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Von: xsehu
23.05.2024 | 180 Aufrufe | 0 Kommentare | 0 Bewertungen Ø 0.0
Zu Kroos Karriereende
Zu Kroos Karriereende
Worte zu Kroos Karriereende

Kroos war seit je her ein Spieler, der bereits im ersten Moment die Unkenntnis vieler von diesem Sport offenbart. Während ausnahmslos jeder halbwegs kompetente Fachmann ihn in all seiner Brillanz und puren Weltklasse lobt, stellt eine laute Minderheit konsequent ihre taktische Ignoranz, ihr komplettes Unverstehen der simpelsten Aspekte des Spiels, stolz zur Schau - oder erfindet sogar Spiele, nicht wahr midgard? - ohne zu bemerken, wen ihre Worte tatsächlich diskreditieren. Amüsante Annekdote: Unlängst spülte, aus was für Gründen auch immer, mein YouTube Algorithmus den Ausschnitt einer alten Doppelpass Folge von 2020 oder 21 in den Feed, in welchem Hoeneß und Basler fabulierten, das Kroos keiner mehr für das höchste internationale Niveau sei. Nun ja, damals schon kompletter Quatsch und konsequent gut gealtert.

Kroos war für fast eine Dekade das Hirn des größten Vereins der Welt. Ein herausragender Spieler, mit herausragenden Fähigkeiten und Leistungen. Andere sorgten für Tore, Spektakel und Glamour, unverzichtbar war aber immer Kroos. Er war derjenige der den Rhythmus vorgab, der in Raum und Zeit das Spiel koordinierte und verlagerte. Früher sagte man gerne über 6er, dass deren Bedeutung erst durch ihr Fehlen offenkundig werden würde. Dies traf auf Kroos einerseits nicht zu, da er, wie gesagt, schlicht und ergreifend zu gut, zu präsent ist, als dass ein halbwegs geschultes Auge ihn übersehen könnte. Und doch konnte man gleichzeitig auch diesen Negativtest vollziehen: Wann immer Kroos nicht spielte, sei es eine Pause oder eine Auswechslung, es folgte der konsequente Leistungsabfall. Auf einmal fehlte dieser Spieler, der jederzeit angespielt werden konnte, ohne einen Ball zu verlieren, der jeden Pass an die Mitspieler brachte, der das Tempo und das Team so hervorragend dirigierte.

Das populärste Beispiel hierfür dürfte das CL Finale 2016 gewesen sein, bei dem vermutlich nicht nur mir etwas mulmig wurde, als die rote Acht eine Viertelstunde vor Schluss aufleuchtete. Auch hier ist der Ausgang bekannt: Nach zuvor souveräner Führung führte erst der Umweg Elfmeterschießen erst zum Titel. Im Ligaalltag waren diese Momente - logischerweise, denn welcher Narr würde freiwillig in den großen Partien auf einen Toni Kroos verzichten? - häufiger zu beobachten, wiederholt das gleiche Muster. Es fehlt Kroos, es fehlt das zentrale strukturierende Element. Letztmalig, im doppelten Sinne des Wortes, erfolgte der Versuch zu Beginn der Saison, als Ancelotti angesichts des qualitativen und quantitativen Überangebots in der königlichen Zentrale mehrfach versuchte, das Team von Kroos zu emanzipieren, anderen das Zepter zu übergeben. Und abermals scheiterte das Experiment, und Ancelotti griff auf altbewährtes zurück. Und Kroos, der eigentlich langsam in die Rente und von jüngeren Kollegen verdrängt werden sollte, war abermaliger Dauerbrenner, lediglich zwei Mittelfeldspieler - Stareinkauf Bellingham und Allzweckwaffe Valverde - sahen mehr Minuten als er.

Einen weiteren Versuch wird es nicht mehr geben, es gibt den cold turkey. Kroos verkündet seinen Abschied und beendet eine Ära. Und Ancelotti wird einen Spieler ersetzen müssen, welcher wiederholt seine Unersetzbarkeit, seine Unverzichtbarkeit offenlegte. Dies mag des Italieners größte Stärke sein, ein improvisorischer Pragmatismus, mittels welchem er offenkundige kaderpolitische Probleme kaschiert und letztlich elf Freunde (die müsst ihr sein!) als eingeschworene Einheit auf den Rasen schickt, doch auch für ihn wird es eine Mammutaufgabe sein.

Real hat in den letzten 15 Jahre viele überragende und prägende Figuren verloren, seien es Raul, Casillas, Ramos, Benzema oder Ronaldo, kaum ein Abgang war mit solchen Umstellungen verbunden. CR etwa, ermöglichte durch seine individuelle Qualität ein auf ihn zugeschnittenes minimalistisches und flanken-dominiertes Angriffsspiel. Post-CR mussten diese Tore nun verteilt werden und Benzema wieder den egoistisch(er)en Weg in den Strafraum finden. Dies war ein großes, aber ein zu bewältigendes Erbe; letztlich waren es nur Tore die ersetzt werden müssen und diese Fußballwelt kannte und kennt zahlreiche fantastische Angreifer, der Verlust wurde letztlich gar intern kaschiert. In Ramos ging ein toller Verteidiger, und v.a. ganz viel Persönlichkeit, doch an Charakter mangelte es dieser Mannschaft nie und Tore zu verhindern ist noch einfacher, als sie zu schießen.

Nun verliert Real für 24/25 seine Struktur, seinen Rhythmus, seine Balance. Ein 1:1 Ersatz ist nicht möglich, es gibt schlicht und ergreifend keinen anderen Spieler, der diese Rolle ausfüllen kann. Das Team muss in seinem spielerischen Ansatz fundamental verändert werden, das ehemalige zentrale Triumvirat in seinen klaren Rollenverteilungen - Destruktion, Kontrolle und Dynamik - ist vorbei. Tchou und Valverde/Camavinga(/oder gar Güler) haben (noch) nicht die individuelle Qualität von Casemiro oder Modric, doch sie können in ähnlicher Weise des Gegners Spiel zerstören oder das eigene dynaminisieren, aber keiner kann es auch nur ansatzweise in dieser unwiderstehlichen Art und Weise des Toni Kroos kontrollieren und dirigieren.

War es Rüdiger, der sinngemäß meinte, dass er während dieser Comeback Orgien in der Champions League kurz nervös wurde, dann aufsah und einen tiefenentspannten Kroos sah und das Vertrauen in die eigene Qualität, Kerneigenschaft der letzten fünf CL Titel, wiederkam? Gebt den Ball zu Kroos, wenn ihr nicht weiterwisst, er wird schon wissen, was damit zu tun ist! Benötigen wir Tempo? Flache 30m Steilpässe oder 60 Meter Verlagerungen kommen gleichermaßen Millimeter genau an! Ruhe? Dieser Traktor, nein, dieses Metronom, läuft fehlerfrei! In großer Bedrängnis? Pass auf Kroos, der verliert keinen! Kaum ein Spieler liest dieses Spiel so gut wie er, keiner kontrolliert es auf seinem Level.

Der Verlust von Toni Kroos wird natürlich nicht das Ende von Real Madrid sein. Dieser Verein, mehr noch als jeder andere, zeigt immer und immer wieder, das der Verein größer ist, als seine Spieler. Und doch, Kroos zu ersetzen wird die schwierigste (sportliche) Aufgabe Real Madrids in diesem Jahrtausend sein!

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