02.04.2012 um 15:31 Uhr
Willkommen in Deutschland 4
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Unterwegs im Osten
Da wären wir beim Stichwort Berlin. Die nächste Station unserer Reise durchs „braunbefleckte Land". Das politische Zentrum Deutschlands ist ein Schmelztiegel unterschiedlicher Kulturen. Nirgendwo reifen so viele Träume in den Köpfen junger Menschen. Hoffnung auf Erfolg, privates Glück und in vielen Fällen der Wunsch nach einer neuen Heimat.
Braune Noten, braune Lieder
Im Gespräch mit dem Geschichts- und Sportlehrer Thorsten S. kam bereits der BFC Dynamo Berlin zur Sprache. Der Berliner Traditionsclub sorgt seit Jahren nicht mehr für positive Schlagzeilen. Viel mehr steckt der Verein in großen finanziellen und sozialen Nöten. Fans die den ...gruß in voller Inbrunst zelebrieren gehören mittlerweile zum öffentlichen Bild des Fußballvereins. Doch der Klub soll als Beispiel für ein anderes Problem dienen, eins für das der Verein wenig kann. Es war der 3. November als Schüsse durch Leipzig hallen. An diesem Nachmittag verliert der 18-jährige BFC-Fan Mike Polley sein Leben. Am Rande des DDR-Oberligaspiels zwischen Sachsen Leipzig und BFC Dynamo stirbt der junge Mann durch eine Polizistenkugel. Die rechtsgerichtete Hooligan-Band „Kategorie C", die sich auf dem Index befindet nutzte diesen Vorfall für ein Lied, welches auf den Namen „Mike P." hört. Die Band ist bekannt für harsche, gewaltverherrlichende Songtexte. Die Musikszene im rechten Segment vergrößert sich in den letzten Jahren rapide. Die Möglichkeit, Parolen über den Weg der Musik zu transportieren wird seit Jahren von den Rechten genutzt. Durch die Verknüpfung mit dem Thema Fußball wird das Konsumenten-Spektrum zusätzlich erweitert.
Die mittlerweile aufgelöste Rockband „Landser" vertonten ihren Hass unter anderen in dem Lied „Wieder mal kein Tor für Türkyemspor". Mit diesem, in rechten Kreisen zur Hymne gereiften Song wird der Berliner Fußballverein Türkyemspor Berlin verhöhnt. In keiner anderen Stadt in Deutschland gibt es so viele Vereine, die sich speziell an Einwanderer und Migranten richten. Der Berliner Fußball-Verband beziffert die Zahl der Hauptstadtkicker mit Migrationshintergrund auf rund 40 Prozent.
Multikulti hat Erfolg
Eine besondere Auszeichnung erhielt im Jahr 2009 ein anderer Berliner Fußballclub, die Frauenmannschaft von Al-Dersimspor. Theo Zwanziger, ein Fan des „multikulturellen Fußball", überreichte dem Team den vom BFV gestifteten „Berliner Integrationspreis". Doch auch dieser Verein wurde schon öfter Opfer von rassistischen Parolen, wie die gebürtige Griechin Parasewski Boras berichtet: „ Die Mädchen hätten mittlerweile gelernt, solche Sprüche zu überhören" („Der Westen", „Rassismus und Antisemitismus im Fußball").
Tatort Olympiastadion
Doch um in die „Fratze" der Fremdenfeindlichkeit zu sehen, muss man nicht zwangsläufig den Weg in die Niederrungen des Fußballs antreten. Selbst die höchste Bühne des „runden Leders" wurde in Berlin bereits überschattet. Beim Bundesligaspiel der Berliner Hertha am 26. August 2011 wurde ein Mitarbeiter der amerikanischen Botschaft in Berlin aufgrund seines afroamerikanischen Hintergrunds massiv diskriminiert. Laut des amerikanischen Botschafters Philip D. Murphy wurde er beleidigt, mit Bier begossen und angerempelt.
Unsere Reise verlässt nun die Bundeshauptstadt und findet ihren Weg in den sächsischen Raum. Wie Mecklenburg-Vorpommern haben auch die Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt anhaltende Probleme mit dem Rechtsextremismus. Die NPD operiert vor allem in den ökonomisch wenig entwickelten Landstrichen überaus erfolgreich. Dieses spiegelte sich auch auf den Fußballplätzen wieder.
Auf dem "rechten Flügel"
Holger Apfel, „Spitzen"-Politiker und NPD Vorsitzender im sächsischen Landtag machte 2008 in einem Interview deutlich, dass der Fußball in Sachsen eine ungemeinen Stellenwert für die Partei hätte: "Es geht mir darum, die NPD in der Mitte der Gesellschaft zu etablieren. Da ist Dynamo Dresden ein gutes Beispiel, auch Erzgebirge Aue und Lokomotive Leipzig. Das sind Vereine mit einem großen Potential, mit großer Akzeptanz im Volk. Deren Anhänger versuchen wir an die Partei heranzuführen." (Zitat aus: Ronny Blaschke- „Rechtsextreme Flügelstürmer", SZ).
Adebowale Ogunbure- Ein trauriger Held
Doch der Fremdenhass in Sachsen und Sachsen-Anhalt trägt nicht die Visage von Holger Apfel, sondern der Name eines Opfers ist Sinnbild für den Fremdenhass im sächsischen Raum. Adebowale Ogunbure kickte seit dem Jahr 2000 im deutschen Profibußball, berühmt machte ihn jedoch ein Bild. Es zeigt wie er seinen Gegenspieler Andriy Zapyshnyi einen Fausthieb ins Gesicht verpasst. Vorrangegangen waren rassistische Provokationen des Spielers vom VFC Plauen. Ogungbure, damals (2006) aktiv im Trikot von Sachsen Leipzig, entschuldigte sich für seinen Ausraster nach dem Spiel mit den Worten: „Der Schlag war ein Fehler, das darf mir nicht passieren. Aber zwei Dinge kann ich nicht akzeptieren: Wenn jemand meine Mutter beleidigt oder mich wegen meiner Hautfarbe. Wir sind doch alle gleich.". Es war nicht der einzige Vorfall, mit dem der Name des Nigerianers in Verbindung steht. In einem Interview mit der „taz" berichtete er von vielen Anfeindungen. Während eines Oberligaspiels, waren die Verschmähungen so verletzend, dass er mit Tränen in den Augen den ...gruß in Richtung der spöttischen Gegenspieler und Fans richtete. Nach dieser Begegnung gegen den Halleschen FC im Jahr 2006 wurde von Seiten der Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen Ogungbure eingeleitet, welches allerdings schnell fallen gelassen wurde. Mittlerweile kickt der Angreifer in Vietnam.
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Der aktuellste Skandal ereignete sich erst vor kurzem in Zwickau. Bei einer Begegnung des FSV Zwickau wurden Loblieder auf die Zwickauer Terrorzelle gesungen, die drei Haupttäter zu Märtyrern gehuldigt.
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Unterwegs im Osten
Da wären wir beim Stichwort Berlin. Die nächste Station unserer Reise durchs „braunbefleckte Land". Das politische Zentrum Deutschlands ist ein Schmelztiegel unterschiedlicher Kulturen. Nirgendwo reifen so viele Träume in den Köpfen junger Menschen. Hoffnung auf Erfolg, privates Glück und in vielen Fällen der Wunsch nach einer neuen Heimat.
Braune Noten, braune Lieder
Im Gespräch mit dem Geschichts- und Sportlehrer Thorsten S. kam bereits der BFC Dynamo Berlin zur Sprache. Der Berliner Traditionsclub sorgt seit Jahren nicht mehr für positive Schlagzeilen. Viel mehr steckt der Verein in großen finanziellen und sozialen Nöten. Fans die den ...gruß in voller Inbrunst zelebrieren gehören mittlerweile zum öffentlichen Bild des Fußballvereins. Doch der Klub soll als Beispiel für ein anderes Problem dienen, eins für das der Verein wenig kann. Es war der 3. November als Schüsse durch Leipzig hallen. An diesem Nachmittag verliert der 18-jährige BFC-Fan Mike Polley sein Leben. Am Rande des DDR-Oberligaspiels zwischen Sachsen Leipzig und BFC Dynamo stirbt der junge Mann durch eine Polizistenkugel. Die rechtsgerichtete Hooligan-Band „Kategorie C", die sich auf dem Index befindet nutzte diesen Vorfall für ein Lied, welches auf den Namen „Mike P." hört. Die Band ist bekannt für harsche, gewaltverherrlichende Songtexte. Die Musikszene im rechten Segment vergrößert sich in den letzten Jahren rapide. Die Möglichkeit, Parolen über den Weg der Musik zu transportieren wird seit Jahren von den Rechten genutzt. Durch die Verknüpfung mit dem Thema Fußball wird das Konsumenten-Spektrum zusätzlich erweitert.
Die mittlerweile aufgelöste Rockband „Landser" vertonten ihren Hass unter anderen in dem Lied „Wieder mal kein Tor für Türkyemspor". Mit diesem, in rechten Kreisen zur Hymne gereiften Song wird der Berliner Fußballverein Türkyemspor Berlin verhöhnt. In keiner anderen Stadt in Deutschland gibt es so viele Vereine, die sich speziell an Einwanderer und Migranten richten. Der Berliner Fußball-Verband beziffert die Zahl der Hauptstadtkicker mit Migrationshintergrund auf rund 40 Prozent.
Multikulti hat Erfolg
Eine besondere Auszeichnung erhielt im Jahr 2009 ein anderer Berliner Fußballclub, die Frauenmannschaft von Al-Dersimspor. Theo Zwanziger, ein Fan des „multikulturellen Fußball", überreichte dem Team den vom BFV gestifteten „Berliner Integrationspreis". Doch auch dieser Verein wurde schon öfter Opfer von rassistischen Parolen, wie die gebürtige Griechin Parasewski Boras berichtet: „ Die Mädchen hätten mittlerweile gelernt, solche Sprüche zu überhören" („Der Westen", „Rassismus und Antisemitismus im Fußball").
Tatort Olympiastadion
Doch um in die „Fratze" der Fremdenfeindlichkeit zu sehen, muss man nicht zwangsläufig den Weg in die Niederrungen des Fußballs antreten. Selbst die höchste Bühne des „runden Leders" wurde in Berlin bereits überschattet. Beim Bundesligaspiel der Berliner Hertha am 26. August 2011 wurde ein Mitarbeiter der amerikanischen Botschaft in Berlin aufgrund seines afroamerikanischen Hintergrunds massiv diskriminiert. Laut des amerikanischen Botschafters Philip D. Murphy wurde er beleidigt, mit Bier begossen und angerempelt.
Unsere Reise verlässt nun die Bundeshauptstadt und findet ihren Weg in den sächsischen Raum. Wie Mecklenburg-Vorpommern haben auch die Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt anhaltende Probleme mit dem Rechtsextremismus. Die NPD operiert vor allem in den ökonomisch wenig entwickelten Landstrichen überaus erfolgreich. Dieses spiegelte sich auch auf den Fußballplätzen wieder.
Auf dem "rechten Flügel"
Holger Apfel, „Spitzen"-Politiker und NPD Vorsitzender im sächsischen Landtag machte 2008 in einem Interview deutlich, dass der Fußball in Sachsen eine ungemeinen Stellenwert für die Partei hätte: "Es geht mir darum, die NPD in der Mitte der Gesellschaft zu etablieren. Da ist Dynamo Dresden ein gutes Beispiel, auch Erzgebirge Aue und Lokomotive Leipzig. Das sind Vereine mit einem großen Potential, mit großer Akzeptanz im Volk. Deren Anhänger versuchen wir an die Partei heranzuführen." (Zitat aus: Ronny Blaschke- „Rechtsextreme Flügelstürmer", SZ).
Adebowale Ogunbure- Ein trauriger Held
Doch der Fremdenhass in Sachsen und Sachsen-Anhalt trägt nicht die Visage von Holger Apfel, sondern der Name eines Opfers ist Sinnbild für den Fremdenhass im sächsischen Raum. Adebowale Ogunbure kickte seit dem Jahr 2000 im deutschen Profibußball, berühmt machte ihn jedoch ein Bild. Es zeigt wie er seinen Gegenspieler Andriy Zapyshnyi einen Fausthieb ins Gesicht verpasst. Vorrangegangen waren rassistische Provokationen des Spielers vom VFC Plauen. Ogungbure, damals (2006) aktiv im Trikot von Sachsen Leipzig, entschuldigte sich für seinen Ausraster nach dem Spiel mit den Worten: „Der Schlag war ein Fehler, das darf mir nicht passieren. Aber zwei Dinge kann ich nicht akzeptieren: Wenn jemand meine Mutter beleidigt oder mich wegen meiner Hautfarbe. Wir sind doch alle gleich.". Es war nicht der einzige Vorfall, mit dem der Name des Nigerianers in Verbindung steht. In einem Interview mit der „taz" berichtete er von vielen Anfeindungen. Während eines Oberligaspiels, waren die Verschmähungen so verletzend, dass er mit Tränen in den Augen den ...gruß in Richtung der spöttischen Gegenspieler und Fans richtete. Nach dieser Begegnung gegen den Halleschen FC im Jahr 2006 wurde von Seiten der Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen Ogungbure eingeleitet, welches allerdings schnell fallen gelassen wurde. Mittlerweile kickt der Angreifer in Vietnam.
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Der aktuellste Skandal ereignete sich erst vor kurzem in Zwickau. Bei einer Begegnung des FSV Zwickau wurden Loblieder auf die Zwickauer Terrorzelle gesungen, die drei Haupttäter zu Märtyrern gehuldigt.
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Aufrufe: 2701 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 7 | Erstellt:02.04.2012
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