28.11.2011 um 16:01 Uhr
Geschrieben von funkbarrio
'69 -Lizarazu, der Kämpfer II/II
„Mir reicht der Erfolg..."
Lizarazus Einstellung ist seit Anfang an klar: „...Wir sind immer noch im Sport und nicht auf der Showbühne!" Die Karriere kommt ins Rollen! Er tauscht das Meer, die Berge und die Sonne gegen die Kälte, München und den Erfolg. Anfangs beäugt man ihn skeptisch. Noch ist unklar, ob er sich durchsetzen wird. Die Heimatliebe und der offensichtliche Unwille, die deutsche Sprache zu erlernen, schüren diese Skepsis noch. Letzteres wird er Jahre später bereuen, führt es aber auf den hohen Anteil südamerikanischer und spanischsprechender Spieler zurück. Athletik und Technik sind aber natürlich vorhanden. Der durchtrainierte Franzose weiß schnell zu begeistern und imponiert nicht zuletzt durch seine imposanten Waden, seiner großen Zweikampfstärke, seinen Vorstößen und seinem Erfolgshunger. Schnell spielt er unter Trapattoni eine wichtige Rolle und wird am Ende seiner ersten Saison DFB-Pokalsieger. Wichtiger wird jedoch die WM im eigenen Land.
Nachdem er in der Vorrunde gegen Saudi-Arabien noch trifft, verschießt er im Viertelfinale seinen Elfmeter gegen Italien. Laut eigener Aussage war er dennoch vom Weiterkommen Frankreichs überzeugt, da er es aus seiner Sicht "verdient" hatte. Ein Rückblick der bei den Bildern des knienden und von Kapitän Deschamps getrösteten Lizarazus hinterfragt werden darf. Der Ausgang ist bekannt.
Quelle: DSF
Zurück in München stehen die großen Jahre ins Haus. Nach der ersten Meisterschaft 1999 folgt zwar die Nacht von Barcelona. Doch 2001 ist Lizarazu zeitgleich Welt- und Europameister, Champions League- und Weltpokalsieger sowie Deutscher Meister, Pokalsieger und Supercup-Gewinner. Kurz darauf gewinnt er mit Frankreich auch noch den Confederations Cup.
Barcelona, EM 2000, CL-Sieg 2001, das kongeniale Spiel mit Zidane und nicht zuletzt sein Tor gegen Hansa Rostock lassen den Sport dann doch oftmals einer Showbühne ähneln. Ähnlich voll wie sein Trophäenschrank ist auch ein gewisser Kasten im Haus seiner Eltern im baskischen Hendaye. In diesem sammelt er „die Häute" seiner Gegenspieler. Der Schrank quillt über mit säuberlich zusammengelegten Trikots, in deren Mitte sich eines der Trikots Zinedine Zidanes vom Finale 1998 befindet.
Euskadi Ta Askatasuna
Ein Krieger sammelt seine Trophäen. Doch zu dieser Zeit wird er von unerwarteter Seite angegriffen. Kurz vor Weihnachten 2000 meldet sich die baskische Terrororganisation ETA bei ihm und verlangt eine „Revolutionssteuer" für den Kampf gegen die spanische Regierung. Er wird unter Polizeischutz gestellt. Dieser wird ein ganzes Jahr beibehalten. Zwei Polizisten eskortieren ihn, untersuchen jeden Morgen seinen Wagen, inspizieren die Karosserie und zünden den Motor. In den Flughäfen benutzt er Eingänge, die „normalerweise den Staatschefs vorbehalten sind". Der Weg zum Training der Bayern wird laut eigener Auskunft mit gepanzerter Limousine und Waffen in Griffnähe absolviert. Um mit der Situation umzugehen, stellt er sich vor, er würde im Aston Martin von James Bond sitzen: „Dieses Delirium, mich in die Haut von 007 zu begeben, nahm diesem Ritual die Schwere und erlaubte mir, es auszuhalten.''
Nach Erscheinen seiner Biographie 2007 wirft ihm, laut der Süddeutschen Zeitung, ein Kommentator von El Correo, einer der wichtigsten Tageszeitungen im Baskenland, vor, ein abtrünniger Söldner zu sein, ein ,,Surferschönling aus Iparralde (französisches Baskenland auf baskisch), der die Marseillaise mit dem Impetus eines Tenors des Chors der Fremdenlegion sang''.
Merci beaucoup und au revoir
Der gefühlt immer braungebrannte Baske mit den lockigen, oft sonnengefärbten blondbraunen Haare, die eher an Meer und Surfer als an einen Vorbildathleten im Bereich Ballsport erinnern, hat in Deutschland eine Art zweite Heimat gefunden. Es ist seine direkte Art, die klare und positive Konfrontation, die er in der deutschen Mentalität wiederzuerkennen glaubt und zu schätzen lernt. Die Aura des Vereins Bayern München und der Erfolgsdrang des Clubs tragen vermutlich dazu bei. Der Abgang 2004 ist nur von kurzer Dauer. Nur wenige Monate nach seinem Weggang aus München ruft er Uli Hoeneß aus der südlichen Phönizierstadt Marseille an. Im SportBild-Interview erzählt er vom Ablauf des Gesprächs. So habe er Hoeneß mitgeteilt, dass ihm drei Möglichkeiten blieben: „Aufhören, meinem Trainer in den Arsch zu treten oder zurück zu dem Bayern kommen." Hoeneß habe ihm daraufhin geantwortet, dass es „in dem Fall wohl besser ist, er käme zurück". Der 1969 geboren, 1,69m große, 69kg schwere Spieler kommt noch einmal zurück an die Isar und streift sich das Trikot mit der Nummer 69 über. Er ersetzt zum Abschluss seiner Fußballkarriere den langzeitverletzten Philip Lahm und holt das doppelte Double. Als bester linker Außenverteidiger der Liga tritt er zurück und verabschiedet sich in seine Heimat, dem Baskenland.
Rentnerjahre eines Rastlosen
Auch als Pensionist scheut Lizarazu keinen Kampf. So arbeitet er heute als TV-Experte und Co-Kommentator. U.a. bekommt ein gewisser Raymond Domenech am Abend der blamablen Qualifikation gegen Irland zur WM 2010 den „Esprit Rugby" zu spüren. In einer fast schon surrealen Analyse nach dem Spiel, erklärte Lizarazu dem damaligen Nationaltrainer Frankreichs, dass er über die Qualifikation „glücklich sei, sich aber über die Art und Weise und besonders aus Respekt gegenüber den Iren nicht freuen könne." Mit seinem Freund Zidane und Alain Boghossian hat er eine kleine Summe in den französischen Provinzklub Évian Thonon-Gaillard FC gesteckt. Eine kritisch beäugte Aktion, da der Danone-Chef Franck Riboud im Stile eines Dietmar Hopps Geld investiert und den Verein aus den unteren Ligen im Schnellverfahren in die Ligue 1 gehievt hat. Aufgrund einer Wettschuld kam es zu einem vielbeachteten, aber von niemandem gesehen Nacktsprint Lizarazus durch ein Hotel.
Doch auch wichtigeren Konfrontationen und Kämpfen als dem Fußball stellt sich Lizarazu bereits seit längerem: Seine Liebe zu Meer und der Natur haben ihn nach dem Untergang des Öltankers Prestige im Jahr 2003 veranlasst, den Verein „Liza" zu gründen, der sich um die Sauberkeit der Meere und Strände einsetzt. Außerdem ist er Mitglied bei der Umweltorganisation „Surfriders Foundation". Seine Zukunft kann sich der Mann mit einem „wissenschaftlichen Abitur" (franz.: bac scientifique) und drei Jahren Mathematik-Studium als Manager vorstellen. Spielerberater und Söldner könnten also vielleicht bald auch in den Genuss des „Esprit Rugby" kommen.
Lizarazus Einstellung ist seit Anfang an klar: „...Wir sind immer noch im Sport und nicht auf der Showbühne!" Die Karriere kommt ins Rollen! Er tauscht das Meer, die Berge und die Sonne gegen die Kälte, München und den Erfolg. Anfangs beäugt man ihn skeptisch. Noch ist unklar, ob er sich durchsetzen wird. Die Heimatliebe und der offensichtliche Unwille, die deutsche Sprache zu erlernen, schüren diese Skepsis noch. Letzteres wird er Jahre später bereuen, führt es aber auf den hohen Anteil südamerikanischer und spanischsprechender Spieler zurück. Athletik und Technik sind aber natürlich vorhanden. Der durchtrainierte Franzose weiß schnell zu begeistern und imponiert nicht zuletzt durch seine imposanten Waden, seiner großen Zweikampfstärke, seinen Vorstößen und seinem Erfolgshunger. Schnell spielt er unter Trapattoni eine wichtige Rolle und wird am Ende seiner ersten Saison DFB-Pokalsieger. Wichtiger wird jedoch die WM im eigenen Land.
Nachdem er in der Vorrunde gegen Saudi-Arabien noch trifft, verschießt er im Viertelfinale seinen Elfmeter gegen Italien. Laut eigener Aussage war er dennoch vom Weiterkommen Frankreichs überzeugt, da er es aus seiner Sicht "verdient" hatte. Ein Rückblick der bei den Bildern des knienden und von Kapitän Deschamps getrösteten Lizarazus hinterfragt werden darf. Der Ausgang ist bekannt.
Quelle: DSF
Zurück in München stehen die großen Jahre ins Haus. Nach der ersten Meisterschaft 1999 folgt zwar die Nacht von Barcelona. Doch 2001 ist Lizarazu zeitgleich Welt- und Europameister, Champions League- und Weltpokalsieger sowie Deutscher Meister, Pokalsieger und Supercup-Gewinner. Kurz darauf gewinnt er mit Frankreich auch noch den Confederations Cup.
Barcelona, EM 2000, CL-Sieg 2001, das kongeniale Spiel mit Zidane und nicht zuletzt sein Tor gegen Hansa Rostock lassen den Sport dann doch oftmals einer Showbühne ähneln. Ähnlich voll wie sein Trophäenschrank ist auch ein gewisser Kasten im Haus seiner Eltern im baskischen Hendaye. In diesem sammelt er „die Häute" seiner Gegenspieler. Der Schrank quillt über mit säuberlich zusammengelegten Trikots, in deren Mitte sich eines der Trikots Zinedine Zidanes vom Finale 1998 befindet.
Euskadi Ta Askatasuna
Ein Krieger sammelt seine Trophäen. Doch zu dieser Zeit wird er von unerwarteter Seite angegriffen. Kurz vor Weihnachten 2000 meldet sich die baskische Terrororganisation ETA bei ihm und verlangt eine „Revolutionssteuer" für den Kampf gegen die spanische Regierung. Er wird unter Polizeischutz gestellt. Dieser wird ein ganzes Jahr beibehalten. Zwei Polizisten eskortieren ihn, untersuchen jeden Morgen seinen Wagen, inspizieren die Karosserie und zünden den Motor. In den Flughäfen benutzt er Eingänge, die „normalerweise den Staatschefs vorbehalten sind". Der Weg zum Training der Bayern wird laut eigener Auskunft mit gepanzerter Limousine und Waffen in Griffnähe absolviert. Um mit der Situation umzugehen, stellt er sich vor, er würde im Aston Martin von James Bond sitzen: „Dieses Delirium, mich in die Haut von 007 zu begeben, nahm diesem Ritual die Schwere und erlaubte mir, es auszuhalten.''
Nach Erscheinen seiner Biographie 2007 wirft ihm, laut der Süddeutschen Zeitung, ein Kommentator von El Correo, einer der wichtigsten Tageszeitungen im Baskenland, vor, ein abtrünniger Söldner zu sein, ein ,,Surferschönling aus Iparralde (französisches Baskenland auf baskisch), der die Marseillaise mit dem Impetus eines Tenors des Chors der Fremdenlegion sang''.
Merci beaucoup und au revoir
Der gefühlt immer braungebrannte Baske mit den lockigen, oft sonnengefärbten blondbraunen Haare, die eher an Meer und Surfer als an einen Vorbildathleten im Bereich Ballsport erinnern, hat in Deutschland eine Art zweite Heimat gefunden. Es ist seine direkte Art, die klare und positive Konfrontation, die er in der deutschen Mentalität wiederzuerkennen glaubt und zu schätzen lernt. Die Aura des Vereins Bayern München und der Erfolgsdrang des Clubs tragen vermutlich dazu bei. Der Abgang 2004 ist nur von kurzer Dauer. Nur wenige Monate nach seinem Weggang aus München ruft er Uli Hoeneß aus der südlichen Phönizierstadt Marseille an. Im SportBild-Interview erzählt er vom Ablauf des Gesprächs. So habe er Hoeneß mitgeteilt, dass ihm drei Möglichkeiten blieben: „Aufhören, meinem Trainer in den Arsch zu treten oder zurück zu dem Bayern kommen." Hoeneß habe ihm daraufhin geantwortet, dass es „in dem Fall wohl besser ist, er käme zurück". Der 1969 geboren, 1,69m große, 69kg schwere Spieler kommt noch einmal zurück an die Isar und streift sich das Trikot mit der Nummer 69 über. Er ersetzt zum Abschluss seiner Fußballkarriere den langzeitverletzten Philip Lahm und holt das doppelte Double. Als bester linker Außenverteidiger der Liga tritt er zurück und verabschiedet sich in seine Heimat, dem Baskenland.
Rentnerjahre eines Rastlosen
Auch als Pensionist scheut Lizarazu keinen Kampf. So arbeitet er heute als TV-Experte und Co-Kommentator. U.a. bekommt ein gewisser Raymond Domenech am Abend der blamablen Qualifikation gegen Irland zur WM 2010 den „Esprit Rugby" zu spüren. In einer fast schon surrealen Analyse nach dem Spiel, erklärte Lizarazu dem damaligen Nationaltrainer Frankreichs, dass er über die Qualifikation „glücklich sei, sich aber über die Art und Weise und besonders aus Respekt gegenüber den Iren nicht freuen könne." Mit seinem Freund Zidane und Alain Boghossian hat er eine kleine Summe in den französischen Provinzklub Évian Thonon-Gaillard FC gesteckt. Eine kritisch beäugte Aktion, da der Danone-Chef Franck Riboud im Stile eines Dietmar Hopps Geld investiert und den Verein aus den unteren Ligen im Schnellverfahren in die Ligue 1 gehievt hat. Aufgrund einer Wettschuld kam es zu einem vielbeachteten, aber von niemandem gesehen Nacktsprint Lizarazus durch ein Hotel.
Doch auch wichtigeren Konfrontationen und Kämpfen als dem Fußball stellt sich Lizarazu bereits seit längerem: Seine Liebe zu Meer und der Natur haben ihn nach dem Untergang des Öltankers Prestige im Jahr 2003 veranlasst, den Verein „Liza" zu gründen, der sich um die Sauberkeit der Meere und Strände einsetzt. Außerdem ist er Mitglied bei der Umweltorganisation „Surfriders Foundation". Seine Zukunft kann sich der Mann mit einem „wissenschaftlichen Abitur" (franz.: bac scientifique) und drei Jahren Mathematik-Studium als Manager vorstellen. Spielerberater und Söldner könnten also vielleicht bald auch in den Genuss des „Esprit Rugby" kommen.
Aufrufe: 7902 | Kommentare: 23 | Bewertungen: 25 | Erstellt:28.11.2011
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KOMMENTARE
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20.12.2011 | 15:39 Uhr
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19.12.2011 | 22:48 Uhr
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groschi :
Klasse Blog, Liza ist Immer noch einer meiner absoluten Lieblingsspieler!!! Befinde mich gerade Studienbedingt für ein Jahr in Bordeaux und der kleine ist hier eine lebende Legende.
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19.12.2011 | 22:20 Uhr
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Skim :
Einer meiner Kindheitshelden. Er und Sagnol haben für mich eine sehr starke "Flügelzange" gebildet. Eine wahre Legende.
Starker Blog, wirklich.
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19.12.2011 | 19:47 Uhr
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mamö99 :
Chapeu! Großartig! Sehr informativ, flüssig und gut zu lesen, war unheimlich interessant. Und das ganze doppelt, weil der behandelte Spieler ein großer Sportsmann und sympathischer Typ ist!
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19.12.2011 | 19:44 Uhr
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Tollioli :
Ich finde den Blog auch sehr gut - 10pkt von mir und ein Danke obendrauf!
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19.12.2011 | 19:32 Uhr
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Lizarazu war der beste Linksverteidiger seiner Zeit und ein vorbildhafter Profi. Einer der größten Spieler die jemals das Trikot des FC Bayern getragen haben. Das 2001er CL-Trikot mit seinem Flock auf dem Rücken wird bei mir auf ewig einen Ehrenplatz haben.
Eine wahre Legende!
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19.12.2011 | 16:27 Uhr
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Arpi3080 :
Ich finde es immernoch sehr, sehr schön, dass die Franzosen Lizarazu + Sagnol unserem Verein so oft besuchen und beistehen. Außerdem sparen sie nicht mit kritischen Worten, z.B. in Richtung Ribery. Ganz groß von den Beiden!
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wunderbare biographie oder wie man das scheis wort schreibt