11.12.2012 um 12:17 Uhr
Vitamine bestätigen die Regel 5
Zu Teil 1
Daniel Drepper nennt auf seinem Blog drei Hauptgründe für Doping im Fußball. Zum einen wären da die Kontrollen oder eben nicht oder aber nur halbherzig. Viele Substanzen sind gar nicht erst nachweisbar oder nur mit teuren Verfahren zu entdecken. Dann kommen noch die problematischen Mittel wie das von Dr. Müller-Wohlfahrt heißgeliebte Actovegin. Laut ESPN bezieht der Münchner das Mittel mittlerweile aus Österreich und zitiert den Arzt auf die Frage nach der Häufigkeit des Mittels in seinen verschriebenen Injektionen mit „In fast jeder". Dabei war es rund um Olympia 2000 auf der Dopingliste und die Einfuhr in die USA ist verboten. Auch in mehreren EU-Staaten wurde es nie zugelassen und 2009 auch vom deutschen Markt genommen. Das „Deutschlandradio" berichtet von Patrick Vieiras Irritationen, dass der Arzt ihm 2008 ein Mittel spritzen wollte, dass in Frankreich nicht zugelassen war. Dabei ist Müller-Wohlfahrt nicht der einzige begeisterte Arzt. Sein Kollege Klaus Gerlach aus Mainz betreut u.a. auch die Spieler von Mainz 05 und schwört auf das Mittel. Das Beispiel zeigt, wie schwierig es ist einen einheitlichen und weltweiten Kampf zu führen. Die fehlenden Zulassungen können auch mit dem Inhalt, nämlich u.a. Kälberblut, und deren gesellschaftlicher Akzeptanz zu tun haben. So dient Actovegin bisher als Beispiel für die Hilflosigkeit und den Grau-Bereich der Doping-Bekämpfung. Als zweiter Grund für Drepper wäre da der Gruppendruck. Frei nach dem Motto: „Wenn die dopen, dopen wir auch!" Wenn bereits in der Jugend das Interesse vorhanden ist, kann man sich leicht vorstellen, was bei reichen Profis und Vereinen für Verhältnisse herrschen. Zu guter Letzt natürlich das liebe Geld. Die Sportdoping-Koryphäe schlechthin, der Franzose Jean-Pierre de Mondenard, sieht aber neben diesem besonders einen weiteren Grund als viel stärkeren Antrieb zum Doping: Ruhm! Das Geld käme sowieso, aber ein Sportler strebe danach der Beste zu sein, Pokale zu gewinnen und ruhmreich in die Geschichte einzugehen.
Es gibt natürlich auch andere Stimmen. Da wäre z.B. der Kölner Dopinganalytiker Wilhelm Schänzer. Im Interview mit der „Berliner Zeitung" 2009 sagt er, dass „man davon ausgehen muss, dass der Fußball kein großes Dopingproblem hat", er selbst sei aber „vorsichtig geworden, eine generelle Absolution zu erteilen". Für systematisches Doping stünde für die Vereine aber viel zu viel auf dem Spiel. Auch zu Actovegin äußert er sich im „Deutschlandradio": „Da ist kein Eiweiß dieser Substanz enthalten, das eigentlich eine Dopingrelevanz erbringen würde." BVB-Trainer Jürgen Klopp sagt der „ZEIT" 2009 noch, dass er „mit Überzeugung sagt, dass im Fußball nicht gedopt wird". In eine ähnliche Richtung gehen Funktionärs- und Teamarzt-Aussagen. Wie man ernsthaft davon ausgehen kann, dass generell nicht gedopt wird, erschließt sich wohl nicht ganz. Was das systematische Doping angeht gibt es zur Zeit nur den Fall Juventus Turin. Immerhin...
Das System auf der Anklagebank
Wer hat also Schuld? Der Sepp? Die Spieler? Die Ärzte? Sagen wir das System. Und zu dem gehören sie alle. Sepp thront über der „Cash Cow" Weltfußball. Die Verbände verhalten sich ruhig und danken es Sepp. Die Vereine wollen das Maximum aus der Millioneninvestition „Mannschaft" ziehen. Teamärzte, die Dopingmittel austeilen oder eventuell ungefragt verabreichen, sind ihren Titel nicht wert. Ethisch bleiben da wenig Fragen, aber viele Antworten – u.a. nachzulesen im Eid des Hippokrates oder des „Nürnberger Kodex". Der Spieler selbst, der scheinbar lieber körperlich völlig verkorkst die zweite Lebenshälfte antritt, dafür im besten Fall (ruhm-)reich. Nicht zu vergessen die lieben Medien und Fans. Das eigentliche Doping der Fußballindustrie. Da erinnert man sich unschön an das Resultat des intensivierten Durchgreifens im Radsport. Die Medien sind ähnlich abhängig vom Fußball wie manch einer auf seine Vitamine. Nur vereinzelt befassen sich Journalisten mit der Thematik und kämpfen gegen Windmühlen an. Wenn man darüberhinaus immer mehr Ex-Profis in den Medien und in den Schaltzentralen der Industrie sieht, dann braucht niemand zu erwarten, dass in naher Zukunft Aufklärung betrieben wird. Wer will sein Lebenswerk schon selbst zerstören? Und wer will überhaupt wissen, ob sich jeder dopt? Selbst in der Gesellschaft hat sich so manches Mittelchen zur Alltagsbewältigung längst durchgesetzt. Egal ob Alkohol, Cannabis oder Anti-Depressiva. Selbst Kokain ist längst keine Yuppie- oder Partydroge mehr.
Man ist fast schon so weit Fuentes zu loben. Wenigstens passt er – laut eigener Aussage – die Dosierungen und Substanzen individuell und nach Untersuchungen an, statt wie Tapie und Konsorten, das gleiche Mittel in der gleichen Dosis wie Gummibärchen in der Kabine zu verteilen. Aber das waren auch die wilden 80er und nicht das durchdesignte TV-Milliardenprodukt der heutigen Zeit. Es ist wohl nur ein weiteres Zeichen, dass sich der Fußball weiterentwickelt hat. Leider in die falsche Richtung. Teure Tests, uneinheitliche Strategien, das Hinterherhinken der Forschung, unendliche Geldquellen auf der anderen Seite – der Kampf scheint aussichtslos. De Mondenard sieht für den Anfang nur einen Weg zu einem verbesserten Kampf gegen Doping: Man muss den Verbänden die Position der Kontrollinstanz entreißen und unabhängige Institutionen ins Leben rufen. Wer entdeckt denn zumeist die Dopingskandale? Natürlich werden viele Sportler durch Tests überführt, aber oftmals ist es besonders die Polizei, die Skandale durch Razzien und Durchsuchungen aufdeckt. De Mondenard ist es vor allem ein Dorn im Auge, dass ein Lance Armstrong oder Alberto Contador vor der Überführung rund 500 mal negativ getestet wurde. Doch bis dahin, kann sich Sepp zurücklehnen und eine Multivitamin-Tablette ins Wasser schmeißen. Es war ein langer Tag in der Geschichte des Dopings im Fußball. Unschönes Thema. Lasst uns lieber über eine globale Weltmeisterschaft nachdenken. Der Michel hat da einen guten Einfall gehabt um noch mehr Geld zu machen. Das Schlusswort soll Toni Schumacher haben: „Wenn ich mal sterbe, kommen nur Plastikblumen auf mein Grab. Etwas anderes wächst da gar nicht mehr." Wohl genau wie auf dem Grab von König Fußball, sollte eines Tages alles ans Licht kommen.
Zu Teil 1: Das Wunder von Bern
Zu Teil 2: Schumacher, Juventus, Cannavaro
Zu Teil 3: Fuentes
Zu Teil 4: WADA, Dopinggründe
Daniel Drepper nennt auf seinem Blog drei Hauptgründe für Doping im Fußball. Zum einen wären da die Kontrollen oder eben nicht oder aber nur halbherzig. Viele Substanzen sind gar nicht erst nachweisbar oder nur mit teuren Verfahren zu entdecken. Dann kommen noch die problematischen Mittel wie das von Dr. Müller-Wohlfahrt heißgeliebte Actovegin. Laut ESPN bezieht der Münchner das Mittel mittlerweile aus Österreich und zitiert den Arzt auf die Frage nach der Häufigkeit des Mittels in seinen verschriebenen Injektionen mit „In fast jeder". Dabei war es rund um Olympia 2000 auf der Dopingliste und die Einfuhr in die USA ist verboten. Auch in mehreren EU-Staaten wurde es nie zugelassen und 2009 auch vom deutschen Markt genommen. Das „Deutschlandradio" berichtet von Patrick Vieiras Irritationen, dass der Arzt ihm 2008 ein Mittel spritzen wollte, dass in Frankreich nicht zugelassen war. Dabei ist Müller-Wohlfahrt nicht der einzige begeisterte Arzt. Sein Kollege Klaus Gerlach aus Mainz betreut u.a. auch die Spieler von Mainz 05 und schwört auf das Mittel. Das Beispiel zeigt, wie schwierig es ist einen einheitlichen und weltweiten Kampf zu führen. Die fehlenden Zulassungen können auch mit dem Inhalt, nämlich u.a. Kälberblut, und deren gesellschaftlicher Akzeptanz zu tun haben. So dient Actovegin bisher als Beispiel für die Hilflosigkeit und den Grau-Bereich der Doping-Bekämpfung. Als zweiter Grund für Drepper wäre da der Gruppendruck. Frei nach dem Motto: „Wenn die dopen, dopen wir auch!" Wenn bereits in der Jugend das Interesse vorhanden ist, kann man sich leicht vorstellen, was bei reichen Profis und Vereinen für Verhältnisse herrschen. Zu guter Letzt natürlich das liebe Geld. Die Sportdoping-Koryphäe schlechthin, der Franzose Jean-Pierre de Mondenard, sieht aber neben diesem besonders einen weiteren Grund als viel stärkeren Antrieb zum Doping: Ruhm! Das Geld käme sowieso, aber ein Sportler strebe danach der Beste zu sein, Pokale zu gewinnen und ruhmreich in die Geschichte einzugehen.
Es gibt natürlich auch andere Stimmen. Da wäre z.B. der Kölner Dopinganalytiker Wilhelm Schänzer. Im Interview mit der „Berliner Zeitung" 2009 sagt er, dass „man davon ausgehen muss, dass der Fußball kein großes Dopingproblem hat", er selbst sei aber „vorsichtig geworden, eine generelle Absolution zu erteilen". Für systematisches Doping stünde für die Vereine aber viel zu viel auf dem Spiel. Auch zu Actovegin äußert er sich im „Deutschlandradio": „Da ist kein Eiweiß dieser Substanz enthalten, das eigentlich eine Dopingrelevanz erbringen würde." BVB-Trainer Jürgen Klopp sagt der „ZEIT" 2009 noch, dass er „mit Überzeugung sagt, dass im Fußball nicht gedopt wird". In eine ähnliche Richtung gehen Funktionärs- und Teamarzt-Aussagen. Wie man ernsthaft davon ausgehen kann, dass generell nicht gedopt wird, erschließt sich wohl nicht ganz. Was das systematische Doping angeht gibt es zur Zeit nur den Fall Juventus Turin. Immerhin...
Das System auf der Anklagebank
Wer hat also Schuld? Der Sepp? Die Spieler? Die Ärzte? Sagen wir das System. Und zu dem gehören sie alle. Sepp thront über der „Cash Cow" Weltfußball. Die Verbände verhalten sich ruhig und danken es Sepp. Die Vereine wollen das Maximum aus der Millioneninvestition „Mannschaft" ziehen. Teamärzte, die Dopingmittel austeilen oder eventuell ungefragt verabreichen, sind ihren Titel nicht wert. Ethisch bleiben da wenig Fragen, aber viele Antworten – u.a. nachzulesen im Eid des Hippokrates oder des „Nürnberger Kodex". Der Spieler selbst, der scheinbar lieber körperlich völlig verkorkst die zweite Lebenshälfte antritt, dafür im besten Fall (ruhm-)reich. Nicht zu vergessen die lieben Medien und Fans. Das eigentliche Doping der Fußballindustrie. Da erinnert man sich unschön an das Resultat des intensivierten Durchgreifens im Radsport. Die Medien sind ähnlich abhängig vom Fußball wie manch einer auf seine Vitamine. Nur vereinzelt befassen sich Journalisten mit der Thematik und kämpfen gegen Windmühlen an. Wenn man darüberhinaus immer mehr Ex-Profis in den Medien und in den Schaltzentralen der Industrie sieht, dann braucht niemand zu erwarten, dass in naher Zukunft Aufklärung betrieben wird. Wer will sein Lebenswerk schon selbst zerstören? Und wer will überhaupt wissen, ob sich jeder dopt? Selbst in der Gesellschaft hat sich so manches Mittelchen zur Alltagsbewältigung längst durchgesetzt. Egal ob Alkohol, Cannabis oder Anti-Depressiva. Selbst Kokain ist längst keine Yuppie- oder Partydroge mehr.
Man ist fast schon so weit Fuentes zu loben. Wenigstens passt er – laut eigener Aussage – die Dosierungen und Substanzen individuell und nach Untersuchungen an, statt wie Tapie und Konsorten, das gleiche Mittel in der gleichen Dosis wie Gummibärchen in der Kabine zu verteilen. Aber das waren auch die wilden 80er und nicht das durchdesignte TV-Milliardenprodukt der heutigen Zeit. Es ist wohl nur ein weiteres Zeichen, dass sich der Fußball weiterentwickelt hat. Leider in die falsche Richtung. Teure Tests, uneinheitliche Strategien, das Hinterherhinken der Forschung, unendliche Geldquellen auf der anderen Seite – der Kampf scheint aussichtslos. De Mondenard sieht für den Anfang nur einen Weg zu einem verbesserten Kampf gegen Doping: Man muss den Verbänden die Position der Kontrollinstanz entreißen und unabhängige Institutionen ins Leben rufen. Wer entdeckt denn zumeist die Dopingskandale? Natürlich werden viele Sportler durch Tests überführt, aber oftmals ist es besonders die Polizei, die Skandale durch Razzien und Durchsuchungen aufdeckt. De Mondenard ist es vor allem ein Dorn im Auge, dass ein Lance Armstrong oder Alberto Contador vor der Überführung rund 500 mal negativ getestet wurde. Doch bis dahin, kann sich Sepp zurücklehnen und eine Multivitamin-Tablette ins Wasser schmeißen. Es war ein langer Tag in der Geschichte des Dopings im Fußball. Unschönes Thema. Lasst uns lieber über eine globale Weltmeisterschaft nachdenken. Der Michel hat da einen guten Einfall gehabt um noch mehr Geld zu machen. Das Schlusswort soll Toni Schumacher haben: „Wenn ich mal sterbe, kommen nur Plastikblumen auf mein Grab. Etwas anderes wächst da gar nicht mehr." Wohl genau wie auf dem Grab von König Fußball, sollte eines Tages alles ans Licht kommen.
Zu Teil 1: Das Wunder von Bern
Zu Teil 2: Schumacher, Juventus, Cannavaro
Zu Teil 3: Fuentes
Zu Teil 4: WADA, Dopinggründe
Aufrufe: 6438 | Kommentare: 22 | Bewertungen: 33 | Erstellt:11.12.2012
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KOMMENTARE
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22.06.2013 | 13:53 Uhr
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chingyyy :
starkes Ding! Danke! Gut, dass du den Link nochmal unter den Ullrichartikel gepostet hast, sonst wäre der Blog doch glatt an mir vorbeigegangen :)
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22.06.2013 | 15:11 Uhr
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kenyon :
so ein bockstarker blog, auch ich danke fuer den link unter dem ullreich artikel. gehe in allen punkten zu 100% konform mit deiner meinung und finds klasse, dass du das thema so umfassend, top rechechiert und auf einem ganz starken niveau niedergeschrieben hast. weltklasse!
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