09.03.2010 um 15:16 Uhr
Wege der Zukunft - 4-2-3-1 Teil2
Ballgewinn und Umschalten
So kommt es, dass im 4-2-3-1 auffallend viele Ballgewinne im Mittelfeld zu verbuchen sind, weil man kaum Platz für Kombinationen hat und lange Bälle wie bereits erwähnt ebenfalls nicht sehr erfolgsversprechend sind, also bleiben nur risikoreiche Steilpässe und Dribblings als Erfolgsrezept, und dabei ist natürlich die Erfolgsquote nicht allzu hoch, sodass die verteidigende Mannschaft viele Ballgewinne verbuchen kann, gerade auch im Mittelfeld.
Die Nummer 6 hat den Ball gewonnen. Der Gegner war aufgrund der tiefen Spielweise weit aufgerückt, es bietet sich die Gelegenheit zum schnellen Konter. Da der Ball über die rechte Seite gehen wird, aufgrund der kürzeren Wege, setzen sowohl Nummer 7 als auch Nummer 2 zum Sprint über die rechte Außenbahn an. Damit bietet sich für Nummer 6 die erste und schlauste Anspielmöglichkeit, weil beide den Ball in den Lauf bekommen können und schon Fahrt aufgenommen haben. Der andere DM, Nummer 8, zieht vor auf die Spielmacherposition, sodass die Nummer 10 rüberzieht, um unmittelbar vor Nummer 6 eine Anspielstation darzustellen. So bietet sich Variante 2 und 3, denn sowohl Nummer 8 als auch Nummer 10 bieten sich an um nach dem Zuspiel aus der Mitte heraus den schnellen Pass auf die sprintstarken Außen zu geben. Nummer 11 geht ebenfalls die Linie lang, um einen Diagonalball oder Steilpass aus der Mitte zu erhalten.
Für die ganz schnelle aber sehr unsichere Variante läuft der Mittelstürmer los, auch ein langer Ball auf ihn ist möglich, aber nicht sehr erfolgsversprechend. Wenn der Konter Erfolg hatte und die Mannschaft hinter die Abwehr gelangt ist, versuchen Nummer 10 und 8 zusammen mit Nummer 9 in die Spitze zu stoßen, um mögliche Flanken und Flache Hereingaben entgegenzunehmen, Nummer 6 lauert im Rückraum.
Hinten sichern die beiden IV und der nicht beteiligte AV ab.
Grundformation Offensive
Natürlich ist es nicht möglich jeden Angriff als Konter zu spielen, und man muss auch ruhig aufbauen können und gegen eine organisierte Defensive Wege zum Ziel finden.
Beim geregelten Spielaufbau wird das ganze System in meinem Beispiel zum 4-3-3. Wenn kein schneller Konter möglich ist, wird ruhig aufgebaut. Dabei wird versucht alle Spieler so in Position zu bringen, dass sie bei einem Zuspiel einen Raumgewinn erzielen können oder erzielen. Gleichzeitig muss aber jederzeit eine Absicherung vorhanden sein. Die beiden Innenverteidger bleiben immer hinten, im Aufbau bleibt einer der beiden DM, Nummer 6, zurück, um im Falle eines Fehlpasses einzuschreiten. Die AV, Nummer 2 und 3, rücken weit vor, ziehen so die Außenspieler des Gegners zurück und schaffen Platz für die IV. Diese versuchen nun, falls möglich, direkt einen der Außenspieler anzuspielen, oder den zurückgebliebenen DM anzuspielen. Die AV werden nur angespielt, wenn sie nicht in Bedrängnis sind. Das eigentliche Ziel des Angriffes ist der offensive Mittelfeldspieler oder der aufgerückte DM, Nummer 8 und 10. Diese haben in ihrer zentralen Position viele Möglichkeiten einen gefährlichen Angriff einzuleiten. Die meisten Spielzüge beginnen erst im offensiven Mittelfeld.
Spielaufbau rechts
Ziel eines jeden Spielzugs ist es, hinter die gegnerische Abwehr zu kommen. Dafür gibt es neben dem unattraktiven und wenig erfolgsversprechenden langen Ball eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder über die Flügel, indem der Außenspieler angespielt wird, der AV in hinterläuft und dann den Ball in den Lauf gespielt bekommt. Diese Variante kommt allerdings nicht sehr häufig vor. Die andere Variante geht durch die Mitte, weil sich dann der Gegner nicht mehr nur auf das Zustellen der Außenspieler konzentrieren kann, darüber hinaus beide Seiten im Blick haben muss, also ist von dort ein Pass hinter die gegnerische Abwehrreihe viel eher möglich. Doch erst einmal muss der Ball bei einem der beiden offensiven Mittelfeldspieler landen.
Hierfür habe ich beispielhaft den Spielaufbau über die rechte Seite und die Bewegungen in der Mannschaft aufgezeichnet.
An diesem Beispiel wird deutlich, welche großen Bewegungen innerhalb der Mannschaft ein einzelner Pass auslöse kann.
Der Ball wird vom Innenverteidiger zum Rechtsverteidiger gespielt. Daraufhin kommt in die gesamte Mannschaft Bewegung. Der Linksverteidiger (3) hat vorerst (!) nichts mehr mit dem Angriff zutun und reiht sich zu Absicherung in die Abwehrreihe ein. Der DM (6) bietet sich als Alternative in der Mitte an, kommt entgegen, während der Rechte Mittelfeldspieler (7) in die Mitte zieht, um für einen eventuellen Seitensprint Platz zu machen und dabei als Anspielstation zu dienen.
Erste Option aber für den Rechtsverteidiger ist der aufgerückte DM (8), er steht diagonal vor ihm und bietet die optimale Anspielstation. Der andere OM (10) rückt vor in die Spitze, während der Mittelstürmer (9) quer läuft um dann bei einem eventuellen Steilpass schon in Fahrt zu sein. Der link Mittelfeldspieler zieht ebenfalls vorsorglich etwas in die Mitte, bleibt aber weiter auf dem Flügel, um bei einem eventuellen Seiten- oder Flankenwechsel keine zu langen Laufwege zu haben.
Zwischenziel erreicht
Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass der Pass vom RV zum OM (Nummer 8) geglückt ist. Sobald der 8er am Ball ist, beginnen im Team die Bewegungen, denn jetzt gibt es eine Reihe von Möglichkeiten den tödlichen Pass zu spielen:
Der Nummer 8 bieten sich 5 (!) Möglichkeiten für einen Gefährlichen Pass an. Der RAV geht die Linie entlang, kann, wie bereits erwähnt, mit einem gut getimten Pass hinter die Abwehr kommen und eine Flanke schlagen. Der 7er kann ebenfalls kann in der zweiten Schnittstelle der Viererkette angespielt werden, auch er setzt sich in Bewegung, ebenso der Mittelstürmer. Er läuft erst parallel zur Abwehrreihe, um so Verwirrung zu schaffen und schon in Bewegung zu sein. Dann bietet er sich für den Pass in der zweite oder dritte Schnittstelle an. Der aufgerückte Spielmacher, Nummer 10, ist ebenfalls anspielbereit, genauso der 11er, welcher mit einem hohen Ball oder präzisen Flachpass angespielt werden.
Das war eine kurze Einführung in meine persönliche Idealvorstellung und Umsetzung des 4-2-3-1-Systems, Anregungen und Verbesserungsvorschläge sind immer gern gesehen.
Zurück zu Teil 1.
Aufrufe: 28297 | Kommentare: 48 | Bewertungen: 36 | Erstellt:09.03.2010
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KOMMENTARE
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10.04.2010 | 13:55 Uhr
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La_Pulga :
Fette Sache!Ich hab es leider grade erst in der Zeitschrift "Fussball Training" gesehen und dann mal nachgeguckt!
Dein Blog wird auf www.fussballtraining.com "vermarktet", war das schon bekannt?
Klasse! Hier der Link:
http://fussballtraining.com/index.php?id=105&tx_ttnews[tt_news]=186&tx_ttnews[backPid]=106&cHash=c39b2bd80a5b173731033c7c86c2b6c7
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23.01.2011 | 15:15 Uhr
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GNetzer :
Wirklich ein sehr großartiger Blog. Wer jetzt nicht in der Taktik-Ecke Mitglied wird, ist selbst schuld
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23.01.2011 | 19:33 Uhr
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Glückwunsch, Taktiker
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23.01.2011 | 22:00 Uhr
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23.01.2011 | 23:55 Uhr
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keyser : hmmmm
Ich gebe mal meinen Senf dazu:Guter Blog.
Ich persönlich kann es kaum erwarten bis dieses "System" endlich aus der Mode kommt. Eigentlich aus dem holländischen 4-3-3 entstanden, dann lange Zeit sehr uneffektiv von der spanischen und portugiesischen Nationalmannschaft gespielt worden, später vom FC Barcelona zur Perfektion gebracht.
Danach von allen kopiert, um eine überzahl im Mittelfeld zu schaffen, um gegen das dominierende 4-4-2 zu bestehen. Ziel erreicht: 4-4-2 faktisch abgeschafft, weil gegen 4-2-3-1 uneffektiv.
Frage: "Warum spielen das immer noch alle, schliesslich spielt fast keiner mehr das 4-4-2"
Fußball mit einem Stürmer und dafür zwei 6ern ist langweilig, und wird immer langweilig bleiben.
Problem: wenn fast alle 4-2-3-1 spielen, so wie aktuell, ist der Fußball langweilig. Ballgeschiebe im Mittelfeld und 90-minütige Suche nach DER Lücke, wenn der Gegner gut steht. Beispiele: Bayern München, spanische Nationalmannschaft, FC Barcelona (wobei bei denen jede taktische Variante relativ spektakulär aussieht) usw... *gääääähn
Wie in der Geschichte des Fußballs immer der Fall, wird ein gewiefter Trainer sich irgendetwas ausdenken, was das 4-2-3-1 uneffektiv aussehen lassen wird, und alle anderen werden wie die Lemminge folgen, bis sich die Systemumstellung ein weiterers mal ad absurdum geführt haben wird.
Ich nehme an, irgendein Trainer wird sich überlegen wozu er eigentlich noch mit 4 Verteidigern spielen lassen soll, wenn der Gegner bloss einen Stürmer aufbietet.
Aus diesem Gedanken herraus wird sich dann das nächste Modesystem entwickeln, welches gegenüber dem 4-2-3-1 zwingend überlegen sein wird. Für die nächsten 5-7 Jahre wird das der Renner....
Das ganze ist wie ein ewiger Kreislauf, aber der aktuelle Auswuchs(4-2-3-1) ist besonders frustrierend anzuschauen.
Das ansprechen dieser Problematik würde den guten Blog noch ein wenig ergänzen. Nach dem Motto: "Wo kommen wir her, wo gehen wir hin?"
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08.07.2011 | 23:14 Uhr
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TheHugo :
Bin mir nicht sicher ob es schon erwähnt wurde, aber du lässt mir da in der Defensive ein bißchen den Torwart außer Acht. Denn wann man einen Mitspielenden Torwart hat (Neuer, vdSaar,...) können die Verteidiger auch weiter vorne stehen und auf Abseits stellen, da der TW ja in die Abseitsregel nicht einbezogen wird. Somit ist er eine Art "getarnter Libero" und kann zudem noch schneller an den Ball kommen, da der ihm ja entgegen kommt ;)Ansonsten richtig gut! Und genanntes geht natürlich nur bei einem entsprechend spielstarken Torwart!
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Super. heute Abend schreibe ich den nächsten Blog, dann werde ich dabei aufrufen, wer Interesse an einer solchen Aktion hätte und wer helfen will, dann kann man besser planen.
Zum Libero kann ich nur aus dem Jugendbereich etwas sagen:
Gegen Mannschaften mit Libero muss man seine praktische Überzahl im Spielaufbau konsequent ausnutzen, vor allem in der Mitte oder auf Außen ergeben sich durch die manndecker schnell Lücken, mit einem geschulten Auge erkenntm man diese schnell und kann seine Mannschaft dementsprechend ausrichten.