10.04.2008 um 14:33 Uhr
Wenn Reizwäsche ablenkt
...dann ist man im Coliseum Alfonso Perez in Getafe zu Gast. Aber lesen Sie selbst.
"Undeeerrrchachin?" Paco sieht mich an als ob ich ihm gerade ein vergiftetes Drops in den Mund geschoben hätte. "Underrrchaching?" Auch der zweite Versuch klingt als ob er sich dabei das Zungenbein bricht. Na gut, hatte ich auch nicht anders erwartet. Woher soll ein spanischer Taxifahrer auch Unterhaching kennen. Dabei finde ich den Vergleich zwischen Getafe und Unterhaching so gut... Naja, macht nichts.
Ich probiere es mal hier: In München haben Bayern und 1860 das Vorrecht, in Madrid sind das Real und Atletico. Und dann gibt's da diese kleinen Enklaven südlich der Stadt, auf der einen Seite das pittoreske, von bayerischer Idylle durchdrungene, sterbenslangweilige Unterhaching und auf der anderen Seite die beschauliche, von Autobahnen umrahmte Trabantenstadt Getafe.
Gut, Getafe hat mit knapp 160.000 Einwohnern deutlich mehr Volumen als das deutsche Pendant (knapp 22.000) und auch architektonisch unterscheiden sie sich. Unterhaching ist tief bayerisch, mit vielen Einfamilienhäusern mit gehäkelten Vorhängen, Getafe hat vornehmlich mediterrane Mehrfamilienhäuser in Brauntönen und auch ein paar ekelige Hochhausblocks zu bieten.
Aber dann gibt es ja noch diese Fußballklubs, die einst auszogen in die große weite Welt, um den arrivierten Kräften das Fürchten zu lehren. Haching schaffte es immerhin für zwei ansehnliche Jahre in die Bundesliga, Getafe jetzt sogar bis ins Viertelfinale des UEFA-Cups, auch als Verlierer-Cup bekannt.
Das Stadion in Getafe, das den martialischen Namen "Coliseum Alfonso Perez" trägt, hat bestimmt schon mal bessere Zeiten erlebt (der Hachinger Sportpark übrigens auch). Von einem Kolosseum hat die höchstens 17.000 Zuschauer fassende Anlage wenig. Ein wenig eckig kommt die Arena der Blauen daher, die turmhohen Strommasten hinter der Gegentribüne machen den Eindruck nicht besser. Das Highlight ist die Anzeigetafel: Dort wirbt unter einer Coca-Cola-Werbetafel der Amüsierbetrieb "Lamour" in roter Schrift ungeniert um vergnügungswillige Besucher.
Wenn das die gegnerischen Spieler schon nicht ablenkt, dann bestimmt das: "Vom Spielfeld aus kann man sehen, wie die Frauen auf den Balkonen der benachbarten Wohnhäusern die Wäsche aufhängen. Das lenkt die Spieler der großen Klubs ab, weil sie es nicht gewohnt sind", berichtete Getafes Präsident Angel Torres unlängst.
Das Stadion an sich ist erst zehn Jahre alt und wurde einst im Randgebiet der Vorstadt auf eine leere Wiese gesetzt. Mittlerweile wächst Getafe so schnell, dass das Coliseum von einem Neubaugebiet im britischen Stil (viele kleine Backsteinhäuser, alle gleich) umwachsen ist.
Und jetzt ist also der FC Bayern zu Gast. In Haching hat man auch einmal verloren (Spizak!), in Getafe droht nun das Aus. Oliver Kahn verglich die Atmosphäre, die die Bayern erwartet, ungesehen schon mal mit dem Tollhaus St. Pauli. Getafe-Coach Michael Laudrup gibt ihm da Recht. "Die Leute hier stehen zu einhundert Prozent hinter der Mannschaft Es sind nicht nur die Einwohner von Getafe, sondern auch Leute, die eigentlich einen anderen Lieblingsverein haben und uns heute aber trotzdem die Daumen drücken", verriet der Däne.
Man habe sogar Anrufe von außerhalb Madrids bekommen, andere Vereine der Primera Division haben ihm Glück gewünscht. Fazit: "Es ist eine tolle Erfahrung für den Verein." Paco ist das alles egal. Er bestraft den Vorort mit Missachtung. Vielleicht, weil er hier jahrelang Bus gefahren ist und dem Örtchen deswegen nicht viel abgewinnen kann. Vielleicht aber auch, weil er Real-Fan ist und die Königlichen in Europa schon längst zum Zuschauen verdammt sind, während sich der kleine Bruder anschickt, der "bestia negra", der schwarzen Bestie, im Kolosseum die Zähne zu ziehen.
"Undeeerrrchachin?" Paco sieht mich an als ob ich ihm gerade ein vergiftetes Drops in den Mund geschoben hätte. "Underrrchaching?" Auch der zweite Versuch klingt als ob er sich dabei das Zungenbein bricht. Na gut, hatte ich auch nicht anders erwartet. Woher soll ein spanischer Taxifahrer auch Unterhaching kennen. Dabei finde ich den Vergleich zwischen Getafe und Unterhaching so gut... Naja, macht nichts.
Ich probiere es mal hier: In München haben Bayern und 1860 das Vorrecht, in Madrid sind das Real und Atletico. Und dann gibt's da diese kleinen Enklaven südlich der Stadt, auf der einen Seite das pittoreske, von bayerischer Idylle durchdrungene, sterbenslangweilige Unterhaching und auf der anderen Seite die beschauliche, von Autobahnen umrahmte Trabantenstadt Getafe.
Gut, Getafe hat mit knapp 160.000 Einwohnern deutlich mehr Volumen als das deutsche Pendant (knapp 22.000) und auch architektonisch unterscheiden sie sich. Unterhaching ist tief bayerisch, mit vielen Einfamilienhäusern mit gehäkelten Vorhängen, Getafe hat vornehmlich mediterrane Mehrfamilienhäuser in Brauntönen und auch ein paar ekelige Hochhausblocks zu bieten.
Aber dann gibt es ja noch diese Fußballklubs, die einst auszogen in die große weite Welt, um den arrivierten Kräften das Fürchten zu lehren. Haching schaffte es immerhin für zwei ansehnliche Jahre in die Bundesliga, Getafe jetzt sogar bis ins Viertelfinale des UEFA-Cups, auch als Verlierer-Cup bekannt.
Das Stadion in Getafe, das den martialischen Namen "Coliseum Alfonso Perez" trägt, hat bestimmt schon mal bessere Zeiten erlebt (der Hachinger Sportpark übrigens auch). Von einem Kolosseum hat die höchstens 17.000 Zuschauer fassende Anlage wenig. Ein wenig eckig kommt die Arena der Blauen daher, die turmhohen Strommasten hinter der Gegentribüne machen den Eindruck nicht besser. Das Highlight ist die Anzeigetafel: Dort wirbt unter einer Coca-Cola-Werbetafel der Amüsierbetrieb "Lamour" in roter Schrift ungeniert um vergnügungswillige Besucher.
Wenn das die gegnerischen Spieler schon nicht ablenkt, dann bestimmt das: "Vom Spielfeld aus kann man sehen, wie die Frauen auf den Balkonen der benachbarten Wohnhäusern die Wäsche aufhängen. Das lenkt die Spieler der großen Klubs ab, weil sie es nicht gewohnt sind", berichtete Getafes Präsident Angel Torres unlängst.
Das Stadion an sich ist erst zehn Jahre alt und wurde einst im Randgebiet der Vorstadt auf eine leere Wiese gesetzt. Mittlerweile wächst Getafe so schnell, dass das Coliseum von einem Neubaugebiet im britischen Stil (viele kleine Backsteinhäuser, alle gleich) umwachsen ist.
Und jetzt ist also der FC Bayern zu Gast. In Haching hat man auch einmal verloren (Spizak!), in Getafe droht nun das Aus. Oliver Kahn verglich die Atmosphäre, die die Bayern erwartet, ungesehen schon mal mit dem Tollhaus St. Pauli. Getafe-Coach Michael Laudrup gibt ihm da Recht. "Die Leute hier stehen zu einhundert Prozent hinter der Mannschaft Es sind nicht nur die Einwohner von Getafe, sondern auch Leute, die eigentlich einen anderen Lieblingsverein haben und uns heute aber trotzdem die Daumen drücken", verriet der Däne.
Man habe sogar Anrufe von außerhalb Madrids bekommen, andere Vereine der Primera Division haben ihm Glück gewünscht. Fazit: "Es ist eine tolle Erfahrung für den Verein." Paco ist das alles egal. Er bestraft den Vorort mit Missachtung. Vielleicht, weil er hier jahrelang Bus gefahren ist und dem Örtchen deswegen nicht viel abgewinnen kann. Vielleicht aber auch, weil er Real-Fan ist und die Königlichen in Europa schon längst zum Zuschauen verdammt sind, während sich der kleine Bruder anschickt, der "bestia negra", der schwarzen Bestie, im Kolosseum die Zähne zu ziehen.
Aufrufe: 2008 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 2 | Erstellt:10.04.2008
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