17.06.2010 um 15:48 Uhr
Wo sind die WMotionen?
Vor einer Woche fiel der Startschuss zur WM in Johannesburg. Seitdem haben wir täglich die Möglichkeit drei verschiedene Partien zu verfolgen und mitzufiebern. ber welche Eindrücke konnten wir gewinnen? Ich konnte die meisten Partien der WM verfolgen und kam zu einem für mich unbefriedigenden Fazit: mir fehlen die WMotionen! Für mich spielen dabei mehrere Faktoren eine Rolle.
Es gibt sicherlich verschiedene Typen an Zuschauern. Auf der einen Seite gibt es den Typ (zu dem sicherlich die meisten gehören), der sich möglichst oft an den Messis, Ronaldos und Kakas erfreuen will. Man begeistert sich an den Top-Nationen, die ihre Gegner nach allen Regeln der Kunst auseinandernehmen und sie mit einer Klatsche zurück gen Heimat schicken. Auf der anderen Seite gibt es den Typen, der sich auf die Seite des Außenseiters stellt und die Favoriten stolpern sehen will. Worauf ich aber hinaus will: egal, ob man für Mannschaft x oder Mannschaft y ist, man möchte bei einer Weltmeisterschaft auch unterhalten werden. Natürlich gehen die Teams mit Titelambitionen bzw. Siegeswillen und nicht dem Slogan "We love to entertain you!" in das Turnier. Aber das, was uns da bisher geboten wurde, finde ich schlichtweg enttäuschend. "Da ist halt noch viel Nervosität drin", hört man immer wieder bei der Ursachenforschung. Aber hier gibt sich die Creme de la Creme der Welt die Klinke in die Hand - darf man da als Zuschauer nicht mehr erwarten?
Frankreich, England, Italien, Spanien, Brasilien (obwohl, die Brasilianer nehm ich raus - denen ist das zu kalt) – alles war doch sehr, sehr dürftig. Da waren zum Teil Stockfehler im Spiel, wie ich sie in einem Länderspiel (in dem jetzt nicht Andorra gegen die Färöer-Inseln kicken) noch nie in einem solchen Ausmaß gesehen haben. Auch die Spiele ohne die großen Nationen (mein Beileid an alle, die Japan-Kamerun oder Algerien-Slowakei gesehen haben – ich war in bei euch!) waren eine Zumutung. Unser aller Lieblingsexperte Netzer zum Spiel Japan gegen Kamerun: "Es ist einfach so grausam, dass ich meinen Augen nicht traue!" Er fügt hinzu: "Ich kann nur hoffen, dass wir den Höhepunkt des Grauens erreicht haben."
Mit der Begründung des WM-Balls kann ich mich auch nicht zufrieden geben. Hat man sich zum Beispiel das Spiel der Franzosen gegen Uruguay angesehen, war eine schon fast bemitleidenswerte Ideenlosigkeit im Mittelfeld festzustellen. Es fehlt an Bewegung im Angriff, die Mannschaft präsentierte sich nicht als Einheit – die Leistung der Franzosen bietet eigentlich Stoff für einen gesamten Blog. Das Problem dabei ist, dass es ja nur eine von vielen Mannschaften war, die so emotionslos und scheinbar überfordert auftrat. Es fielen am 1. WM-Spieltag kaum Tore und es ließ sich meistens schon nach 15 Minuten erkennen, was für ein übles Gekicke einen erwartete. Die Highlights nach dem Spiel beschränkten sich auf die 1-2 Tore und der Rest der Spielausschnitte waren, Hand auf's Herz, meist nicht mal mit einem Augenzwinkern als Torchancen zu bezeichnen. Ob die schwachen Spiele etwas mit der Höhenluft zu tun haben weiß ich nicht, ich bin kein Fachmann. Aber eine Erklärung für fehlenden Kampfgeist liefert sie auch nicht.
Wenn wir beim Thema Emotionen sind, muss ich mich auch mit Dingen beschäftigen, die sich abseits des Platzes abspielen. Getröter Einheitsbrei ist auch für meine Ohren eine unschöne Angelegenheit, afrikanische Kultur (wenn man das überhaupt zu dieser zählen darf) hin oder her. Wo wir schon wieder bei unserem Freund Günther Netzer sind, der gerade eins der seltenen Kabinettstückchen der WM (eins von Eljero Elia gegen Dänemark) kommentierte: "Eine sehr schöne Aktion. Das macht er wunderbar und es ist sehr schade, dass so etwas von den Rängen nicht hörbar honoriert wird. Hier geht es Emotionen, um Stimmungen (Anm.: die auch ins Wohnzimmer transportiert werden)!" Und unser Günther spricht mir damit aus der Zela. Es wird von Verboten gesprochen und jeder A- bis C-Prominente hat schon seine Meinung zu dem Thema für irgendeine Zeitung oder irgendeinen Fernsehsender abgegeben. In der Bild beschwerte sich sogar Sophia Thomalla (liebe Bild, was hat DIE mit Fußball zu tun?!) über den Lärm – und wenn so ein Schwergewicht der Fußballszene genervt ist, scheint ein Verbot nur noch eine Frage der Zeit. Nein, mal ehrlich: wir haben nun wirkliche mehr als genug über die UweSeeler oder Vuvuzela oder Höllentröte oder wie auch immer gehört, ich belasse es in meinem Blog dabei.
Eine Sache, die ebenfalls mit Emotionen zu hat, ist ein halbleeres Stadion wie beim Spiel Algerien-Slowakei. 10.000 freie Plätze war sicherlich die krasseste Anzahl an unbesetzten Plätzen. Dennoch konnte ich bei einem Schwenk über die Tribünen meinen Augen nicht trauen. Hier weht ein etwas anderer Wind, aber der ZDF-Kommentator des Spiels brachte es auf den Punkt: "Eine solche Kulisse ist einer Weltmeisterschaft unwürdig." Dem ist nichts hinzuzufügen.
Bedauerlich ist aus meiner Sicht die aussichtslose Situation der südafrikanischen Nationalmannschaft. Als erster WM-Gastgeber scheint für die Bafana Bafana in Runde 1 schon Schluss zu sein. Dass sie spielerisch Außenseiter in einer der "Todesgruppen" der WM waren, lag auf der Hand und wurde vor allem beim 0:3 gegen Uruguay bestätigt. Chancenlos gingen sie unter – ohne echte Tormöglichkeiten. Wenn ich die Brücke zu unserem Überthema "WMotionen" wieder schlage, muss man auch hier bedauern, dass es den Gastgeber anscheinend schon so früh erwischt. Denn keiner weiß besser als wir Deutschen, was für eine Euphorie eine erfolgreiche Mannschaft beim Turnier im eigenen Land auslösen kann. Schade.
Und so erfreuen wir uns, dass Deutschland als einzige Mannschaft Dominanz und Spielfreude am 1. Spieltag ausstrahlte. Deutschland hält ein WM-Fieber aufrecht, was nun hoffentlich auch durch weitere attraktive Begegnungen verstärkt wird.
Und so beende ich mich meinen Blog mit Hoffnung durch aktuelle Eindrücke aus Johannesburg, wo Argentinien gerade Südkorea zerlegt. Die Spieler zeigen erfrischenden Offensivfußball und Maradonna springt wild mit den Armen herumfuchtelnd an der Seitenlinie herum. Man muss ihn als Trainer nicht mögen, aber er polarisiert und ist das Paradebeispiel für die herbeigesehnten WMotionen. Bei einer Auswechslung werden die Spieler väterlich in den Arm genommen und keiner freut sich schöner über ein Tor als der argentinische Coach. Und für meine persönliche Schlagzeile der WM hat er sowieso schon gesorgt: - Maradonna tobt: "Ich sehe aus wie ein Arsch!" - (Hier der ganze Bericht einzusehen: Klick!) Ohne Worte...
Aufrufe: 1271 | Kommentare: 4 | Bewertungen: 10 | Erstellt:17.06.2010
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KOMMENTARE
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17.06.2010 | 16:16 Uhr
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Zac :
@ voegiMusste gerade erstmal kapieren, wie das gemeint war. Hab's nun mit Blick auf deinen letzten Blog verstanden und möchte festhalten, dass ich mich in letzter Zeit nicht wirklich auf dem Laufenden gehalten habe. Hab mir aber schon gedacht, dass dieses Problem schon bei anderen Bloggern Thema war.
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17.06.2010 | 18:22 Uhr
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Voegi :
zum inhalt: ja. ich sehe es ähnlich. will mich aber nicht wiederholen und hoffe, dass es jetzt langsam besser wird.
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17.06.2010 | 18:28 Uhr
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BadBlue :
Im Jammern sind wir Deutschen auf jeden fall schon jetzt Weltmeister.Blog is klar gut geschrieben.
Aber der Inhalt hängt mir aus den Ohren raus.
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die zweite ausgabe wird voraussichtlich am samstag rauskommen!! ;)