09.08.2011 um 13:03 Uhr
Wo's noch ist, wie's bei Opa war
Was macht euer Heimatverein eigentlich gerade? In welcher Liga spielt er? Kennt ihr einen der Spieler der ersten Mannschaft persönlich, seid mit ihm zur Schule gegangen oder mit ihm befreundet? Wo befindet sich überhaupt das Stadion? Und wisst ihr, was ein Pils bei eurem Heimatclub derzeit kostet?
Mal ehrlich - wie viele dieser Fragen könntet ihr beantworten? Und wie viele davon richtig? Natürlich hängt das ein wenig davon ab, ob ihr Stadt- oder Landkinder seid, ob es in eurem Ort einen Verein gibt, der in den obersten drei Etagen spielt, und natürlich, welche persönliche Bindung ihr zu eurem Heimatverein entwickelt habt. Falls ihr in der Jugend eures Vereins gespielt habt oder ein Amt bekleidet, wird die Bindung naturgemäß größer sein als wenn das nicht der Fall ist. Aber selbst dann, und selbst wenn es in eurer Stadt einen Bundesligaverein gibt, existieren neben ihm noch zahlreiche kleinere Vereine, die aufgrund ungünstiger Umstände, dusseligem Management oder vielleicht purem Zufall nicht die Größe und Bedeutung erlangt haben, die dem Aushängeschild des Ortes zu Teil wird. Vielleicht liegt das Stadion dieses Vereins sogar bei euch um die Ecke. Vielleicht habt ihr, ohne es zu wissen, auf den grasüberwucherten Anlagen gemeinsam mit euren Freunden nach Schulschluss gebolzt, bis ihr vom grimmigen Platzwart verjagt wurdet. Vielleicht streift euch, wenn ihr auf eurer täglichen Joggingrunde oder dem alkoholgeschwängerten und daher etwas verschlungenen Nachhauseweg an der Spielstätte jenes Klubs vorbeikommt, ein Hauch Nostalgie.
Vielleicht aber auch nicht. Falls nicht, ist das, was jetzt kommt, womöglich wenigstens ein bisschen unterhaltsam für euch. Denn im Kern geht es denn doch um die Essenz des Spiels - diesen archaischen Kern, den es in Zeiten von Konfettikanonen, Hostessen und VIP-Logen in den oberen Ligen des Sports nicht mehr gibt. Echte Emotionen, hervorgerufen vom Geschehen auf dem Platz, gänzlich unbeeinflusst von Capos, Choreos, DJ Ötzi und Marcel Reif. Wo keine Zäune die Zuschauer von den Spielern trennen, Meckerrentner noch ihren Platz haben, man nach dem Spiel mit den Spielern bei einem Bierchen zusammensteht und in der Halbzeit kleine Kinder auf die großen Tore bolzen.
Eine andere Art von Liebe?
Nick Hornby hat zweifellos recht, wenn er sagt, dass einem der Verein gegeben wird. Deswegen gibt es schließlich so abstruse Kombinationen wie Bremen-Fans aus München, Barca-Fans aus Madrid oder Sunderland-Fans aus Newcastle. Irgendwann einmal hatte jeder sein Schlüsselerlebnis, und den Verein wechseln - das ist nicht nur unmoralisch, es funktioniert auch nicht wirklich. Wie man seine große Liebe immer lieben wird, auch wenn die Beziehung längst zerbrochen sein mag und man sogar glücklich verheiratet ist, so wird man seinen Herzensverein immer lieben, und nichts kann das ändern – seien es inkompetente Vereinsführungen oder fünf Abstiege in Folge. Was aber hätte Hornby zur Liebe zum Heimatverein gesagt? Wieso liebt man ihn - wenn man das denn tut - anders als den Lieblingsverein im Profifußball? Weshalb ist die Erfahrung, auf dem Sportplatz zu stehen, eine gänzlich andere, als im Stadion mit Tausenden anderer Fußballfans mitzufiebern? Ich habe mir alle diese Fragen gestellt. Und ich bin zu einigen verblüffenden Erkenntnissen gelangt. Die mögt ihr nicht teilen, ihnen womöglich gar widersprechen, aber für mich sind sie wahr.
Gleichgültigkeit wird zu Begeisterung
Mein Heimatverein spielt Bezirksliga. Im Südwestdeutschen Fußballverband ist das die 8.Liga - das schicke ich voraus, weil es in Baden-Württemberg irgendwie anders zu sein scheint und sich die Gespräche mit meinen ehemaligen Kommilitonen etwas verwirrend gestalteten, bis wir das geklärt hatten. Und, ehrlich gesagt, lange Jahre stand ich meinem SV Rülzheim relativ gleichgültig gegenüber, und das, obwohl ich früher in der E- und A-Jugend dort gespielt habe. Das mag mit der räumlichen Distanz, die mein Studium mit sich brachte, zusammenhängen, vielleicht auch damit, dass in den Jahren seit dem Aufstieg in die Bezirksklasse 2006 vornehmlich satte Spieler verpflichtet wurden, die weit hinter ihren Erwartungen zurückblieben, oder auch mit anderen Faktoren, die ich heute nicht mehr zu benennen vermag.
Wie sich das alles allerdings änderte, das kann ich ziemlich genau sagen: Der SVR holte 2009 mit Patrick Brechtel (einige Connaisseure der Regionalliga Süd und später der 3.Liga werden sich an ihn erinnern) einen "Rülzheimer Jungen" zurück, dessen Karriere ich schon immer aufmerksam verfolgt habe und mit dem ich mich schon immer gut verstanden habe. Einen echten Star also, gemessen daran, in welcher Liga wir spielten. Zusammen mit einigen hoffnungsvollen Talenten gingen wir optimistisch in die nächste Saison, und irgendwie übertrug sich die Aufbruchstimmung auch auf mich. Lektor für unsere (übrigens vorzügliche) Stadionzeitung war ich ohnehin schon, und von dort war es nur ein kurzer Schritt, die Spielberichte selbst zu verfassen. Das bedeutete, so oft es ging auch die Spiele der Mannschaft zu besuchen, und je mehr Spiele ich sah, desto gleichgültiger wurde mir, dass ich dadurch die Spiele der 1. und 2.Bundesliga versäumte.
Ich musste keinem Capo nachsingen, konnte nach Herzenslust um das Stadion laufen, wenn ich nervös war, rauchen, wie es mir passte und brauchte danach auch nicht ewig lange in irgendwelchen Bussen eingepfercht die Rückreise anzutreten. Je mehr Spiele ich sah, desto häufiger kam ich auch in Kontakt zu den Spielern - es bildeten sich wenn nicht Freundschaften, denn doch respektvolle Verhältnisse heraus. Und gerade wenn es von der eigenen Klasse her nie für Höheres gereicht hat, freut man sich umso mehr, wenn es anderen gelingt - ohne Neid oder andere negative Gefühle.
Und mit jedem Spiel stieg die Identifikation weiter. Irgendwann wollte ich mehr - noch mehr ein Teil dessen sein, was mir in den vergangenen zwei Jahren so viel Spaß gemacht hatte, was mich emotional teilweise so berührt hatte, was mich jedes Wochenende mit Macht auf den Sportplatz zog oder zu den Auswärtsspielen "zwang", auf meine Weise meinem Verein helfen, auf eine Weise, wie ich es für einen Bundesligaverein niemals könnte. Und so sitze ich hier, als Verantwortlicher für die Öffentlichkeitsarbeit des SVR, und schreibe diesen Text. Und lächle dabei.
Mal ehrlich - wie viele dieser Fragen könntet ihr beantworten? Und wie viele davon richtig? Natürlich hängt das ein wenig davon ab, ob ihr Stadt- oder Landkinder seid, ob es in eurem Ort einen Verein gibt, der in den obersten drei Etagen spielt, und natürlich, welche persönliche Bindung ihr zu eurem Heimatverein entwickelt habt. Falls ihr in der Jugend eures Vereins gespielt habt oder ein Amt bekleidet, wird die Bindung naturgemäß größer sein als wenn das nicht der Fall ist. Aber selbst dann, und selbst wenn es in eurer Stadt einen Bundesligaverein gibt, existieren neben ihm noch zahlreiche kleinere Vereine, die aufgrund ungünstiger Umstände, dusseligem Management oder vielleicht purem Zufall nicht die Größe und Bedeutung erlangt haben, die dem Aushängeschild des Ortes zu Teil wird. Vielleicht liegt das Stadion dieses Vereins sogar bei euch um die Ecke. Vielleicht habt ihr, ohne es zu wissen, auf den grasüberwucherten Anlagen gemeinsam mit euren Freunden nach Schulschluss gebolzt, bis ihr vom grimmigen Platzwart verjagt wurdet. Vielleicht streift euch, wenn ihr auf eurer täglichen Joggingrunde oder dem alkoholgeschwängerten und daher etwas verschlungenen Nachhauseweg an der Spielstätte jenes Klubs vorbeikommt, ein Hauch Nostalgie.
Vielleicht aber auch nicht. Falls nicht, ist das, was jetzt kommt, womöglich wenigstens ein bisschen unterhaltsam für euch. Denn im Kern geht es denn doch um die Essenz des Spiels - diesen archaischen Kern, den es in Zeiten von Konfettikanonen, Hostessen und VIP-Logen in den oberen Ligen des Sports nicht mehr gibt. Echte Emotionen, hervorgerufen vom Geschehen auf dem Platz, gänzlich unbeeinflusst von Capos, Choreos, DJ Ötzi und Marcel Reif. Wo keine Zäune die Zuschauer von den Spielern trennen, Meckerrentner noch ihren Platz haben, man nach dem Spiel mit den Spielern bei einem Bierchen zusammensteht und in der Halbzeit kleine Kinder auf die großen Tore bolzen.
Eine andere Art von Liebe?
Nick Hornby hat zweifellos recht, wenn er sagt, dass einem der Verein gegeben wird. Deswegen gibt es schließlich so abstruse Kombinationen wie Bremen-Fans aus München, Barca-Fans aus Madrid oder Sunderland-Fans aus Newcastle. Irgendwann einmal hatte jeder sein Schlüsselerlebnis, und den Verein wechseln - das ist nicht nur unmoralisch, es funktioniert auch nicht wirklich. Wie man seine große Liebe immer lieben wird, auch wenn die Beziehung längst zerbrochen sein mag und man sogar glücklich verheiratet ist, so wird man seinen Herzensverein immer lieben, und nichts kann das ändern – seien es inkompetente Vereinsführungen oder fünf Abstiege in Folge. Was aber hätte Hornby zur Liebe zum Heimatverein gesagt? Wieso liebt man ihn - wenn man das denn tut - anders als den Lieblingsverein im Profifußball? Weshalb ist die Erfahrung, auf dem Sportplatz zu stehen, eine gänzlich andere, als im Stadion mit Tausenden anderer Fußballfans mitzufiebern? Ich habe mir alle diese Fragen gestellt. Und ich bin zu einigen verblüffenden Erkenntnissen gelangt. Die mögt ihr nicht teilen, ihnen womöglich gar widersprechen, aber für mich sind sie wahr.
Gleichgültigkeit wird zu Begeisterung
Mein Heimatverein spielt Bezirksliga. Im Südwestdeutschen Fußballverband ist das die 8.Liga - das schicke ich voraus, weil es in Baden-Württemberg irgendwie anders zu sein scheint und sich die Gespräche mit meinen ehemaligen Kommilitonen etwas verwirrend gestalteten, bis wir das geklärt hatten. Und, ehrlich gesagt, lange Jahre stand ich meinem SV Rülzheim relativ gleichgültig gegenüber, und das, obwohl ich früher in der E- und A-Jugend dort gespielt habe. Das mag mit der räumlichen Distanz, die mein Studium mit sich brachte, zusammenhängen, vielleicht auch damit, dass in den Jahren seit dem Aufstieg in die Bezirksklasse 2006 vornehmlich satte Spieler verpflichtet wurden, die weit hinter ihren Erwartungen zurückblieben, oder auch mit anderen Faktoren, die ich heute nicht mehr zu benennen vermag.
Wie sich das alles allerdings änderte, das kann ich ziemlich genau sagen: Der SVR holte 2009 mit Patrick Brechtel (einige Connaisseure der Regionalliga Süd und später der 3.Liga werden sich an ihn erinnern) einen "Rülzheimer Jungen" zurück, dessen Karriere ich schon immer aufmerksam verfolgt habe und mit dem ich mich schon immer gut verstanden habe. Einen echten Star also, gemessen daran, in welcher Liga wir spielten. Zusammen mit einigen hoffnungsvollen Talenten gingen wir optimistisch in die nächste Saison, und irgendwie übertrug sich die Aufbruchstimmung auch auf mich. Lektor für unsere (übrigens vorzügliche) Stadionzeitung war ich ohnehin schon, und von dort war es nur ein kurzer Schritt, die Spielberichte selbst zu verfassen. Das bedeutete, so oft es ging auch die Spiele der Mannschaft zu besuchen, und je mehr Spiele ich sah, desto gleichgültiger wurde mir, dass ich dadurch die Spiele der 1. und 2.Bundesliga versäumte.
Ich musste keinem Capo nachsingen, konnte nach Herzenslust um das Stadion laufen, wenn ich nervös war, rauchen, wie es mir passte und brauchte danach auch nicht ewig lange in irgendwelchen Bussen eingepfercht die Rückreise anzutreten. Je mehr Spiele ich sah, desto häufiger kam ich auch in Kontakt zu den Spielern - es bildeten sich wenn nicht Freundschaften, denn doch respektvolle Verhältnisse heraus. Und gerade wenn es von der eigenen Klasse her nie für Höheres gereicht hat, freut man sich umso mehr, wenn es anderen gelingt - ohne Neid oder andere negative Gefühle.
Und mit jedem Spiel stieg die Identifikation weiter. Irgendwann wollte ich mehr - noch mehr ein Teil dessen sein, was mir in den vergangenen zwei Jahren so viel Spaß gemacht hatte, was mich emotional teilweise so berührt hatte, was mich jedes Wochenende mit Macht auf den Sportplatz zog oder zu den Auswärtsspielen "zwang", auf meine Weise meinem Verein helfen, auf eine Weise, wie ich es für einen Bundesligaverein niemals könnte. Und so sitze ich hier, als Verantwortlicher für die Öffentlichkeitsarbeit des SVR, und schreibe diesen Text. Und lächle dabei.
Aufrufe: 8101 | Kommentare: 42 | Bewertungen: 17 | Erstellt:09.08.2011
ø 9.4
KOMMENTARE
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17.08.2011 | 11:26 Uhr
0
Gador :
Schöner BlogSC Lippstadt DJK
1. Ich habe keinen Schimmer
2. Kreisliga A
3. Nein, die sind inzwischen alle zu alt ;)
4. Am Kranenkasper in Lippstadt (59555 glaub ich)
5. Weiss ich nicht, ewig nicht dort gewesen
Da ich nicht mehr in Lippstadt lebe hab ich auch nichts mehr mit dem Verein zu tun. Dazu kommt auch noch das wir mit dem SV Lippstadt 08
einen Verein in der Stadt hatten/haben der
a) ein bisschen Stadion Atmossphäre aufweist
b) in einer qualitativ hochwertigeren Liga spielt
c) einmal im Jahr die Bayern zu Gast hat
Mit meinem Heimatverein hatte ich also nur zu tun weil ich selbst dort mal gespielt habe, ansonsten muss ich zu meiner Schande gestehen hab ich nicht viel mit ihm am Hut.
Ausserdem haben die zugelassen das mein Bruder zur Konkurrenz abwanderte. Frechheit sowas. :D
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Statistik
Tus ehrenfeld
1.gestern ausm pokal geflogen(2.runde)
2.Kreisliga B
Stadion? Aschenplatz in der marienstraße
Kölsch 1,10
S.C West
1.das übliche
2.Bezirksliga(letzte saison aus der landesliga abgestiegen
ebensfalls aschenplatz(bald Kunstrasen) in der appenratherstr.
Kölsch 1,30
Achja uns Kölsch ist keine Unterart von bier sondern mit das beste was die Brauereikunst zu bieten hat
P.Sbei Tus kenne ich natürlich die ganze 1. bei West leider niemanden mehr ,weil ich da nur noch die Spiele meines kleinen Bruders verfolge