 2000 Basketballspielern und 12000 Rugbyspielern kein einziger Fall von ALS gefunden wurde! Sehr viele aber unter Fußballern - Wieso? Warum?” Mittlerweile spricht man auch von den „Witwen des Calcio".
WADA, NADA, blablabla
Wieso? Warum? Das kann man sich langsam fragen. Und man fragt es auch die FIFA. 65 internationale Sportverbände haben auf ihren Webseiten einen eigenen Anti-Doping-Bereich wie Univ.-Prof. Dr. Josef Hager in einem Artikel zum Thema bemerkt. Die FIFA wieder nicht. Auch steht im Anti-Doping-Code der FIFA, dass man Dopingfälle veröffentlichen kann, man muss es aber nicht. Jüngst in England geschehen als „Channel 4" im September 2011 von 43 Fällen berichtete, in denen Fußballern u.a. Spuren von Kokain, Cannabis und Ecstasy nachgewiesen wurde. Was machte der englische Verband? Schweigen! Das Gute an der ganzen Sache: Man muss laut Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) Drogenmissbrauch nur melden, wenn er im Wettkampf nachgewiesen wird. Es geht allgemein auf der Insel eher entspannt zu: Sind die Spieler bei unangekündigten Tests nicht anwesend, dann bleibt es folgenlos. Problematisch ist nur das Fehlen bei angekündigten Proben.
Auch gegen die durchaus diskutierbare Meldepflicht der WADA hatte die FIFA was. „Hexenjagd" polterte Sepp. Die WADA sei zu einer „Polizeiorganisation" geworden. Spieler sollten wie die meisten anderen Sportler ihren aktuellen Aufenthaltsort melden. Hintergrund: Überraschungstests. Nicht mit Sepp! Nach dem Problem mit der automatischen Zwei-Jahres-Sperre nun die individuelle Meldepflicht. Sepp setzt sich ein und durch. So wird jeder Fall einzeln aufgearbeitet und die Meldepflicht nur auf die gesamte Mannschaft angewandt. Die Kontrollen werden bejubelt, weil man keine Dopingfälle findet. Aus einem entsprechenden Blickwinkel etwas paradox. Stattdessen spricht man vom Missbrauch der Schmerzmittel. So wird gemeldet, dass bei der WM 2010 60 Prozent der Spieler während des Turniers und sogar fast 40 Prozent vor jedem Spiel Schmerzmittel nahmen. Steigende Tendenz, steigende Sorgen und aufsteigender Nebel einer Rauchbombe. Wieder mal lenkt Sepp den Blick der Medien geschickt um. Auch wenn die Problematik erheblich ist und nicht unterschätzt werden darf.
Grundlos dopen? Nein!
Recht viele Einzelfälle und Indizien. Man kann wohl getrost davon ausgehen, dass (organisiertes) Doping im Fußball weit verbreitet ist. Angefangen mit „Vitamin"-Pillen, Spritzen und Schmerztabletten vor jedem Spiel bis hin zu langfristigen Plänen. Das Märchen vom sauberen Sport kann niemand ernsthaft vertreten. Im letzten Jahrzehnt hat sich der Fußball dramatisch verändert. Wie Kistner in SZ-Magazin darlegt sind hat sich die Laufdistanz und die Anzahl der Spieler, die über 90 Minuten mit vollem Tempo unterwegs sind seit Ende der 90er verdoppelt. Ohne zu vergessen, dass sich gerade für Spitzenspieler die Anzahl der Spiele vergrößert hat und die Regenerationszeit logischerweise verkürzt. Dabei darf man allerdings auch nicht vergessen, dass die heutigen Profis durchaus besser und mehr trainieren. Wobei letzteres wohl auch eher für so manch Mittelchen spricht. Thomas Wilson hat in seinem Buch „Revolutionen auf dem Rasen" die Geschichte der Fußballtaktik analysiert und kommt u.a. zu dem Schluss, dass das taktische Potenzial nahezu ausgeschöpft ist. Wenn nur noch Kleinigkeiten über den Erfolg am Rasen entscheiden, dann ist u.a. die Ausdauer und Stärke nicht zu unterschätzen. Da fallen einem gleich Gus Hiddinks Nationalmannschaften auf, die unter seine Regie plötzlich dreimal so große Lungen als die Gegner zu haben scheinen und nach seinem Weggang wieder deutlich zurückfallen. Auch wenn das natürlich nur ein ausgeklügeltes Konditionstraining sein kann.
Teil 5: Wer hat "Schuld"?
Aufrufe: 2912 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 9 | Erstellt:11.12.2012
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